Potsdam: Wiederaufbau der Garnisonkirche

  • Carlo Niemand wollte der Stiftung ihr Baurecht streitig machen. Vielmehr zielte das Bürgerbehren darauf ab, die Potsdamer Bevölkerung zu befragen, ob die Stadt Potsdam die Stiftung noch unterstützen soll. Daher hieß die zuerst angedachte Frage des Bürgerbegehrens auch: "Soll die Stadt aus der Stiftung austreten?" Diese Fragestellung wurde vom Rechtsamt der Stadt abgewiesen mit der Begründung, dass man aus einer Stiftung nicht austreten kann. Daher wurde die bekannte Frage: "Sind Sie dafür, dass die Stadt Potsdam alle rechtlich zulässigen Möglichkeiten nutzt, um auf die Auflösung der Stiftung Garnisonkirche Potsdam hinzuwirken?" gewählt. Diese Frage war zulässig.


    Auf den Unterschriftenlisten stand als erstes: "Die Unterzeichnenden beantragen, dass folgende Frage gemäß §15 der Brandenburgischen Kommunalverfassung zum Bürgerentscheid gestellt wird:" Das heißt, der Souverän - das Volk - soll entscheiden ob die Stadt Potsdam sich von der Stiftung Garnisonkirche distanziert. Mit der Übernahme durch den OB ist die Stadtverwaltung dem zuvor gekommen und somit tut die Stadt Potsdam dies offiziell und entzieht der Stiftung ihrer Unterstützung. Nicht mehr und nicht weniger.

  • Carlo
    Naja, das kenne ich. Die langsame und unflexible Bürokratie wird gelobt wenn sie zufällig den eigenen Interessen nutzt und heftig kritisiert wenn sie den eigenen Interessen entgegen steht.


    Ich habe in dieser Angelegenheit keine "eigenen Interessen". Ich bin aber sehr froh, in einem Rechtsstaat zu leben, in dem nicht jeder gültige Rechtsakt - wie hier der Baubescheid für die Gedächtniskirche - willkürlich aufgehoben werden kann. (Ob ich im Einzelfall nun mit seinem Inhalt einverstanden bin oder nicht, ist eine ganz andere Frage.)


    Carlo
    Bezüglich der Machtbefugnisse von Kanzlerin und Bundesregierung ist es vermutlich so, dass sie schon die Möglichkeit hätten eine Sache zu einer Frage von besonderer nationaler Bedeutung zu erklären und die Entscheidung an sich zu ziehen. Dafür dann aber stark kritisiert würden und es deshalb selten machen.


    Das wird in mancher real existierenden (oder eben nicht mehr existierenden) Bananenrepublik der Fall (gewesen) sein, im Rechtsstaat der Bundesrepublik ist es das zum Glück nicht.

  • Daher wurde die bekannte Frage: "Sind Sie dafür, dass die Stadt Potsdam alle rechtlich zulässigen Möglichkeiten nutzt, um auf die Auflösung der Stiftung Garnisonkirche Potsdam hinzuwirken?" gewählt. Diese Frage war zulässig.


    Da besteht zwischen uns kein Dissenz. Die Frage des Bürgerentscheids ist in dieser Form zulässig, allerdings kann auch bei ihrer Bejahung nicht der Baubescheid widerrufen werden. Das war mein Punkt.

  • jan85
    Ich glaube, hier gibt es wieder einmal Missverständnisse.
    Der erwähnte Beschluss des Sekretariats der Bezirksleitung Potsdam der SED war kein Beschluss für die Öffentlichkeit, sondern er war geheim. Die genannten Argumente dienten daher nur der Entscheidungsfindung für die Mitglieder der Bezirksleitung, sie wurden auch nicht veröffentlicht.


    Öffentlich bekannt gemacht wurde der Abrissbeschluss erst 1968, und diese Geheimniskrämerei hat natürlich bei der evangelischen Kirche berechtigterweise für Empörung gesorgt.


    Und was die Verkehrsplanung angeht: Um 1966 gab es international eine große Begeisterung für möglichst breite Straßen und autogerechte Städte. Das wird heute natürlich alles anders gesehen, aber damals war das eben der Zeitgeist.


    Was den Bauzustand der Kirchenruine betrifft, so gibt es unterschiedliche Angaben. Die Staatliche Bauaufsicht schätzte den Zustand der Kirche kritisch ein, daher wurden auch Schutzzäune um die Kirche errichtet. Vor allem wurde die Gefahr herabfallender Mauerwerk- und Gesimsteile gesehen. Die kirchlichen Stellen bewerteten den Zustand der Kirche weniger kritisch. Daher ist es schwierig, hier endgültige Antworten zu geben.

  • Chandler: Wenn jemand aus einer religiösen Ideologie heraus ein kulturell wertvolles Bauwerk oder Monument zerstören würde, wäre ich ebenfalls dagegen und würde mich ggf. für den Wiederaufbau stark machen. Aber es ist völlig in Ordnung, wenn in einer Kirche Religion gepredigt wird (so lange dort nicht gegen den Staat oder die Verfassung gehetzt wird) - ebenso wie ein humanistischer Verband das in seinem eigenen Gebäude dürfte. Und beide haben mE den gleichen Anspruch auf eventuelle öffentliche Förderung (wobei ja wie gesagt die 12 Mio des Bundes wegen dem herausragenden Wert des Bauwerkes und nicht wegen irgendeinem religiösen Auftrag zugesagt wurden). Was Du von Religion hältst, ist allein Deine Sache und das gehört hier mE wirklich nicht hin. Du predigst hier jedenfalls mehr Deine Ideologie gegen Religion als irgendeiner das Gegenteil täte. Zumindest hat mW bisher keiner gesagt, er sei für den Aufbau weil er ein bekennender Christ sei. Ebenso finde ich es völlig ok, wenn ein Atheist sagt, dass er nicht anteilig an den Kosten für ein Gotteshaus beteiligt werden will und gegen eine öffentliche Förderung des Projektes eintritt. Wenn aber genug Spender vorhanden sind, sollte er mE so tolerant sein und es geschehen lassen. Ebenso ist es mit einem Hindu-Tempel an der Hasenheide (wie viele bzw. wenige Hindus leben in Berlin?) oder einer Synagoge. Leben und leben lassen...


    Klarenbach: Danke für den Hinweis! Dann möchte ich meine Aussage relativieren. Dennoch glaube ich, dass keine echte Notwendigkeit für einen Abriss bestand.

  • Carlo Niemand wollte der Stiftung ihr Baurecht streitig machen.


    Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten. (sry, dass musste jetzt einfach so raus.)


    Aber jetzt mal im Ernst, natürlich wollen die Gegner genau das. Da sie das rein rechtlich aber nicht können versuchen sie es mit den von dir beschriebenen Umwegen.

  • Carlo
    Ich denke da machst du dir etwas vor. Die Regierungskoalition hat außerdem eine 2/3 Mehrheit und kann sich so über jedes Gericht hinwegsetzen wenn sie unbedingt will. Zur Enteignung der HRE-Aktionäre wurde etwa einfach ein befristetes Enteignungsgesetz beschlossen. Und falls die Lage es erfordern sollte schafft sich die Regierung alle Befugnisse die sie benötigt.


    Wenn es etwa um die Frage geht ob Edward Snowden Asyl bekommt oder ob Waffen in den Irak geliefert werden hat die Regierung die Wahl ob sie sagt "da können wir nichts machen denn nach geltendem Recht geht das nicht" oder sie kann sich problemlos darüber hinweg setzten. Die Regierung bzw. der Bundestag kann auch den Atomausstieg beschließen, rückgängig machen und wieder beschließen usw. In der Demokratie kann jede Entscheidung rückgängig gemacht werden.


    Falls sie dein Grundstück mal wirklich dringend brauchen sollten gibt es immer einen Weg dich zu enteignen.

  • Klarenbach
    Dieselben Begründungen wurden natürlich auch der Öffentlichkeit gegeben. Das diese dann in interne Begründungen mit eingehen dürfte außer Frage stehen.
    Auch beim Mauerbau wurde auf allen internen Ebenen als Zweck der Schutz vor äußeren Feinden angegeben und nur im innersten Zirkeln wurde Tacheles geredet.


    Chandler
    Erschreckendes Bild was du da von Demokratien hast. In Deutschland muss sich selbstverständlich jedes Parlament an Gerichtsbeschlüsse halten. Nur das Bundesparlament hat mit sehr großen Hürden die Möglichkeit die Verfassung zu ändern falls das Verfassungsgericht dies für die Durchsetzung einer Sache verlangt.
    Ein kleines Stadtparlament hat da absolut null Spielraum selbst bei 100% der Sitze.

  • Letztlich geht es darum, ob wir dieses Bauwerk schön finden oder nicht.


    Ich habe den Eindruck, daß 95% dieses Threads sich darum drehen, wer diese Kirche mißbrauchen könnte, wie mißbräuchlich deren Abriß war oder wie bescholten und unbescholten die Gegner und Befürworter dieses Baus sind.


    Das große Manko der Gegner ist, daß sie ständig postulieren, der Wiederaufbau oder die Kirche seien ein Symbol für irgendetwas Negatives etc.


    Es ist deshalb so ein Manko, weil diese Argumente sehr leicht vom Tisch zu weisen sind. Ich habe jetzt schon mehrmals gesagt, daß auch die negativen geschichtlichen Konnotationen keineswegs ein Argument gegen die Kirche, sondern eher eines dafür sind. Militarismus zählte nun einmal zur damaligen Epoche und es ist sehr interessant, die Eigentümlichkeiten der damaligen Zeit an der Kirche studieren zu können.


    Warum kommen die Gegner immer nur mit dem Tag von Potsdam? Schlimmer geht's wohl nicht. Na und! Als ob dies ein Argument gegen die Kirche wäre. Wir haben jetzt auch schon vielfach auf die DDR-Legendenbildung und Instrumentalisierung dieses Ereignisses hingewiesen.


    Was, wenn es die NPD in 30 Jahren einmal nicht mehr geben wird?


    Der Punkt: Hier werden ständig negative Kontexte hergestellt, die sonstwo liegen, aber eben nicht in der Kirche selbst.


    Und das Entscheidende: Wir geben dieser Kirche einen Sinn. Die geistige Ebene wird in hohem Maße von uns bereitgestellt.


    Ich hatte bisher nicht das Gefühl, daß Klarenbach oder Potsdamer auf diese Argumente eingegangen sind.


    Ich könnte diese sekundäre Argumentation verstehen, wenn wir
    1. in den 80er oder 90er Jahren lebten, als die Vergangenheitsbewältigung auf Hochtouren lief,
    2. eine ernst zu nehmende rechtsradikale Partei oder Stimmung in Deutschland hätten.


    Die Gegner verharmlosen den Kulturfrevel des SED-Regimes und übertreiben die vermuteten negativen Wirkungen eines Wiederaufbaus ins Maßlose. Und scheinen jegliche vorgebrachten Argumente zu übergehen. :)


    Daß die NPD übrigens für den Wiederaufbau ist, interessiert mich herzlich wenig. Ironischerweise argumentiert diese nicht mit nationaler und militärischer Reminiszenz, sondern lediglich mit dem verschönerten Stadtbild. Es ist auch sehr entlarvend, daß Klarenbach, nachdem schon einige Leute vorher erwähnt hatten, daß die NPD den Wiederaufbau unterstützt, diesen Punkt noch einmal betont, als leugnete dies hier irgendjemand oder als sei dies auch nur irgendwie relevant. Für mich spiegelt sich darin und in vielem anderen sehr deutlich ein gewisses verstaubtes antifaschistisches und kommunistisches Weltbild, das wohl eher der DDR und ihrem Identitätskern huldigt, als ernsthafte Argumente gegen die Kirche hervorzubringen weiß.


    Ich freue mich über eine wichtige und schöne Kirche, an der ich die Vergangenheit fühlen und studieren kann - egal wie diese Vergangenheit aussah. Die Vergangenheit selbst rekonstruieren wir ja nicht. :)

  • Lingster
    Naja. Carlo war ja voll des Lobes, dass die komplizierte Bürokratie es verhindern würde, dass per Volksabstimmung etwas an der Situation geändert werden könnte. Das könnte man hinsichtlich Demokratie durchaus auch anders sehen. Außerdem habt ihr doch sicherlich alle schon erlebt wie heftig das komplizierte und langwierige Baurecht kritisiert wird wenn es den Leuten eben gerade mal nicht in den Kram passt. Da bleibt vom großen Glück im Rechtsstaat zu leben nichts mehr übrig.


    Ob der Rechtsstaat gerade mal wieder gelobt oder verdammt wird hängt nach meiner Erfahrung immer davon ab ob den Leuten das jeweilige aktuelle Ergebnis gefällt. Falls nicht wird auch gern gesagt wie unwürdig das doch für einen Rechtsstaat wäre usw. usf. Jeder will eben seine Interessen durchgesetzt sehen. Und ob die Menschen ein Problem lieber bürokratisch oder unbürokratisch behandelt sehen wollen ändert sich auch ständig.

  • ^
    Missbrauch kann wohl nie ganz ausgeschlossen werden.
    Durch deinen Satz "In der Demokratie kann jede Entscheidung rückgängig gemacht werden." hört sich das so an als wenn dies in Demokratien besonders schlimm wäre.
    Aber gerade in einem demokratischen Rechtsstaat ist dies so schwer wie in keinem anderen System.
    Ich halte es da frei nach Churchill, Demokratie ist die schlechteste aller Staatsformen, ausgenommen alle anderen. Oder so ähnlich

  • @ Carlo und lingster: Das Baurecht hat nie jemand in Frage gestellt.
    Das Bürgerbegehren zielte um die Ecke. Bei einer möglichen demokratischen Mehrheit (man wird es jetzt ja nun nie feststellen) gegen das Projekt, hätte die evangelische Kirche reagieren müssen. Keine Religion kann gegen das Votum der Mehrheit der Bevölkerung und mit dessen Steuergeldern(!) einen Tempel errichten. Aber richtig, das Bürgerbegehren hat zum Ziel eine Fassadenkopie der Garnisonkirche zu verhindern. Nicht aber über das Verbot oder Aufhebung des Baurechtes, sondern über die Einsicht des Bauherrns.


    Das war allen Parteien auch bewusst, daher diese kuriose und demokratieschädliche, weil sich sicher auf die zukünftige Wahlbeteiligung auswirkende, Abstimmungsfarce in der Stadtverordnetenversammlung.


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    Kommentare:
    21.08.14 04:57 Man bist Du verstockt. Fanatismus verstellt den Blick auf die Wirklichkeit.
    21.08.14 14:04 Da kann ich dem Kommentator vom 21.08.14 (04:57) wirklich nur recht geben.

  • Lingster
    Naja. Carlo war ja voll des Lobes, dass die komplizierte Bürokratie es verhindern würde, dass per Volksabstimmung etwas an der Situation geändert werden könnte. [...] Ob der Rechtsstaat gerade mal wieder gelobt oder verdammt wird hängt nach meiner Erfahrung immer davon ab ob den Leuten das jeweilige aktuelle Ergebnis gefällt.


    Mir scheint eher, Du akzeptierst rechtsstaatliche Grundsätze nur dann, wenn Dir das Ergebnis passt.


    Wie ich bereits dargelegt habe, können Einzelentscheidungen der Verwaltungen wie ein Baubescheid durch die sogenannte "Volksgesetzgebung" (auf Kommunalebene: Bürgerentscheide, auf Länderebene: Referenden) überhaupt nicht aufgehoben werden. Und das ist auch gut so, denn sonst könnte theoretisch jedes private oder öffentliche Gebäude einer Bürgerentscheidung zum Opfer fallen.


    Die Bürgerinitiative hat zumindest verstanden, dass sie gegen den Baubescheid nichts ausrichten kann, und versucht deshalb, das Projekt auf anderem Wege zu stoppen (über den Entzug der Finanzierung). Das ist legitim, wird aber vermutlich scheitern, da die zugesagten Mittel "mit Masse" Bundesmittel sind, wenn ich das richtig verstanden habe - und bundesweite Referenden zu solchen Fragen gibt es nicht.


    So ist das nunmal in der parlamentarischen Demokratie: ohne Mehrheiten in den Parlamenten kann man nicht das Rechtssystem auf den Kopf stellen, nur weil einem eine Einzelfallentscheidung nicht passt.

  • Keine Religion kann gegen das Votum der Mehrheit der Bevölkerung und mit dessen Steuergeldern(!) einen Tempel errichten.


    Erst einmal geht es um den Turm mit ein paar Veranstaltungsräumen darin und ja, man sollte lieber gleich anfangen und länger Bauen als jahrzehntelang diskutieren. Die Kirchen wurden einst lange gebaut - ein Kirchenbau in Barcelona schaffte es sogar zum Wahrzeichen. (Es wird sogar Eintritt für die Baustelle genommen, 16 EUR die Nase.)


    Ich fasse es nicht, wie absurd die Debatte ist - der Bund und Spender wollen der eher nicht attraktivsten Stadt eine weitere Sehenswürdigkeit gönnen, würde der wichtigen Tourismus-Branche gut tun - und es wird gemotzt, als ob ein Lager mit AKW-Abfällen entstehen sollte. Vielleicht sollte man tatsächlich stattdessen mit u.a. meinem Steuergeld ein Denkmal woanders wiederaufbauen, in Frankfurt etwa. Dort wäre man sicherlich dankbar, was ich hier nicht sehen kann. Nur bitte später nicht mehr kommen und jammern, Potsdam bräuchte etwas vom Rest des Landes, Geld etwa (dieses vom Solidaritätszuschlag und solche Sachen).

  • Carlo
    In diesem Thread wurde doch schon zigmal dargelegt, dass es den Gegnern darum ging eine Abstimmung zu erreichen um so die von ihnen vermutete Mehrheit gegen das Projekt zu demonstrieren. Damit würde völlig unabhängig von der Rechtslage natürlich erheblicher Druck auf die ev. Kirche, die Stiftung, die verwickelten Politiker, die Großspender usw. ausgeübt. Ist ja nicht so schwer zu verstehen.


    Die Befürworter des Projektes wiederum wollen keine Abstimmung denn sie haben ja das Grundstück, die staatliche Förderzusage und die Baugenehmigung schon. Eine Abstimmung wäre da nur ein überflüssiges Risiko.

  • Ich fasse es nicht, wie absurd die Debatte ist - der Bund und Spender wollen der eher nicht attraktivsten Stadt eine weitere Sehenswürdigkeit gönnen, würde der wichtigen Tourismus-Branche gut tun - und es wird gemotzt, als ob ein Lager mit AKW-Abfällen entstehen sollte.


    Was für ein wahres Wort! Es versetzt mich in der Tat auch immer wieder in Erstaunen, welch eine Art von provinzieller Borniertheit speziell in Berlin und Potsdam anzutreffen ist. Es ist in Berlin mit dem Stadtschloss ja nicht viel anders (gewesen). Die Lokalpresse hetzt ohne Ende gegen ein großzügiges Geschenk vom Staat und privaten Spendern, und die ortsansässige Bevölkerung verhält sich indifferent bis ablehnend (siehe Meinungsumfragen zum Berliner Stadtschloss aus früheren Jahren). Letztlich ist in Berlin und Potsdam doch so gut wie alles an positiver Entwicklung den Zugereisten zu verdanken, die auch mal was anderes gesehen haben von der Welt.

  • Aber richtig, das Bürgerbegehren hat zum Ziel eine Fassadenkopie der Garnisonkirche zu verhindern. Nicht aber über das Verbot oder Aufhebung des Baurechtes, sondern über die Einsicht des Bauherrns.


    Also ein öffentlicher Pranger soll es richten? Na gute Nacht. Die BI schürt auf primitive Weise Ängste und will so ihr Ziel erreichen.


    Keine Religion kann gegen das Votum der Mehrheit der Bevölkerung und mit dessen Steuergeldern(!) einen Tempel errichten.


    Zur Not ist das Recht zum Bau eines eigenen Gotteshauses auch gegen die Bevölkerungsmehrheit durchzusetzen. Nennt sich Religionsfreiheit. Das Steuergeld für den "Tempel" kommt außerdem zu überwältigenden Teilen gar nicht aus Potsdam. Mit welchem Recht maßt man sich an, über die Vergabe von Landes- oder Bundesmitteln zu entscheiden?

    Einmal editiert, zuletzt von Saxonia ()

  • @Saxionia: Sie nennen es "öffentlicher Pranger". Ich nenne es den verfassungsrechtlich verbrieften Bürgerentscheid. Und zum wiederholten Male betone ich, dass man ein "Recht zum Bau" oder ein Änderung eines Bebauungsplanes nicht per Bürgerbegehren-/entscheid aushebeln kann.
    Es gilt vielmehr den Bauherren mit der tatsächlichen Volkesmeinung zu seinem Projekt zu konfrontieren. Die Vergabe von Landesmittel in Brandenburg kann über ein Volksentscheid kassiert werden. Das Recht dafür liefert das Brandenburger Volksabstimmungsgesetz. Auf Bundesebene funktioniert dies mangels eines Gesetzes nicht.
    Aber auch hier gilt, es soll nicht die Entscheidung der Vergabe von Bundes-/Landesmittel kassiert werden, sondern der Bauherr soll sich mit dem Votum des Volkes und seinem eigenen Versprechen das Projekt aus 100% Spendengelder zu finanzieren, auseinandersetzen und daraus auf Grundlage seiner eigenen postulierten moralischen Grundsätze ein Entscheidung fällen oder ggf. revidieren. Ich traue das der evangelischen Kirche durchaus zu.


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    Kommentare:
    21.08.14 11:43 Wieder mal ein Beitrag der vor Arroganz und Überheblichkeit nur so trotzt.
    21.08.14 14:14 Und wieder muss ich dem Kommentator recht geben. Nichts weiter als einen bornierten Kleinkrieg gegen ein ideologisch verhasstes Projekt stellt Deine Argumentation dar.

  • Ich würde libero empfehlen, sich zunächst einmal zu informieren. Die Fakten sind wie folgt:


    Nur der guten Ordnung halber: Genau das habe ich getan und daher auch den langen bequellten Beitrag geschrieben. Aber ich empfehle Dir im Gegenzug, Deine "Fakten" wie in #617 und #624 mal zu bequellen und nicht einfach irgendwelche Daten zu behaupten - bis hin zu Geheimsitzungen, die nur du kennen kannst (aus den 60ern versteht sich) - und andere in Frage zu stellen, die mehrfach bequellt sind. Solange da nix kommt, sind die nämlich nicht ernst zu nehmen und ich geh auch nicht drauf ein.


    Ansonsten finde ich, dass dermaßen beleidigende Beiträge zwar viel über das Niveau des Verfassers aussagen, aber sonst nichts beitragen.


    Sorry, aber Deine Behauptungen, Diffamierungen, ideologisch-motivierten Beiträge, deine Verschärfung von Zitaten zu Gunsten Deiner Sache, Deine polemischen Vergleiche und die Nutzung des Boards für propagandaähnliche Aggitation als Werbefläche sind eine Beleidigung für die Intelligenz/en der Mehrheit dieses Boardes. Und dein Vortrag, dass Beiträge, die Deine Behauptungen und Diffamierungen und Verharmlosungen bequellt widerlegen und widersprechen, "sonst nichts beitragen", ist Deine ganz spezielle Sichtweise, die mich jetzt weder wirklich wundert noch juckt.

    3 Mal editiert, zuletzt von libero ()

  • Das Bürgerbegehren zielte um die Ecke. Bei einer möglichen demokratischen Mehrheit (man wird es jetzt ja nun nie feststellen) gegen das Projekt, hätte die evangelische Kirche reagieren müssen. Keine Religion kann gegen das Votum der Mehrheit der Bevölkerung und mit dessen Steuergeldern(!) einen Tempel errichten. Aber richtig, das Bürgerbegehren hat zum Ziel eine Fassadenkopie der Garnisonkirche zu verhindern. Nicht aber über das Verbot oder Aufhebung des Baurechtes, sondern über die Einsicht des Bauherrn.


    und


    Es gilt vielmehr den Bauherren mit der tatsächlichen Volkesmeinung zu seinem Projekt zu konfrontieren. [...] [D]er Bauherr soll sich mit dem Votum des Volkes und seinem eigenen Versprechen das Projekt aus 100% Spendengelder zu finanzieren, auseinandersetzen und daraus auf Grundlage seiner eigenen postulierten moralischen Grundsätze ein Entscheidung fällen oder ggf. revidieren. Ich traue das der evangelischen Kirche durchaus zu.


    Als moralisches Druckmittel gegen Bauherren ist dieses Instrument ebenso wenig gedacht wie für die Aufhebung von geltendem Baurecht. Das ist in meinen Augen also ein klarer Missbrauch des Instruments. Für repräsentative Meinungsbilder gibt es Umfrageinstitute. Politische Abstimmungen hingegen sollen Entscheidungen herbeiführen. Direkte Demokratie kann - dort wo die Kommune zuständig ist - durchsetzen, dass die Kommune im Sinne der Bevölkerung handeln muss (vgl. Bürgerentscheid zu Tempelhof). In unserem konkreten Fall bedeutet das lediglich, dass Potsdam die Stiftung nicht weiter unterstützt und keine kommunalen Steuergelder in das Projekt fließen. So weit ist das auch völlig ok. Aber in diesem Zusammenhang von einer möglichen demokratischen Mehrheit gegen die Reko zu sprechen und dem Bauherren mit dem Entzug kommunaler Förderung zugleich die Pistole auf die Brust zu setzen/ dem Projekt die Legitimität abzusprechen ist unredlich. Wenn die Spenden zusammen kommen, braucht das Projekt auch bei einer hypothetischen geringen Zustimmung der Bevölkerung von 40% oder 20% keine zusätzliche Legitimität.


    Weiterhin stimmt es faktisch nicht, dass man die Meinung der Bevölkerung ohne einen Bürgerentscheid nun nicht mehr feststellen kann. Wie gesagt kann dies durch Umfrageinstitute ermittelt werden, ebenso durch eine Bürgerbefragung. Beides ist mW erheblich kostengünstiger und in diesem Fall auch angemessener, weil wie gesagt auch ein Bürgerentscheid in der Sache eben kein Votum der Bürger für oder gegen die Reko gewesen wäre (da die Kommune nicht darüber bestimmen kann).


    Zuletzt: Es ist mE völlig unangebracht zu ätzen, hier solle gegen den Willen der Menschen und von dessen Geldern ein "Tempel" (Du verwechselst da wohl was) errichtet werden. Muss ein potentieller Bauherr (egal ob religiös oder nicht) denn erst eine Mehrheit der Bevölkerung hinter sein Projekt bringen? Muss man sonst davon sprechen, dass er unmoralischer/ illegitimer Weise gegen den Willen der Bevölkerung vorgeht? Natürlich kann und darf - und dies gerade im Säkularismus ohne Staatsreligion - eine Glaubensgemeinschaft völlig unabhängig von ihrer Größe oder vom Willen der Bevölkerungsmehrheit für sich ein Gebäude errichten oder ein bestehendes Gebäude als solches nutzen! Alleine um Minderheiten vor einer Diskriminierung zu schützen, verteidigt die Verfassung dieses Recht (so lange dort nicht gegen ebenjene Verfassung gehetzt wird). Wobei mW ja völlig unabhängig davon im konkreten Fall noch nicht einmal (nur) ein Bethaus, sondern (auch) eine öffentlich zugängliche Nutzung geplant ist.


    Natürlich ist es eine andere Frage wie eine Glaubensgemeinschaft den Bau oder Unterhalt eines solchen Gebäudes finanziert. Was die kommunale Förderung eines solchen Projektes angeht, ist mE aber (mehrfach) alles gesagt. Wenn die Mehrheit der Bevölkerung eine solche nicht will, ist das mE legitim (zumal in Potsdam ja wohl generell über die mögliche Förderung von Projekten abgestimmt wird und somit keine Diskriminierung vorliegt). Die Bundesgelder hingegen sind mW ohnehin unabhängig von der Nutzung der Reko und über diese hat Potsdam auch überhaupt nicht zu entscheiden. Gleiches gilt für die Spendengelder.