Leipzig: Stadtleben

  • Du hast Dich aber schon durch den ganzen Beitrag durchgekämpft? Oder nur den Anreißertext gelesen? [/url]


    Diesen Beitrag habe ich komplett gesehen. Es gab da noch mehr Beiträge zum Thema auf 3sat.
    Im verlinkten Beitrag wird die "sich selbst realisierenden Prognose" erwähnt. Und die LIZ berichtet darüber, dass Leipzig eine neue Prognose erstellen läst, weil die alten Prognosen inzwischen obsolet sind.


    Ohne Prognosen kann man keine Politik machen. Die Frage ist nur, wie man mit den Prognosen umgeht. Man kann auch versuchen aktiv gegen das zu erwartende Prognoseergebnis ankämpfen und damit den Eintritt der Prognose verhindern. Oder "falsch" handeln und alles noch verstärken.
    Die Prognoseersteller schaffen sich ja ein subjektiv geprägtes Gedankenmodell. Wenn dann nur eine einzige Randbedingung oder Annahme sich unvorhergesen ändert oder neue wesentliche Einflussfaktoren hinzukommen, verläuft die Entwicklung völlig anders.


    Ein Beispiel aus dem Hochwasserschutz: In einem Film über die Architektur der Landeshauptstadt Dresden berichtet einer der Protagonisten über die Hochwasserschutzmaßnahmen für den Neubau der Semperoper. Man hatte danach recht aufwendige Vorkehrungen für den prognostizierten Hochwasserfall getroffen. Leider hatte man die Weißeritz aus dem Gedankenmodell ausgeschlossen....

  • Zitat von GenoX

    Das für mich am Interessantesten (was in der PM der Stadt mit aufgeführt ist) greift der LIZ-Artikel gar nicht wirklich auf, nämlich die Verschiebung der Wanderungsgewinne vom mitteldeutschen, ländlichen Raum zu deutschen Großstädten (und teilweise auch dem Ausland).


    Für gewöhnlich kommen die Artikel bei der LiZ zu einem Thema häppchenweise. Also gut möglich, dass dazu noch ausführlich berichtet wird. Willkommen im DAF an dieser Stelle!



    Nochmal zu Markkleeberg: Nicht nur der Verflechtungen wegen mit Leipzig ist eine Eingemeindung sinnvoll, die räumliche Distanz lässt auch nicht darauf schließen, dass bei einer Vereinnahmung dem Modell von Groß-Berlin gefolgt werden würde. Vom Leipziger Markt bis nach Markkleeberg sind es gerade einmal 6 km, keine 30 Minuten mit dem Rad.


  • Die Prognoseersteller schaffen sich ja ein subjektiv geprägtes Gedankenmodell. Wenn dann nur eine einzige Randbedingung oder Annahme sich unvorhergesen ändert oder neue wesentliche Einflussfaktoren hinzukommen, verläuft die Entwicklung völlig anders.


    Ich stimme teilweise zu, nur unter "völlig anders" würde ich in unserem Falle nicht ausgehen. Grundsätzlich ist die Aussage richtig, dass die Leipziger Bevölkerung in den nächsten Jahren wachsen wird. (Nicht nur die Leipziger) Prognostiker_innen gingen bzw. gehen noch heute davon aus, dass sich das Leipziger Bevölkerungswachstum im Wesentlichen aus dem Umland speist und dadurch mittelfristig nachlassen muß.


    Hier z.B. ein Interview in der Badischen Zeitung vom 21.5.2015 mit Dr. Robert Nadler, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Leibniz-Institut für Länderkunde in Leipzig.vom Leibniz-Institut für Länderkunde über das Imageproblem Ostdeutschlands: "Negative Vorstellungen von der eigenen Heimat"


    http://www.badische-zeitung.de…en-heimat--105123415.html



    Insgesamt wird die deutsche Bevölkerung in den nächsten Jahren wohl nicht wachsen. Insofern findet durch die Wanderungsbewegungen nur eine Umverteilung einer schrumpfenden Bevölkerung statt. Diese Umverteilung wird auch ihre Grenzen haben. Die großen Städte im Osten profitieren momentan noch sehr stark vom Zuzug der jungen Leute aus dem Umland. Aber auch dieses Potenzial ist begrenzt.


    Nun zeigen aber sowohl die Wanderungsbefragung Leipzig 2014 (Datenerhebung Oktober 2012 bis September 2013) des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung Leipzig (UFZ) als auch neuere Untersuchungen des Amtes für Statistik und Wahlen (siehe meinen Beitrag von gestern Abend), dass dem gar nicht so ist. In Leipzig kommen nur 58,4 % (2012/13, UFZ - http://www.deutsches-architekt…m/showthread.php?p=477533) aus den Neuen Ländern bzw. 45,2 % aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen (2014, Amt für Statistik - http://www.deutsches-architekt…m/showthread.php?p=478430 ). Dafür kommen zunehmend mehr Zuwanderer_innen aus (west-)deutschen Großstädten und Berlin und aus dem Ausland nach Leipzig.


    Insgesamt steigen die Zuwanderungszahlen weiter anstatt wie erwartet zu fallen. Damit war diese Annahme falsch und muß nun in der Überarbeitung der Prognose bzw. Bevölkerungsvorausschätzung korrigiert werden. Die Bevölkerung wird weiterhin wachsen, nur eben noch schneller als noch 2013 erwartet.


    Aber viele andere Aspekte behalten im Wesentlichen ihre Gültigkeit, etwa zur Zusammensetzung der Alterskohorten, zu den Sterbefällen, zu den Geburten und Kindern im Kita- und Schulalter (plus mittelfristig die Kinder der "zusätzlich" Zuziehenden) usw.


    Andrea Schultz: Evaluierung Bevölkerungsvorausschätzung 2013 nach dem zweiten Prognosejahr. In: Statistischer Quartalsbericht IV/2014, S. 19-22.
    http://www.leipzig.de/fileadmi…ericht_Leipzig_2014_4.pdf

  • Das Leben steckt voller Überraschungen und bleibt spannend. Eine positive und für alle erfüllende Entwicklung wäre schön.


    Dabei spielen aber viele Faktoren eine Rolle. Glück gehört auch dazu. Für Leipzig würde ich die Ansiedlunegn von Porsche, BMW und DHL als Glücksfälle bezeichnen. Lärmgeplagte und Hamsterliebhaber sehen das sicher anders. Stadt ist aber immer ein mehr oder weniger gelungener Kompromiss. Konkrete Zahlen habe ich jetzt nicht, aber dem Vernehmen nach wohnen die meisten Besitzer von Leipziger Immobilien nicht in Leipzig. Trotzdem kann man in Leipzig heute recht komfortabel wohnen und leben.


    Es gab Zeiten, da war das nicht so. Schöner wohnen in sauberer, fast paradiesischen Landschaften konnte man weiter nördlich. Paradiesisch sind die Landschaften im Mecklenburg-Vorpommern auch heute noch. Das Leben dort scheint mir aber härter geworden zu sein. Industrielle Kerne gibt es nicht. Die Landwirschaft kommt mit einem Bruchteil an Beschäftigten aus. Bleibt noch der Tourismus.



    Gestern hat 3sat einen Beitrag über die Urlaubsinsel Rügen aus dem letzten Jahr wiederholt. An der Küste gehören mittlerweile viele Immobilien Fremden, die diese als Ferienwohnungen nutzen. Die Einwohner Rügens können am boomenden Tourismus jedoch nicht partizipieren.


    In Leipzig zeichnet sich eine Entwicklung ab, die schon fast an den in einem Artikel der NZZ beschriebenen Mythos der totalen Urbanität heranreicht. Lebendige Bereiche und ruhige Wohnlagen, Grün und Arbeit sind gut verflochten. Mehr lebendige Straßen, mit kleinen Läden wie in zentrumsnahen Bereichen von London, Paris, Prag, Rom oder Manhattan wären nicht schlecht. Dazu fehlen aber in Leipzig noch die Zuwandererfamilen.


    Einkaufstempel gehören in eine Stadt. Über eine schöne neue Industrieansiedlung mit Forschungs- und Entwicklungsabteilung, Verkauf und Administration würde ich mich aber mehr freuen. Mal sehen, was sich da so entwickelt.

  • Wie kannst du es auch nur vermuten, es könnten Linksradikale sein! *Ironie off*!


    Der Anwalt der oftmals linken Demonstranten, der bei Mutmaßungen gegen rechts IMMER ganz vorne dabei ist und schon einige seltsame Statements (gerade als Anwalt sollte man da etwas besser Bescheid wissen) abgegeben hat fordert allen ernstes, Mutmaßungen zu unterlassen:
    Kasek: "Jetzt schon mit Mutmaßungen an die Öffentlichkeit zu gehen, ist unseriös."
    Immer wieder lustig, wie mit zweierlei Maß gemessen wird, da war er wohl selbst schon oft unseriös und merkt es nur nicht.


    http://www.lvz.de/Leipzig/Stad…ittelt-Politik-spekuliert

  • Man sollte es tunlichst vermeiden, angesichts solcher Aktionen über die sächsische Asylpolitik zu fabulieren. Dann können die Parteien noch so sehr fabulieren, Gewalt sei kein Mittel der politischen Auseinandersetzung, aber letztendlich lassen sie sich davon doch eine Diskussion aufzwingen.


    Wir haben es hier schon mit einer zunehmend terroristisch auftretenden Vereinigung zu tun. Dementsprechend sollte man die Sache sicherheitstechnisch auch behandeln. Es ist nur eine Frage der Zeit bis so ein durchs Fenster geworfenen Stein mal ein nichtpolizeiliches Weichziel trifft. Die Polizei vor Ort kann da wenig unternehmen.

  • Zitat von Altbaufan

    Der Anwalt (Anm.: Jürgen Kasek) der oftmals linken Demonstranten, der bei Mutmaßungen gegen rechts IMMER ganz vorne dabei ist und schon einige seltsame Statements (gerade als Anwalt sollte man da etwas besser Bescheid wissen) abgegeben hat fordert allen ernstes, Mutmaßungen zu unterlassen:


    Gibt es Quellen dafür, wo Herr Kasek die von dir genannten Mutmaßungen geäußert hatte? Für die Netzwelt und all jene, die schon immer alles besser wussten, ist es doch ohnehin klar, dass die Antifa aus Connewitz hinter den Krawallen steckt. Dass die Lokalpresse auf diesen Zug aufspringt, finde ich auch unseriös, zumal weder Täter noch Motive bekannt sind. Und jetzt ist das nun schon die 3. oder 4. von angeblichen Linksextremisten verübte Aktion dieser Art in diesem Jahr, ohne dass man die Randalierer, die vermutlich immer dieselben sind, zu fassen bekommt. Und die Polizei, die sich dafür lobt, diesmal schnell vor Ort gewesen zu sein, bekommt gestern Abend nur 1 (einen!) von 100 Krawallbrüdern zu fassen. Wer will hier eigentlich wen verschaukeln?

  • Jürgen Kasek wird in der LVZ so zitiert:



    „Ich sage ganz klar: Diese Gewalt ist nicht zu rechtfertigen. ... Diese rechtswidrige Tat ist aufzuklären.“ Zunächst müsse alle Kraft in die Aufklärung fließen, dann müssten zeitnah Konsequenzen folgen. Er kritisierte die Reaktionen von Politik und Polizei: „Bislang hat noch niemand genaue Kenntnisse der Vorgänge. Jetzt schon mit Mutmaßungen an die Öffentlichkeit zu gehen, ist unseriös.“ Alle Beteiligten täten gut daran, Polizei und Staatsanwaltschaft ihre Arbeit machen zu lassen, erst dann könne man sich ein Urteil erlauben.


    http://m.lvz.de/Leipzig/Stadtp…ittelt-Politik-spekuliert


    Auf seiner privaten Facebook-Seite und damit nicht als Landesvorstandssprecher von Bündnis 90/Die Grünen Sachsen schreibt er folgendes:



    https://www.facebook.com/juerg…7084021606823?pnref=story


    Ähnlich, nur deutlich kürzer sind seine Äußerungen bei Twitter:
    https://twitter.com/JKasek


    Jürgen Kasek ‏
    Vor 14 Stunden
    Und ohne irgendeine Kenntnis von Hintergründen oder Abläufen überbieten sich alle bei der Bewertung. #leipzigkrawall


    Jürgen Kasek retweetete
    Anja ‏
    Vor 12 Stunden
    In Freital propagieren seit Wochen besorgte Bürger rassistische Parolen. @SMI_tweets schweigt, meldet sich aber sofort bei linker Gewalt.


    Jürgen Kasek ‏
    Vor 10 Stunden
    Polizei ermittelt - Politik spekuliert / Stadtpolitik / #Leipzig http://m.lvz.de/Leipzig/Stadtp…ittelt-Politik-spekuliert


    Jürgen Kasek
    Vor 8 Stunden
    Die Aufregung der #CDU über die Krawalle in #Leipzig ist vor allen Dingen scheinheilig. Die CDU trägt die Verantwortung für Polizeikürzungen


    Jürgen Kasek ‏
    Vor 7 Stunden
    Wenn Flüchtlingsheime angegriffen werden oder nichtrechte Opfer von Gewalt werden schweigt die #CDU. #sachsen



    Ich kann dem weder entnehmen, dass Kasek diese Taten rechtfertigen oder billigen will noch dass er in Abrede stellt, dass es sich um eine militant agierende Gruppe aus dem recht heterogenen Spektrum der (radikalen) Linken handelt.


    In dem bereits verlinkten Artikel in der L-IZ werden zwei Bilder gezeigt, die als Screenshots der Website linksunten.indymedia.org entnommen sind. Augenscheinlich handelt es sich um eine größere Bilderserie, die von einer Person aus dem Umfeld der Gruppe aufgenommen und gestern mittag dort hochgeladen wurde. Aktuell ist die Website nicht zu erreichen. Die beiden Bilder zeigen ein Fronttransparent mit der Aufschrift:


    "Troika, G7, Frontex, Leipzig, Deutschland, ???
    Es kotzt uns an!
    Der Aufstand wird kommen."


    Nach meinem Dafürhalten geht es bei Kaseks Kritik um solche Äußerungen des Polizeipräsidenten:



    "Nach den Ausschreitungen in Leipzig ist die Polizei an diesem Wochenende in erhöhter Alarmbereitschaft. Das sagte Leipzigs Polizeipräsident Bernd Merbitz am Samstag der Deutschen Presse-Agentur. Noch sei nicht klar, ob das Ziel der rund 100 Randalierer am späten Freitagabend das Stadtfest gewesen sei, das an diesem Wochenende gefeiert wird. "Wir haben sie relativ früh am Ring gestoppt, so dass sie nicht in die Stadt reinkamen. Sonst wäre vermutlich noch mehr passiert." Merbitz wollte auch "ausdrücklich nicht ausschließen", dass die Krawalle im Zusammenhang mit dem G7-Gipfel in Elmau stehen könnten."


    Es wird durch Äußerungen des Polizeipräsidenten Merbitz das Bild vermittelt, die militant agierende Gruppe hätte womöglich gezielt die Besucher_innen des Stadtfestes angreifen wollen. Dies sei nur durch die Polizeipräsenz am Neuen Rathaus verhindert worden." In der LVZ heißt es im Anreißertext: "Noch sei nicht klar, ob das Ziel der rund 100 Randalierer am späten Freitagabend das Stadtfest gewesen sei." An anderer Stelle: "Leipzigs Polizeichef Bernd Merbitz hielt in einem ersten Statement auch einen Angriff auf das Leipziger Stadtfest für möglich."


    Was sind dies anderes als Mutmaßungen?



    In der Nacht zu Mittwoch wurde ein Brandanschlag auf die Asylbewerber_innenunterkunft in Hoyerswerda verübt. Nach Polizeiangaben warfen Unbekannte einen Behälter mit brennbarer Flüssigkeit in Richtung der Notunterkunft, in der sich zu diesem Zeitpunkt 27 Asylbewerber_innen aufhielten. Das Operative Abwehrzentrum der Polizei hat die Ermittlungen übernommen. Es vermutet ein fremdenfeindliches Motiv.


    Presseberichte: überwiegend regional und kurz - https://www.google.de/search?h…brandanschlag+hoyerswerda, Bilderserien vom "Tag danach": keine
    öffentliche Reaktionen der örtlichen Polizeiführung oder des SMI: mir nicht bekannt
    Reaktionen der lokalen und Landespolitik: augenscheinlich keine
    "Terror", "Gewaltexzess", "Mordversuch" - lese ich nirgendwo

  • ^ Mehrere relativierende Reaktionen bis hin zu wüster Asylhetze nach dem Brandanschlag auf ein bewohntes Asylbewerberheim in Hoyerswerda konnte man hingegen in den Kommentarspalten der Presse lesen. Ein Kommentar lautete: "Die Linken sind schlimmer, die zünden Autos an.

  • Marc Uwe-Kling: Die Känguru-Offenbarung. Der Känguru-Chroniken dritter Teil. Berlin 2014, S. 146:
    "Ein extrem wichtiges Thema. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ob Links-oder Rechtsextremismus – da sehe ich keinen Unterschied."
    "Doch, doch", ruft das Känguru laut dazwischen. "Es gibt einen Unterschied. Die einen zünden Ausländer an, die anderen Autos. Und Autos anzünden ist schlimmer. Denn es hätte mein Auto sein können. Ausländer besitze ich keine."


    Ähnliche Äußerungen habe ich aber auch schon mehrfach "in echt" gelesen. So zum Beispiel vor einer Woche auf der facebook-Seite eines online-Boulevardblattes:



    Also ich habe von Linken bisher in Leipzig nur Gewalt erfahren und gesehen. Ich selber bin ein echter Gegner von Gewalt und halte Gewalt für ein absolut dummes Mittel was ausschließlich linke nutzen. Ich hoffe dass die Polizei bald die Linken verbietet und hinter Schloss und Riegel bringt denn nur da gehören links Extremisten welche Terror verbreiten hin!


    Um jedoch nicht mißverstanden zu werden: Wer etwa bei einem zufällig vorbeifahrenden Reisebus die Frontscheibe zerschlägt, nimmt schwere Verletzungen des Busfahrers zumindest in Kauf. Spätestens damit ist für mich eine Grenze zu kriminellem Handeln deutlich überschritten.


    Bei der Gewalt gegen Menschen läuft auch die deutliche Trennlinie zu anderen Gruppen der angeblich so homogenen radikalen Linken bzw. "der Antifa", die es als einheitliche Bewegung nie gab und gibt. Dies war in Leipzig auch schon nach dem Angriff auf den Polizeiposten in der Wiedebachpassage Connewitz zu Anfang des Jahres erneut deutlich geworden. Hier bereits zitiert wurde die Stellungnahme der Gruppe "Für das Politische!":



    Eine exzessive Gewalt mit barbarischer Rhetorik, welche aus blindem Hass genau die Zustände reproduziert, deren Abschaffung das Ziel linker Politik und Gesellschaft ist, hat ihren emanzipatorischen Anspruch verloren. Die Aktion lässt kein vernünftiges Interesse an kritischer, linker oder gar emanzipatorischer Praxis erkennen. Im Gegenteil scheint damit eine sinnvolle Kritik und Protest gegen institutionalisierte staatliche Repression im Allgemeinen, wie auch den Polizeiposten in der Wiedebachpassage im Speziellen erschwert.


    http://fuerdaspolitische.noblo…-und-politischem-protest/



    ... die Aktion gegen den Polizeiposten war aus unserer Sicht selbstbezogene Szenemilitanz mit kontraproduktiven Konsequenzen und ohne politische Relevanz ...


    http://fuerdaspolitische.noblo…nd-nestbeschmutzer_innen/

  • Ich halte dieses Unterscheiden von "Gewalt gegen Menschen" und "Gewalt gegen Sachen" für gefährliche Haarspalterei mit vielen Allgemeinplätzen. Selbstverständlich ist es schwerwiegender ein Asylbewerberheim anzuzünden als Scheiben einzuschlagen. Dementsprechend wird es auch im Strafrecht behandelt. Im Gegenzug würde aber auch niemand auf die Idee kommen, Nazis, die Ausländer überfallen und Asylbewerber anzünden, einen intellektuellen Anspruch zu unterstellen.
    Nachdem in Frankfurt ganze Straßenzüge aussahen wie nach einer Filmszene von Fast and the Furious, haben sich aber einige prominente LINKE immer noch in Zeitungen und vor Kameras getraut, um zu sagen, man dürfe nicht die viel schlimmere strukturelle Gewalt des Staates vergessen. Die Randalierer wurden kurzerhand zu "Störern" oder "Polizisten in Zivil". Wenn einige Dinge offenbar nicht mehr logisch erklärbar sind, gehören die Personen einfach nicht mehr zum "Aktionskonsens" dazu. Problem gelöst.


    Und ich kann mich da auch nur wiederholen, auch politisch motivierte Gewalt gegen Sachen hat letztendlich Menschen zum Ziel. Einmal direkt, in dem man sie wahlweise mit Steinen oder Sprengkörpern bewirft bzw. Krähenfüße auslegt. Aber auch indirekt, indem man klar zum Ausdruck bringt, man will bestimmte Personengruppe schlichtweg nicht in einer bestimmten Gegend (Polizisten, Banker, wohlhabende Zuzügler) und ist auch bereit der Forderung mit Gewalt Nachdruck zu verleihen.


    Dieses Gefasel von "keine Gewalt gegen Menschen" ist der wohl hartnäckigste und langlebigste Mythos den es in der linksradikalen und autonomen Szene gibt. Es ist im Grunde ein psychischer Selbstschutz um sich nicht eingestehen zu müssen, ein ganz banaler Randalierer und Gewalttäter zu sein.

  • Wir kommen sehr schnell weit vom Thema ab. Ich möchte daher zu den Blockupy-Protesten in Frankfurt nicht allzuviel sagen. Ein Interview mit der ehemaligen Sprecherin des Frankfurter Kreisvorstands der LINKEN in einem obskuren Antiimp-Blättchen mit einer Auflage von deutschlandweit 19.000 Exemplaren, das eindeutig antizionistisch und zum Teil antisemitisch ausgerichtet ist und hier in Leipzig wohl von nicht mehr als einer Handvoll Leute regelmäßig gelesen wird, als Beleg für den Geisteszustand der gesamten deutschen Linken zu nehmen - nun ja, das ist zumindest gewagt.


    Allerdings gibt bei der Linkspartei bis hin zu Fraktionschef und Parteivorsitzendem ähnliche, wenn auch weniger explizite Äußerungen. Aber sind Spekulationen über Agents Provocateurs lediglich wahnwitzige Verschwörungstheorien? Nur mal aus der allerletzten Zeit ein paar Namen und Orte zum Selbstsuchen:
    - 2007: Blockade des G8-Gipfels in der Nähe von Bad Doberan
    - 2010: Stuttgart 21 - Die Aussage einen jungen Polizisten, der aus naheliegenden Gründen anonym blieb, in dem wohl radikal linker Umtriebe eher unverdächtigen "Hamburger Abendblatt" vom 18.10.2010, das damals noch zur Axel Springer SE gehörte: "Ich weiß, dass wir bei brisanten Großdemos verdeckt agierende Beamte, die als taktische Provokateure, als vermummte Steinewerfer fungieren, unter die Demonstranten schleusen. Sie werfen auf Befehl Steine oder Flaschen in Richtung der Polizei, damit die dann mit der Räumung beginnen kann. […]".
    - 2010: Simon Bromma alias Simon Brenner in Heidelberg
    - 2010: Mark Kennedy alias Mark Stone
    - 2015: Iris Plate alias Iris Schneider in Hamburg
    - ...


    Linke Gruppen haben sich im Vorfeld der Blockupy-Proteste bundesweit auf einen Aktionskonsens geeinigt. Dieser wurde von anderen Gruppen und Einzelpersonen, die zum Teil auch aus anderen europäischen Ländern angereist waren, nicht beachtet, weil sie sich daran auch nicht gebunden fühlten. Wie sollte dann während der laufenden Geschehnisse und danach Deiner Meinung nach reagiert werden?


    Ich will damit aber keinesfalls behaupten, die Angriffe auf Menschen und Gebäude in Leipzig in der Nacht zum Sonnabend wäre von Agents Provocateurs ausgegangen.

  • Saxonia, du hälst die Unterscheidung zwischen Gewalt gegen Menschen und Gewalt gegen Sachen für gefährliche Haarspalterei und relativierst im gleichen Absatz Gewalt gegen Menschen mit dem Intellekt der Täter? Oder verstehe ich grad was falsch?

  • Das weiß ich nicht. Vielleicht magst du dir den, meines Erachtens unmissverständlichen, zweiten Satz nochmal durchlesen? Gewalttaten sind unabhängig von der politischen Coleur ihrer Täter zu ahnden. Weder rechts noch linksradikale Übergriffe sollten dazu ermuntern, über die damit artikulierten politischen Ziele ernsthaft zu diskutieren.


    Ich halte diese Kategorisierung ingsesamt schon für schwachsinnig, weil sie so rein so gut wie nie aufgeht. Linksradikale hauen ja nicht im Suff eine Busshaltestelle ein oder treten aus Jux ein par Autospiegel ab. Hinter Aktionen wie jene in Leipzig steckt ein zumindest nach außen artikuliertes politisches Ziel und das betrifft natürlich auch Menschen die dieses nunmal nicht teilen, eigentlich logisch. Meistens Polizisten, wenn jetzt offenbar Gerichte herhalten müssen, auch Juristen und Gerichtsmitarbeiter. Krähenfüße für Polizeiwagen ist nicht nur Gewalt gegen Autos, sondern auch gegen Menschen, die da drinn sitzen. Steinwürfe auf Polizisten sind keine "Gewalt gegen Sachen" usw. Was ist daran so schwer zu verstehen? Wie kann man bitte schön immer wieder die linke Propaganda von der "Gewalt gegen Sachen" reproduzieren und gleichzeitig den Findefix bei schwachsinnigen Pegida-Parolen mimen?


    Wie sollte dann während der laufenden Geschehnisse und danach Deiner Meinung nach reagiert werden?


    Mh, vielleicht nicht davon faseln die Polizei sei ja durch ihr "militaristisches" Auftreten selbst Schuld oder was die Bundesregierung mit Griechenland macht sei viel schlimmere Gewalt? Das "Polizeiagenten" frühmorgens durch Frankfurt gezogen sind um alles kurz und klein zu hauen und ihre noch gar nicht konkret vor Ort befindlichen Kollegen zur Räumung zu provozieren, können wir wohl ausschließen.

    Einmal editiert, zuletzt von Saxonia ()

  • Nachdem sich die Meldungen nach den Randalen mutmaßlicher Linksextremisten vom Freitag überschlugen, Politiker aller politischen Lager ihr Entsetzen bekundet haben, in nahezu allen Medien von Ausnahmezustand gesprochen wurde und auch hier bereits diskutiert wurde, meldete sich heute Martin Döring vom sächs. Verfassungsschutz zu Wort. Er warnte vor der autonomen Szene in Leipzig, die nicht nur zahlenmäßig, sondern auch in ihrer Bedeutung in den letzten Jahren gewachsen sei und bundesweite Ausstrahlung erlangt habe. Leipzigs Autonome boxen in der ersten Liga, so der Verfassungsschützer weiter. Was die Zahlen angeht, wird Döring auch konkret. In Sachsen gebe es 180 Autonome, davon die Hälfte, also 90, wohnen in Leipzig. Mit anderen Worten: 90 Autonome (Antifa, Linksextremisten, wie immer man sie nennen mag, davon viele oder zumindest einige noch minderjährig) bekommt man in Leipzig also nicht in den Griff und bedrohen die innere Sicherheit im Saggsenland. Klingt für mich alles nach einem Witz.


    Döring und seine Behörde wollen außerdem herausgefunden haben, dass die Szene homogen, gut vernetzt und schnell mobilisiert werden kann. Unter ihnen seien viele Schüler, Studenten, Azubis und Arbeiter. Vermutlich befinden sich die Wohnadressen der autonomen Schüler und Azubis (bzw. deren Eltern) auch eher im Waldstraßenviertel oder in Markkleeberg statt in Connewitz.

  • ^ ich kann hier auch keinen großen Erkenntnisgewinn feststellen. Bei ganzen 90 Personen welche der autonomen Szene dazu gerechnet werden, bin ich überrascht welchem politischem Gewicht man diese nun behandelt. Auch wenn die Gewaltakte natürlich nicht zu entschuldigen sind.


    Dass die autonome Szene in Leipzig in der "ersten Liga boxt" ist seit mindestens der Wende eindeutig! Leipzig hatte schon zu DDR-Zeiten eine rege und bunte Punk-Szene. Die Antifa in Leipzig ist nach Berlin und Hamburg, eine der größten in Deutschland. Da sollte es auch nicht verwundern, dass es in der Nacht zum Samstag und zum Beginn des G7 Gipfel in Elmau, zu den Ausschreitungen gekommen ist. Mich zumindest, hat es nicht.


    Nun will ich der Polizei weder Dummheit noch Faulheit vorwerfen. Aber der Politik im Freistaat eine völlig falsche Abschätzung der Lage bezüglich der Polizeistärke zumindest in Leipzig und den Grenzgebieten. Das ist dann auch der Grundtenor der Medien. Die Polizeireform ist in Sachsen absolut daneben gegangen! Und während der Innenminister seinen Posten räumt, um ein schlechteres Ergebnis für die CDU bei der OB-Wahl in Dresden als im links-liberalen Leipzig einzufahren, steigt er danach einfach wieder in den Sessel. Es scheint als hätte die CDU hierzulande das gleiche Personalproblem wie die Polizei.


    Nicht um die Waage anzusetzen oder zu relativieren, aber für das Verhältnis: die Zahl der Rechtsextremen im Freistaat liegt laut dem sächsischen Verfassungsschutz bei 2.500 Personen. Das ist dann doch ein Unterschied zu den 180 bzw. 340 genannten Personen der autonomen Szene.

  • Wenn linke Idioten randalieren, ist der Aufschrei bekanntermaßen groß und die Rede vom gefährdeten Rechtsstaat ist in aller Munde. Ein Gastkommentar von Jürgen Kasek, der für die Randale am Freitag mitverantwortlich gemacht wird, steht heute in der L-IZ geschrieben.

  • Scusa, Cowboy, aber reagiert die Öffentlichkeit nicht logischwerweise darauf in diesem Maße? Schließlich sind analoge Gewaltaktionen von anderen Gruppierungen in Leipzig in den letzten jahren eher selten - können also auch keinen Anlaß für einen großen Aufschrei geben ....