Frankfurter Stadtgespräch

  • Danke BDA - Gestaltungsgremium ist bitter nötig

    Danke für den Beitrag, RobertKWF. Gut zu hören, dass gerade der BDA, die graue Eminenz der deutschen Architektur-Szene, sich für ein Gestaltungsgremium, also ein Korrektiv, ausspricht. Wer zwischen den Zeilen liest, merkt, dass der BDA keinesfalls mehr damit einverstanden ist, was viele Architekten-Kollegen hierzulande derzeit als Ergebnisse abliefern. Der BDA scheint nicht mehr bereit zu sein als Apologet des unteren Mittelmaßes und des mangelnden Gestaltungswillens aufzutreten. Diese bahnbrechende Erkenntnis kommt zwar leider zwei Jahrzehnte zu spät, aber lieber jetzt als nie, denn ein solches Gremium der Experten könnte an vielen Stellen einen wichtigen Beitrag zur Stadtreparatur leisten. Das viel zu strenge und unoriginelle Europaviertel scheint das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht zu haben.


    Es ist bezeichnend, dass sich das Frankfurter Planungsdezernat gegen ein solches Gestaltungsgremium wehrt, ganz zu schweigen vom Denkmalamt, das sich beim Umbau des Senckenberg-Museums gerade zu einer bundesweiten Lachnummer macht. Schließlich geht es um Machterhalt und Geltungsbedarf, der bei einem Gestaltungs-Expertenteam zunächst mal in Frage gestellt wäre.


    Als Kontrast hierzu stellt der Gestaltungsbeirat zum Dom-Römer-Projekt aber gerade erst unter Beweis, dass wir es hier mit einem erfolgsversprechenden Modell zu tun haben, das geradezu um Nachahmung und Vervielfältigung bettelt. Fachkompetenz ist also keine Bedrohung, sondern ein Segen für solche wichtigen Projekte. Planungsdezernent Josef sollte daher ein deutlich offeneres Ohr haben, denn Gestaltung sollte keine reine Glückssache sein.

  • Wenn du nicht mehr weiter weißt...

    ...dann gründe einen Arbeitskreis. Es gibt bereits einen Städtebaubeirat, in den der BDA neben anderen Vertreter entsendet. Wozu also noch einen Beirat? Und vielleicht noch einen Altstadtbeirat und einen Verkehrsbeirat?


    In diesen Beiräten sitzen dann genau diesselben Leute, deren Bauprojekte das Unwohlsein hervorrufen. Was kann man von einem solchen Gremium erwarten? Ein paar lauwarme Empfehlungen vielleicht, der Art wie sie der Städebaubeirat abgibt. Architektenschelte?


    Um die Architekten und ihre Bauherren zu disziplinieren bräuchte es schon allgemeinverbindliche, sprich rechtliche Vorgaben. Die kann man erlassen, in Gestalt von B-Plänen und Gestaltungssatzungen. Ich höre schon das Gemaule, man sollte solcherlei Regulierung doch bitteschön lassen, um das Bauen nicht unnötig zu verteuern.


    Von daher ist ein Gestaltungsgremium m.E. so nutzlos wie der Städebaubeirat.

  • Die Nachbarstadt Darmstadt ist das beste Beispiel, dass ein Gestaltungsbeirat nicht zu besseren Ergebnissen führen muss. Zum Beispiel der zuvor von ihm abgesegnete Neubau Neckarstraße 4 (Google Maps).

  • Ein Fall aus Darmstadt soll ernsthaft als Musterbeispiel für das Scheitern des Gestaltungsbeirats als Ganzes herhalten? Das ist dann doch zu dünn.


    Die Gegenbeispiele für funktionierende Gestaltungsbeirate sollten bitte nicht außer Acht gelassen werden. Dazu wurde bspw. ein interessanter Artikel zum in der FAZ am 3.8.16 publiziert ("Architekten wollen Gestaltungsbeirat in Frankfurt"). Architekt Jo Franzke sagte bspw., dass er in anderen Städten gute Erfahrungen mit solchen Gremien gesammelt habe. Architekt Stefan Forster meint, dass das Votum der Experten sogar oft die Beratungsprozesse in Politik und Verwaltung beschleunige.


    Sehr gut gefällt mir die Meinung des Frankfurter Architekten Zvonko Turkali, da er selber in den Gestaltungsbeiräten von Lübeck, Freiburg und Mannheim sitzt. Er sagt: "Was nutzt einer Gemeinde das schönste Museum, wenn ihre Quartiere, in denen die Menschen arbeiten und wohnen, jegliche Qualitäten vermissen lassen?“. Wichtig ist aus seiner Sicht, dass die Beiratsmitglieder unabhängig sind (d.h. keine Architekten aus der Region) und ihr Mandat zeitlich befristet sei. Das klingt äußerst vernünftig und plausibel.


    Den bestehenden Städtebaubeirat (von tunnelklick erwähnt) in seinen Kompetenzen zu stärken, wie Jürgen Engel vorschlägt, ist auch eine gute Variante. Eintönige Quartiere wie das Europaviertel werden sich in Frankfurt noch oft wiederholen, wenn man nicht den Mut hat neue Wege zu gehen.

  • Wer sagt denn, dass ein Gestaltungsbeirat das Europaviertel verhindert hätte? Vielleicht so, wie der Denkmalbeirat den Abriss des Bundesrechnungshofs verhindert hat? Oder das Senckenbergmuseum?


    Nur noch mal zur Erinnerung: was am Europaviertel so kritisiert wird, hatte 2004 die Weihen des Städtebaubeirats gefunden: klick

    Einmal editiert, zuletzt von tunnelklick () aus folgendem Grund: Nachtrag

  • Hier noch zur weiteren Meinungsbildung der Link auf die Entscheidungen des Darmstädter Gestaltungsbeirates seit 2012. Sicher ist die in #2083 verlinkte Neckarstr. 4 das negativste Beispiel und es gab auch Gutes.
    Insgesamt enttäuscht mich das Ergebnis - die Entscheidungen fand ich oft zu zaghaft, vielleicht war es schwer, einen gemeinsamen Nenner zu finden. Aber selbst kleine Korrekturen konnten oft nicht durchgesetzt werden.

    Einmal editiert, zuletzt von Lu-Mo () aus folgendem Grund: EDIT: Typo, Linkreparatur

  • So ein Beirat steht und fällt halt mit den darin vertretenen Personen. Besetzt man ihn mit Architekten, die zudem noch Anhänger modernistischen Bauens sind (Flachdachwürfel, am Besten noch in Glas und Stahl, im schlechtesten Fall hat der jeweilige Architekt in seiner Schaffenszeit selbst nichts besseres hinbekommen als öde grau verputzte Klötzer), kann da nix anständiges bei rumkommen. Und genau deswegen lehne ich einen Gestaltungsbeirat auch ab. Es ist richtig die Diskussion zumindest über die Entwürfe für alle innerstädtischen und sonstigen stadtbildprägenden Gebäude in die Öffentlichkeit zu tragen, aber die Bewertung darf auf keinen Fall ausschließlich angeblichen Fachleuten überlassen werden.
    Da ist es an der Politik die Veröffentlichung der Architekturentwürfe verpflichtend zu machen, auch harte Diskussionen zuzulassen, und das schlimmste durch entsprechend sinnhafte Bebauungspläne und Gestaltungssatzungen zu verhindern. Die Erhaltungssatzungen fürs Nordend und Westend haben sich als völlig wirkungslos herausgestellt - es braucht Gestaltungssatzungen mit ähnlichem Inhalt wie die fürs Bahnhofsviertel (allerdings mit noch deutlich schärferen Regeln für die Zulassung von Ausnahmen) für den gesamten Gründerzeitring um die Innenstadt sowie für die Villenviertel in Dornbusch und Eschersheim.
    In Neubaugebieten liegt der schwarze Peter sogar ausschließlich bei der Stadt: da ließe sich schon extrem viel gewinnen, wenn endlich in der öffentlichen Verwaltung ein Umdenken einsetzte, dass nur noch solche städtebaulichen Entwürfe in Bebauungspläne umzusetzen sind, die in der Tradition des mitteleuropäischen Städtebaus stehen, mit hoher Dichte, sehr wenigen öffentlichen oder gar halböffentlichen Abstandsflächen, und anstatt den immer gleichen Großformen deutlich kleineren Parzellenzuschnitten. Riedberg, Rebstockpark, Europaviertel waren die prominentesten Versager der Stadtpolitik, mit Ernst-May-Viertel und Hilgenfeld stehen schon die nächsten Katastrophen in den Startlöchern. Dass es auch in dieser Stadt anders geht, zeigen in Ansätzen der Frankfurter Bogen und vor Allem das Deutschherrnviertel.
    Und generell muss auch mal der Mut her, bei nicht zufriedenstellen Ergebnissen von städtebaulichen oder Architekturwettbewerben, auf die Umsetzung des scheinbar kleineren Übels zu verzichten, und den Wettbewerb mit komplett anderen Büros nochmal neu auszuschreiben.
    Generell sollte man mal bereit sein anderen Büros eine Chance zu geben, als immer wieder den üblichen Verdächtigen KSP, SchneiderSchumacher, Turkali, MSM, Mäckler und wenn man Glück hat zumindest noch Forster oder Landes. Kollhoff, Patschke, Krier, Ocker würden unserem Stadtbild mal gewaltig guttun.

  • [FONT=&quot]Im Römer will man keinen Gestaltungsbeirat?[/FONT]

    [FONT=&quot]Frankfurter Stadtgespräch[/FONT]

    [FONT=&quot]Ja, ein Gestaltungsbeirat macht natürlich nur Sinn, wenn er mit den “richtigen“ Personen besetzt ist.[/FONT]
    [FONT=&quot]Das kann eventuell nur erreicht werden, wenn eine Zielsetzung, oder beispielweise ein Gestaltungsrahmen für bestimmte [/FONT]
    [FONT=&quot]Stadtteile vom Magistrat definiert und vorgegeben wird?[/FONT]

    [FONT=&quot]Man könnte noch allgemein anerkannte Personen einsetzen, die einen nachweislich positiven Bezug zur Stadt und deren [/FONT]
    [FONT=&quot]Lebensqualität vorweisen können. [/FONT][FONT=&quot]Eine Mischung zum Beispiel von Architekten, Planern, Künstlern, Soziologen,
    Ständevertretern, Historikern, [/FONT][FONT=&quot]Stadtteilbeauftragten und Bewohnern.[/FONT]

    [FONT=&quot]Wie das genau gehen könnte, kann man ja zunächst nach dem Muster der darin bereits erfolgreichen Städte einrichten.[/FONT]

    [FONT=&quot]Mit einem Frankfurter Gestaltungsbeirat hätten dann zum Beispiel diese neuen Fremdkörper in der Altstadt verhindert
    werden können, [/FONT][FONT=&quot]wie diese Glaskonstruktion zwischen Haus Wertheim und Römer (2. U. 3. Bild).[/FONT]


    [FONT=&quot]http://www.deutsches-architekt…p?p=552235&postcount=1221[/FONT]
    [FONT=&quot]
    und diese dunkle Fassaden-Verkleidung des neuen Cafés am historischen Römerberg.


    [/FONT] [FONT=&quot]http://www.deutsches-architekt…hp?p=552954&postcount=562[/FONT]
    [FONT=&quot]


    [/FONT]

  • ^^ Was bitte soll denn die "Tradition des mitteleuropäischen Städtebaus" sein? Dinkelsbühl? Petterweil? Brügge? Das Gauforum in Weimar? Oder doch wieder nur der übliche gründerzeitliche Blockrand?


    Und das größte Rätsel dabei ist, wer denn bestimmen soll, was gut und schön sein soll und wer den richtigen Geschmack hat. Und ab wann der richtige Style nicht mehr richtig ist. Ich möchte nur daran erinnern, dass das gewesene Technische Rathaus 1973 als vorbildliche Leistung ausgezeichnet wurde (wahrscheinlich von ungebildeten Leuten mit dem falschen Geschmack). Wer entscheidet, wer den richtigen Geschmack hat?

  • Wer entscheidet, wer den richtigen Geschmack hat?


    Und weil genau diese Entscheidung nicht möglich ist hat sich die Stadt weitesgehend aus der Gestaltung herauszuhalten.
    Sie wird ja auch nicht vorschreiben, welche Farbe mein T-Shirt hat wenn ich durch die Straßen laufe.

  • Ich möchte nur daran erinnern, dass das gewesene Technische Rathaus 1973 als vorbildliche Leistung ausgezeichnet wurde (wahrscheinlich von ungebildeten Leuten mit dem falschen Geschmack).


    Ungebildete Leute mit dem falschen Geschmack haben das Technische Rathaus schon vor Baubeginn als städtebauliche Katastrophe bezeichnet und eine Alternative am Börneplatz gefordert. Die Betonmoderne hat sich außerhalb elitärer Architekten- und Künstlerkreise nie durchsetzen können, das sollte hinreichend bekannt sein. Hänschen und Lieschen Müller haben für ihr Eigenheim im Grünen zu 99,9% andere Visionen, sei es nun Gelsenkirchener Barock oder Landhausstil.


    Auf die Großstadt übertragen muss man sich nur mal die Immobilienpreise im Nord- und Westend anschauen, die übrigen Gründerzeitviertel sind auf dem besten Weg dahin. Ob die Nordweststadt auch einmal wieder zu den Toplagen zählen wird...?

  • Und weil genau diese Entscheidung nicht möglich ist hat sich die Stadt weitesgehend aus der Gestaltung herauszuhalten.


    [FONT=&quot]Und genau aus diesem Grunde soll ja dann der Gestaltungsbeirat behilflich sein, damit zum Zeitpunkt
    [/FONT][FONT=&quot]einer notwendigen Entscheidung nach bestem Wissen und Gewissen das bestmögliche umgesetzt werden kann.[/FONT]

    [FONT=&quot]
    [/FONT]

  • Einer der drei Herren vom Frankfurter BDA, die sich kürzlich im FNP-Gespräch unzufrieden mit der gestalterischen Qualität von Neubauten zeigten und deswegen eine Geschmackspolizei einen Gestaltungsbeirat fordern, hat übrigens gerade einen von ihm entworfenen wunderhübschen Neo-Plattenbau fertig gestellt. Das Baunetz stellt die neue Feuerwache in der Nordweststadt heute ausführlich mit 29 Bildern vor. Ist dieses Werk nicht wahrlich Arbeit "an einem qualitativ hochwertigen Stadtbild"?

  • Ja selbstverständlich. Durch ein geschicktes Aufgreifen der Formsprache der Gebäude in der näheren Umgebung passt sich die Feuerwache hervorragend in die Umgebung ein.

  • ^ :) Genau das waren bei der Projektvorstellung auch meine Gedanken, die ich nach dem Infobeitrag geäußert hatte: "... ein Entwurf, der sich seiner Umgebung anpasst". Schön, dass man schon manchen Entwürfen ansieht, dass sie dereinst ziemlich hässlich ausschauen werden. (Frei nach Heinz Erhardt.) Es ist zum Verzweifeln, dass die 1970er-Fangemeinde unter den Architekten nicht ausdünnt.

  • Mod: Folgende drei Beiträge aus dem Projekt-Thread zum "UpperZeil" hierher verschoben.
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    Schade das man oben keine Terrasse oder Plattform geplant hat.


    Lange nicht mehr hier gewesen. Ich stelle fest: Nicht nur der Terassenmangel ist schade. Ich weiß, die Zeilgalerie war nur eine Shopping-Mall, und als solche auch noch unpraktisch. Aber sie war ein Gebäude mit Charakter – und mit einer tollen Aussichtsplattform für alle und für lau. Der Neubau bietet dagegen anscheinend nichts als gepflegt-kommerzielle Langeweile. Wie gesagt: schade.

  • ^die Zeilgalerie ist meine früheste Erinnerung an FFM. Wie ich als Kind meine Mutter bequengelt habe nach Frankfurt zu fahren, weil ich die Hochhäuser anschauen wollte. Und dann waren wir auch in der Zeilgalerie, ich bin durch das CD Geschäft "WOM" gestreift und dann der Ausblick von der Aussichtsplattform! Irgendwo im Keller sind noch die ganzen vordigitalen Fotos (von Film auf Papier) von diesem Besuch. Es war definitiv ein ganz außergewöhnliches Gebäude, das einem im Gedächtnis bleibt (q. e. d.). Ich werde das Gefühl nicht los, dass nicht das Gebäude das Problem war, sondern es einfach nur schlecht geführt wurde. Das sah man IMHO auch an den Verschlimmbesserungen der letzten Renovierung, die dieses bunte und gut gelaunte Kind der 90er zur grauen Langeweile gemacht haben (abgesehen von der neuen Medienfassade, die ist schon echt cool gewesen, die hätte man aber auch einbauen können, ohne das poppige Farblayout der 90er zu zerstören, sondern indem man es umgekehrt auffrischt).


    Was für ein besonderer Bau die Zeilgalerie war merkt man auch daran, dass zumindest meine Reaktion ggü. dem Nachfolger eher "meh" ist, als irgendwas anderes. Ich weiss ja nicht, wie es da dem restlichen Forum geht.

  • Die Fotos deines FFM - Besuches von damals wären sicherlich - wenn du sie suchst und findest - wert, im historischen Skyline-Thread hier im Forum eingestellt zu werden. Auch Fotos von der Zeilgallerie aus der damaligen Zeit sind im Web rar gesäht und wären eine Bereicherung :D :D


    Ich kenn die Zeilgalerie auch noch vom Zustand vor der Revitalisierung. Hatte was...
    Da kann der nun folgende 08/15 Bau leider nicht mithalten...