Johann Kontor / Quartier am Klosterwall [im Bau]

  • Man erweist der "Moderne" (Nachkriegsarchitektur des 20. Jh) einen Bärendienst, wenn man kommenden Generationen ausgerechnet das als typischen Vertreter erhalten möchte. Weder ist es ein wortwörtlich typischer Vertreter, im Sinne von repräsentativ für das Gros der Archtiektur dieser Zeit, noch ist es aus sich heraus als Solitär in irgend einer Form markant oder erhaltenswert. Wenn ein paar weniger Etagen übereinander gestapelt wären, dann wäre der Bau auch schon längst geräuschlos abgerißen worden, da bin ich mir sicher.


    Sowas wie der Breitscheidplatz in Berlin mit seinen Bauten drumherum (Bikinihaus, Zoopalast-Kino, Europacenter [als Vertreter der Hochhäuser], nicht zuletzt auch der Umgang mit der Kriegsruine der Gedächtniskirche) sind zB repräsentativ für westdeutsche Wiederaufbauarchitektur, sowohl stilistisch wie auch als Solitärbeispiel.


    Ich kenne mich in Hamburg nicht genug aus, um dortige Beispiele benennen zu können, aber ich denke ihr kennt umgekehrt auch als Hamburger die beiden von mir genannten Beispiele. Wenn ihr meine hier gerade genannten und jeweils mit einem Bildlink versorgten Beispiele anschaut, könnt ihr dann wirklich diese Gebäude am Klosterwall in Hamburg in die selbe Kategorie subsumieren? Zumal es dabei bleibt, dass in den Jahrzehnten nach Erbauung massivste Veränderungen am Erscheinungsbild usw. vorgenommen wurden. Das ist normalerweise ein absolutes no-go Ausschlußkriterium für den Denkmalschutz, zumindest wenn ich den die Denkmalschützer beim Worte nehme, die mit dieser Begründung haufenweise noch erhaltenen Gründerzeitbauten den Denkmalschutz verweigert haben.


    Wenn dann noch Sanierungsstau und funktionale Obsoleszenz hinzukommen sehe ich von allen sachlichen Aspekten aus eigentlich nur eine mögliche Schlußfolgerung: Abriß.

  • Dann denk noch mal darüber nach. Was für ein Schwachsinn, den Raum dort zu fassen. Diesen Verkehrsraum, den Deichtorplatz der gar kein Platz mehr ist. Verstehe es doch bitte, nicht der City-Hof ist das Problem, sondern die Situation drum herum…


    Man kann diese beiden Dinge sinnvollerweise nicht getrennt betrachten. Die City-Hochhaeuser sind ein integraler Teil der Stadtplanung aus den Zeiten der 'autogerechten Stadt'. Die ueberdimensionierten Verkehrsplanungen der direkten Nachkriegszeit und die Architektur dieser Periode gingen Hand in Hand.


    Man kann ein 50-Jahre Haus, welches sich z.B. in einer 'Bombenluecke' anstelle eines ehemaligen Gruenderzeitlers befindet und welches sich - abgesehen von seiner Architektur - in den Bestand integriert nicht mit dem staedtebaulichen Monstrum der City-Hochhaeuser vergleichen.


    Man koennte einer Neubebauung sehr wohl so gestalten, dass ein schmaler Rigel buendig entlang des Klosterwalls gebaut wird. Das verbleibende Grundstueck waere dann gross genug um westlich davon Neubauten zu realisieren, die dem Johanniswall eine neue, deulich bessere staedtebauliche Qualitaet geben.

  • Für mich als Außenstehenden ist ganz Nachkriegshamburg eine architektonische Katastrophe, ich habe auch schon immer große Augen gemacht, wenn die Hamburger ihre sehr stereotype Phrase "Hamburg ist die schönste Stadt Deutschlands" aufsagen. Wie oft ich das schon von Hamburgern (und nur von ihnen) gehört habe. Darum ist man an der Elbe vielleicht ästhetisch jetzt generell nicht so verwöhnt und schraubt die Ansprüche herunter, aber mir kann doch keiner erzählen, dass selbst mit einem sehr akademischen Blick, die Sachargumente hatte ich genannt, dieses Gebäude in irgend einer Form eine Fürsprache pro Erhaltung verdient hat?

  • Ob City Hochhäuser, Gorch Fock Haus oder das Rathaus in Ahrensburg, darf man gerne alles abreißen. Ich halte nichts von Denkmalschutz, wenn es an Ästhetik und Nutzen eindeutig mangelt. Hier geht es ja nicht einmal um Funktion vor Schönheit, sondern ,,Denkmalschutz'' vor beidem.

  • Der Standort ist doch lärmtechnisch für Wohnnutzung denkbar ungünstig.


    Das war die HafenCity auch und trotzdem wird dort nun gewohnt. Zudem sieht auch die potentiele Neubebauung eine Wohnnutzung an diesem Standort vor.


    Um das Ganze für Menschen mit geringen EInkommen irgendwie bezahlbar zu machen, müssten erhebliche Mittel durch die Stadt zugeschossen werden.


    Das was da ist weiterzunutzen, ist in jedem Falle günstiger und somit auch bezahlbarer, als jeder Neubau an dieser Stelle. Vor allem wenn alleine für das Gundstück schon viel Geld geboten wird.


    Heraus käme trotzdem nur eine dürftige Wohnqualität. Hast Du Dir mal die Gebäude von innen angesehen? Meine Frau arbeitet dort, entsprechend bin ich ab und an mal zu Besuch. Die Wirkung der niedrigen Decken und das mangelnde Tageslicht sind deprimierend.


    Ich glaube Dir fehlt einfach nur die Vorstellungskraft dafür. Ich bin schon oft in den Gebäuden gewesen und ich habe auch mit vielen Mitarbeiter gesprochen, die sich dort wohl fühlen...

  • Ob City Hochhäuser, Gorch Fock Haus oder das Rathaus in Ahrensburg, darf man gerne alles abreißen. Ich halte nichts von Denkmalschutz, wenn es an Ästhetik und Nutzen eindeutig mangelt. Hier geht es ja nicht einmal um Funktion vor Schönheit, sondern ,,Denkmalschutz'' vor beidem.


    Ich bin ein großer Freund von Informieren vor Kommentar schreiben. Was die Kriterien für die Unterschutzstellung von Bauwerken sind, findest Du hier. Den Punkt mit der Schönheit kann ich ja noch nachvollziehen, aber das mit der Funktion musst Du mir nochmal erklären!

  • Wenn die Hochhäuser wieder eine helle Fassade bekämen, sähen die glaube ich gar nicht mal so übel aus (und wo sind die tollen Straßenlaternen hin??)


    Stimmt. Allerdings ist bei den Haeusern viel mehr im argen als nur die Fassade. Diesen Schrott stehen zu lassen waere ein Schildbuergerstreich erster Guete.


    Natuerlich gibt es immer Menschen, die noch den letzten Architekturmuell der Nachkriegsjahre als 'falsch verstandene Wunderwerke' deklarieren, die 'den Geist des Aufbruchs atmen' und so weiter.


    Dabei sollte man aber mal differenzieren. Die Nachkriegszeit hat gute Architektur in Hamburg hervorgebracht, auch in Hamburg, aber sie hat eben auch sehr viel Muell hervorgebracht, der durch seine Massstabslosigkeit und seine Ausrichtung am staedtebaulichen Ideal der Innenstadt-Schnellstrasse heute einer nachhaltigen Heilung von staedtebaulichen Wunden einfach nur im Wege steht.


    Die City-Hochhaeuser sind so ziemlich das beste Beispiel um zu zeigen was falsch war am bauen der 50er und 60er. Und sie nur als Mahnmal fuer schlechten Staedtebau stehenzulassen - das moechte ich Hamburg nicht ersthaft zumuten.


    Aktuell zum Projekt:


    > Die Ausschreibung des Landesbetriebs Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG), Teil der Finanzbehoerde ging im Februar zu Ende und brachte (angeblich) 16 Gebote.


    > Zwei Bewerber wurden aus formalen Gruenden fallen gelassen


    > Acht der verbliebenen 14 Bieter wollten Abreissen und neu Bauen. Sechs wollten sanieren.


    > Inzwischen (Anfang Mai) hat man drei bevorzugte Bieter nominiert. Zwei mit Konzepten, die einen Abriss vorsehen. Einen Bieter der sanieren will.


    > Es soll (wohl bei allen Konzepten) ein gemischtes Wohn- und Bueroquartier entstehen. Vorgesehen sind mehrheitlich Mietwohungen im mittelpreisigen Segment.

  • Das war die HafenCity auch und trotzdem wird dort nun gewohnt. Zudem sieht auch die potentiele Neubebauung eine Wohnnutzung an diesem Standort vor


    Im wesentlichen unzutreffend. Kaum ein Standort in der Hafencity ist annährend so stark mit Verkehrslärm belastet wie der Klosterwall (mit Abstand vielleicht der Dar-es-Salaam Platz - für mich in der Tat unbegreiflich, weshalb dort Wohnbebauung vorgesehen wurde, im Umfeld des Kreuzfahrtterminals in viel ruhigerer Lage aber nicht). Natürlich kann man mit entsprechenden Schallschutzmaßnahmen letzlich jeden Standort bewohnbar machen - aber würdest Du in zwangsklimatisierten Räumen ohne zu öffnende Fenster wohnen wollen?

    Das was da ist weiterzunutzen, ist in jedem Falle günstiger und somit auch bezahlbarer, als jeder Neubau an dieser Stelle

    Eher nicht. Entweder beschränkt man sich auf das Minimum an Maßnahmen (was aber immer noch bedeuten würde "alles bis auf's Skelett weg", dann Wände und komplette Technik wieder neu, ansonsten lassen wie es ist) - dann werden sich keine annährend kostendeckenden Mieten erzielen lassen. Oder man verändert genug, um zahlungskräftige Klientel anzulocken - Z.B. über "Einglasung" + 2 Ebenen zusammenfassen zu einer etc.) dann wird's aber richtig teuer und faktisch ein Neubau.

    Ich glaube Dir fehlt einfach nur die dafür. Ich bin schon oft in den Gebäuden gewesen und ich habe auch mit vielen Mitarbeiter gesprochen, die sich dort wohl fühlen...

    Meine Frau fühlt sich dort auch wohl - solange sie dort nur arbeiten und nicht wohnen muss. Ich sag's mal so - die Häuser denkmalgerecht (also ohne wesentliche Änderung) zu sanieren und trotzdem attraktiven Wohnraum schaffen, halt ich in der Tat für nicht möglich.

  • Sollten sich Vernunft und guter Geschmack tatsaechlich einmal durchgesetzt haben in Hamburg? Ich kann es kaum glauben. Gottseidank!


    Mal sehen wie Hanno und Hermann rumheulen werden auf den Kulturseiten abgehalfterter Deutscher Wochenzeitungen. Dort, wo die die Feuilleton-Redaktionen noch ernsthaft glauben sie haetten die intelektuelle Deutungshoheit ueber architektonische Geschmacksfragen. Ich bin amuesiert-gespannt.


    Ich hoffe derweil auf einen hochwertigen Wettbewerb fuer die Neubebauung. Hier an dieser zunehmend wichtgen Stelle im Stadtgefuege darf kein Schrott entstehen.

    Einmal editiert, zuletzt von Midas () aus folgendem Grund: Typo

  • Lasst die Sektkorken knallen, Jungs und Mädels!


    Nun besteht die Möglichkeit, an dieser herausragenden, repräsentativen Stelle, die den Titel des Entrees zur Innenstadt vielleicht mehr verdient als jeder andere Standort, eine angemessene architektonische und städtebauliche Form zu finden und eine Nutzung zu entwickeln, die das Kontorhausviertel attraktiver und seine Integration in die Innenstadt fördert... das Quartier hat so viel Potential (atmosphärische, herausragende Architektur, die als Alleinstellungsmerkmal dienen kann, fast durchgehende Ausstattung mit Gewerbeflächen im Erdgeschoss, hochwertiger, spezialisierter, häufig inhabergeführter Gewerbebestand, wenig fließender Verkehr und ein ruhender Verkehr, der sicherlich auch noch stärker aus dem öffentlichen Straßenraum zurückgehalten werden kann, ) und eine durchdachte Nutzungsmischung auf dem City-Hof-Areal (CHA) könnte dabei helfen, diese Qualitäten noch mehr Menschen zugänglich zu machen und weiterzuentwickeln. Außerdem können Angebotslücken (die Bewohner bemängeln die Nahversorgungssituation) geschlossen werden...


    Ich kenne leider die aktuelle Ausschreibung nicht, die Ausschreibung aus dem Jahr 2012 und die Aussagen von Michael Mathe erweckten jedoch überzeugend den Eindruck, dass sich die Stadt hier nicht lumpen lassen wird... (Ich habe meine Master Thesis über die Neuentwicklun des CHA geschrieben).


    Wenn jetzt auch noch der Abriss beim Bauer-Verlag kommt...

  • @Donjon
    Die Ausschreibung zum Burchardplatz erfolgte zusammen mit zwei weiteren Ausschreibungen für die Schaffung von Tiefgaragen unter dem Hopfenmarkt und einer dritten Fläche, die mir gerade entfallen ist.


    Die Ausschreibungen wurden sämtlich abgebrochen/zurückgenommen, nachdem sich für keine der drei Flächen ein Bieter gefunden hat - wenn ich mich recht entsinne, stand in der Erklärung der Zurücknahme der Ausschreibungen tatsächlich, dass sich niemand beworben hat...


    Insofern ist die Stadt weiterhin daran interessiert, den ruhenden Verkehr vom Burchardplatz zu bekommen, wird dafür selbst jedoch wohl kein Geld in die Hand nehmen.

  • @ Frl.Wegner: Danke für die Info.


    Dafür, dass Dir der Name des dritten Platzes entfallen ist, habe ich das vollste Verständnis. - Der weckt ja auch nicht die besten Erinnerungen....


    Woran mag es liegen, dass sich keine Bieter beworben haben? Mit kostenpflichtigen Parkplätzen lässt sich doch Geld verdienen.

  • Hier der im Bieterverfahren unterlegene Entwurf, der eine Sanierung der City-Hochhauser vorsah. Dieser Entwurf wird nicht zu Ausfuehrung kommen.



    Quelle: gmp Architekten


    pdf mit weiteren Renderings


    Der Entwurf mit seinen albernen Pseudo-Oeko-Features (Solarzellen auf dem Dach, Windraeder, etc) zeigt meines Ansicht anch, dass sich die gravierenden Geburtsfehler der City-Haeuser durch eine Sanierung nicht beheben lassen.


    Das von gmp vorgelegte Ergebnis ist an dieser Stelle staedtebaulich genauso unveraendert eine Katastrophe, die den Raum komplett zerfasert und ungegliedert zureuck laesst.


    Die klobigen von gmp nachtraeglich installierten Technikaufbauten - in starkem Kontrast zur Flugdach-Architektursprache der Originalbauten - sind nebenbei ein Peinlichkeit kaim zu ueberbieten. Die Verwinkelten teilueberdachten Eingangsbereiche und Vorbauten waere in der Realitaet ruckzuck vermuellt oder Lagerstaetten fuer Obdachlose. Nicht ohne Grund werden solche verwinkelten Bereiche heutzutage wenn moeglich vermieden oder sogar zureuckgebaut.

    3 Mal editiert, zuletzt von Midas ()

  • Sind das die Windräder von Greenpeace auf den Elbarkaden? Oh weh....


    Die einzige Vision, die ich gerade hatte war das (für mich geniale) Marina Bay Sands Hotel in Singapur


    Bild


    Also einfach eine Achse auf die Dächer bauen.

  • die Dinger da auf den Dächern wirken nicht gerade seriös.


    Ich hatte den pdf gelesen und dachte nun eigentlich dass die weissen Kacheln mit Energiesparmaßnahmen nun das sind
    und, das unten höher gebaut wird mit Futterparzellen.
    Wir reden hier immer vom Klosterwall - nun weiss ich endlich das die andere Seite Johanniswall heisst - meine Güte.



    Was mit dem schrägen Innenhof passiert wo es tot ist, hab ich nicht gesehen.


    aber ich bemerke Herr Midas ist noch total verzückt... :D


    pdf zur Historie http://pdf.zeit.de/hamburg/kul…bauplatz-hauptbahnhof.pdf

    Einmal editiert, zuletzt von allday ()