Dresden: Kulturhistorisches Zentrum - Residenzkomplex

  • Die gotische Halle liegt im Erdgeschoss des Ostflügels zwischen Großem Schlosshof und Schlossstrasse. Da gab seit Beginn des Wiederaufbaus in den 80ern bis vor einigen Jahren eine Bresche für den Baukran. Die Halle ist ein sehr schöner Raum mit Sandsteinsäulen und Ziegelgewölbe.
    Der Hof bekommt bestimmt einen Belag aus diagonal verlegten Sandsteinplatten, wie vor dem Krieg.

  • Vielen Dank, Arwed. Ist eine solche plattige Belegung des Gr. Hofes final fixiert oder tüftelt man noch? Ich hielte es so auch für besser.


    Die Gotische Halle (ist es ein Schloßteil aus der Gotik? Das wäre genial.) ist in meiner bisherigen Schloßwahrnehmung irgendwie durchgerutscht. Ja, ich weiß nun, wo es ist. Es wäre mE hier sehr erbaulich, noch ein paar Infos zur Halle zu bekommen.
    Die Gotische Halle dürfte also im Rohbau vorhanden sein (rustikale Ziegeloptik?) oder ist man da schon weiter? Hängt ja davon ab, was man vorhat. Welchen Bauzustand soll die Halle denn bekommen und wie ist sie ins Nutzungskonzept eingebunden? Ich möchte es gern einem Kenner überlassen, hier ein paar Infos und Bilder von Früher, jetzt und ggf auch den Bauplänen zusammenzutragen. Aus meinem gestrigen Foto (von transparenter Bauplane abfotografiert und damit miese Bildquali) kann ich keine klare Nutzung erkennen.
    Ich halte solch rustikal-optische (ggf ruinenoptische) Details oder Räume im Kontext dieses abzusehenden Schloßkomplexes für herausragend - man wandelte also von den Reko-Prunkräumen, über zB Herkulessaal und Englische Treppe hinab in raue Gotikhalle und hätte stark kontrastierend etwas beeindruckend Rustikales vor sich, von dem man fast annähme, so sah es wohl im späten Mittelalter schon aus.
    Analog würde ich auch nie die Schlingrippengewölbe der Schloßkapelle verputzen - ein weiteres Rustikum zumindest nach meinem Geschmack. Ich halte diese Starkkontraste zu anderen Schloßbereichen durchaus für einzigartig/attraktionsfördernd - hierzulande weit und breit allemal, wohlweißlich ähnlicher, aber doch ungleicher Referenzorte andernorts (zB Neues Museum, Berlin).
    Meist changiert die Rede übers Schloß zwischen Rekobereichen und eben den schlicht wiederhergestellten Räumen + moderne Zusätze - kaum bzw gar nicht sind mir weitere Darstellungen geläufig. Vielleicht kitzelt es jetzt auch Bautzen-Fan etwas in den Fingern. :)

  • Ja, die Gotische Halle im Erdgeschoss des Ostflügels ist in der Tat ein Überbleibsel der spätgotischen Burg-/Schlossanlage, aus der im 16. Jahrhundert durch westliche Erweiterung und Neubau des Westflügels die heutige Renaissance-Vierflügelanlage entstanden ist. Im ursprünglichen Aufbaukonzept des Schlosses vom Ende der 1980er Jahre war sie sehr angemessen als Hauptraum einer Ausstellung zur Schlossgeschichte vorgesehen. Wie sieht es diesbezüglich eigentlich aktuell aus?

  • ^ zur Gotischen Halle fand ich nun doch zwei Dinge:


    einmal eine kleine Bilderreihe von August 2009 auf Bausituation DD.
    (die Bilder sind durch Anklicken vergrößerbar)


    sowie ein Zitat von BautzenFan vom Februar 2008 im APH:

    Vom EG-bereich der Englischen Treppe geht es in die Gotische Halle ..., dort soll die Dauerausstellung zur Schlossgeschichte eingerichtet werden. Von der Gotischen Halle wiederum gelangt man über eine Treppe in die Kemenate und zu den außerhalb (an der Nord-, Ost- und evtl auch an der Westseite) des eigentlichen Kemenatenraumes –„in situ“ konservierten Ausgrabungsfunden (zum Beispiel den an der Nordostecke der Kemenate ausgegrabenen Rest eines Kaminschachtes – letzterer führte übrigens zu der Namensschöpfung *Kemenate*, weil dies auf einen beheizbaren Raum hindeutete).


    Quelle klick


    Bei der Dt. Fotothek der SLUB fand ich auf die Schnelle nix. Wäre ja seltsam, wenn es nix gäbe.

  • Naja, so seltsam ist das nicht! Die Deutsche Fotothek hat ja vor allem historische Fotos in ihren Beständen. Die Kemenate wurde aber erst in den 80ern ausgebuddelt oder besser wiederentdeckt (sie war nicht verfüllt, sondern als verborgener Hohlraum vorhanden).
    Über Gotische Halle und Kemenate könnte man sich tot schreiben. Das sind die ältesten Räume nicht nur des Schlosses, sondern der ganzen Stadt. Dass hier die Ausstellung zur Geschichte des Schlosses hinein soll, ist auch mein Wissensstand.
    Empfehlen kann ich für einen Überblick zur Geschichte die Broschüre des SIBs https://www.sib.sachsen.de/fil…broschuere_Auflage_II.pdf

  • Um mal die Formulierung von Elli zu verwenden: Es kitzelt mich sogar sehr in den Fingern. Bezüglich der Gotischen Halle muss ich allerdings noch um etwas Geduld bitten – das ist nicht so flott erledigt, weil ich noch etliche Quellen mit relevanten Informationen raussuchen muss, Bildern hochladen etc.
    Aber Elli hatte ja gestern noch ein zweites Thema aufgemacht: Wie geht es mit der Schlosskapelle weiter? Beginnen wir heute damit. Elli hatte in diesem Zusammenhang geschrieben: „Analog würde ich auch nie die Schlingrippengewölbe der Schloßkapelle verputzen“. Die Begründung für seine Positionierung finde ich nachvollziehbar – in allgemeiner, prinzipieller Hinsicht. Aber in speziellem Bezug auf die Schlosskapelle teile ich diese Meinung nicht. Für mich ist die Version, die Schlosskapelle (nachfolgende Formulierungen von Elli) „schlicht“, als „Rustikum“ oder „Starkkontrast zu anderen Schlossbereichen“ zu gestalten, eine akzeptable – allerdings nicht die Vorzugsvariante.
    Es dürfte allgemein bekannt sein, dass eine endgültige Entscheidung über die Innenraumgestaltung des Kapellenraumes noch nicht getroffen wurde. Es gibt aber gewisse Indizien dafür, welche Lösung die jetzigen Entscheidungsträger (insbesondere Staatsregierung, Finanzministerium) realisieren würden – nämlich eine weitgehende Rekonstruktion der historischen Innenarchitektur (die seit 1737 nicht mehr besteht). Da das Projekt *Fertigstellung Schlosskapelle* nach 2011 im Bauablaufplan aber ganz nach hinten gerückt ist, wird es bis zur Realisierung noch etliche Jährchen dauern (mit dann möglicherweise völlig anderen politischen Konstellationen). Soll heißen, es sind noch alle Optionen denkbar.


    Zum besseren Verständnis des doch sehr komplexen Sachverhalts zunächst ein paar historische Eckdaten. Die Schlosskapelle entstand als Neubau in der Mitte des 16. Jahrhunderts. 1737 kam es zur Auflösung der Kapelle (das Herrscherhaus hatte die Religion gewechselt). Der Raumbereich wurde ab 1737 völlig umgestaltet: Das Gewölbe herausgebrochen und zwischen EG und 1. OG Gewölbedecken eingezogen.
    Im Jahr 1966 kam es zum Einsturz der 1737 eingezogenen EG-Gewölbe (die hatten die Bombardierung und den Feuersturm zunächst überlebt). Danach stellte sich die Situation wie folgt dar:


    Blick in Richtung Hausmannsturm:
    http://fotothek.slub-dresden.d…00/df_mbs_0079057_005.jpg


    Blick in Richtung Westen (Fotograf stand mit dem Rücken zum Hausmannsturm):
    http://fotothek.slub-dresden.d…00/df_mbs_0079057_006.jpg


    Das „Einsturzjahr“ 1966 gehört zu dem Zeitraum, in dem die Schlossruine nicht mehr „politisch“ gefährdet war (Stichwort: Abriss analog der Geschehnisse in Berlin und Potsdam), der Wiederaufbau aber aus finanziellen, wirtschaftlichen Gründen noch in weiter Ferne lag. Es war somit der Zeitraum, den die sächsischen Fachleute (Denkmalpfleger, Bauforscher, Kunsthistoriker) für ihre langjährigen wissenschaftlichen Vorbereitungen des Wiederaufbaukonzepts nutzten. Und mit Blick auf den – nach dem Gewölbeeinsturz - neu eingetretenen Zustand im Nordwestflügel entstand dann in diesen Fachgremien schließlich die Idee, die Kubatur der bereits 1737 verlustig gegangenen Schlosskapelle wieder erstehen zu lassen (als Reminiszenz an eine kunsthistorisch herausragende Raumschöpfung). Urheber des wesentlich weiter gehenden Gedankens, nicht nur die Raumkubatur, sondern auch die historische Innenarchitektur zu rekonstruieren, waren aber ganz andere Kreise – nämlich renommierte Vertreter der sächsischen Musikwelt. Die Dresdner Schlosskapelle war ja nicht nur als Sakralraum bedeutsam (Stichwort: Hauptkirche des Herrscherhauses, das als politische Stütze der Reformation fungierte), sondern auch als Ort – ja, kann man so sagen – als Ort mit musikalisch herausragender Bedeutung (Stichwort: Wirkungsstätte von Heinrich Schütz, des ersten deutschen Komponisten von europäischer Bedeutung und außerdem „Geburtsort“ des ältesten heute noch bestehenden Orchesters der Welt, der Dresdner Staatskapelle). Die dokumentarischen Grundlagen für solch eine Rekonstruktion erwiesen sich im Ergebnis der Forschungen als durchaus gegeben (wenn auch nicht in jedem Detail). Und so wurde die Wiederherstellung der Innenarchitektur schließlich in das denkmalpflegerische Rahmenprogramm für den Schlossaufbau (1980er Jahre) aufgenommen.


    Als Beleg für meine unmittelbar voranstehenden Ausführungen hier ein Zitat von Gerhard Glaser, einem der geistigen Väter der denkmalpflegerischen Zielsetzung für das Schlossprojekt:


    Die Schlosskapelle war zunächst aus denkmalpflegerischer Sicht nur als Raumvolumen wiederherzustellen beabsichtigt. Die Forderung der Musikwelt nach einem Kammermusiksaal, den räumlichen und akustischen Bedingungen, unter denen Heinrich Schütz einen wesentlichen Teil seines geistigen Werkes aufgeführt hat, führten zu dem Versuch, die Kapelle als Innenraum von 1556 wiedererstehen zu lassen. Im Sinne eines Abbildes wird dies, gestützt auf drei Aufmaßgrundrisse kurz vor dem Abbruch 1737, zwei historische Innenraumdarstellungen, das große Schlossmodell und wenige archäologische Anhaltspunkte bis auf die Gewölbe annähernd gelingen. Die Gewölbe sind wahrscheinlich nur als Analogien möglich.
    Quelle: Denkmalpflegerische Aspekte bei der Sicherung des Dresdner Schlosses, abgedruckt in: Mitteilungen des Landesamtes für Denkmalpflege Sachsen, Sonderheft 1997
    (offenbar ein Nachdruck, der Artikel muss schon in den 1980er Jahren geschrieben worden sein)


    Noch eine Anmerkung zu dem im Zitat genannten Punkt *großes Schlossmodell*. Dabei handelt sich um ein historisches Baumodell des Schlosses aus der Mitte des 16. Jahrhunderts. Es konnte auseinander genommen werden und gewährte so Einblicke auch in die damals vorliegenden Innenarchitekturen. Laut Cornelius Gurlitt (sächsischer Kunsthistoriker, gest. 1938) waren 2 Räume mit besonderer Liebe zum Detail nachgebildet: der Riesensaal und eben die Schlosskapelle. Unglaublich, was das Nachkriegsschicksal dieses Modells betrifft: Es wurde „um 1960 vernichtet“. Besagtes Geschehnis ist in den mir zugänglichen Quellen immer sehr nebulös beschrieben, auch von Verfassern, denen ich Insiderwissen zubillige. Also für mich klingt das immer so, als ob hier (zum Beispiel) irgendein Hausmeister oder Bautrupp den Auftrag hatte, Räume zu entrümpeln und das vermutlich „eingestaubte“ und sicher auch lädierte Holzmodell in den Sperrmüll verbrachte. Das ist aber nur der meine sarkastische „Interpretation“ anhand der wirklich sehr unsicheren Formulierungen (schon das Vernichtungsjahr betreffend).
    Es existiert aber mindestens eine Fotografie des Kapellenraumes (mit leider abgenommener Decke, im Baumodell war ja sicher auch das beeindruckende Gewölbe dargestellt). Einen Fotolink kann ich nicht bieten, verweise aber auf das Standardwerk: „Das Dresdner Schloss – Monument sächsischer Geschichte und Kultur“. In der Ausgabe von 1992 auf Seite 81 zu finden.


    Den folgenden Passus aus obigem Zitat bitte ich unbedingt im Hinterkopf zu behalten (für die anschließenden Ausführungen sehr wichtig):
    Die Wiederherstellung des Innenraumes wird bis auf die Gewölbe annähernd gelingen. Die Gewölbe sind wahrscheinlich nur als Analogien möglich.


    Nun gehörte der Raumbereich der Schlosskapelle (EG und 1. OG im Nordwestflügel zu den Abschnitten, die bereits in der DDR-Ära im Rohbau fertiggestellt worden sind. Die Ausführung erfolgte also 1:1 nach dem in den 1980er Jahren kreierten Konzept – im Ergebnis war der Kapellenraum erstmals seit 1737 wieder in seiner Kubatur vorhanden. Dann kam die Phase um 1994/95 mit den massiven Disneyland-Vorwürfen. Auf der „Igitt-Liste“ der Rekokritiker stand die Kapelle (neben der Sgraffito-Gestaltung, dem Riesensaal und dem Tempietto des Torhauses) ganz oben. Für die sächsische Regierung entstand Handlungsdruck – es ging beim Schlossaufbau schließlich um zig Millionen an Steuergeldern. Und so wurde ein hochkarätiges Kolloquium (mit internationaler Beteiligung) durchgeführt, Gutachten in Auftrag gegeben und eine Schlosskommission für die gestalterischen Fragen berufen. Ich muss hier aus Zeitgründen zusammenfassen: Die ganze Sache ging letztlich so aus, dass das alte DDR-Konzept eine weitgehende Bestätigung erfuhr – wenn auch in sukzessiver Entscheidungsfindung.


    Jetzt möchte ich aber endlich zu der eingangs aufgestellten Behauptung kommen, was gewisse Indizien über die „reko-konforme“ Positionierung der jetzigen Entscheidungsträger betrifft. Da wäre zunächst die von Arwed gestern bereits verlinkte Baubroschüre des Finanzministerium zu beachten. Die erste Auflage erschien im März 2008. Dort findet man auf Seite 27 folgende schwergewichtige Formulierung:


    Beim Innenausbau sollen schrittweise bedeutende historische Räume wie das Audienzgemach Augusts des Starken, das Paradeschlafzimmer sowie das erste und zweite Vorzimmer rekonstruiert werden, so wie ja bereits das Historische Grüne Gewölbe in sorgfältiger Restaurationsarbeit als spätbarockes Gesamtkunstwerk getreu der einstigen Ausstattung neu erstanden ist. Ob es gelingen wird, auch die aus dem Bau erst jetzt wieder herausgeschälte, durch frühere Brände und Umbauten verschwundenen Raumfiguren der Schlosskapelle und des Riesensaales in ihrer einstigen gestalterischen Pracht und Sonderbarkeit zurück zu gewinnen, bleibt abzuwarten. Im Blick auf das Gesamtprojekt ist es eine Idealkonzeption, deren Realisierung unerlässlich erscheint, aber späteren Bauprogrammen aufgegeben ist.


    Im Dezember 2012 erschien eine 2. und überarbeitete Auflage. Und dort heißt es jetzt:


    Ob es gelingen wird, auch die aus dem Bau erst jetzt wieder herausgeschälte, durch frühere Brände und Umbauten verschwundene Raumfigur der Schlosskapelle in ihrer einstigen gestalterischen Pracht und Sonderbarkeit zurück zu gewinnen, bleibt abzuwarten. Im Blick auf das Gesamtprojekt ist es eine Idealkonzeption, deren Realisierung unerlässlich erscheint, aber späteren Bauprogrammen aufgegeben ist.


    Nix mehr mit Riesensaal, aber für die Schlosskapelle gilt offensichtlich weiterhin eine Positionierung (wie gesagt – der derzeitigen Entscheidungsträger), die ich – etwas salopp – so „übersetze“: Wir würden schon gern, haben aber aktuell noch kein Geld dafür.


    Ein weiteres Indiz ist die Tatsache, dass das historische Schlingrippengewölbe ausgeführt worden ist. Der Grund dafür, dass diese Maßnahme im Bauablauf vorgezogen werden musste, hängt mit der Ausgestaltung des 2. OG zusammen. Dazu ein Zitat aus der HP des SIB zum Schlingrippengewölbe:


    Mit der Planung der Baumaßnahme wurde 2008 begonnen. Jahrelange Recherchen, wie das Gewölbe ausgesehen haben muss, waren dem vorausgegangen. Der Baubeginn im Februar 2010 stand im Zusammenhang mit dem Planungsfortschritt des darüberliegenden Paradegeschosses. Der dort befindliche Propositionssaal lässt sich erst dann museal ausbauen, wenn die Gewölbe der Kapelle wieder errichtet sind.
    Quelle: https://www.sib.sachsen.de/de/…pelle_ist_neu_entstanden/


    Damit ist gemeint, dass zur baulichen Herstellung des Kapellengewölbes die Decke zwischen Kapelle und dem darüber befindlichen Propositionssaal (ehemaliger Bankettsaal) geöffnet werden musste. Nachfolgend 2 eigene Fotos vom August 2011 (Tag der offenen Tür). Im ersten Foto sieht man von oben (Aufnahmestandort Propositionssaal) die damals interimsweise eingezogene Arbeitsplattform (auf der steht die Leiter). Das zweite Foto wurde von unten aufgenommen, es zeigt die Abstützung der besagten Arbeitsplattform).


    https://bautzenfan.mach.sh/bilder/183a0c49DSCF7140.JPG


    https://bautzenfan.mach.sh/bilder/0ababbd7DSCF7146.JPG


    Warum nun die Ausführung des Gewölbes als Indiz für die von mir „interpretierte“ Positionierung zu werten ist, ergibt sich aus der weiter oben zitierten Passage, die ich als „Merkaufgabe“ genannt hatte: Das Gewölbe ist von den innenarchitektonischen Gestaltungsteilen der historischen Kapelle mit Abstand am schlechtesten dokumentiert. Es wäre für mich mega-unlogisch, dass man danach alles andere entweder gar nicht oder als moderne „Zitate“ ausführt.


    Als 3. Indiz ist die jetzt offenbar feststehende Entscheidung über das Nutzungskonzept der Kapelle zu betrachten. In früheren Jahren waren hier diverse Möglichkeiten im Gespräch. Dazu nochmal die HP des SIB:


    Die Schlosskapelle soll nach vollständigem Ausbau unter Einbeziehung der vorhandenen Infrastruktureinrichtungen als multifunktioneller Veranstaltungsraum genutzt werden. Wann der Ausbau beginnt bzw. abgeschlossen sein wird, kann derzeit nicht vorausgesagt werden, da der Ausbau zugunsten anderer Maßnahmen im Schloss zurückgestellt ist.


    Die sächsischen Denkmalpfleger stehen nach wie vor zu ihrem Projekt Schlosskapelle. Dazu nachfolgend ein kurzer Auszug aus einem 2009 erschienenen (sehr zu empfehlenden) Buch von Prof. Magirius (Titel: „Die evangelische Schlosskapelle zu Dresden aus kunstgeschichtlicher Sicht“; Kamprad Verlag). Das Werk enthält ein (zweiseitiges) Grußwort des Landesamtes für Denkmalpflege Sachsen, unterzeichnet von Prof. Dr. Rosemarie Pohlack, derzeitige Sächsische Landeskonservatorin (also quasi der Amtschefin). Dort heißt es nun:


    Der Kapellenraum selbst wartet allerdings noch auf eine ihm angemessene Funktion mit adäquater Gestaltung. Die unterschiedlichen Interimsnutzungen mit teilweise sehr modernen Einbauten hatten bisher nicht genügend eigene Kraft, wirkliche Alternativen zum verlorenen grandiosen Kapellenraum darzustellen; das war sicher auch gar nicht beabsichtigt.
    Die von Heinrich Magirius nun vorgelegten kunstgeschichtlichen Forschungen fassen nach ausführlicher Recherche den derzeitigen Wissensstand zur Schlosskapelle zusammen. Sie belegen und begründen das erste Mal überzeugend die Möglichkeit, den Innenraum der ehemaligen evangelischen Schlosskapelle in wesentlichen Teilen rekonstruieren zu können, wobei zur einmaligen, sehr aufwendigen Deckengestaltung Fragen offen bleiben müssen.


    Diese (Zitat) „offenen Fragen“ (Formulierung aus dem Jahr 2009) beziehen sich nicht nur auf das Gewölbe an sich, sondern auch auf die ehemals vorhandenen plastischen Schmuckelemente. Im Jahr 2013 erschien in der Welt ein insgesamt sehr interessanter Artikel, der von dem Festakt (vor Ort) zur Fertigstellung des Gewölbes berichtete:


    Hauptthema bis spät in die Nacht hinein ist die Vollendung. Der jetzige Rohbau kann nur ein Zwischenzustand sein. Ohne die Schlangen ist die Botschaft dieser Architektur nicht zu lesen. Sie werden es ihrem Ministerpräsidenten wieder und wieder sagen: „Bis 2017. Bis zum Lutherjahr. Da hilft uns noch einmal der Reformator.“


    Quelle: https://www.welt.de/kultur/kun…rmation-steht-wieder.html


    Mit den Schlangen sind figürliche Details der historischen Kapellendecke gemeint. Also ich interpretiere das so, dass hier hinter den Kulissen wohl Überzeugungsarbeit für ein sehr umfängliches Reko-ziel geleistet wird (die Wiederherstellung des figürlichen Deckenschmucks war bislang noch nie in der Öffentlichkeit thematisiert worden) und dass man versucht, die Entscheidungsträger für eine beschleunigte Fertigstellung zu begeistern (bis 2017).
    Naja, die Überzeugungsarbeit hat augenscheinlich nicht zum Erfolg geführt – noch nicht. Aber ich will Euch mal zeigen, um was es dabei geht:
    http://www.architectura-virtua…php?lang=de&img=10&file=7


    Das war es erst mal – vielen Dank an die, die bis hierher „ausgehalten“ haben (sollte gar nicht so lang werden).

  • BautzenFan
    Von "aushalten" kann bei Deinen hochinteressanten Beiträgen zu unserem Lieblingsschloss nun wirklich nicht die Rede sein! Ich habe mir das Lesen nur für den Abend aufgehoben, um nicht beim flüchtigen Lesen etwas zu verpassen. Es freut mich jedenfalls sehr, hier wieder von Dir zu lesen (und damit auch eine Antwort schreiben zu können).
    Die wiedererstandene Schlosskapelle ist schon ein kleines Wunder oder vielmehr das Ergebnis harter langwieriger Arbeit. Bis jetzt war ich über jeden Rekonstruktionsschritt dankbar. In den 90ern fand ich die Rückkehr des Raumes in Verbindung mit der öffentlichen Nutzung (Schlosstheater) schön. Später war die Wiederherstellung der Sandsteinsäulen gut. Zuletzt war ich absolut beeindruckt von der planerischen Herleitung der Gewölbefiguration, gefolgt von ihrer tatsächlichen baulichen Rekonstruktion. Ich muss zugeben, dass der erreichte Zustand mir durchaus reichen würde. Die Ästhetik der ausgemauerten Schlingrippen finde ich sehr ansprechend. Wie oben schon geschrieben, lasse ich mich gerne auch von der nächsten Rekonstruktionsstufe verzaubern. Allerdings muss man sich nun von einer geometrisch-bautechnischen Aufgabe zu einer künstlerischen Ebene begeben und dass weitgehend ohne Detailvorlage. Wenn dies überzeugend gelingen kann und gelingt (worüber ich mir nicht so recht sicher bin), würde ich mich sehr freuen.

  • Artet allmählich zur großen Geduldsübung aus, meinen Beitrag einzustellen. Kann eigentlich nicht an meiner Verbindung liegen - habe ich gerade noch einmal getestet. Ich versuche es jetzt nochmal "gestückelt". :mad:


    Los geht's.
    Wie angekündigt heute ein paar Ausführungen zum Thema *Gotische Halle und Kemenate*. Beginnen wir mit dem Grundriss des Kellergeschosses. So erhält man eine erste Vorstellung über die Lage und Größenverhältnisse. Das T. im Bild verweist auf die Treppe, über die man von der Gotischen Halle in die Kemenate gelangt.




    Besagten Treppenschacht sieht man hier:
    http://archiv.neumarkt-dresden…Tuer-Schloss/P1040404.jpg


    Bei der ersten archäologisch nachgewiesenen Bebauung im Schlossareal handelte sich um Fachwerkbauten, darunter aber auch ein Steinhaus. Die Entstehungszeit wurde etwa auf das Jahr 1170 datiert. Die Gebäudeansammlung brannte um ca. 1230 ab. Unmittelbar danach, also im 2. Viertel des 13. Jahrhunderts erfolgte auf dem Gelände die Errichtung eines kleinen Kastells, bestehend aus mehreren quadratischen Türmen und einem palasartigen Wohnhaus (Saalgeschossbau). Letzteres war 18,2 m lang und 10 m breit (Außenabmessungen). An seiner Nordostecke befand sich ein Kaminschacht – das Gebäude war also beheizbar und so taufte es sein Entdecker Reinhard Spehr (Ausgrabungen in den 1980er Jahren) auf den Namen *Kemenate*.


    Die nachstehende Abbildung vermittelt eine Vorstellung darüber, wie das Kastell ausgesehen hat (schön zu erkennen auch die strategisch günstige Lage zur Elbbrücke). Zur Verortung der Kemenate: Im Bild ganz oben, flankiert von 2 Türmen; der außen angeordnete Kaminschacht befindet sich neben dem am weitesten links stehenden Turm. Die an der Hofseite des Gebäudes liegende Treppe (Zugang in den Keller) ist archäologisch nachgewiesen.
    http://www.denkmal-buch-geschichte.de/image/cache/data/Veröffentl.%20LA%20Dresden/2-27-50-500x500.JPG


    Für die architektonische Beschreibung des Kemenatenkellers in seiner Ursprungsfassung lassen wir mal den Entdecker selbst zu Wort kommen (in: „Archäologie im Dresdner Schloss. Die Ausgrabungen 1982 - 1990):


    Der durch zwei Gurtbögen in drei Joche gegliederte kreuzgratgewölbte Keller besitzt eine Raumgröße von 97,5 m². Er wurde durch drei Fenster von Westen und Norden her beleuchtet, wobei von 2 Fenstern die inneren Gewände erhalten waren (Breite 1,5 m); […]
    Mittig in der Ostwand des Kemenatenkellers befand sich eine holzverkleidete Wandnische von 90 cm Breite, 45 cm Höhe und 50 cm Tiefe.


    Die nächste wichtige Bauphase im Schlossareal (um 1400 unter Markgraf Wilhelm) möchte ich überspringen, da in dieser Ära vorrangig im Bereich des heutigen Nordosttraktes gebaut wurde. Dabei entstanden übrigens auch die unteren Geschosse des Hausmannsturmes (der wurde später erhöht und mehrfach umgebaut).
    Wichtiger in Bezug auf die Gotische Halle und die Kemenate ist dann der Zeitraum von 1468 – 1480, als die bestehende Anlage zu einem spätgotischen Schloss ausgebaut wurde (als geschlossene Vierflügelanlage). Die folgende Abbildung zeigt ein historisches Modell dieses architektonischen Zustandes (leider Kriegsverlust):
    http://www.bildindex.de/bilder/d/mi09537g01


    Der Ostflügel liegt – bezogen auf das obige Bild ganz rechts, der Turm unten rechts ist der nach dem verheerenden Schlossbrand von 1701 abgebrochene Schössereiturm.


    In besagte Bauphase in der 2. Hälfte des 15. Jahrhundert fällt die weitgehende Neuerrichtung des heutigen Ostflügels, wobei der Teil nördlich der Gotischen Halle in seinem Basisbestand vermutlich schon einige Jahrzehnte eher erbaut wurde (in der 1.Hälfte des 15. Jahrhunderts). Dieser Neubau des Ostflügels führte zum Abbruch der oberirdischen Teile der Kemenate, der Keller wiederum erfuhr einige bauliche Veränderungen. Der östliche Bereich (natürlich mit Ausnahme der direkt unterhalb des Ostflügels befindlichen Randzone – siehe Grundrissbild am Anfang des Beitrages) wurde als Auflager für eine an der Hofseite neu gebaute Treppe umfunktioniert. Der westliche Teil, nunmehr durch eine Mauer abgetrennt, verlor sein Kreuzgratgewölbe und erhielt eine Tonnenwölbung.


    Nun ein paar Fotos (vom Tag der offenen Tür 2011), die den aktuellen Zustand veranschaulichen.
    Zuerst ein Eindruck des gesamten Raumes. Die grauen Streifen, die das Bild an drei Seiten quasi rahmen, gehören zur hofseitigen Mauer des Ostflügels (natürlich Kellergeschoss). Über der Zone, wo die Besucherin mit auffälligem rosa Pulli steht, befand sich der bei der Neuerrichtung des Ostflügels (1468-1480) gebaute Treppenturm (hofseitig am Ostflügel anliegend). Die Mauer, auf die wir im Bildhintergrund blicken, wurde als Auflager für diese Treppe neu eingezogen. Das dabei eingebaute Portal stammte aus dem Abbruchmaterial der oberirdischen Baumasse:



    Hier der tonnengewölbte westliche Bereich des ehemaligen Gesamtraumes (an der Wand, auf die man in Draufsicht blickt, ist mit etwas gutem Willen ein Fensterschacht zu erkennen):



    Und schließlich der Rest eines der Wandpfeiler des ursprünglichen Kreuzgratgewölbes (oben abgeschnitten):



    Im nächsten Teil folgt die Gotische Halle.

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  • Weiter geht es mit der Gotischen Halle. Diese Innenarchitektur (ebenso wie die der nördlich angrenzenden Räume) entstand bei dem Ausbau zur spätgotischen Schlossanlage in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts. Hier zunächst ein Grundriss (aus einer 1989 erschienenen Baubroschüre, herausgegeben vom VEB Gesellschaftsbau – Generalauftragnehmer des Schlossaufbaus in der Vorwendezeit):



    Das mit einem Fragezeichen markierte rechteckige Element kann ich nicht deuten – die heutige Treppe runter in die Kemenate ist es jedenfalls nicht. Die liegt näher an den Mittelpfeilern und außerdem etwas weiter südlich. Möglicherweise war der Treppenabstieg in der DDR-Planung anders konzipiert.
    Die nachstehende architektonische Beschreibung habe ich aus dem 2009 erschienenen Buch „Das Dresdner Residenzschloss“ entnommen. Autoren sind drei renommierte sächsische Denkmalpfleger / Kunsthistoriker (Angelica Dülberg, Norbert Oelsner, Roesmarie Pohlack):


    Im Erdgeschoss des Ostflügels sind die spätgotischen Gewölbe als letzte Räume ihrer Art im historischen Stadtkern von Dresden noch größtenteils erhalten. Bedeutendster Raum ist die zweischiffige, vierjochige und kreuzgratgewölbte Halle im Südteil [Anm.: gemeint ist der Südteil des Ostflügels] mit ihren drei mächtigen Pfeilern. Sie diente als Hofstube – das war der einstmals ofenbeheizte Raum des spätgotischen Schlosses, in dem die Fürsten mit ihrem Gefolge speisten.
    Auch die nördlich gelegene Schlossküche / Bäckerei zeigt sich als eindrucksvolle Raumfolge. Im kreuzrippengewölbten Hauptraum ist das Wappen der Kurfürsten von Sachsen als Erzmarschälle des Heiligen Römischen Reiches mit den gekreuzten Schwertern zu sehen.
    […]
    Die spätgotischen Räume des Ostflügels weisen darüber hinaus noch eine Vielzahl bauhistorischer Befunde auf (z.B. Portalreste, Teile eines Backofens, historische Putze, Rauchabzüge, Wandnischen).


    In Bezug auf den letzten Satz gleich mal ein Beispiel für solch einen bauhistorischen Befund:
    Fragment eines Türgewändes, datiert in das 1. Drittel des 16. Jahrhunderts, durch spätere Nischenaufweitung gestört (Standort ist der dritte Raum von Süden gerechnet ab Englischer Treppe)



    Und hier noch ein Foto von dem im Zitat genannten Wappen:
    http://www.denkmalpflege.sachs…tel_2013_rdax_413x545.jpg


    Bevor ich zu weiteren Bildern komme, erst noch einige Anmerkungen zum Thema *Kranschneise*, denn das erklärt einige Details in den später folgenden Fotos.
    Bekanntlich hatte man 1986 einen so genannten „technologischen Durchbruch“ durch den Ostflügel hergestellt. Vom Großen Schlosshof aus sah das so aus:
    https://upload.wikimedia.org/w…33/DD_Schlossruine_30.JPG


    Die nördliche Schnittfläche der Schneise verlief etwa entlang der Nordwand der Gotischen Halle, die südliche kurz vor dem mittleren der 3 Pfeiler. Der Abbruch umfasste den nördlichen Abschnitt des Gewölbes, die betreffenden Außenmauern und den nördlichen der 3 Pfeiler.
    In späterer Zeit wurde diese brachiale Maßnahme teilweise heftig kritisiert. Wer allerdings die wirtschaftliche Situation der DDR (zumal in ihrer Endphase) berücksichtigt, kann wohl davon ausgehen, dass für die Konzeption der Kranaufstellung genau 2 Möglichkeiten zur Auswahl standen: Entweder so oder gar nicht. Es gab anderswo in der Welt sicher schon damals spezifische Bautechnik, die eine elegantere Lösung gestattet hätte – aufgrund des chronischen Devisenmangels des Staates für die DDR-Projektanten aber unerreichbar.
    Es versteht sich natürlich von selbst, dass vorher und abrissbegleitend eine akribische Dokumentation erfolgte. Die Werkstücke des abgebrochenen Pfeilers und auch eine Vielzahl der Gewölbeziegel wurden für den Wiedereinbau eingelagert und tatsächlich auch wieder verwendet (von den Ziegeln natürlich nur die, deren Beschaffenheit das zuließ (Stichwort: Druckfestigkeit). Die neuen Ziegel wurden im alten Format und mit analoger Brenntechnik aufwendig (und teuer) „nachgeschnitzt“.
    Der wiederaufgebaute Pfeiler sieht heute so aus:
    http://3.bp.blogspot.com/_hyMA…k/JXKmVeenxso/s1600/5.JPG

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  • Weiter im Text:


    Das nächste Foto zeigt die nördliche Schnittfläche der Kranschneise:
    https://upload.wikimedia.org/w…ec/DD_Schlossruine_37.JPG


    Und hier zum Vergleich der heutige Zustand, abgebildet ist der nordöstliche Eckbereich der Gotischen Halle (man achte auch mal auf die unterschiedlichen Farben der Ziegel (alt und neu):
    http://4.bp.blogspot.com/_hyMA…JiVj18DkRzE/s1600-h/3.JPG


    Im nächsten Foto manifestiert sich anschaulich die Schnittkante; Standort des Fotografen ist der Bereich der Kranschneise (also nördliche Zone der Gotischen Halle) – Blick geht in Richtung Süden:



    Nun noch ein Foto von der südlichen Schnittfläche der Kranschneise. Hier müsste man ja eigentlich in eine Halle blicken (wenn man von dem heutigen Zustand ausgeht). Das Bild verdeutlicht die häufig anzutreffende Formulierung, dass die Gotische Halle erst wieder aus dem Baukörper „herausgeschält“ werden musste.
    https://upload.wikimedia.org/w…ab/DD_Schlossruine_38.JPG


    Bereits im frühen 16. Jahrhundert war die Gotische Halle nämlich zur Unterbringung der Silberkammer in 4 Räume aufgeteilt worden. Die Hofstube hatte man vorher in das 1. OG verlegt.


    Abschließend noch einige Fotos, die die EG-Räume im unmittelbaren Vorkriegszustand abbilden:
    http://www.bildindex.de/bilder/d/mi09542a12
    http://www.bildindex.de/bilder/d/mi09542a10
    http://www.bildindex.de/bilder/d/mi09542a13
    http://www.bildindex.de/bilder/d/mi09542a11
    http://www.bildindex.de/bilder/d/mi09542b01
    http://www.bildindex.de/bilder/d/mi09542b02


    So - das wars.


    Arwed
    Danke für die Blumen.

  • ^ zwecks Blumen schließe ich mich natürlich gerne an. Puhh, das war echt stark und viel Stoff. Besten Dank.



    zur Gotischen Halle:
    Da ich ja auch fragte, wie es in der Gotischen Halle mal aussehen soll, zeige ich nochmal und zum Vergleich mit letztem deiner Bilder die (leider beeinträchtigte) Visualisierung, die wohl auch klar den Zielzustand darstellt. Ich denke daher, es bleibt hier bei rustikaler Ziegeloptik, was dem Raum und Gewölbe gut zu Gesicht steht und eine besondere Spannung zu aufwendigen Prunkgemächern der Obergeschosse aufbaut. Die Halle wirkt in echten Fotos allerdings doch recht überschaubar groß, um nicht zu sagen: recht niedrig, aber seis drum, ich meine nur, dass die folgende Visu den Raum wohl etwas volumisöser wirken lässt als es tatsächlich ist.



    zur Schlosskapelle:
    da gibts von mir keinen Widerspruch, denn beide Optionen wissen zu gefallen und seien mir schon vorab recht gewesen. Aber wie geschrieben wurde, steht finale Lösung noch in den Sternen. Ich würde allerdings für diesen herrlichen Raum dereinst nicht nur eine "elitäre" Einzelverwendung als Heinrich-Schütz-Kapelle mit Kammermusik für Wenige sehen, sondern die Sache ganz undogmatisch angehen und es locker sehen. Ich würde den Kapellenraum für allerlei adäquate Nutzungen - durchaus auch heutige/aktuelle Nutzmöglichkeiten - öffnen, es somit für mehr Leute als Veranstaltungsraum erlebbar machen - was auch immer es sein könnte, worauf ich jetzt noch keinen konkreten Gedanken verwendete. Warum nicht auch mal ne exquisite Party - wie mE auch schon mal vor Jahren, wo ich gar selbst zugegen gewesen war - oder temporäre Ausstellungen (auch der Moderne). Seis drum, die beeindruckende Wirkung von Lichtinstallation zeigte oben bereits eines der Bilder.
    Eine Hauptausstaffierung einstiger Raumdetails betrifft mE hauptsächlich die untere Partie des Ganzen und weniger die Gewölbe. Generell erscheint mir der Aufwand hierfür (also bei den Seitenwänden wie auch den Gewölben) überschaubar und nicht weitgreifend. Die Orgel mal ausgenommen. Was ein Verputzen der Gewölbe angeht, ergäbe sich eine Putzerfordernis mE auch erst bei Entscheidung zur 1:1-Reko mit Schlangen. Zur Beurteilung, ob diese Schlangen ggf eher störend wirken (so mein rein subjektiver Eindruck aus der bunten Visu aus Deckenhöhe), fehlt eine aussagekräftige Visualisierung/Ansicht des Raumes von unten. Möglicherweise gelten die Schlangen aber als eminent für den Denkmalschutz bei Vollreko, womit ich natürlich auch gut leben könnte.
    Vielleicht wäre es daher ratsam, zunächst - gemäß Finanzrahmen - alle Seitenpartien zu gestalten und erst zum Schluß die Decke anzugehen. Dazwischen könnte eine Meinungsbildung zur Vervollständigung hinsichtlich Gewölbeputz, Schlangen etc. liegen. Ggf entscheidet man sich ja für diesen dritten Weg, eine Saalreko mit Ziegeloptik an der Decke umzusetzen. Schließlich dürfte das gesamte Bauwerk des Schlosses voll von Änderungen oder Zeichen des Wiederaufbaus sein, an denen man erkennen kann, dass sich hier viel zugetragen und auch gewandelt hat.
    Hauptsächlich wäre mir aber eine Überlegung zur häufigeren öffentlichen Nutzung gelegen und dass man es nicht lediglich mit Schütz bewenden lässt. Vermutlich gehen die Meinungen auseinander - ein Konsens müsste gefunden werden. Unser Museumskombinat bzw Sächsischer Louvre würde mir sonst zu stark vollmuseal belegt und so gar nicht neuzeitlich für das Hier und Heute genutzt. Neben dem massigen Touristendurchlauf müsste auch was für "die Dresdner" anlaufbar sein. Bei der Frage, welche Schloßteile hierfür überhaupt (noch) infrage kämen, dürfte mE neben dem Grossen Hof auch die Schloßkapelle eine größere Rolle spielen - auch weil sie separat von aussen erschließbar sind. Summa summarum also eine ähnliche Überlegung wie zum Vorwurf, am Neumarkt gäbe es "ja nichts für normale Dresdner", was ich mal nebenbei für weitgehend Humbuk halte.

  • Zur Nutzung der Schlosskapelle


    In den technologischen Unterlagen der DDR-Zeit wurde durchgängig der Begriff *Schützkapelle* verwendet, ebenso in vielen offiziellen Statements. Heute dagegen taucht diese Bezeichnung kaum noch auf – eben um den Eindruck zu vermeiden, hier werden ausschließlich die Bedürfnisse einer kleinen elitären Schicht bedient. War ja im Beitrag schon erwähnt: Der SIB spricht auf der eigenen HP von einem „multifunktionellen Veranstaltungsraum“. Nur Schütz wird es sicher nicht werden, was dort genossen werden kann.
    Da gab es mal im Jahr 2000 eine interessante Pressemitteilung des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst. Das Schreiben entstand in Reaktion auf eine von Güttler im Auftrag des Fördervereins Palais überreichte Petition. War übrigens die erste große Aktion des damals gerade gegründeten Vereins. In dem von Güttler unterzeichneten Petitionsschreiben hieß es u.a.:


    …Soweit mir bekannt wurde, gab es in der Fragestellung der Nutzung verschiedene mündliche Anfragen unterschiedlicher Personen an zuständige Gremien (Ministerien und Verwaltungen). Es sei jeweils vage angedeutet worden, daß das Nutzungskonzept mehr oder weniger beschlossene Sache sei - das Palais werde dem Landesamt für Archäologie zugeschlagen (die Sächsische Zeitung vom 12.09.2000 berichtete darüber). Der Nestor der Denkmalpflege und Dresdner Ehrenbürger Professor Hans Nadler hat einmal gesagt: "Macht mir kein Scherbenmausoleum daraus". Selbst solche, aus meiner Sicht unglaublichen, ja abstrusen Pläne, wie des Einziehens einer Zwischendecke mit Säulen in der Form eines großen Tisches in den großen Saal für erhebliche Summen würden schon gedanklich Form annehmen…


    Die Herrschaften im Ministerium reagierten ziemlich „gereizt“. Die Petition wurde mit folgendem Brief beantwortet (es geht in der Antwort zu einem relevanten Teil auch um die angedachte Nutzung der Schlosskapelle):




    Zur Nutzung der gotischen Räume im Ostflügel


    Hier zitiere ich aus dem Buch von Syndram/Ufer: Die Rückkehr des Dresdner Schlosses (durch Syndram wird's offiziell):


    Ebenso wie die wiedererstandene Schlosskapelle werden sie [Anm.: gemeint sind die gotischen Räume] als „Zeitfenster“ Besuchern kostenfrei zur Verfügung stehen. Durch Bauplastik der späten Gotik und der Frührenaissance , Modelle und audiovisuelle Medien wird in den gotischen Räumen der Weg von der Brückenfestung zur Burg und schließlich zum repräsentativen Schloss nachvollziehbar.


    Das ist letztlich die Nutzungsversion, die prinzipiell schon in der DDR-Programmatik für diese Räume angedacht war. Zum Stichwort „audiovisuelle Medien“: Beim Tag der offenen Tür war ausschnittsweise ein Film über die Baugeschichte des Schlosses zu sehen, der im Auftrag der SKD erstellt wird. Der Film (phantastisch gemacht, super Visus dabei) wird dann sicher Teil der Präsentation.

  • BautzenFan
    Meinen erneuten großen Dank für Deine Ausarbeitungen (Hast Du eigentlich schon mal daran gedacht, all Deine tollen Beiträge in irgendeiner Form zusammenzustellen, z.B. auf einer eigenen Homepage? Es wäre doch jammerschade, wenn Deine jahrelange Arbeit bei einer Umstellung der Forensoftware verschwinden würde.)


    Zur Schlosskapelle:
    Wie schon geschrieben, kann ich mir einfach nicht recht vorstellen, dass eine wissenschaftliche Rekonstruktion des vor 250 Jahren verschwundenen und mittelprächtig dokumentierten Zustandes gelingen kann. Die von Bautzenfan verlinkte Visualisierung verspricht hier zwar schon einmal vieles, doch zur Umsetzung im Detail fehlt hier noch vieles. Hierzu würde ich sehr gerne mal die Meinung eines Kunstwissentschaftlers lesen. Was ich auf jeden Fall aber gerne noch rekonstruiert sehen würde, das ist der Barockaltar mit der Musikerempore. Der Altar ist ja in Einzelteilen weitgehend noch erhalten und wäre optimal positioniert an seinem Originalstandort. Die Empore wiederum bildete mit dem Altar eine gestalterische Einheit und wäre auch für die Darbietung der Schützschen Musik ein wesentlicher Raumteil. Ebenfalls erhalten sind die Gobelins, die an den inneren Strebepfeilern angebracht waren. Doch kann ich mir nicht vorstellen, dass deren Zustand sich bei einer multifunktionalen Nutzung der Kapelle verbessern würde.


    Zur gotischen Halle:
    Elli_Kny, es ist zwar schon wieder 7 Jahre her, dass ich in dem Raum war. Doch kann ich mich noch gut an die durchaus beeindruckenden Dimensionen der Halle erinnern. Da kannst Du ganz unbesorgt sein.
    Ich denke auch, dass man sich gegen ein Verputzen der Gewölbeflächen entscheiden wird. Vorstellen könnte ich mir aber, dass alles noch ein wenig gereinigt und optisch beruhigt wird. Mit einem schönen Sandsteinboden und einer guten Beleuchtung wird der Raum ganz wunderbar.
    Ich freue mich auch sehr auf das Schlossmuseum. Seinen Vorgänger im Georgenbau vermisse ich sehr. Eine bessere Räumlichkeit kann man dafür auch gar nicht finden, verkörpern die gotische Halle und die Kemenate die Schlossgeschichte wie kein anderer Bereich.
    Ich gehe im Übrigen auch davon aus, dass der Aufstieg zum Hausmannsturm zukünftig auch von diesem Schlossmuseum aus beginnen wird, da der Wendelstein Nord-Ost ja auch über einen Zugang von diesen Räumen aus verfügt. Besser kann man das ja gar nicht organisieren.


    Einen meist vergessenen Raumbereich am Großen Schlosshof möchte ich auch mal in Erinnerung bringen: Die Hofkellerei im Erdgeschoss des Nordostflügels, rechts vom Hausmannsturm. Das sind ebenfalls gotische Räume, die zwar kleinteiliger sind, sich aber um so besser für die geplante Nutzung als Restaurant eignen. Das wird ein Selbstläufer, so schlecht können die gar nicht kochen, dass der Laden nicht läuft. ;)

  • Arwed hatte letztens mit dem zukünftigen Schloss-Restaurant ein Thema angeschnitten, zu dem ich noch einige Anmerkungen nachreichen möchte – aus Zeitgründen aber leider erst heute.
    Ich sehe das genauso wie Arwed – die Lokalität wird ein Selbstläufer. Es handelt sich um wahrhaft geschichtsbelastete Bausubstanz: Die aufgehenden Mauern (bis einschließlich 1. OG) stammen schon aus der Zeit um 1400, als Markgraf Wilhelm hier seinen Palas errichten ließ. Die jetzt noch vorhandenen Kreuzgratgewölbe (Ziegelmauerung) entstanden beim Umbau zum Ranaissance-Schloss unter Kurfürst Moritz (Mitte 16. Jahrhundert). Vielleicht wird ja auch der unmittelbar darunter liegende Keller in den Gaststättenbereich einbezogen, dort gibt es nämlich ein ebenso beeindruckendes Tonnengewölbe (gleichfalls aus der Mitte des 16. Jhd.). Außerdem wird es in der warmen Jahreszeit einen Außenbereich im Hof geben – dort werden freie Plätze wohl selten zu finden sein.
    Einen kleinen Wermutstropfen muss ich allerdings doch benennen. Nach dem DDR-Konzept sollten EG und Keller des Nordostflügels in wesentlichen Teilen museal genutzt werden. Ein Restaurant war zwar auch vorgesehen, aber ziemlich „versteckt“ im Südwestflügel. Der hungrige und/oder durstige DDR-Bürger hätte den Weg schon gefunden – so was geht heute natürlich nicht, was die diesbezügliche Planänderung hervorrief. Das wiederum bedeutet aber nun, dass der zweite spätromanische Raum (aus der gleichen Bauphase wie die Kemenate) höchstwahrscheinlich nicht zugänglich gemacht werden kann. In der denkmalpflegerischen Konzeption aus den 1980er Jahren hieß es dazu (formuliert als expliziter Punkt der Zielstellung):


    - Bewahrung und museale Erschließung der spätromanischen Räume bzw. Raumteile unter dem Ostflügel(östl. Schlosshof und im östlichen Nordflügel


    Ich habe den Raumbereich im folgenden Lageplanausschnitt (Ausschnitt für das Kellergeschoss laut DDR-Planung) grün umrandet. Der Pfeil verweist auf eine Wandöffnung, die man im übernächsten Bild sieht. Die violetten Eintragungen machen die im Plan aufgrund der Auflösung nicht lesbaren originalen Beschriftungen deutlich. Nicht wundern über die vielen Eintragungen im Hofbereich – der westliche Teil des Großen Schlosshofs sollte zur Aufnahme des zentralen Besucherfoyers unterkellert werden.




    Und so sieht dieser Raum aus:



    Bildquelle: Schnappschuss aus der filmischen Dokumentation "Von der Ruine zum Richtfest", herausgegeben 1994 vom Sächsischen Finanzministerium

  • ^
    Frühestens Anfang 2021. Das „interpretiere“ ich aus einem Ausschreibungstext, der im Sommer 2014 für das Dresdner Schloss veröffentlicht worden ist. Es handelte sich um eine so genannte Vorankündigung, d.h. das eigentliche Wettbewerbsverfahren ist damit noch nicht eingeleitet. Mit *Ausbau III* ist gemäß der Terminologie des SIB für das Schloss jeweils der funktionale (meistens museale) Endausbau gemeint.


    Bezeichnung des Auftrags durch den öffentlichen Auftraggeber: Dresdner Schloss, Ostflügel, Ausbau III
    Kurze Beschreibung der Art und des Umfangs der Bauleistungen: Wiederholung der Vorinformation: Weiterführung des Ausbau des vorhandenen Rohbaues zu Ausstellungsräumen der Rüstkammer und Gastronomie.
    Geplanter Termin für Abschluss der Bauarbeiten: 31.12.2020


    Es kann aber auch noch etwas später sein als 2021 – ich vermisse in der Überschrift des Ausschreibungstextes nämlich das Wort *Nordostflügel*, das in anderen Ausschreibungen für diesen Bereich zu lesen war. Aktuell (bis Frühjahr 2017) läuft der museale Ausbau des 1. OG im Ostflügel und Nordostflügel. Gemäß dem obigen Zitat wäre also zumindest der Ausbau der Gotischen Halle und der nördlich anschließenden Einzelräume (alles im EG des Ostflügels befindlich) bis 31.12.2020 abzuschließen. Ob auch das EG des Nordostflügels (Gastronomie) kann ich nicht sicher heraus lesen. Meiner Meinung nach wird das Restaurant erst öffnen können, wenn der Schlosshof und natürlich auch der direkt neben der Gaststätte liegende Altan fertiggestellt sind und hier kein Baustellencharakter mehr vorliegt. Man denke nur an die Materialtransporte durch das Grüne Tor. Als unfertige Bereiche verbleiben aber nach 2020 nur Räumlichkeiten im Nordflügel (2. OG und Schlosskapelle). Und hier könnten die Materialtransporte ja über einen außen angeordneten Lastenaufzug erfolgen – bei der Gewehrgalerie ging das ja auch.

  • BautzenFan
    Ich sehe die Nutzung der Räume für das Restaurant eigentlich nicht kritisch. Das Restaurant belebt den Hof auch noch außerhalb der Museumsschliesszeiten. Bedingung wäre für mich allerdings, dass die Beschriftung des Restaurants und die Möblierung der Aussengastronomie dezent ausfallen!
    Danke übrigens für die Ergänzung, dass die Gewölbe aus der Renaissance stammen. Ich dachte, dass die noch aus der Gotik stammen.

  • Arwed
    Ich glaube, Du hast mich gründlich missverstanden. Ich sehe die Nutzung des betreffenden Bereichs für gastronomische Zwecke doch nicht "kritisch" - ganz im Gegenteil. Ich wollte lediglich auf den "kleinen Wermutstropfen" verweisen, dass mit diesem geänderten Nutzungskonzept nunmehr die öffentliche Zugänglichkeit für den zweiten spätromanischen Raum nicht mehr möglich sein dürfte. Der Wirt / Pächter wird ja auch Raumbedarf für Küche und Lagerbereich haben, und das wird vermutlich genau über dem betreffenden Kellerraum liegen.

  • BautzenFan
    Oh, da habe ich Dich wirklich missverstanden. Dann freuen wir uns gemeinsam darauf, zu abendlicher Stunde ein Gläschen Wein in wirklich historischen Räumlichkeiten zu uns zu nehmen. :)

  • Aktuelles aus dem Schloss. Hauptsächlich geht es um die fertiggestellten Räume im Ostflügel und die Arbeiten am Altan des Schlosshofes, die demnächst anstehen.


    http://www.sachsen-fernsehen.d…s-schreitet-voran-327059/


    Hier findet man am Ende auch zwei Videos, die unter anderem auch das schon farbige 1:25 Modell und das noch schwarz-weiße 1:10 Modell des Altan zeigen. Außerdem erzählt der Künstler etwas von der Technik.
    Nachdem das 1:10 Modell farbig ist, soll das Ganze nochmal 1:1 auf Pappe(etagenweise) umgesetzt werden bevor es 2018/2019 richtig losgeht.