Leipzig: Umgang mit Bauerbe

  • Leipzig: Umgang mit Bauerbe

    Dieser Thread soll alles, was mit historischer Bebauung zu tun hat (z.B. auch DDR-Klassiker der 50er/60er-Jahre, nicht nur Gründerzeit), thematisieren. Gelungene Sanierungsbeispiele von Gründerzeitgebäuden wurden in letzter Zeit schon oft gezeigt. Es würde aber ein falscher Eindruck entstehen, wenn man anhand dessen annimmt, dass alle diese Gebäude gerettet werden. 2500 Altbauten sind nach wie vor nicht saniert. Ca. 400 bis 500 dieser Gebäuder sind akut vom Einsturz bedroht, können nur mit aufwendigen und teuren Sicherungsmaßnahmen (die meist der Steuerzahler trägt) vom Abriss verschont werden. Die Gründe für den Verfall vieler Altbauten sind vielfältig: Ungeklärte Eigentumsverhältnisse, zerstrittene Erbengemeinschaften oder Hausbesitzer, die ihrer Eigentumsverpflichtung nicht nachkommen sind wohl die häufigsten.


    Die Rettung der verbliebenen 2500 unsanierten Altbauten ist ein Wettlauf gegen die Zeit, denn deren Zustand verschlechtert sich von Jahr zu Jahr zusehends. Das Stadtforum Leipzig, eine Initiative aus 15 Leipziger Vereinen bestehend, widmet sich der Rettung dieser Gebäude, auf deren bereits erzielte Erfolge ich im Laufe des Threads noch weiter eingehen werde. Vorerst die Homepage des Stadtforums:


    http://www.stadtforum-leipzig.de/


    Um euch einen kleinen Eindruck über die Situation zu verschaffen, stelle ich nachfolgend kommentarlos ein paar unsanierte Gebäude hier ein, die ich 2006 und 2007 hauptsächlich im Leipziger Osten fotografierte.













    Bilder von mir

  • Wie sieht denn die Einwohnersituation aus im Leipziger Osten? Die meisten Sanierungsgebiete liegen ja im Süden oder Westen der Stadt und haben regen Zulauf, was die Sanierung solcher Gebäude sehr begünstigt. Denn wenn sich niemand für die Häuser findet um darin zu wohnen, werden sie wohl leider abgerissen. Von der Bausubstanz an sich wirken diese Häuser genauso hochwertig wie in anderen Stadtteilen.

  • der leipziger osten ist strukturell benachteiligt. kaum grünzüge, keine flussläufe, kaum kulturelle einrichtungen. seit der industrialisierung war aufgrund vorherrschender westwinde sogar die luft schlechter. infolge dessen wurden hier hauptsächlich arbeiterquartiere in geschlossener blockrandbebauung mit niedrigen standards und gewerbe in engen hinterhöfen errichtet. bereits um die vorletzte jahrhundertwende wurde von grenzenloser verwahrlosung niedersten gesindels rings um das "rabet" berichtet. kriegsschäden, sanierungsstau seit ´39 - und der totale umbruch seit der wende mit nunmehrigem überangebot an wohnraum schienen dem gebiet den rest zu geben.


    wie cowboy schon schrieb, befinden sich die meisten häuser (wieder) in privatbesitz. um die eigentümer zur sanierung zu bewegen, kann die stadt - im rahmen ihrer möglichkeiten - nur mittelbar eingreifen. dies geschieht durch ein bündel an massnahmen. die wichtigsten sind:
    - abbau des wohnungsüberangebots durch abrisse im plattenbaugebiet grünau
    - schaffung neuer parks im osten (ehemaliger eilenburger bahnhof, stadtteilpark rabet, paunsdorfer bogen)
    - verlagerung des durchgangsverkehrs aus wohngebieten (neubau b6)
    - ausweisung von quartieren als sanierungsgebiet (neustädter markt)
    - förderung der umwandlung maroder gebäude in eigentumswohnungen (selbstnutzerprogramm)


    manche bereiche konnten auf diese weise stabilisiert werden. ein weiterer grund hierfür dürfte sein, dass die mieten dort selbst für leipziger verhältnisse niedrig sind. allerdings führt dies dazu, dass wie schon zur erbauungszeit überproportional viele sozial schwache im osten wohnen. einer ghettoisierung vorzubeugen, ist daher ein weiterer handlungsschwerpunkt.
    dem kommt entgegen, dass es im überschaubaren leipzig nie klassische mietskasernen gegeben hat. auch aus einfachen gründerzeitlern lassen sich durch denkmalgerechte sanierungen lebenswerte quartiere machen, die das sozialgefüge stärken. seitdem (bundeseinheitlich) nur noch solche baumassnahmen gefördert werden, wird auch in diesem gebiet wieder verstärkt saniert. jede bauliche aufwertung trägt dabei auch zur sozialen aufwertung des leipziger ostens bei.
    inwieweit auch abrisse unvermietbarer häuser einen positiven effekt haben können, ist seit jahren umstritten. meiner meinung nach ist dies der fall, wenn es planvoll geschieht und eine sinnvolle nachnutzung des gebietes (grünanlagen, kinderspielplätze) zur folge hat.


    wie auch immer: der vollständige umbau einer selbst im umbruch befindlichen stadt mit all seinen zwängen, möglichkeiten und unmöglichkeiten ist ein schwieriges, aber auch faszinierendes thema. sicher werden wir hier einige der häuser zum letzten mal sehen, wie wir in anderen strängen manche zum ersten mal emporwachsen sehen werden. und hoffentlich werden wir hier möglichst viele der heute noch ihrem einsturz entgegentaumelnden gebäude nach deren sanierung wiederfinden. für hunderte kaputter ruinen wird die zeit für eine rettung allerdings wirklich knapp.

  • Sehr schöne Ausführung, dj tinitus, der ich nichts hinzuzufügen habe.


    Derweil existiert seit 2006 ein Gebäudesicherungsprogramm für stadtbildprägende Altbauten, die besonders vom Verfall betroffen sind - mit folgender Bilanz für 2007. Es gilt als sicher, dass 2008 das Gebäudesicherungsprogramm auf weitere Altbauten ausgeweitet wird.


    2006 wurde die 1881 errichtete Historismus-Villa Goldschmidtstraße 31 mit öffentlichen Mitteln gesichert, die sage und schreibe 400000 Euro betrugen.


    Goldschmidtstraße 31, historische Aufnahme:

    Quelle: http://www.lipsikon.de (Veröffentlichung ist mir erlaubt)



    Goldschmidtstraße vor der 400000-Euro-Sicherung:

    Quelle: http://www.lipsikon.de



    Goldschmidtstraße heute:

    Bild von mir

  • Solch eine Galerie hab ich mir immer gewünscht.
    Hier können wir sowohl Sanierungserfolge wie auch Abrisse dokumentieren.


    400000 Euro scheinen ja nicht viel Geld zu sein:)
    aber immerhin ist das Gebäude nicht mehr einsturzgefährdet und es wird sich wohl bald jemand finden der es vollständig saniert.

  • Vor allem die stark befahrenen Zufahrtsstraßen sind ein grosses Problem in Leipzig. Hier sieht es teilweise wie nach einem Bombenangriff aus.


    Nicht vergessen werden sollte aber wie Leipzig am Ende der Ostzeit aussah. Die im Ost-Fernsehen gestellte Frage "Ist Leipzig noch zu retten?" war nicht rein rhetorisch gestellt. Vor allem die Dächer waren nach Krieg und Kommunismus völlig marode. Aus mir nicht bekannten Gründen wurden- wenigstens in Leipzig -keine roten Dachziegel verbaut. Das Alte Rathaus hat kurz vor 1989 nur über Sonderkontingente rote Bieberschwänze bekommen und war damit in der City das einzige Haus mit richtigen roten Dachziegeln. Auf Luftaufnahmen von heute ist die Veränderung der letzten Jahre gut zu sehen.


    http://http://www.fotocommunity.de/pc/pc/pcat/92346/display/5988697


    Ob für die Problemgebiete noch eine Lösung gefunden wird ist fraglich. Vermutlich müssen wir wohl mit einer erhebliche "Perforierung" der Stadt leben. Andererseits haben bislang die Voraussagen der Experten wenig Bestand gehabt. Z.B. hat in der o.g. Sendung der damalige Chefarchitekt von Leipzig vorgetragen, dass der Stadtteil Plagwitz als Wohnungsstandort keine Zukunft hat. Was aus dieser Industriekloake geworden ist grenzt an ein Wunder.


    http://http://www.fotocommunity.de/pc/pc/mypics/889771/display/10904954


    Auch der heutige Zustand der Leipziger Problemgebiete hat viel mit den Aussagen der Statistiker um das Jahr 2000 zu tun. Laut den damaligen Erkenntnissen der Statistiker, sollte die Stadt weiter stark schrumpfen. Man sah also keinen Grund nach Konzepten für die Rettung der Gebäude zu suchen. Ein Planer soll wohl vorgeschlagen haben, hinter dem Hauptbahnhof einen Hirschgarten anzupflanzen.


    http://http://www.fotocommunity.de/pc/pc/cat/2301/display/9111007


    Vielleicht sollte man doch mehr zeigen wie gelungene Lösungen in Leipzig aussehen. Meist muss man nur eine Parallelstraße in das Viertel rein gehen.





    Bachstraßenviertel - Lassallestraße












    Bachstraßenviertel - Lassallestraße











    Bachstraßenviertel - Lassallestraße












    Musikviertel, Beethovenstraße











    Musikviertel, Grassistraße










    Südvorstadt, Kochstraße










    Südvorstadt, Kochstraße












    Südvorstadt, August-Bebel-Straße











    Südvorstadt, August-Bebel-Straße












    Südvorstadt, August-Bebel-Straße







    Alles eigene Fotos



    Man sieht wohl, was bei weiteren Flächenabrissen verloren gehen wird.
    Heute werden auf den Abrißflächen teilweise sogenannte Stadthäuser errichtet. Ob diese sich in das historische Umfeld einfügen, können wir hier sicher auch diskutieren.

  • Weil du meintest, in Leipzig wurden keine roten Dachziegel verwendet - was hat man denn dann als Dacheindeckung genutzt?

  • Eine der vielen Merkwürdigkeiten in der DDR war, das das Instandhalten- egal ob Gebäude, Anlagentechnik, Straßen etc.- offensichtlich ein unlösbares Problem war. Selbst groß angelegte Kampangnen wie "Dächer dicht" führten nicht zum Erfolg. Ich kann mich an Häuser erinnern , auf deren Dächer wohl alle gerade zur Verfügung stehenden Dachbaustoffe verbaut wurden. Rote (Ton-)Ziegel gehörten aber meist nicht dazu. Wenn Tonziegel verbaut wurden waren es gelbe. Die Qualität der Dachsteine und die enorme Luftverschmutzung führten innerhalb kurzer Zeit zu einem einheitlichem Farbton: grau bis schwarz.



    Viele Fotos findet man nicht mehr. Auf dem folgendem Foto sind einige wenige Dächer noch nicht erneuert.




    http://http://www.fotocommunity.de/pc/pc/mypics/26084/display/1663037




    Auf den folgenden Fotos von Manfred Rosenkranz kann man sich einen Eindruck verschaffen in welchem Zustand Leipzig 1990 war



    http://http://www.fotocommunity.de/pc/pc/mypics/868900/display/7869112




    http://http://www.fotocommunity.de/pc/pc/mypics/868900/display/7913836




    http://http://www.fotocommunity.de/pc/pc/mypics/868900/display/7890191



    http://http://www.fotocommunity.de/pc/pc/mypics/868900/display/8036580



    Die Fotos sind vermutlich in Leipzig-Gohlis entstanden. Dort waren russische Truppe stationiert.


    Heute sieht es so aus: (Achtung: Die Panoramafunktion auf: aus setzen!)


    http://http://www.fotocommunity.de/pc/pc/pcat/95613/display/5123941

    2 Mal editiert, zuletzt von Stahlbauer () aus folgendem Grund: Hinweis ergänzt.

  • das letzte panorama-foto über den norden der stadt ist wirklich schön.


    es war ja nicht nur so, dass es für sanierungen weder dachziegel noch dachrinnen gab, auch bauarbeiter waren nicht aufzutreiben. viele waren nach berlin abkommandiert. eimer oder badewannen auf dachböden, um das eindringende regenwasser aufzufangen, waren damals gängige praxis.
    dass solche häuser heute - nochmals 20 jahre später und längst unbewohnt - kurz vom umfallen stehen, ist kein wunder.

  • ^ Wir wohnten damals direkt unterm Dach. Da haben wir schon vorbeugend Eimer in unsere Zimmer gestellt, wenn im Wetterbericht Regen vorhergesagt wurde.


    @ SevenUp, 400000 Euro, nur damit das Haus vorm Einsturz bewahrt wird, finde ich ganz schön viel Geld.


    @ Stahlbauer, dass im Zuge der Sanierungen viele Häuser mit roten Dachziegeln eingedeckt werden, finde ich geschmacklich sehr ansprechend.

  • Boah, da bekommt man echt den Hass! Gesundsanieren durch Abreißen von Altbauten. Die bekommen 60 € pro abgerissenem qm, laut Beitrag. Tja, da is die Gier wohl größer als der Respekt vor dem Wert. Und selbst vor denkmalgschützten Ensembles machen die nicht halt!


    Aber kann man nicht als Nachbarhausbesitzer dagegen vorgehen? Gibt ja Drittwidersprüche und sowas!

  • Wenn nicht mal mehr der Denkmalschutz hilft, was willst du da als Nachbarhausbesitzer machen? Die Politik schielt doch nur auf die leerstehenden Quadratmeter und reisst alles weg was da ist. Als Schröder das erste Mal von Abrissförderung sprach, hab ich mich schon gefragt, wieso tut der nicht lieber etwas gegen die Abwanderung? Und Kohl war auch nicht besser, der hat die Sparer im Westen mit Steuerabschreibungen in den ostdeutschen Wohnungsbau getrieben und gleichzeitig deren potentielle Mieter in die Arbeitslosigkeit entlassen. Wo sich Politik und Baugeschehen treffen, kommt immer Müll bei raus. Bei der Förderung der Wärmedämmung durch die Regierung Merkel wird es auch nicht anders sein. Das Schlimmste ist, das sich für die Altbauten offenbar Käufer und auch Mieter finden würden, wenn die Poltik mit ihren Abrisssubventionen nicht die Preise versauen würde. :nono:

  • Bitte keine unreflektierten Verallgemeinerungen. Der Stadtumbau Ost ist meiner Meinung nach insofern ungenügend, dass er nicht auf die unterschiedliche bauliche Ausgangssituation der Ost-Städte zugeschnitten ist. In Schwedt, das schätzungsweise zu 80 Prozent aus Plattenbauten besteht, gelten die gleichen Bedingungen wie in Weißenfels, das schätzungsweise zu 80 Prozent aus Altbauten besteht.


    Hartmut Wahl, der im tagesthemen-Beitrag vorkommt, ist ja sowas wie der Robin Hood der Chemnitzer Gründerzeitsubstanz. HIER ist seine Homepage, wo ihr viele Bilder seiner sanierten Gründerzeithäuser bestaunen könnt. In Leipzig sorgte Hartmut Wahl 2006 für Schlagzeilen, als er die Friedrich-Ebert-Straße 81a/b in letzter Minute kaufen und sanieren wollte. Die in Amerika lebende Erbengemeinschaft waren die angebotenen 1 Million Euro zu wenig gewesen, weshalb das Haus 2 Tage danach leider abgebrochen wurde. Herr Wahl ist übrigens auch im APH-Forum angemeldet.

  • Ich möchte an dieser Stelle die von Cowboy gezeigten „Bruchbuden“ ein wenig näher beleuchten. Für einige sieht es m.E. gar nicht so schlecht aus.
    Um die Bilder nicht wiederholen zu müssen, setze ich nur einen Link:


    http://i196.photobucket.com/albums/aa170/Slache/P6170168.jpg
    Breite Straße 2/Ecke Täubchenweg: Für dieses, relativ alte, um 1860 im Stadtteil Anger-Crottendorf (noch vor der Eingemeindung nach Leipzig) gebaute Haus dürfte es kritisch werden. Die ältere Generation der Gründerzeithäuser besteht im Inneren größtenteils aus dünnem Holzfachwerk (Innenwände und Decken), dazu kommt, dass die massiven Außenwände vor allem in den oberen Geschossen sehr dünn sind.
    Breite Straße 2 war mal im Gebäudesicherungsprogramm der Stadt zu finden (wobei es mir scheint, als sei bisher nichts geschehen), die Stadt weiß also um die Wichtigkeit des Objekts.



    http://i196.photobucket.com/albums/aa170/Slache/P6170170.jpg
    Diese jüngeren, um 1905/1910 gebauten Gründerzeithäuser in der Tiefen Straße in Anger-Crottendorf werden noch eine Zeit lang von selbst stehen bleiben. Das Haus mit dem Eckerker vorn ist inzwischen gesichert oder sogar saniert worden (als ich letztes Mal vorbei kam, standen Gerüste, die Fassade wurde saniert/gestrichen). Das ich glaube wohl anschliessende Haus Nr. 5 ist vor kurzem für rund 30.000 EUR versteigert worden. Vielleicht tut sich bald was. Die folgenden Häuser (z.B. Nr. 7) sind bewohnt und damit erstmal noch auf der sicheren Seite, auch wenn an der Fassade der Putz blättert.


    http://i196.photobucket.com/albums/aa170/Slache/P6170161.jpg
    Dieses um 1890 erbaute Haus in der Dresdenerstr. Ecke Kapellenstr. im Zentrum von Reudnitz ist auch erstmal noch bewohnt, die Fenster sind nach der Wende erneuert.


    http://i196.photobucket.com/albums/aa170/Slache/P6170175.jpg
    Das 1889 von Arwed Rossbach errichtete Salomonstift in Reudnitz (Oststr./Rieckbeckstr./Eilenburgerstr.) wird definitiv in Kürze saniert. Damit wird die neben den Meyerschen Häusern älteste private Wohnanlage „für arme Leute“ der Stadt definitiv gerettet.


    http://i196.photobucket.com/albums/aa170/Slache/P2100538.jpg
    Diese drei hochwertigen, um 1890 erbauten Häuser in der Eisenbahnstr. 41-45 wurden in das Gebäudesicherungsprogramm aufgenommen. Bisher ist m.E. nichts geschehen, der Erhalt aber von der Stadt gewollt.


    http://i196.photobucket.com/albums/aa170/Slache/P2270038.jpg
    Dieses Hintergebäude in der Goldschmidtstraße gehörte zu der unmittelbar an der Ecke Goldschmidt- und Talstraße gelegenen neugotischen Villa des Verlags Ernst Keil. Die Villa war 1861 durch Constantin Lipsius (jenem Architekten, der später die viel kritisierte Dresdener Kunstakademie an der Brühlschen Terrasse mit der „Zitronenpresse“ baute) erbaut worden und im Zweiten Weltkrieg bis auf die Umfassungsmauern ausgebrannt und später abgerissen worden.
    Das erhaltene Hintergebäude dürfte ebenfalls um 1861 erbaut sein. Der Verlag Keil war seinerzeit Herausgeber und Erfinder der bekannten Zeitschrift „Gartenlaube“.
    Aktivitäten zur Rettung des Gebäudes sind mir leider nicht bekannt. Es ist jedenfalls eine wichtige Erinnerungsstätte an das Buchgewerbe in Leipzig.
    (siehe auch: Leipzig und seine Bauten, S. 397)


    http://i196.photobucket.com/albums/aa170/Slache/P2270084.jpg
    Das zur Langen Straße gehörende Gebäude links mit der langen Brandwand dürfte mindestens um 1870 gebaut sein. Es steht momentan zum Verkauf.
    Das Gebäude rechts an der Ecke zur Kreuzstraße gehört zu den ältesten des Quartiers „Grafisches Viertel“ und dürfte um 1850 erbaut worden sein. Für dieses Haus dürfte es kritisch werden.


    http://i196.photobucket.com/albums/aa170/Slache/P2270055.jpg
    Dieses sehr opulente, 1880 erbaut Wohnhaus Rabensteinplatz/Täubchenweg 1 unmittelbar am Grassimuseum ist derzeit noch bewohnt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es irgendwann vollständig saniert werden wird.
    Zusammen mit dem ehemals links anschließenden, zeitgleichen Nachbarhaus wurde es seinerzeit in dem Buch „Leipzig und seine Bauten“ (S. 406) abgebildet. Es wurde für einen Fabrikbesitzer Wolff von Architekt Bruno Grimm erbaut.


    http://i196.photobucket.com/al…120417221674_goldtal2.jpg
    Zu dieser opulenten Villa Goldschmidtstr. 31 sei noch erwähnt, dass die Aufwendungen für die Sicherung durch einen Dachstuhlbrand beträchtlich erhöht wurden. (Denke mal, es war Brandstiftung). Deshalb mussten auch die Sandstein-Dachgauben abgebaut werden.
    Durch das Löschwasser wurde die reiche Ausstattung der Villa nochmals erheblich geschädigt.
    Die Villa wurde übrigens 1882-83 durch den Architekten Carl Weichardt für den Kaufmann M. A. Schröder erbaut. (Leipzig und seine Bauten S. 391).

  • welch ein sachkundiger einstand!
    da wird nicht schön geredet, da wird nicht nicht schwarz gemalt - hier werden fakten benannt.
    so sollte es sein.

  • Der Riegel aus den DDR-Fünfzigern auf der Nordseite des Ranstädter Steinweges ist fast fertig saniert. Ich bin ja absolut kein Freund monotoner, langezogener Häuserreihen, aber ich muss zugeben, dass man im Zuge der Sanierung zumindest das beste draus gemacht hat. Vorgesehen ist eine Mischnutzung aus Gewerbe und Gastronomie im Erdgeschoss sowie Wohnungen darüber.


    Zustand Juni 2006. Der Riegel stand lange Zeit leer.



    Noch einmal der Elstermühlgraben mit der zeitgleich entstandenen Bebauung auf der gegenüberliegenden Seite. Gott sei Dank blieb die -wie hier zu sehen- einfallslose und billige Sanierung dem langen Riegel erspart. Das Resultat wäre verheerend gewesen.



    Nun der Ist-Zustand von Dezember 2007. Die dezente farbliche Gliederung der Fassade und die langgezogenen Fenster werten den Riegel jetzt deutlich auf. Die Geschäfte werden zu einer (Neu)Belebung der Straße beitragen



    Typische sozialistische Werktätigen-Ornamentik aus den Fünfzigern.



    Eine Stelle in der Mitte ist noch verhüllt. Ich schätze, dieser Teil wird deutlich höherwertiger ausfallen. Ganz oben entsteht vermutlich eine Penthouse-Wohnung.


    Alle Fotos von mir

  • Gutes Beispiel für eine zeitgemäße Sanierung. Wenn die Eingangssituation zum Waldstraßenviertel auf Dauer ohne Nutzung beblieben wäre ,wäre die Wirkung fatal.


    Der Erhalt der Gebäude ist ein Problem. In einer lebendigen Stadt muss es aber Möglichkeiten geben alte Gebäude durch neue zu ersetzen. Die Frage ist aber wie diese neuen Gebäude realisiert werden. In Gebieten mit Blockrandbebauung reissen fehlende Gebäude regelrechte Löcher. Aber auch neue Gebäude können die Struktur des Viertels zerstören.


    Hier einige Beispiele aus dem Leipziger Musikviertel und der Südvorstadt.
    Nur zur Erinnerung: Das Musikviertel grenzt im Südwesten an die Leipziger City. Das Raumgefüge wurde in den Gründerjahren bis zum 1. Weltkrieg geschaffen. Im 2. Weltkrieg gab empfindliche Verluste u.a. des Gewandhausgebäudes. Nach 1970 wurden Plattenbauten errichtet. Dafür wurden weitere Gründerzeitgebäude geopfert. Noch vorhandene kriegsbedingte Lücken wurden und werden bebaut.


    Das Musikviertel ist wegen seiner kulturellen Nutzung (Unibibliothek, Hochschule für Musik und Theater, Hochschule für Grafik und Buchkunst, Galerie für zeitgenössische Kunst usw.) wichtig für die Stadt.



    Eine bekannte Ansicht - das ehemalige Reichsgericht, das Landgericht und das Neue Rathaus von 1913








    Hier ein Beispiel mit Gebäuden aus der Gründerzeit, der DDR und aktuellen Bauten








    Fotos neuer Stadthäuser im Bereich der Ferd. - Rohde- Straße













    Hier ein neues Eckgebäude







    Beispiele realisierter und geplanter Stadthäuser in der Südvorstadt
















    Alles eigene Fotos

  • Trotz 60prozentiger Kriegszerstörung besitzt das Musikviertel noch immer sehr urbanes Flair. Folgende von dir geknippste Aufnahme nehme ich noch einmal zwecks Vergleich zur Hand.


    Ziemlich skurril. Links der Brache ragt das Eckhaus Schwägrichenstr./Haydnstraße heraus. Die Ostseite der Schwägrichenstraße bildet zwischen Mozart- und Haydnstraße noch das komplett erhaltene Vorkriegs-Ensemble.




    Die Vorkriegsaufnahmen aus ähnlicher Perspektive verdeutlichen, dass sich dort, wo heute die Brache klafft, einst zwei Villengrundstücke befanden. Auf den folgenden 3 Aufnahmen ist demzufolge auch immer das gründerzeitliche Eckhaus Schwägrichenstr./Haydnstraße zu sehen.





    Und noch eine colorierte Nahaufnahme. Ein Vergleich mit obigem Bild zeigt, dass heute u.a. der Eker fehlt.


    Bildquellen: Stahlbauer, http://www.lipsikon.de (Veröffentlichung ist mir erlaubt)