Leipzig: Sanierung 'Altes Rathaus'

  • Leipzig: Sanierung 'Altes Rathaus'

    Die Sanierung der ältesten Amtsstube im städtischen Wohnzimmer verdient sicher einen eigenen thread.



    Nachdem es die letzten Jahre immer wieder verschoben wurde, ist nun die Sanierung des Alten Rathauses (fast) beschlossen. Laut der Stadt Leipzig soll einer der bedeutendsten Renaissancebauten in Deutschland von 1556/57, in den Jahren 2018 und 2019, saniert werden.


    In einem ersten Bauabschnitt werden die Fassade, Natursteinelemente, Fahnenmaste, und Fenstergitter in Angriff genommen. Details wie die Turmbalustrade und der goldene Schriftzug werden auch erneuert. Viel erhoffe ich mir von der Restaurierung der Turmuhr und der Erneuerung der Turmhaube. Letztere soll eine neue Verblechung bekommen. In einem zweiten Bauabschnitt sollen Elektronik im Obergeschoss erneuert werden.

  • Das Alte Rathaus in Leipzig wurde als so bedeutend angesehen, dass es auf dem im Januar 1989 erstellten und ab dem 1. Oktober 1990 herausgegebenen 100 DM-Schein der Deutschen Bundesbank zu sehen ist. Neben anderen Leipziger Gebäuden und nicht zu vergessen: Clara Schumann.




    100 DM Serie4 Vorderseite [Public domain], von Deutsche Bundesbank, Frankfurt am Main, Germany, vom Wikimedia Commons

  • Nachdem es die letzten Jahre immer wieder verschoben wurde, ist nun die Sanierung des Alten Rathauses (fast) beschlossen. Laut der Stadt Leipzig soll einer der bedeutendsten Renaissancebauten in Deutschland von 1556/57, in den Jahren 2018 und 2019, saniert werden.


    ...und so könnte es anschließend aussehen:



    :D


    Entwurf von Baudirektor Hugo Licht (1881)größer



    Bevor es mit der Sanierung richtig losgeht, lohnt sich vielleicht nochmal ein Blick zurück...
    Dazu ein Vergleich jeweils von vor 1905, nach dem Umbau von 1909 und von heute:



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    Der Anbau des Laubengangs an der Marktseite war übrigens nicht unumstritten, die Abstimmung im Stadtrat endete mit einem Gleichstand, der nur durch
    die Stimme des Vorsitzenden entschieden wurde.
    Bemerkenswert, dass es damals im Stadtrat über derartige architektonische Einzelheiten eines Umbaus engagierte Debatten gab und das Ergebnis funktional und
    ästhetisch überzeugt.
    In dieser Hinsicht dürften sich die heutigen Stadträte ruhig mal ein Beispiel an ihren Vorgängern nehmen und etwas mehr Interesse für solche Fragen und
    ein auch im Detail ansprechendes Stadtbild zeigen...


    Zum Abschluss ein Blick auf die abendliche Südseite...


  • Rundling:
    danke für die bilderstrecke.


    wie es die erste abbildung in deinem beitrag bereits erahnen lässt, stand im stadtrat nicht nur die hinzufügung des laubengangs zur debatte, sondern auch der komplettabriss des alten rathauses mit anschliessender neubebauung.

    in dieser hinsicht haben die heutigen stadträte viel hinzu gelernt. weder altes noch neues rathaus werden wohl je wieder zur disposition stehen.
    (im übrigen wurde damals vom rat auch beschlossen, für den bau des neues rathaus die pleißenburg zu kaufen und abreissen zu lassen. auch so etwas wäre heute undenkbar.)


    zur sanierung der jahre 1906/09:


    sie war die wohl bedeutendste nichtdenkmalsgerechte sanierung in leipzig, welche sich zudem in der rückschau als wahrer glücksfall erwiesen hat.
    vom spätgotischen vorgängerbau überkommene spitzbogenfenster an der südseite wurden wieder freigelegt, die ursprünglich auf putz gemalte umschrift wurde in messingbuchstaben ausgeführt, neben dem laubengang wurden auch zwei zierbrunnen hinzugefügt.
    doch laubengang hin oder her: den zweifellos größten eingriff in die vorhandene bausubstanz stellte der einzug der (damals hochmodernen) eisenbetondecke über dem zweiten obergeschoss dar, auf der zumal ein neuer dachstuhl mit stahlträgern errichtet wurde. nur dieser maßnahme ist es überhaupt zu verdanken, dass das alte rathaus den weltkriegsbomben stand halten konnte und lediglich sein dachstuhl ausbrannte.
    so hat gerade die nichtdenkmalsgerechte sanierung letztlich das denkmal gerettet.


    zur sanierung ab 2018:
    längst überfällig.
    zudem liegt bereits seit vielen jahren ein ausgeklügeltes beleuchtungskonzept vor, welches neben dem turm vor allem die zwerchgiebel nächtens plastischer hervortreten lassen würde. leider ist über dessen umsetzung bislang nichts zu erfahren.

  • Rundling: auch von mir Danke. Ich hatte keine Zeit hier noch etwas einzufügen und wollte "nur" erstmal den Thread aufmachen.


    wie es die erste abbildung in deinem beitrag bereits erahnen lässt, stand im stadtrat nicht nur die hinzufügung des laubengangs zur debatte, sondern auch der komplettabriss des alten rathauses mit anschliessender neubebauung.

    in dieser hinsicht haben die heutigen stadträte viel hinzu gelernt. weder altes noch neues rathaus werden wohl je wieder zur disposition stehen.
    (im übrigen wurde damals vom rat auch beschlossen, für den bau des neues rathaus die pleißenburg zu kaufen und abreissen zu lassen. auch so etwas wäre heute undenkbar.)

    Also die Pläne zum Neubau damals, müssen im Kontext betrachtet werden. Leipzig war nicht die einzige Großstadt welche durch den enormen Bevölkerungsanstieg neue Behördengebäude brauchte. Stilistisch ist der damalige Entwurf ja auch mit den realisierten "neuen Rathäusern" in München und dem in Hamburg. Anzusiedeln sind die Entwürfe wohl zwischen italienischer Neo-Renaissance und flämischer Neo-Gotik.


    Beim nicht umgesetzten Leipziger Pendent wäre, im Unterschied zu den Rathäusern in München und Hamburg, nicht nur das alte Rathaus abgerissen sondern auch der Naschmarkt dahinter überbaut worden. Es war, laut Leipziger Stadtgeschichte, der erste Einwand der Leipziger Bevölkerung zum Erhalt eines "Denkmals". Das Schleifen der damaligen Pleißenburg war da sicher weit weniger negativ behaftet. Stellte man sich die Zukunft der dann industrialisierten Städte sowieso frei und repräsentativ vor.


    Heute diskutiert man E-Mobility und Fahrradschnellwege auf alten Bahnanlagen, und verdrängt die Industrie an die Stadtränder. Kreisläufe der urbanen Zentren halt.

  • Laut LVZ wird heute mit der Baustelleneinrichtung begonnen.

    Einmal editiert, zuletzt von Birte () aus folgendem Grund: Überflüssiges Wörtchen entfernt

  • Laut LVZ wird heute mit der Baustelleneinrichtung begonnen.

    In dem Zusammenhang wollte ich noch lobend erwähnen, dass ich die Idee mit der Abbildung auf den Planen an den Gerüsten sehr gut finde,
    weil sie vor allem den Besuchern zumindest einen annähernden Eindruck vom Marktplatz vermittelt...



    ...allerdings muss leider auch angemerkt werden, dass dieser Anblick schon wieder mit Werbedreck verschandelt wurde:



    :nono:


  • ...allerdings muss leider auch angemerkt werden, dass dieser Anblick schon wieder mit Werbedreck verschandelt wurde:
    :nono:

    Joar - wenn ich einen so guten Sponsor wie DHL habe, der das Gewandhausorchester nicht nur in alle Welt fliegt sondern auch dafür für bzw. damit wirbt, können sie auch gerne das Gerüst zur Sanierung des alten Rathauses voll bespielen.


    Andere Standorte haben einen solchen Sponsor der Kultur nicht parat und würden jenen mit Kusshand nehmen. Vor allem im Osten, ohne die großen Firmensitze. Das ist mit Leipzig schon außergewöhnlich! Also nicht so meckern.....

  • Es geht voran...



    ...hier mit freitäglichem Gemüsemarkt.



    Ein schönes Detail scheint bereits fertig zu sein:



    Uhrenvergleich! :D



    Dabei fällt auf, dass sich das Wappen mit den gekreuzten Schwertern (ich vermute, dass es sich links und rechts jeweils um einen Teil des Wappens des Kurfürstentums Sachsen handelt),
    im Hintergrund unterscheidet: Schwarz und Weiß sind jeweils vertauscht. Interessant wäre nun, welche Variante korrekt ist...


    Bei Wiki sieht es so aus:



    Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/…an-Georges_IV_de_Saxe.svg


    Mehr zum Kurfürstentum findet sich hier.


    Vielleicht weiß jemand Genaueres dazu?

  • Also die Kurschwerter stehen ja für das Kuramt des Reichserzmarschalls, dass der Herzog von Sachsen ausübt. Daher in unseren Gefilden meist die doppelte Darstellung im geteilten Schild. Schließlich gab es bedingt durch zahlreiche Landesteilungen später mehrere Wettiner, die formal den sächsischen Herzogstitel führen durften, aber eben nur einen Kurfürsten und das waren seit 1547 die meißnischen Albertiner.
    Die Darstellung der Kurschwerter beruht auf der Reichsrennfahne. In der Regel ist schwarz oben und silber unten. So sind auch die meisten historischen Wappendarstellungen an Gebäuden gehalten (Hartenfels, Königstein, Residenzschloss, Postmeilensäulen etc. pp.). Auf Schloss Colditz findet sich eine Darstellung in umgekehrter Reihenfolge, also so wie hier am Rathaus, die allerdings fehlerhaft sein soll.

    Einmal editiert, zuletzt von Saxonia ()

  • Wappen im Ziffernblatt

    Rundling
    Sehr schöne Fotos des Ziffernblatts.
    Es gibt aber auch historische Fotos, die schwarz unten und weiß oben zeigen.
    Mir liegt ein historisches Foto aus den Beständen des stadtgeschichtlichen Museums aus dem Jahr 1943 vor (Objekt bb047806) , für das ich leider keine Rechte zur Veröffentlichung habe.
    Wäre interessant, wann und warum die Farben gewechselt wurden.

  • Ich würde einfach mal Unkenntnis unterstellen. Das kam durchaus häufiger vor, als man glauben mag.

  • ^

    Doch gab es - die grundlegende Sanierung im 1. OG ist seit dem gestrigen Tag der offenen Tür offiziell beendet.


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    Das berühmte Bach-Bild von Elias Gottlob Haussmann, 1746

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    Kompositonsklavier von Richard Wagner

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    Eigene Bilder