Fachhochschule Güstrow
Einhundert Beiträge sind geschafft und ich möchte zu Beginn der nächsten einhundert Beiträge die in Güstrow ansässige Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, Polizei und Rechtspflege des Landes Mecklenburg-Vorpommern vorstellen. Diese liegt südlich der historischen Innenstadt an der Goldberger Straße und ist als das größte, geschlossene Backsteinbau-Ensemble in MV in die Denkmalliste des Landes eingetragen.
Der Bau des Gesamtkomplexes startete im Jahr 1937 und wurde fünf Jahre später eingeweiht. Zunächst als Lehrerbildungsanstalt errichtet, wurde es auch zur Zeit der DDR in diesem Sinne weitergenutzt und großflächig erweitert. In den 70er Jahren wurde das Institut zur Pädagogischen Hochschule "Liselotte Herrmann" umgewandelt. Zu Ehren von Liselotte Herrmann, einer kommunistischen Wiederstandskämpferin während der NS-Zeit, wurde 1972 auf der Freifläche vor dem Hauptgebäude ein Denkmal aufgestellt. Seit 1991 ist die Fachhochschule für öffentliche Verwaltung hier ansässig.
Ich möchte die Fachhochschule deshalb vorstellen, weil sie zum einen städtebauliche und architektonische Qualitäten aufweist und weil man zum anderen seit Jahren sukzessive in die Sanierung der Bestandsgebäude und in moderne und für die Ausbildung der Studenten notwendige Neubauten investiert.
Die Erklärung des Komplexes kann etwas kompliziert werden. Die Fachhochschule verfügt neben dem Hauptgebäude über drei Lehrgebäude, ein weiteres viertes Lehrgebäude mit Festsaal, 11 Wohngebäude mit etwa 450 Wohnheimplätzen, eine Sporthalle und einen Sportplatz im Zentrum des Campus. Aktuell wird zudem eine Raumschießanlage errichtet, die gleich noch Thema sein wird.
Das Herzstück des Areals bildet das Hauptgebäude von 1942, an welches sich symmetrisch zu beiden Seiten L-förmige Lehrgebäude anlagern.
Im hohen Giebelbereich der klassizistisch anmutenden Hauptfront muss sich zur Entstehungszeit eine Art Wappen oder ähnliches befunden haben, das bereits zur DDR-Zeit nicht mehr vorhanden war bzw. überdeckt worden ist. Das Lehrgebäude linkerhand:
Das baugleiche Pendant auf der Nordseite:
Es folgen noch zwei Fotos aus dem letzten Frühjahr, die den Gesamtzusammenhang noch deutlicher machen. Auf dem ersten ist zudem das oben angesprochene Denkmal für Liselotte Herrmann zu sehen.
Auf der Rückseite wirkt das Hauptgebäude durch den Gelängeversprung wesentlich größer. Im Erdgeschoss fällt der Kollonadengang in Natursteinausführung auf, wobei im darüberliegenden Mauerwerksverband flache Bögen angedeutet werden. Die seitlichen Lehrgebäude und das Hauptgebäude bilden hier einen zu drei Seiten abgeschlossenen Hof, von dem man wiederum auf den angrenzenden Sportplatz sehen kann.
Ein Blick über den Sportplatz zum Hauptgebäude samt angrenzender Lehrgebäude:
Links im Hintergrund ist ein großes Gebäude mit Satteldach zu sehen. Dabei handelt es sich um ein weiteres Lehrgebäude, dessen Besonderheit aber in dem großen Festsaal liegt, der den Großteil der Kubatur ausfüllt. Von der Straßenseite präsentiert sich dieses Gebäude folgendermaßen:
Letztes Jahr sah es hier noch so aus:
Die aktuellen Sanierungsmaßnahmen konzentrieren sich auf dieses Lehrgebäude (Haus IV), das in den 50er-Jahren errichtet worden ist. Zunächst wurde das gesamte Objekt trockengelegt und abgedichtet. Im letzten Jahr wurde die große Vortreppe von Grund auf erneuert. Die historischen Kandelaber und Leuchten wurden aufgearbeitet und der Vorplatz mit einer neuen Backsteinmauer umfasst. Im Inneren stand vor allem die Umsetzung notwendiger Brandschutzmaßnahmen im Vordergrund (Vorhänge, Türen etc.). Die Details der Innenräume wie etwa der rote Marmorfußboden wurden aufgearbeitet.
Bis 2015 finden weitere Arbeiten im hinteren Gebäudeteil statt. Danach soll es mit der Sanierung des Daches und der restlichen Fassaden weitergehen. (Das würde ich mir auch für das Hauptgebäude wünschen.)
Weitere Aufnahmen dieses Objektes:
An der jeweils ersten Achse der Seitenfassaden hat man steinerne Reliefs angebracht, die 1956/57 durch den Bildhauer Jo Jastram gefertigt worden sind und Bildung und Kultur thematisieren.
Die Südseite, bei welcher man an den großen, vertikalen Fenstern die Ausmaße des Festsaales erahnen kann:
Am angelagerten Seitenflügel steht zur Zeit ein Gerüst. Die alten Fenster werden durch neue ersetzt.
Die Gerüste stehen aus dem gleichen Grund auch auf der rückwertigen Seite.
Bisher wurden 1,2 Millionen Euro in die Sanierung des Gebäudes investiert.
Kommen wir zum Lehrgebäude II, das sich südlich an den Hauptkomplex anschließt und die große Freifläche an der Goldberger Straße nach Süden abschließt.
Dieses Gebäude stammt ebenfalls aus den 50er-Jahren, fühlt sich dem sozialistischen Klassizismus jedoch nicht mehr so stark verpflichtet wie das zuvor gezeigte Lehrgebäude.
Ein Blick in das Foyer im Übergang zur Caféteria:
Im rückwertigen Bereich lagert sich ein Hörsaal an, welcher ebenfalls an der Gestaltung der Seitenfassade ablesbar ist.
Der Verbindungsbau zwischen dem Hauptgebäude und dem Lehrgebäude II erinnert durch seine runde Ausformung stark an die Entwürfe von Erich Mendelsohn.
Auch die Wohnheime sind größtenteils in dieser Zeit entstanden. Dementsprechend präsentieren sie sich auch in der bekannten Backsteinoptik.
Das Wohnhaus 4:
Das Wohnhaus 7:
Der Blick auf die Häuser 1 und 2:
Bei zwei Wohnheimen handelt es sich um sanierte Wohnblöcke:
Das Pförtnerhäuschen am Schwarzen Weg:
Zwei Gebäude fehlen noch. Westlich der großen Sport- und Laufanlage liegt die Sporthalle, die 2006 bis 2008 gebaut worden ist.
Daneben entsteht aktuell die bereits erwähnte Raumschießanlage nach den Entwürfen des Architekturbüros Bastmann und Zavracky. Die Kosten belaufen sich auf 5, 4 Millionen Euro. Das Gebäude weist eine Nutzfläche von 1340 m² auf, die sich insbesondere durch die zwei Hauptfunktionen (25m-Bahn für Schießübungen, 20m*20m großer Simulationsraum) ergeben. Die erforderliche Technik und Lüftungsanlage wird neben dem Gebäude statt auf dem Dach errichtet. Das Gebäude soll sich trotz seiner modernen Gestalt durch die Wahl von Backstein in den Gesamtkomplex der Fachhochschule einfügen. Entgegen der ursprünglichen Planungen (Visualisierung), die roten bis dunkelroten Backstein vorsahen, ist die realisierte Fassade in meinen Augen jedoch etwas zu stark ins Schwarz-Braun abgewichen.
Die Fertigstellung ist für das kommende Jahr vorgesehen.