Wie weiter wachsen? Stadtplanung & Siedlungsentwicklung Region

  • Im Düsseldorfer Wohnen-Thread habe ich mal geschätzt, wieviel es kosten müsste, wenn der aus den Baukosten resultierende Mietpreis um 12 EUR/Qm kalt liegt, aber 40% per Dekret je 8 EUR/Qm oder so verteilt werden müssten - den Fehlbetrag muss man natürlich auf den Rest der Wohnungen umlegen, ein deutlich bemerkbarer Betrag von einigen EUR/Qm*Monat.


    Das ist ein rein theoretisches Konstrukt. Faktisch wird das Geld nicht auf den Preis der übrigen Wohnungen umgelegt, die Stadt nimmt es aus einem Bündel von Einnahmen. Somit müssen selbst die Profiteure dieser Sozialtransfers einen (kleinen Teil) dazu beitragen.


    Was nutzt einem der Kandidat, wenn er nicht gewählt wird?
    Ist ein Unternehmer tatsächlich die bessere Wahl für einen Posten als Oberbürgermeister einer Millionen Stadt? Oder würde gerade dann der soziale Aspekt gegenüber ökonomischen Ansichten ins Hintertreffen geraten? Ich halte es für äußerst schwierig, diese Fragen pauschal zu beantworten.


    Natürlich ist die Politik-Vorerfahrung auch von Vorteil. Allerdings neigt gerade die Berufspolitik in Deutschland dazu, sich mit sich selbst zu beschäftigen. Jemand der nicht nur diese (gerade in München) festgefahrenen Kreisen kennt, hat eben auch oft eine andere Sichtweise.
    Nur weil jemand unternehmerisch denken kann muss er übrigens nicht automatisch unsozial sein. Gerade der soziale Aspekt in München geht auch teilweise in die falsche Richtung bzw. es findet keine angemessene "Abstufung nach oben" statt. Das ist für sich genommen auch wieder unsozial.

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    Nur weil jemand unternehmerisch denken kann muss er übrigens nicht automatisch unsozial sein.


    Natürlich nicht, hat auch keiner behauptet.


    Wir sehen es ja gerade in Berlin, wie sehr die Politiker mit sich selbst beschäftigt sind und den Blick für die Sorgen der kleinen Bürger komplett aus den Augen verloren haben. Ebenso sehen wir es im bay. Landtag am Beispiel CSU, die seit Monaten nur noch mit Interna beschäftigt ist. Und im Rathaus gibt es ständig Blockaden zwischen CSU und SPD. Nach der nächsten Kommunalwahl erhoffe ich mir daher fast schon eine absolute Mehrheit. Egal ob CSU oder SPD. Oder wer weiß, die Grünen gewinnen derzeit ja auch immer mehr an Zulauf...

  • Schließlich hapert es ja nicht an den Bauzeiten selbst, sondern an den Planungs- und Genehmigungszeiten. Und genau hier kamen seit den 70ern leider auch ein Haufen neuer Vorschriften dazu. Es wäre also dringend an der Zeit, hier endlich aufzuräumen.


    Wieso leider? Was würdest Du denn gern wegräumen? Barriefreiheit? Immissionsschutz? Brandschutz? Schallschutz im Hochbau? Energieeinsparung? Abstandsvorschriften? Die Erschließung? Stellplatzpflicht? Das Gebot des schonenden Umgangs mit Grund und Boden? Das recycling-Gebot im Abfallrecht? Das Nachbarrecht? Hat alles mit Baukosten zu. Es ist ganz leicht, die Gesetze zu ändern, ein Federstrich sozusagen. Das Problem scheint mir zu sein, die davor liegenden Zielkonflikte zu lösen und andere Prioritäten zu setzen. Die angeblich so hinderlichen Bauvorschriften sind nicht vom Himmel gefallen, sie sind das Ergebnis einer langen gesellschaftlichen und technischen Entwicklung, die man nicht zurückdrehen kann.

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    Das Problem scheint mir zu sein, die davor liegenden Zielkonflikte zu lösen und andere Prioritäten zu setzen.


    Das ist ja genau das Problem, die Prioritäten sind offensichtlich falsch gesetzt. Wohnraum als Grundbedürfnis sollte oberste Priorität besitzen. Das scheint aber weder auf Bundes- noch auf kommunaler Ebene wirklich angekommen zu sein.
    Wie viele Auflagen, Vorschriften, Genehmigungsprozeduren, erforderliche Unterschriften kommen in den nächsten Jahrzehnten noch hinzu? Die extremen Planungszeiten sind zwar zum einen personalbedingt (Outsourcing?), zum anderen aber eben auch der deutschen Bürokratie zu verdanken. Ob das gesellschaftlich gewollt ist? Die Zielkonflikte fußen doch zu großen Teilen auf hausgemachten Problemen immer weiterer Auflagen.
    Das fängt bei von der Kommune beeinflussbaren Dingen wie Stellplatzschlüssel, Abstandsflächen und Bauhöhen an und endet bei Dingen wie dem Bauleitverfahren.

  • ... Faktisch wird das Geld nicht auf den Preis der übrigen Wohnungen umgelegt, die Stadt nimmt es aus einem Bündel von Einnahmen. ...


    Eine genaue Berechnung mit Quellen wäre bestimmt hilfreich. Ohne diese kann ich nur schätzen - wenn im Jahr 8500 WE gebaut werden sollen, 40% Sozialwohnungen und die Stadt in 5 Jahren 870 Mio. EUR ausgibt, macht dies 17 Tsd. Sozialwohnungen, also 51.176 EUR pro WE. Kann man dafür auf ungefähr 1/3 (oder eher mehr) der Einnahmen 60 Jahre lang verzichten - wenn es bestimmt weit unter 1/3 der Baukosten sind?


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    ... Was würdest Du denn gern wegräumen? ... Schallschutz im Hochbau? Energieeinsparung? Abstandsvorschriften? ... Stellplatzpflicht?


    Der Schallschutz wurde bereits mit den Urbanen Gebieten etwas gelockert, es ginge bestimmt etwas mehr. Dass die Energiedingsverordnung Mumpitz ist, gibt es im DAF einen umfassenden Thread. Dass die Abstandsvorschriften in Bayern gängeln und diese in anderen Ländern großzügiger sind, wurde schon mal gesagt. Die Stellplatzpflicht wurde in Düsseldorf gerade gelockert, es ist noch eine lockernde Novelle angedacht - in manchen Städten wurde jegliche Verpflichtung abgeschafft. Jemand zitiert hin und wieder Tokio, wo man zwar einen Stellplatz nachweisen muss, aber nicht beim Bau einer Wohnung - sondern beim Kauf des Autos.

  • Dass die Energiedingsverordnung Mumpitz ist, gibt es im DAF einen umfassenden Thread.


    Das bezieht sich auf Wärmedämmung im Bestand; hier gehts aber doch um Wohnungsneubau. Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand ernsthaft hinter den heutigen Neubaustandard zurück will. Ich glaube auch nicht, dass dadurch die Wohnungspreise sinken würden, es würde sich nur der Gewinn der Bauträger vergrößern.



    Wie viele Auflagen, Vorschriften, Genehmigungsprozeduren, erforderliche Unterschriften kommen in den nächsten Jahrzehnten noch hinzu? Die extremen Planungszeiten sind zwar zum einen personalbedingt (Outsourcing?), zum anderen aber eben auch der deutschen Bürokratie zu verdanken. Ob das gesellschaftlich gewollt ist? Die Zielkonflikte fußen doch zu großen Teilen auf hausgemachten Problemen immer weiterer Auflagen.


    Ich kenne jetzt die Münchener Verhältnisse nicht gut, glaube aber kaum, dass es dort schlechter läuft als etwa in Frankfurt. Das Bauordnungsrecht in Hessen und Bayern unterscheidet sich nicht wesentlich. Das ist ein rechtsförmiges Verfahren, das man einfach durchlaufen muss. Wenn natürlich die Architekten, Fachplaner und Bauherren das Baurecht nicht kennen, ist ihnen nicht zu helfen.


    Das Planungsrecht hingegen ist eine politische Materie, da will jeder mitreden. Daher rühren die Zielkonflikte: den einen sind die Baukosten zu hoch, die wollen keine Tiefgaragen mehr bauen, anderen stehen zu viele Autos herum, die wollen den öffentlichen Raum attraktiver machen (Autos weg von der Straße). Die einen wollen den Primärenegiebedarf insgesamt senken, die anderen ihre Heizkosten, die Dritten wollen einfach nur schnell Kasse machen, irgendwas hinbauen, abverkaufen und weg. Andere wollen das Wahre, Schöne und Gute, die möchten nicht, dass es bei ihnen so ausschaut wie in Hongkong oder Sao Paolo - usw. usf....
    Es gibt kein Richtig und kein Falsch, es gibt Interessen, gleichläufige und gegenläufige, die musst du ausgleichen - das ist Planung: 90% Kommunikation, 10% reine Bautätigkeit - sag ich mal aus meiner beschränkten Laienperspektive.

  • Es gibt kein Richtig und kein Falsch, es gibt Interessen, gleichläufige und gegenläufige, die musst du ausgleichen - das ist Planung:


    Vor dem Hintergrund der dringenden, z.T. bereits existenziellen Herausforderungen, die die Stadtverwaltung, das Land und der Bund anzugehen haben, muss die oberste Priorität das Allgemeinwohl einnehmen. Die Politik kann sich nicht immer darauf berufen, einen Kompromiss für jeden Einzelnen finden zu müssen. Am Ende gelingt dies sowie nie, letztlich geht also häufig nur wertlose Zeit verloren.
    Anstatt also 90% der Arbeitszeit mit unglücklichen und erfolglosen Versuchen zu vergeuden, drei dutzend konkurrierender Interessen auszugleichen, sollte sich endlich jemand den größten Problemen, die wir heute in deutschen Metropolen haben, stellen.
    Ein gutes Motto könnte da sein: Gesunden Menschenverstand einschalten und einfach mal machen! Im Grunde weiß doch jeder was zu tun wäre, nur es tut eben niemand. Aus Angst ein paar wenigen auf den Schlips zu treten. Traurig! Fehler passieren sowieso, daraus kann man lernen, aber gar nichts tun ist die schlechteste aller Möglichkeiten.

  • Es gibt kein Richtig und kein Falsch, es gibt Interessen, gleichläufige und gegenläufige, die musst du ausgleichen - das ist Planung: 90% Kommunikation, 10% reine Bautätigkeit - sag ich mal aus meiner beschränkten Laienperspektive.


    Was du schreibst ist doch eigentlich Common Sense - Städtebau ist kompliziert und mit vielen Widerständen verbunden. Niemand fordert hier eine rein einseitige Vorgehensweise oder gar das Unterdrücken von Interessen. Daneben lassen sich aus Bauvorschriften allein keine Konzepte für das München der Zukunft herauslesen - unsere deutschen Vorschriften ermöglichen den Städtebau in Frankfurt genau wie den in München.


    Der Hauptgrund, weshalb die Bauvorschriften hier kritisch gesehen werden, ist doch weil sie dazu beitragen die (ohnehin zu knappen) Planungskapazitäten unserer Stadt zu überlasten. Dass unsere Vorschriften manchmal nicht zu Ende gedacht, widersprüchlich oder gar sinnlos sind, kommt noch dazu.


    Daneben stimme ich MiaSanMia zu: es geht ums Allgemeinwohl. München hat seit vielen Jahren ein Problem mit Wohnungsknappheit. Es war schon immer schwer hier eine passende Bleibe zu finden und zu bezahlen. Die Ursache ist das zu geringe Niveau von Wohnungsneubauten. Die komplizierter werdenden Vorschriften sind ein Grund dafür. Ein anderer ist die mangelnde Kapazität der Planungsreferate und noch ein anderer ist die zu lockere Bebauung von Grundstücken. Immerhin, die beiden letztgenannten Gründe sind hausgemacht und können gelöst werden. Zum Glück hat man damit begonnen und erste Erfolge werden sichtbar - es muss aber noch viel mehr passieren.

  • Liebe Forumsmitglieder,


    Gesellschaftsfrage:


    Für Wohnungen, Büros, Gewerbe, Infrastruktur:
    Niedrig und locker bauen bzw. Bauvorhaben einzuschränken


    ist das ein Grundrecht, Gewohnheit oder Wunschdenken/ Hobby für die Bevölkerung im Großraum München?

  • ^ Bei Gelegenheit verlinke ich die Zusammenfassung dieser LBS-Studie über die Kriterien der Wohnungswahl - zwar für NRW, aber in Bayern kann dies nicht viel anders sein. Ob gute Einkaufsmöglichkeiten, schnelles Internet oder gute ÖV-Anbindung - am wichtigsten sind demnach Sachen, die größere Baudichte begünstigt. Ausgedehnte Freiflächen oder keine Hochhäuser im Umfeld scheinen keine Kriterien zu sein - das Nimbytum muss nicht zahlenmässig verbreitet sein, ist wohl nur lautstark. Hat der Münchner OB nicht vor ein paar Wochen auf einer Veranstaltung gesagt, dass man allerlei Wutbürgern viel zu viel Aufmerksamkeit schenken würde? (So etwas dämmert dunkel im Gedächtnis.)

    Einmal editiert, zuletzt von Bau-Lcfr ()

  • Der Hauptgrund, weshalb die Bauvorschriften hier kritisch gesehen werden, ist doch weil sie dazu beitragen die (ohnehin zu knappen) Planungskapazitäten unserer Stadt zu überlasten. Dass unsere Vorschriften manchmal nicht zu Ende gedacht, widersprüchlich oder gar sinnlos sind, kommt noch dazu.


    Es ist ebenso wohlfeil, "die Bauvorschriften" zu geißeln wie seine Untätigkeit auf "die Vorschriften" zu schieben. Der Verweis auf die Vorschriften ist nur eine faule Ausrede für Konfliktscheu und Entscheidungsschwäche. "Die Bauvorschriften" hindern die Städte an fast gar nichts, wenn sie es denn wollten. Beispiel Hochhäuser. Das Baurecht ermöglicht oder verhindert sie in Berlin gleichermaßen wie in München oder Frankfurt. Es gibt keine einzige Bauvorschrift, die die Gremien in München hinderte, den Bau von Hochhäusern jeder Art zu genehmigen. Die Städte haben die Planungshoheit und können doch (fast) machen was sie wollen, nur scheinen sie oft nicht zu wissen, was sie wollen sollen. Die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte im Baurecht strotzt von Fällen, die den Erfindungsreichtum der kommunalen Planer belegen, wenn's drum geht, ein unbedingt gewolltes Vorhaben durchzusetzen oder ein unbedingt nicht gewolltes zu verhindern, keine Vorschrift, die nicht für das Eine oder das Andere missbraucht oder missachtet werden könnte. Gerade diese Fälle sind Beleg dafür, dass es nicht an "den Vorschiften" liegt, wenn etwas nicht voran geht.


    Hinzu kommt, dass der Rechtsschutz im Baunachbarrecht seit den ausgehenden 90er Jahren drastisch eingeschränkt wurde, durch Änderungen im materiellen und formellen Recht (z.B., dass der Widerspruch des Nachbarn gegen eine Baugenehmigung keine aufschiebende Wirkung hat, die Einführung der Zulassungsberufung, den Planerhaltungsgrundsatz). Sowohl die Nachbarn als auch die Gerichte sind vom Gesetzgeber an die kurze Kette gelegt worden. Tatsache ist allerdings, dass bestimmten Umweltbelangen Vorrang vor anderen Belangen eingeräumt wurde, aber auch das ist nicht in Stein gemeisselt.

  • Aha, vielen Dank derweil.
    In Neuperlach Süd zB haben die Anwohner gerichtlich durchgesetzt, dass beim neuen Bauvorhaben 2 Stockwerke weniger gebaut werden, der Wohnblock war schon im Bau.

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    tunnelklick:


    "Die Bauvorschriften" hindern die Städte an fast gar nichts, wenn sie es denn wollten.


    Das ist ja mit Teil des Problems. Stellplatzverordnung, Abstandsflächen etc. fallen unter kommunale Hoheit und könnten längst gelockert werden.


    Auf der anderen Seite gibt es wie Jai-C richtig anmerkt ein dutzend Paragraphen, die einfach keinen Sinn machen und - das ist der entscheidende Punkt - das Bauen unnötig teuer machen. Ich wüsste z.B. keinen einzigen Grund, warum für den Wohnungsbau keine günstigeren Abschreibungsmöglichkeiten geboten werden. Für den Großinvestor mag das vielleicht irrelevant sein, nicht aber für kleine Anleger.


    Hier ein Beispiel für unnötige Bauvorschriften aus Leipzig:
    http://www.lvz.de/Leipzig/Loka…t-ueber-Brandschutz-Lobby


    Hinzu kommt das lahme Planungsverfahren. Wie das Beispiel Dantebad zeigt, ist es allerdings sehr wohl möglich innerhalb von sechs Monaten ein 100 Parteien Haus zu planen und bauen. Viele Möglichkeiten kranken zudem daran, dass B-Plan Änderungen Monate / Jahre Zeit in Anspruch nehmen. Wozu?


    Darüber, dass die kommunalen Politiker entscheidungsschwach sind, brauchen wir nicht zu diskutieren. Meiner Meinung nach erweist sich das Parteiensystem immer deutlicher als völlig ungeeignet, eine wachsende Stadt in die Zukunft zu führen.


    Schachbrett:
    Sind es nicht nur zum Teil 2 weniger geworden? Aber prägnantes Beispiel, das sehr deutlich ausdrückt, dass Missgunst häufig gewinnt.

  • MiaSanMia,
    Es sind zwei Wohnblocks.
    Bei einem 2 weniger.
    Aber evtl. werden beide als eine Baumaßnahme betrachtet?


    An alle:
    Gilt jetzt der Bürgerentscheid über die 100m Höhe oder nicht.
    Bei den Politikern, Gerichten, Medien oder Bürgern ?


    Typisch deutsch für mich ist folgendes Vorgehen:


    Bei 10 Entscheidern zB.: 9 für und 1 gegen ein Projekt: Projekt AUS !
    Gefühlt und präsentiert wird: Die Münchner Bevölkerung ist gegen.......
    Und ALLE stimmen mit ein und wiederholen und wiederholen und w.............


  • Auf der anderen Seite gibt es wie Jai-C richtig anmerkt ein dutzend Paragraphen, die einfach keinen Sinn machen und - das ist der entscheidende Punkt - das Bauen unnötig teuer machen.


    So, gibt es die? Welche sind das denn? Immer wenns konkret wird, hüllen sich die Bauherren in Schweigen. Stellplätze: in Berlin gibts keine StellplatzVO. Sind dort die Gestehungskosten für den Quadratmeter Wohnfläche niedriger? Sind dort die Wohnungspreise niedriger? Ist dort irgendwas billiger? Barrierefreiheit ist bei Wohnungen überaus bauherrenfreundlich gestaltet und wenn's klemmt, kann auch befreit werden. Energieeinsparung ist im Neubau Standard es gibt praktisch nur noch Bauprodukte mit geringen Wärmdurchgangswerten; man muss ja nicht im Passivhausstandard bauen. Wo es allerdings keine Kompromisse gibt, das stimmt, ist beim vorbeugenden Brandschutz, und das aus guten Gründen. Während früher ganze Städte abgebrannt sind und andernorts Wolkenkratzer brennen, sterben hierzulande bei Gebäudebränden "nur" knapp 400 Menschen im Jahr meistens an Rauchvergiftung oder weil sie aus'm Fenster springen


    Das Leipziger Beispiel mit dem Treppengeländer mag ja ganz lustig sein, aber eins ist sicher: wenn irgendwo im öffentlichen Bereich ein Kindlein wie auch immer zu Schaden kommt, du kannst sicher sein, dass ein Schadenersatz- und Schmerzensgeldprozess auf dem Fusse folgt.


    Der verlinkte Artikel aus der LVZ ist nachgerade typisch für wenig kenntnisreiches Bürokraten-Bashing. Die Bundesregierung müsse das Baurecht vereinfachen: was der Bund im Rahmen seiner Kompetenzen (BauGB und BauNVO) machen kann, hat er erledigt, und zwar ziemlich schnell, etwa die Möglichkeit kleine Außenbereichsflächen im vereinfachten Verfahren zu überplanen, vorher schon die beschleunigten Verfahren zur Innenbereichsentwicklung, die Schaffung der "Urbanen Zone" und damit verbunden die Änderung der TA Lärm. Die Bauordnungen sind Ländersache, da gibts aber eigentlich wenig zu tun. Und: die Leute vor Ort müssen auch mitgehen, die Kommunen und natürlich der gemeine Bürger, der aber oft genug sehr verstockt und vor allem pienzig ist, wählen geht und sowohl Eigentümer als auch Bauherr als auch Nachbar als auch Mieter als auch Autofahrer und was noch alles ist.

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    Sind dort die Wohnungspreise niedriger?


    Das mag zwar mitunter vielfach andere Gründe haben, aber ich würde schon sagen, dass die Mieten in Berlin günstiger sind.
    Für München wäre es ohnehin ein Gewinn, die Stellplatzverordnung auf kommunaler Ebene zu lockern.


    Während früher ganze Städte abgebrannt sind


    Nun ja, die Zeit ist in Deutschland doch schon etwas her. Brandschutz ist wichtig, ja. Gerade die Rauchmelderpflicht für Bestandsbauten ist längst überfällig gewesen, da sie kostengünstig einen enormen Schutz bieten kann. Ob es allerdings wirklich immer weitere Auflagen geben muss? Ich bezweifle das.


    was der Bund im Rahmen seiner Kompetenzen (BauGB und BauNVO) machen kann, hat er erledigt, und zwar ziemlich schnell,


    Wenn der Bund nun all seine Möglichkeiten ausgenutzt haben soll, dann ist das ein ziemliches Armutszeugnis. Von "schnell" kann im Hinblick auf das "Urbane Gebiet" auch nicht wirklich die Rede sein. Aber vermutlich rechnen Politiker in anderen Einheiten ;).


    Die Bauordnungen sind Ländersache, da gibts aber eigentlich wenig zu tun.


    Ich habe nun schon öfter vernommen, die Bayerische Bauordnung sei besonders anspruchsvoll. Ich bin mir sicher, dass auch darin großes Verbesserungspotential steckt.


    der gemeine Bürger, der aber oft genug sehr verstockt und vor allem pienzig ist, wählen geht und sowohl Eigentümer als auch Bauherr als auch Nachbar als auch Mieter als auch Autofahrer und was noch alles ist.


    Und wenn irgendeiner von den Bürgern gerne am Marienplatz mit dem Gülletraktor herumfahren möchte: Das Wohl der Allgemeinheit sollte vor dem Wohl einzelner, weniger Personen stehen. Heißt konkret: ÖPNV, Rad- und Fußgängerverkehr in der Innenstadt vor dem MIV, schnellere Planungsverfahren anstatt endlose Anhörungen aller Kritiker, Dichte / Höhe nachfrageorientiert und nicht "dem Umkreis von 3km entsprechend", Politiker haben ein gemeinsames Ziel vor Augen, das der Mehrheit dient und nicht nur eigenen Interessen und Splittergruppen...

  • Noch mal zum Thema Stellplätze: im Prinzip gibt es eine Stellplatzpflicht (ausreichende Zahl und Größe), aber sie gilt nicht, "wenn sonst die Schaffung oder Erneuerung von Wohnraum auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit einer Ablösung ... erheblich erschwert oder verhindert würde." (Art. 47 Abs. 1 S. 3 BayBauO)


    Ich würde sagen, dass man mit so einer Regelung leben kann; nur: solange ein Bauträger 15, 20, 25% Gewinn einstreicht, wird er ein Problem haben zu argumentieren, die Stellplätze würden die Schaffung von Wohnraum erheblich erschweren. Eine Genossenschaft oder ein selbstverwaltetes Wohnprojekt hätten damit kein Problem. Ansonsten können sich die Gemeinden später mit den vollgestellten Gehwegen rumärgern, denn kein Wohnungsnutzer kann verpflichtet werden, nur ein oder gar kein Auto zu halten. Ich erinnere noch mal an meine These von den beteiligten Interessen.

  • nur: solange ein Bauträger 15, 20, 25% Gewinn einstreicht, wird er ein Problem haben zu argumentieren, die Stellplätze würden die Schaffung von Wohnraum erheblich erschweren.


    Andersherum: Der Bauträger haut die Kosten einer TG einfach auf die Mietpreise drauf. Gerade die lokalen Gremien erleiden beim Anblick eines Neubaus ohne ausreichende Stellplatzzahl Herzattacken und Atemnot. Im Zweifel wird dann eben nicht gebaut, bevor eine ausreichende Zahl an Stellplätzen nachgewiesen wird. Solche auslegungsbedürftigen Gesetztestexte helfen leider nicht.
    Ebenerdige Parkplätze sind aus Platzgründen ebenfalls nicht geeignet. Ein Kompromiss wären z.T. mehr Stelzenhäuser.


    denn kein Wohnungsnutzer kann verpflichtet werden, nur ein oder gar kein Auto zu halten.


    Ich fände das zwar auch übertrieben, aber laut Bau-Lcfr´s Wortlaut scheint das in Tokio möglich zu sein :D.

  • ^ Selbst in Düsseldorf wird ein Hochhaus mit 300-340 WE und 250 TG-Stellplätzen geplant - nicht für jede Wohnung per se ein Stellplatz. Man kann nicht sagen, jemand würde einen zum Autoverzicht zwingen - lediglich dazu, sich selbst nach einem Ort zum Parken umzuschauen (und diesen ausreichend zu bezahlen). Man sollte endlich einsehen, dass das Problem des Parkens nicht automatisch mit dem Bau einer Wohnung entsteht, sondern mit dem Autokauf, daher dürfen diese nicht mehr per Zwang gekoppelt werden, mit der Kostenbelastung des Wohnungsbaus.


    Sobald ein Autobesitzer den realen Preis des Parkens bezahlt (für ein Auto oder auch mehr, wenn er unbedingt mehr haben will), wird schon was angeboten. Der Preis ist aber nicht echt, wenn die Stellplätze "eh dabei sind", durch Verteuerung der Wohnungen querfinanziert.

  • So, gibt es die? Welche sind das denn? Immer wenns konkret wird, hüllen sich die Bauherren in Schweigen.


    Selbstverständlich gibt es die - beispielsweise die Regelungen zum Brandschutz von höheren Gebäuden sind sehr umständlich. Die LBOs sind da auch teilweise unterschiedlich. Dadurch ist das Thema so kompliziert geworden, dass man ohne darauf spezialisierte Ingenieurbüros, komplexe Gebäudetechnik und aufwändigste Abnahmen von TÜV und Co. sowas gar nicht mehr umsetzen kann. Oft gibt es dann auch noch Interferenzen mit anderen Vorschriften - ich selbst kenne Fälle in denen z.B. die Energieeinsparungsverordnung (Enev) nicht mehr umsetzbar war, wenn man die Brandschutzverordnungen einhält (für dauerhafte Entlüftung-/Entrauchung). Mir sogar mal eine bauliche Norm begegnet, die einerseits technisch nicht realisierbar und andererseits physikalisch totaler Schwachsinn war.


    Aber nochmal: Niemand will den Brandschutz abschaffen. Aber wie beim Steuerrecht auch, es wird immer komplizierter und das macht es in einem Maße aufwändig durch das die eigentliche Sache (der Brandschutz) nicht verbessert wird.