Hannover: Landtag - Verlust eines Denkmals

  • Es gibt jetzt doch noch 180 Grad-Wendungen. Ich dachte die Politik hält es nicht durch, heute berichten jedoch die hannoverschen Tageszeitungen, dass fast alle Fraktionen den Abriss jetzt-erst-recht durchziehen wollen. Ohne Kompromisse.


    Präsident Dinkla beklagt sich, dass sich die Befürworter eines Abrisses nicht mal melden. Viele Politiker meinen, dass die Bürger den jetzigen Bau für eine Bausünde halten (in diesem Punkt stimme ich auch zu) und ihn nicht wertschätzen.


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    Dennoch ist das alles tragisch. Vor 40 Jahren haben die Politiker aus Gutdünken die FWK platt gemacht, um einen freien Blick zu haben. Jetzt machen die schon wieder, was sie wollen. Und warum wird die Landeshauptstadt nicht gefragt - es ist schließlich unser Stadtraum?

  • Also Dinkla vergreift sich mit solchen Worten in meinen Augen wirklich an demokratischen Grundsätzen! Wenn ein Politiker glaubt, die eigene Meinung sei nur deshalb nicht die öffentliche Meinung, weil "die schweigende Mehrheit" sich nicht äußert, dann zeigt er dadurch nur seine fehlenden Respekt vor dem Volk! (anderswo ist dieses der Souverän, von dem alle Macht ausgeht in Deutschland schon lange nicht mehr) Es ist nicht so, dass die Beführworter eines Abrisses sich nicht genügend zu Wort melden, es liegt nur kaum jemandem am Herzen ein Denkmal abzureißen. Wo ist diese Mehrheit? Wenn Dinkla sich so sicher ist, dass er allein Volkes Willen darstellt, dann soll er doch das Volk befragen und es beweisen!

  • Realisierungswettbewerb entschieden

    Der Realisierungswettbewerb "Neukonzeption des Plenarbereichs - Niedersächsischer Landtag" ist entschieden. Ende vergangener Woche kürte die Jury unter Carl Fingerhuth (Zürich) folgende Preisträger:


    1. Preis: Eun Young Yi, yi architects, Köln
    2. Preis: Walter Gebhardt, Hamburg
    3. Preis: Martin A. Müller, Hannover


    Modellfoto 1. Preis:

    Bild: Dr. Kai Sommer, Niedersächsischer Landtag


    Weitere Bilder des 1. Preises: Außen ... Modellfoto ... Innen


    Trotz aller Kritik wird der unter Denkschutz stehende alte Plenarsaal, in den 1960ern von Dieter Oesterlen entworfen, nun voraussichtlich abgerissen. Der Neubau, das Baunetz beschreibt ihn als eine "Art Glastempel in Pavillonstruktur", ist als Solitär geplant. Zum klassizistischen Rest des Leineschlosses hält der Neubau Abstand. Der neue Plenarsaal wird unterirdisch mit dem Leineschloss verbunden.


    Die Bauarbeiten sollen im Spätherbst 2010 beginnen. 45 Millionen Euro sind für den Neubau angesetzt, auch eine Tiefgarage und ein Restaurant sind geplant (Quelle). Der eigentliche Plenarsaal wird aus Glasbausteinen bestehen. Damit soll das neue Gebäude "ein Symbol für Transparenz und Freiheit" sein.

  • Ein Symbol wird da tatsächlich gebaut. Denn jetzt ist nicht mehr das Leineschloss der Niedersächsische Landtag, sondern ein Pavillion, wie er in jedem gut sortierten Gewerbegebiet stehen könnte. Das Land Niedersachsen steht jetzt nicht mehr in der Tradition des Landes Hannover und der Welfischen Linie von Hannover, sondern nur noch in einer Stahl-Glas-Tradition der erwungenen, demokratischen möchtegern Transparenz. Gewinner sind eigentlich nur Oldenburg und Braunschweig, denn jetzt ist Hannover nicht mehr Landeshauptstadt, sondern Standort des Landtages. Zu lustig, dass sozialdemokratische Regierungen eingesehen haben, dass man einen Staat in auf seiner Geschichte aufbauen muss, eine konservative Regierung aber eher zum eigenen kurzfristigen Wohl auf Konservativismus völlständig verzichtet.


    Abgesehen davon ist die Architektur eher untermittelmäßig. Im Maßstab 1:500 noch halbwegs ansehnlich, merkt man sicher in der näheren Betrachtung, das ein Restaurant zur toten Leineseite, eine Tiefgarageneinfahrt zur Stadt, und ein unterirdischer Eingang zum Schloss hin alles andere als optimal sind.
    Ein Blick auf die Bibliothek 21 in Stuttgart ebenfals von Eun Young Yi zeigt schon eine verdammt monotone Architektur-Auffassung. Das gleiche Konzepot und die gleichenh Materialien kann man nicht so einfach auf verschiedene Bauaufgabenh anwenden, das Parlament ist die höchste Bauaufgabe, und sicher nicht zu vergleichen mit einem einfachen Bibliotheks, besser Büchereibau. Schlimmer kann man Mies van der Rohe nicht missverstehen und billig immitieren.


    Am Sonntag bin ich in Hannover und schaue mir die ganze Ausstellung an. Bis dahin feier ich verlängerten Karneval und Singe "Braunschweig ist viel schöner als Hannover" ganz besonders laut.

  • Deine Beobachtung in puncto "konservative Politiker" kann ich nur teilen.


    In Berlin hat mit Monika Grütters (Vorsitzende Kulturausschuß Bundestag, CDU) als erstes eine "konservative" Politikerin vorgeschlagen die Staatsoper Unter den Linden im Inneren modern umzugestalten. Erst die Denkmalpflege hat die alte Paulick-Fassung gerettet.


    Und das z. Zt. größte architektonische Mainstream-Projekt Deutschlands, der Würfelhusten formally known as "Hafencity" ist auch von CDU-Mannen angeschoben worden.


    Also bleibt die alte, etwas zynische Weisheit: Revolutionen zusammenschießen und Schlösser wiederaufbauen kann man eben nur mit Sozis.

  • mal aus HAmburg rübergelugt, da ist grad nix los ;)



    Und das z. Zt. größte architektonische Mainstream-Projekt Deutschlands, der Würfelhusten formally known as "Hafencity" ist auch von CDU-Mannen angeschoben worden.


    Diese Darstellung ist falsch, da es sich eher um eine weltweite Bewegung der Umstrukturierung von brachliegenden Hafenflächen handelt, und zudem auf die Initiative von dem damaligen Oberbaudirektor Kossak und dem ehemaligen SPD Bürgermeister Voscherau zurückgeht.



    Also bleibt die alte, etwas zynische Weisheit: Revolutionen zusammenschießen und Schlösser wiederaufbauen kann man eben nur mit Sozis.


    Das eigentlich zynische wäre heutzutage der Wiederaufbau.
    Da hat Braunschweig mit seinem ECE-Schloß doch ganze Arbeit geleistet.


    Im Kern scheint die Kritik an der Strukturierung des Neubaus von Dvorak aber zuzutreffen - wobei die Materialwahl neu, aber dennoch höchst kritikwürdig ist : Glasbausteine sind ja nur scheinbar transparent, meistens aber Energiefresser, und ausserdem in der Optik eine unnötige Reminszenz an vergangene Jahrzehnte.


    Wer sich allerdings über die Metapher "Glas als transparenter Baustoff der Demokratie" oder so- mokiert, sollte sich mit der Geschichte politischer Bauten in Deutschland beschäftigen. Ein immer wiederkehrendes, spannendes Thema.

  • Im Maßstab 1:500 noch halbwegs ansehnlich, merkt man sicher in der näheren Betrachtung, das ein Restaurant zur toten Leineseite, eine Tiefgarageneinfahrt zur Stadt, und ein unterirdischer Eingang zum Schloss hin alles andere als optimal sind.


    Das ist falsch bzw. überholt: Der Architekt hat von der Jury den Auftrag bekommen, nachzubessern. So dieser Entwurf gebaut wird, kommt die Garageneinfahrt anderswo hin (oder fällt aus Kostengründen weg), das Restaurant, das zur Zeit übrigens genauso tot ist, soll sich zur Straße hin öffnen, und der Durchgang zwischen Plenarsaal und Schloss ist nicht unterirdisch, sondern ebenerdig - die Gebäudeteile sollen durch eine breite Treppe verbunden werden, die vom Pavillon in das Foyer hinter dem Portikus hinaufführt. Das Missverständnis rührt sicher daher, dass der Oesterlen-Saal auf der Hauptgeschoss-Ebene des Leineschlosses liegt, der Yi-Entwurf ihn aber auf Straßenebene absenken will.

  • Das Restaurant an diese Stelle zu setzen war eine Forderung des Bauausschausses des Landtags, und das nicht erst seit gestern, sondern so lange ich mich erinnern kann. Es wurde mehrfach offiziell darauf hingewiesen, dass man sich einen Standort nicht an der Leine nicht vorstellen kann. Ich finde das zwar gut, dass man jetzt mal nachbessert, aber so klar ist mir noch nicht, wie das am Ende aussehen soll.


    Bei der Garageneinfahrt soll wohl gezaubert werden, anders kann ich mir nicht erklären, wie man diese woanders realisern möchte. Die einzigen Alternativen sind das Leineufer und die Lücke zwischen Schloss und Landtag, das wäre beide Male vom Regen in die Traufe. Zwischen Schloss und Landtag kommt man mit einer Rampe nicht unter den (ebenerdigen) Durchgang, außerdem tut man dem Portikus so schon genug Gewalt an, da muss man nicht noch eine TG-Einfahrt daneben setzen, das Leineufer kann man nicht ernsthaft für eine Tiefgarageneinfahrt nutzen, eine Lösung im Gebäude ist schwierig wegen des Plenarsaals der über alle Ebenen geht. Auf die Teifgarage wird man denke ich aber auch nicht verzichten wollen, schließlich ist die eine der Hauptforderungen weshalb man neu bauen müsse.


    Meinetwegen ist der Durchgang nicht unterirdisch, sondern ebenerdig. Er hat aber keine Fenster und ist von zwei Seiten durch Treppen verbaut. Oberlichter werden schwierig, weil man das Dach betreten kann. Das kann man hier im Hintergrund auf den Schnitten erahnen.

  • Zum Entwurf:


    Ich habe mir im Landtag den überarbeiteten Entwurf angeschaut. Änderungen sind, soweit ich sehe, folgende:


    1. Der ganze Bau wird ein oder zwei Säulen schmaler; rückt also ein Stück von der Karmaschstraße ab. Die Büros, die dort geplant waren, entfallen, wodurch man von Außen Einblick in den Plenarsaal bekommen soll. Das Sockelgeschoss bleibt zwar steinern, erhält aber breite, bodenlange Fenster.


    2. Die Garageneinfahrt kommt in die Leinstraße (bzw. Kopf-Platz, weiß immer nicht, was da was ist) zwischen den Plenarbau und das rote Backsteingebäude. Schön ist so eine Einfahrt zwar nie, dort aber noch am ehesten zu verschmerzen - zur Zeit sind dort halt Parkplätze.


    Auf den Plänen im Landtag kann man gut erkennen, dass der Durchgang zwischen Lavesbau und Pavillon von zwei Seiten Licht bekommen wird: Zum einen durch Oberlichter in der Besucherterrasse zwischen den Gebäuden, die wohl aus Glasbausteinen bestehen und begehbar sein werden; zum anderen vom Lichthof hinter dem Portikus - von dort soll eine Treppe zum Sockelgeschoss hinunterführen, die die gesamte Breite des heutigen Plenarsaals einnimmt.


    Zu den Pros & Cons:


    Was Deine Kritik am Neubau angeht, lieber Dvorak, bin ich übrigens unschlüssig. Einerseits tut es mir um den Oesterlen-Bau leid, denn er hat - vor allem in der Lobby mit ihrer schönen Verbindung von Holz und Marmor - durchaus seine Qualitäten. Andererseits finde ich aber, dass er gerade die städtebauliche Einbindung und die Verbindung zum Leineschloss nur mittelmäßig hinbekommt. Er wirkt angeflanscht und scheint im Vergleich zum Westflügel des Schlosses abzusaufen. Zum Osten hin verschwindet er hinter der bepflanzten Brachfläche namens "Platz der Göttinger Sieben" und zum Norden hin hinter dem erwähnten Backsteinblock. So ist er schlicht nicht präsent, wenn man die Karmaschstraße hinunterfährt oder -läuft; zu unauffällig für ein derart zentrales Gebäude - und komm mir jetzt bitte niemand mit der "Bescheidenheit der jungen Demokratie", die darin zum Ausdruck käme; das ist genauso blöd wie das Gerede von "Transparenz und Offenheit", die ein Staat demonstriere, wenn sein Parlament Fenster hat. ;)


    Die städtebaulichen Fragen beantwortet Yi m.E. besser als Oesterlen: Von der Kubatur her entspricht sein Entwurf dem, was schon zu Königs Zeiten anstelle des nie gebauten Ostflügels geplant war. Er bildet ein Gegengewicht zum Westflügel, rückt näher an die Karmaschstraße heran und klebt nicht mehr am Leineschloss - Plenartrakt und Schloss bleiben über das gemeinsame Sockelgeschoss und die identische Traufhöhe als Einheit verbunden, und gleichzeitig wird das Schloss wieder in seiner historischen Form erkennbar. Die Befürchtung, es würde durch den Neubau abgewertet, teile ich ganz und gar nicht - eher wird das Gegenteil der Fall sein.
    Noch dazu besteht durch eine Besucherterrasse samt Café (im Hauptgeschoss), die sich vor allem zur Leine, aber auch zur Karmaschstraße hin öffnet, endlich die Chance, dieses gottverlassene Areal mit jenen Besuchergruppen zu bevölkern, die derzeit vor dem Portikus rumhängen und sich die Beine in den Bauch stehen.


    Aber: Ob der Pavillon selbst gute Architektur wird oder nicht, da bin ich mir noch nicht sicher. Ich glaube, das Potential dazu hat er, aber genauso besteht die Gefahr, dass er am Ende nach dem x-beliebigen Protzbau irgendeines Konzerns aussieht. Vieles hängt von Details ab, die auf den Plänen nicht zu erkennen sind, vieles von den verwendeten Materialien. Wie wird die derzeit nicht existente Ostwand des Leineschlosses aussehen? Welches Material wird für die Säulen verwendet; welches für das Sockelgeschoss? Wie ist die Glasfassade aufgehängt bzw. gerahmt? All das spielt eine gewaltige Rolle für den Eindruck, den der Bau später hinterlassen wird - Glasbausteine sind nicht gleich Glasbausteine, und ein strapazierfähiger Teppichboden ist zwar praktisch, aber beileibe kein Eichenholzparkett. Ich glaube, Erfolg oder Scheitern dieses Projekts hängt genau an solchen Fragen - und ich fürchte fast, dass der Bauherr alles verhunzen wird, weil er aus politischen Gründen versucht, die Kosten tiefer zu drücken, als ein meiner Meinung nach guter, aber keineswegs herausragender Entwurf es verkraften kann. :nono:


    Gruß
    Das Architektenkind

  • Sorry aber irgendwo muss ich hängen geblieben sein. Wieso entspricht Yis Entwurf eher dem, was "zu Königs Zeiten" dort geplant war, wenn der Oesterlehn-Bau relativ nah die Maße des von Laves geplanten rechten Flügels einnimmt? Er entspricht auch den Dimensionen, wenn auch nicht der Geometrie dem Schloss vor dem Umbau durch Laves, oder einem frühen Planungsstand, in dem man noch die Oper erkennen kann. (finde Ich übrigends ernsthaft auch ganz passig, dass Oper und Landtag deckungsähnlich sind) Allenfalls kann man den nie ausgeführten Entwurf von Sartorio nennen, der, weil größer näher an die Karmarschstraße rangerückt wäre.
    Ich will auch nur nochmal erwähnen, dass es einen Grund hat, dass Oesterlehn nicht die Dimensonen des linken auf den rechten Flügel übertragen hat! Man geht nämlich nicht axial auf den Portikus zu, wie es noch Laves wollte, sondern sehr schräg. Um die Proportionen zu wahren ist der Planarsaal etwas zurückgesetzt und kleiner. Mir ist das erst in den Plänen klar geworden, weil man daher das Ungleichgewicht im Raum nicht wo stark wahrnimmt. (meine Meinung)


    Yi stellt das Gebäude näher an die Straße, aber ist das jetzt deshalb guter Städtebau? Ich verweise hier mal auf Braunschweig und seine Stadteingänge, das ist hier nämlich das städtebauliche Thema.



    Quelle: GoogleEarth und Ich


    Am Magnitor kann man schön sehen, mit wie vielen gegenseitigen Abhängigkeiten, Verengungen und Weitungen, Sichtbeziehungen, Torhäusern und dem wichtigsten dem vermittelnden Platz ein Stadteingang geschaffen werden kann. In Braunschweig haben alle Stadteingänge Torplätze, und da ist Braunschweig keine Besonderheit! Der Platz als Eingang ist mehr oder minder die städtebauliche Standard-Typologie seit dem Klassizismus.
    Yi schafft es nicht einen Stadteingang mit gewisser Raumdynamik zu entwerfen. Seinem Willen folgend würde die Karmarschstraße ein sich langsam zum Park hin weiternder Trichter. Da fehlt die Trennung zwischen Altstadt und Park davor, und die ist dort einfach wichtig.
    Auch Laves hat das so in verschiedenen Varianten, aber immer mit Platz geplant. Wie der aussieht ist eine andere Frage, aber ein solche Raumchronologie muss da sein.


    Der Oesterlehn-Bau an sich ist schlicht, das ist auch so gewollt, und mir persönlich gefällt unaufdringliche, gut gemachte Architektur gut. Das Parlament als ganzes muss wirken, und das war auch das Ziel, nicht jeder einzelne Flügel muss nach Aufmerksamkeit schreien. Oesterlehn wollte, wie ich finde zurecht den Portikus in Szene setzen als Eingang und diesen nicht stören, und sich zur Leineseite zurücknehmen und dort das Barockschloss wirken lassen. Das ist der Grund, wieso der Planarsaal ein "Bunker" ist, sich aber zu seiner Seite, dem Platz der Göttinger Sieben hin orientiert. Ich finde es ist nicht ein Art Symbol einer bescheidenen Demokratie, sondern es ist eine Respektsbekundung gegenüber der Geschichte. Jedem wird sein Raum und Seine Anerkennung zuteil, ohne das jeder überall wirken muss. Der Wettbewerb in den 50ern hatte noch ganz andere Ergebnisse, die sicher "wirkungsvollere" Plenarsäle hervorgebracht hätten, allerdings hat keiner davon dem ursrpünglichen Schloss seinen Raum zugestehen wollen.
    Ein Manko am Oesterlehn-Planarsaal ist aber denke ich der obere Abschluss, der lässt den Bau so angeklebt wirken.


    Der Hinrich-Wilhelm-Kopf-Platz ist für die Integratin des Landtages in die Stadt nicht weniger wichtig, als der Platz der Göttinger Sieben oder das Leineufer. Nur weil da heute Parkplätze sind (was eh ein Unding ist) finde ich nicht, dass man da so leichtfertig eine TG-Einfahrt bauen kann. Yi soll die bitte einfach in sein Gebäude reinsetzen. Einfahrten stören weit weniger, wenn sie nur "Garagentore" sind, als wenn man sie in ihrer ganzen freigestellten Pracht erleben kann.

  • Wieso entspricht Yis Entwurf eher dem, was "zu Königs Zeiten" dort geplant war, wenn der Oesterlehn-Bau relativ nah die Maße des von Laves geplanten rechten Flügels einnimmt? Er entspricht auch den Dimensionen, wenn auch nicht der Geometrie dem Schloss vor dem Umbau durch Laves, oder einem frühen Planungsstand, in dem man noch die Oper erkennen kann.


    Yi orientiert sich meines Wissens an der Opern-Planung, und die meinte ich mit meiner Anmerkung. Oesterlen dagegen hat, wie Du ja schreibst, kleiner gebaut, als es Laves für den Ostflügel getan hätte. Mag sein, dass er das wegen der verzerrten Perspektive gemacht hat, überzeugend finde ich es aber nicht: Wenn man von Westen kommt, hat es den Effekt, dass der Anbau völlig hinter dem Portikus verschwindet.
    By the way: Beim Wettbewerb gab es auch einen Entwurf, der tatsächlich 1:1 die Laves-Ostfassade bauen wollte. Weiß leider nicht mehr, welches Büro das war. In Sachen Historismus den Vogel abgeschossen hat aber Kollhoff - dessen Entwurf war ungefähr doppelt so groß wie der Oesterlen-Bau und hatte derart viel Stuck an der Fassade, dass er unter Stalin beim Wettbewerb für den Palast der Sowjets hätte antreten können...:lach:


    Yi stellt das Gebäude näher an die Straße, aber ist das jetzt deshalb guter Städtebau?


    Im konkreten Falle schon. Du hast zwar grundsätzlich recht mit Deiner Toreinfahrten-Typologie, aber es hat schon seinen Grund, warum Du zur Illustration das Magnitor herangezogen hast, statt beim Landtag zu bleiben: Die Kombination von Stadttor und Platz funktioniert nur, wenn der Platz eingefasst ist, wie es am Magnitor der Fall ist. Am Landtag hat man derzeit aber eher die Situation wie in Braunschweig am Kennedyplatz - der Platz der Göttinger Sieben wirkt wie die nördliche Ausbuchtung der Doppelkreuzung südlich der Leine; er wird nicht als Platz erfahren, sondern als Teil einer völlig überdimensionierten Verkehrsfläche.
    Erst wenn der Landtag an die Straße heranrückt, bildet sich zusammen mit dem Wirtschaftsministerium so etwas wie ein Tor zur Innenstadt. Und wenn dann irgendwann einmal die Straßen ein wenig zurückgebaut werden (sagen wir, sechs bis zehn Spuren weniger ;)), bekommt man vielleicht wirklich noch eine richtige Stadteinfahrt.


    Oesterlehn wollte, wie ich finde zurecht den Portikus in Szene setzen als Eingang und diesen nicht stören, und sich zur Leineseite zurücknehmen und dort das Barockschloss wirken lassen.


    Zur Leine hin klappt das auch gut, nicht aber am Portikus. Ich weiß nicht genau warum, aber ich finde, der Oesterlen-Bau lenkt kurioserweise genau deshalb vom Portikus ab, weil er sich so respektvoll gibt. Vielleicht könnte man sagen: Er ist nicht einfach nur zurückhaltend, sondern er tut seine Zurückhaltung mit großer Geste kund - wie jemand, der damit angibt, bescheiden zu sein. (Ergibt das Sinn? Besser kriege ich es gerade nicht formuliert)


    Der Hinrich-Wilhelm-Kopf-Platz ist für die Integratin des Landtages in die Stadt nicht weniger wichtig, als der Platz der Göttinger Sieben oder das Leineufer. Nur weil da heute Parkplätze sind (was eh ein Unding ist) finde ich nicht, dass man da so leichtfertig eine TG-Einfahrt bauen kann.


    Ein Missverständnis: Die Einfahrt soll nicht auf den Hinrich-Wilhelm-Kopf-Platz selbst, sondern an die Straße Richtung Markthalle, die dort auch Hinrich-Wilhelm-Kopf-Platz heißt. Was den Platz angeht, hast Du völlig recht: Sowohl die Parkplätze als auch diese krepligen Bäumchen sind eine Zumutung. Ich fürchte allerdings, der Platz gehört zum Grundstück des Sozialministeriums, was eine Umgestaltung erschwert. Vielleicht kann man die Leute ja wenigstens überreden, die Parkplätze abzuschaffen, wenn unter dem Landtag eine Tiefgarage gebaut wird.

  • Vielleicht gibt es zwei Entwürfe von Laves, genau weiß ich es nicht, da ja mehrere Varianten für Umbauten durch Laves erhalten sind, nicht nur die Ausführung. Ich kenne das was man auf dem Bild unten sieht, und das ist von der Größe, nicht aber von der Geometrie dem sehr ähnlich, was heute da steht:


    http://img384.imageshack.us/img384/1498/lavesoper.jpg
    Quelle: Plan von 1816 (Laves), GoogleEarth und ich.



    Ich versteh schon was du meinst mit aufdringlicher Zurückhaltung, aber das ist halt eine doch recht subjektive Frage.
    Wenn man mit dem Yi-Entwurf vergleicht, kommt der aber finde ich ungleich unharmonischer mit dem Portikus zurecht. Ich geb dir ja recht, das eine starke Abstraktion auch ablenken kann, man wird, wenn man vor dem Portikus steht aber ungleich verwirrter, wenn der einfach auf der rechten Seite abbricht. Ich halte es auch für ausgesprochen fraglich, ob es richtig sein kann, ein "Loch" in der Flucht einer Straße in eine Platzwand zu schlagen. Es ist schon bei Oesterlehn ein wenig ungeschicht, dass der rechte Rand des Plenarsaals genau mit der Kante des Backsteinbaus im Bohlendamm aufhört, ungleich störender empfinde ich da den "Durchbruch" durch die Platzwand des Schlosses den Yi plant. Eigentlich hatte Laves das Schloss ja als Abschluss einer Achse vom Bahnhof geplant, da muss man die Schlossfassade als ganzes auch so begreifen, und den Hinrich-Willem-Kopf-Platz auch entsprechen als Endpunkt gestalten.


    Die TG-Einfahrt kommt dann in die Flucht des Bohlendamm?
    Ich bin ja der Meinung, die sollten die Tiefgarage am anderen Ende des Schlosses bauen, da ist genug Platz, der Boden ist einfacher zu beherrschen, weil man nicht noch ein Stauwehrt hat, und man müsste die Fläche auch mal bebauen. Einfahrten kann man da auch um längen einfacher unterbringen.




    Ich hab mir das Magnitor mit bedacht ausgesucht, da die historische Situation, mit der noch Oesterlehn geplant hat sehr ähnlich war. Du darfst nicht vergessen, dass damals noch die Flusswasserkunst stand, und die diesen Torplatz geformt und sich innerhalb der Stadt logisch positioniert hat. Das Gebäude der Flusswasserkunst finde ich persönlich pottenhässlich, aber definitiv muss an diese Stelle wieder was hin. Wenn man das macht, hat man eine ähnliche Situation wie am Magnitor in Braunschweig.


    Ich hab mal eine Skizze gemacht, wie man es hätte auch machen können.
    -Restaurant auf das Wehr, weil städtebaulich wichtig und spannender Standort mit verschiedenen Ausblicken.
    -Den Platz der Göttinger Sieben müsste man neu gestalten, so das Straße und Platz ein zusammenhängender Raum werden, und nicht nebeneinander liegen, dann wirkt der Plenarsaal auch besser.
    -Tiefgarage und mögliche Erweiterung am Holzmarkt, damit dieser gefasst wird, und man die Parkplätze in Nähe der Büros hat, wo man sie braucht.
    -Der Bohlendamm sollte denke ich jetzt vielleicht nur zu einer Twete verkleinert werden, und man sollte einen Platz vor dem Portikaus schaffen, wie man ihn sich unter Laves gedacht hat, aber ohne die Stadtachse zum Bahnhof. Dann sind auch beide Plätze getrennt und die Konflikte zwischen Portikus und Plenarsaal, die ja da sind fallen weniger bis kaum noch auf.


    So könnte man sogar alle übertriebenen Nutzungsansprüche erfüllen, und hätte für die Zukunft, immernoch Reserven. NUr leider hat man sich innerhalb der Baukommission auf die Variante Solitär mit Hof geeinigt, und alle anderen für den Wettbewerb ausgeschlossen. Hätte man das frei gestellt, hätte man wohl zumindest kreativere Lösungsvorschläge bekommen.



    Quelle: Google & Ich


    btw: Endlich mal wieder eine nette Diskussion


    Mod: In der Tat eine nette Diskussion. Aufgrund der Größe habe ich das erste Bild geurlt. Beim 2. Quellenangabe hinzugefügt, bitte in Zukunft drauf achten! Gruß, Dykie!

  • Ja, in der Tat eine schöne Debatte. :daumen: Führen wir sie fort: Der Plan, den Du postest, wurde nie umgesetzt. Laves legte 1826 allerdings einen zweiten Entwurf vor, der dann in wesentlichen Teilen wirklich gebaut wurde (und den ich leider nicht elektronisch vorliegen habe. Sorry). Von diesem Entwurf stammt neben dem Portikus auch der Westflügel sowie ein identisches, gespiegeltes Pendant zu ihm auf der Ostseite. Dieser Ostflügel wurde damals nicht gebaut, weil es keinen Raumbedarf gab. Im aktuellen Wettbewerb gab es allerdings, wie gesagt, einen Beitrag, der die Laves-Fassade von 1826 leicht modifiziert doch noch vollenden wollte.


    Das mit dem Bohlendamm und seiner Flucht ist, glaube ich, eine der städtebaulichen Kernfragen für den Neubau. Wer als Fußgänger von der Innenstadt zum Leineschloss will, kommt schließlich genau dort auf den Landtag zu (was der von Laves gewünschten Rolle entspricht). Dieser Bedeutung ist allerdings schwer gerecht zu werden, weil der Bohlendamm nun mal außerhalb aller Achsen des Gebäudes liegt. Ich bin mir nicht ganz sicher, was die Wirkung von Yis "Durchbruch" angeht. Einerseits ist durch die entstehende Lücke sicher leichter erkennbar als heute, dass das Leineschloss ein Torso geblieben ist, und dass dort etwas fehlt. Ob das schlimm ist, weiß ich freilich nicht - stellt es doch gewissermaßen den historischen Rahmen wieder her. Andererseits ist Yis Lücke ja keine echte Lücke: Man würde ja vom Bohlendamm aus nicht auf eine weitere Gasse zugehen, sondern auf eine Freitreppe, die auf die Hauptgeschossebene hinaufführt - die Flucht würde einen also direkt zum neuen Besuchereingang des Landtages geleiten, was ich städtebaulich recht schlüssig finde.


    Entsprechend dieser Bedeutung kommt auch die TG-Einfahrt nicht in die Flucht des Bohlendamms, sondern weiter Richtung Karmarschstraße gegenüber den Backsteinbau (Hoffe ich jedenfalls, hundertprozentig sicher bin ich mit den paar Plänen, die ich gesehen habe, nicht). Ich wäre übrigens dafür, gar keine TG zu bauen - die Garage kostet Millionen, die Einfahrt ist hässlich, egal wo sie hinkommt, und es gibt in 300 Meter Umkreis zwei große Parkhäuser, die, zusammen mit dem Parkplatz auf der Westseite, bisher offenbar auch gereicht haben.


    Dein Vergleich mit dem Magnitor in BS mag mich noch nicht ganz überzeugen - zu verschieden sind Größe, Bebauungsstruktur und Verkehrsaufkommen -, Deiner Skizze kann ich aber etwas abgewinnen. Eine Einfassung des Hinrich-Wilhelm-Kopf-Platzes durch eine Ergänzung des Sozialministeriums hätte vor allem dann was, wenn der Plan ein paar Kneipen und Straßencafés enthalten würden. Und selbst der Platz der Göttinger Sieben könnte ein echter Platz werden, wenn man ihn nach Süden hin begrenzte. Dieser Neubau müsste Publikum anziehen, um den Platz zu beleben, und es sollte nicht die Flusswasserkunst sein: Dieses historistische Zuckerbäckermonster würde dem Oesterlen-Plenartrakt in seiner städtebaulichen Wirkung mehr Schaden zufügen als der Abriss... ;)

  • Ende der Abrisspläne?

    Wie es scheint, wird es nun doch nicht zum Abriss des Oesterlen-Baus kommen, wie u. a. die HAZ bereits vor einer Woche berichtete:


    http://www.haz.de/Hannover/Aus…e-fuer-Abriss-in-Hannover


    Dabei sollen die architektonischen bzw. denkmalpflegerischen Aspekte weniger im Vordergrund stehen als vielmehr der Umstand, dass der Neubau den avisierten Kostenrahmen deutlich gesprengt hätte (mindestens 50 Mio EUR statt der angesetzten 45 Mio EUR).

  • ^ Ist alles in Fluss geraten. Offiziell verhandelt der Landtagspräsident Herr Dinkla derzeit mit dem Architekten, ob eine günstigere Lösung zu haben wäre. Fakt ist, dass auch eine (absolut notwendige) Sanierung Jahre dauern und ziemlich teuer werden würde.


    Ich habe allerdings den Eindruck, dass der Rückzug, den die Landtagsverwaltung angekündigt hat, weniger mit den Kosten zu tun als politische Gründe hat: Die Proteste gegen den Abriss waren recht heftig und die Medien waren auch fast geschlossen dagegen. Die sind jetzt allerdings großteils umgeschwenkt und schimpfen nun wieder wegen des Rückzugs... Er kann einem schon leid tun, der Herr Dinkla.

  • Mir tut Dinkla nicht leid, immerhin war es seine Partei, die die Sanierung vor Jahren gestoppt, bzw. abgeblasen hat, und Dinkla der den Neubau zu seinem persönlichen Lieblingsprojekt erklärt hat.


    Ich glaube, man kann unabhängig von den kosten dem gemeinen Wähler eine nötige Sanierung immer Erklären, bzw. man muss sich dafür eigentlich nicht rechtfertigen. Einen Neubau, sei er auch vielleicht billiger, was ich nicht glaube, muss man aber zwangsläufig begründen können.


    Aktuell liegen die Kosten bei 65 Millionen Euro mit einer Toleranz von 25%, was also zu Gesamtkosten von 81 Millionen führen kann.

  • Die niedersächsische Landtagsverwaltung hat gestern neue Pläne zum Umbau des Landtages vorgestellt – Zeit, diese Uralt-Diskussion mal wieder aus der Versenkung zu fischen. Die wichtigsten Änderungen gegenüber der alten Planung lauten wie folgt:


    1. Der bestehende Plenarflügel wird nicht abgerissen; äußerlich bleibt alles wie gehabt. Von daher ist auch der Untertitel dieses Threads ("Verlust eines Denkmals") endgültig überholt.


    2. Dafür werden sowohl der Plenarflügel als auch die Portikushalle komplett entkernt. Letztere erhält ein Glasdach und wird damit erst wirklich zur Halle – derzeit ist sie ein verglaster Innenhof, den niemand betreten kann.


    3. Der Plenarsaal wird – zumindest nach der favorisierten Variante – um 180 Grad gedreht und erhält endlich Tageslicht (durch die bestehenden Fenster zum Platz der Göttinger Sieben hin).


    4. In den Bestand integriert werden Besprechungsräume für die Fraktionen, Arbeitsräume für Journalisten und Tribünen mit knapp 260 Besucherplätzen. Eine eigene Ebene mit seperatem Eingang und Café, wie es der Siegerentwurf des 2010er-Wettbewerbs vorsah, gibt es hier nicht. Auch kann ich aus den Plänen nicht entnehmen, wo im Plenarsaal die Journalisten Platz finden.


    5. Kosten soll der Spaß um die 50 Millionen Euro – was auch nicht wesentlich weniger ist, als für Abriss und Neubau vorgesehen war. Aber wahrscheinlich ist diese Schätzung am Ende näher an der Realität.


    Fazit: Eine unspektakuläre Modernisierung, die den Abgeordneten einen besseren Arbeitsplatz und allen Nutzern des Gebäudes eine Innenausstattung auf Höhe der Zeit bieten wird. Architektonisch langweilig. Der eigentliche Sieger ist der Denkmalschutz bzw. die Lobby des verstorbenen Landtagsarchitekten Prof. Oesterlen – womit ich gut leben kann, auch wenn ich mir mehr gewünscht hätte.


    Infos zum Umbau und eine PDF-Datei mit allerlei Grund- und Aufrissen bzw. Renderings findet sich hier.

    4 Mal editiert, zuletzt von Architektenkind ()

  • 1. Der bestehende Plenarflügel wird nicht abgerissen; äußerlich bleibt alles wie gehabt. Von daher ist auch der Untertitel dieses Threads ("Verlust eines Denkmals") endgültig überholt.


    Also das sehe ich deutlich anders! Was bleibt vom Landtag ist eine Hülle, das ganze Innere wird doch entfernt und neu gebaut. Es ist doch selbstverständlich, dass ein Denkmal nicht nur eine Fassade hat, sondern auch noch seine Innenräume.


    Gerade im Bereich der Fassade zum Platz der Göttinger Sieben geht ganz viel verloren, was heute einen positiven Raumeindruck hinterlässt. Dort kommt aber die tote Seite des Plenarsaales hin, also die Technik. Den Stadtbezug, den man hatte, zerstört man um einen neuen aufzubauen, m.E. funktioniert er, so wie er geplant ist, aber nicht. Von der Stadt aus sehe ich auf die Rückseite der Regierungsbank und auf die Technik - vom Plenarsaal aus sehe ich vielleicht den Himmel, aber von der Stadt nicht viel. Was genau ist da die Verbesserung? Ein Plenarsaal ist doch im Prinzip die gleiche Typologie wie ein Theater, mit Besucher- und Bühnenraum und Hinterbühne. Jetzt soll die Hinterbühne aber auf die prominente Seite um einen Stadtbezug zu schaffen: Ein Theater würde niemand so bauen.


    Schön zu sehen ist das auch in den Perspektiven: In denen mit Wandelgang, hat man einen Blick auf den Platz der Göttinger Sieben, in denen, wo der Plenarsaal direkt an der Fassade liegt nicht.


    In den Plänen kann man auch sehen, dass dann eine ganz strikte Trennung zwischen "Öffentlich" und "Plenarbereich" eingeführt wird. Heute darf ich durch die Wandelhalle laufen wie es mir als stolzem, freiem Bürger beliebt, demnächst schottet sich das Parlament ab. Was war da gleich das Ziel der ganzen Umbauaktion? Transparente Demokratie?


    Ich finde den Titel durchaus noch aktuell, da der jetzige Entwurf ein mäßiger Kompromiss ist und nicht eine Denkmalschutz-konforme Sanierung.

  • Ah, Dvorak, auf Dich hatte ich schon gehofft. Setzen wir also unsere Debatte fort. Um Missverständnisse zu vermeiden, sollte ich allerdings vorausschicken: Den Entwurf Prof. Yis habe ich leidenschaftlich verteidigt, weil ich ihn mochte; diesen hier versuche ich nur zu interpretieren. Er lässt mich einigermaßen kalt.


    Also das sehe ich deutlich anders! Was bleibt vom Landtag ist eine Hülle, das ganze Innere wird doch entfernt und neu gebaut.


    Ich gebe Dir recht. Ich hatte irgendwo in diesem Thread schon mal geschrieben, dass mir die Wandelhalle mit ihrem Zusammenspiel von Holz, Marmor und Licht ganz hervorragend gefällt. Ausgerechnet dieser Teil geht verloren. Schade. Andererseits haben die Anhänger Oesterlens immer mit der Fassade und ihrer städtebaulichen Bedeutung argumentiert. Und die bleibt uneingeschränkt erhalten.


    Von der Stadt aus sehe ich auf die Rückseite der Regierungsbank und auf die Technik - vom Plenarsaal aus sehe ich vielleicht den Himmel, aber von der Stadt nicht viel. Was genau ist da die Verbesserung?


    Das ist dem Stadtbezug ist Marketinggefasel. Die Verbesserung besteht in den Arbeitsbedingungen im Plenarsaal, der auf diese Weise Tageslicht bekommt, ohne dass neue Lücken in die Fassade gebrochen werden müssen. Und in der Größe des Plenarsaals, die – im Vergleich zu der heute herrschenden drangvollen Enge – geradezu luxoriös ist. Dass man von draußen auf die Technik schaue, sehe ich übrigens noch nicht. Das hängt von der Ausführung des Wandschirms hinter der Regierungsbank ab. Allzu viel sehen kann man von draußen ohnehin nicht, da die Fenster erst im 1. Obergeschoss beginnen (das wäre bei Prof. Yis Entwurf anders gewesen).


    In den Plänen kann man auch sehen, dass dann eine ganz strikte Trennung zwischen "Öffentlich" und "Plenarbereich" eingeführt wird.


    Nee, die wird nicht eingeführt, die gibt es schon. Durch die (untere) Wandelhalle darfst Du als "stolzer, freier Bürger" nur, wenn keine Plenarsitzungen stattfinden; und auch dann nur mit Führung. Während der Sitzungen wachen Ordner an den beiden Eingängen, durch die sie zu erreichen ist. (Das kannst Du mir glauben, ich habe fünf Jahre lang dort gearbeitet – Einlass in den Plenarbereich gibt es während der Tagungen nur mit Abgeordneten-, Mitarbeiter- oder Gästeausweis.) Auf den Plänen sieht es vielmehr danach aus, als würde die Sache durchlässiger werden, als sie bisher ist: Auf der unteren Plenarebene verschwindet die Barriere, die heute von der Rückwand des Plenarsaals gebildet wird, zugunsten einer Lobby und eines Bistros, die eben nicht durch eine Wand von der (öffentlich zugänglichen) Portikushalle getrennt sind. Entsprechend wird auch der Saal der Landespressekonferenz im Obergeschoss verschwinden und einer "Wandelhalle" weichen, die zum Portikus und zum Plenum (Besucherebene) hin offen ist.
    Also: Tatsächlich wird es mehr "Transparenz" geben; hier verstehe ich Dein Problem nicht ganz. Es gibt sogar soviel Durchlässigkeit, dass Besucher ihren Zuwachs an Nähe zur Politik wahrscheinlich mit Leibesvisitationen am Einlass bezahlen müssen. Und das wäre mir wirklich ein Ärgernis.


    Zwischenfazit: Das Ziel der Umbauaktion waren bessere Arbeitsbedingungen für den Landtag und – ganz nebenbei – auch mehr Platz für die Zuschauer. Beides wird umgesetzt, wenn auch nicht in einer Form, die irgendjemanden mitreißen könnte. Das "Denkmal Oesterlenbau" verliert, wie Du zurecht feststellst, seine Schokoladenseite – nämlich sein Inneres –, und der Erhalt des Äußeren wird mit einem mageren Kompromiss erkauft. Ich vermag mich darüber, wie gesagt, weder aufzuregen noch zu freuen. :keineahn: