Leipzig: Hotel- und Geschäftsneubau auf dem Burgplatz (realisiert)

  • Ja das wundert mich ebenfalls. Naturalistische Ornamentik meiden Architekten heute ja leider wie der Teufel das Weihwasser. Ich bin aufs Ergebnis gespannt. Schön auch, dass die Passage weitergeführt wird.

  • Ich kann mich den Grundtenor nur anschließen: alle Entwürfe sind gut zu verkraften ;) Der Entwurf von Jo.Franzke sagt mir am meisten zu. Er fügt sich sehr gut in die "90er-Jahre-mäßige" Umgebung, nimmt sich zurück, büßt dabei aber keineswegs an (Fassaden-)Struktur ein.
    Dem "goldenen Haus" von Kohl kann ich hingegen weniger Abgewinnen. Ich verstehe nicht warum man hier die Notwendigkeit für Fassadenornamente sieht. In Verbindung mit der Farbwahl von Stein und Fensterrahmen finde ich das sehr übertrieben - das Gebäude würde sich zu wichtig nehmen. Dabei wird es keiner überragenden, zentralen Funktion gerecht.
    Ich hoffe es fühlt sich jetzt niemand auf den Schlips getreten, aber verwechselt bitte nicht Historismus mit architektonischer Qualität.

  • meines erachtens hat der deutlich beste entwurf gewonnen.


    weil er durch seine fassadengliederung geschickt eine monotone ausstrahlung der 196 gleichförmigen hotelzimmer verhindert. weil er die bautradition der stadt (dreigeteilte "leipziger fenster", figurenschmuck, betonung von passageneingängen) zitiert. und weil er der bedeutung des platzes am besten gerecht wird.


    der burgplatz wurde vor rund 110 jahren angelegt, um eine elegante überleitung vom trutzigen neuen rathaus zur geschäftigen innenstadt zu schaffen. aufgrund fehlender bebauung sind funktion und raumerlebnis seit mehr als 70 jahren nicht mehr gegeben.
    der siegerentwurf nutzt nun am konsequentesten die einmalige chance, diesen wichtigen übergang neu zu inszenieren.


    ein "zu schön für diesen ort" kann es eigentlich nicht geben. schon gar nicht am burgplatz. ich bin mir sicher, dass nach fertigstellung des petersbogens der platz enorm an attraktivität und urbanität gewinnen wird. gerade die facettenreiche fassadengestaltung des neubaus wird daran einen erheblichen anteil haben.


    wenn der siegerentwurf so umgesetzt werden würde, hätte sich das lange warten auf die revitalisierung des burgplatzes gelohnt. oder anders gesagt: manchmal ist mehr wirklich mehr...

  • ^aber Hallo, das will ich meinen. Wenn ich dran denke, wie Chemnitz und Dresden ihre Vierteljahrhundertlöcher gefüllt haben oder noch füllen :ko2: ...


    Außerdem befinden wir uns hier nicht irgendwo...mit dem neuen Rathaus gegenüber kann man ruhig mal klotzen statt kleckern. Die etwas in die Jahre gekommenen Buden der Postmoderne nehmen sich schon genug zurück. Bitte bauen! :)


    P.S. Jepp, auch ich freue mich, dass es hier mal wieder ein Entwurf schafft, der den Mut besitzt Figurenschmuck an der Fassade einzusetzen! :daumen: ...


    In der Landeshauptstadt ist man da noch nicht soweit

  • Anbei noch ein LVZ-Artikel mit weiteren Infos: http://www.lvz.de/Leipzig/Loka…r-Burgplatzloch-im-Detail und http://www.l-iz.de/politik/bre…eipziger-burgplatz-126039


    Einzelhandel befinde sich im Untergeschoss, Erdgeschoss und erstem Obergeschoss. Das erwähnte Restaurant und evtl. noch eine Bar - links vom Passagenzugang. Am Merkurhaus soll eine weitere Gastrofläche errichtet werden, mit Zugang ins Hotel. Das Hotel wird im 2.-7. Obergeschoss untergebracht, davon zwei im Dachstuhl.


    Die Fassade soll aus Cottaer Sandstein im klassischen Baukanon des 19. Jahrhunderts sein. Die abgebildeten Figuren könnten zum Beispiel Teilnehmer der berühmten "Leipziger Disputation" sein, die im Jahre 1519 in der Pleißenburg von Martin Luther Johannes Eck auseinander gerieten. Bei diesem Streit wurde der Bruch zwischen Rom und dem Lutheranern manifestiert.

  • Schade, daß die Visualisierung der meines Erachtens problematischsten Stelle konsequent ausgelassen wurde: der Blick von der Burgstraße beziehungsweise der Übergang vom schwimmhallenfliesengrünen Bestandsbau zum linken Teil des geplanten Baus.

  • Der Sieger-Entwurf ist wirklich am gediegensten von allen, die Monotonie durch gute Gliederung schön aufgebrochen, das Beiwerk nicht zu flimmrig wie bei den anderen Entwürfen. Ein Problem sehe ich nur bei dem Braun der Fensterrahmen, das sieht sehr sehr Postmodern aus, es "stinkt" geradezu nach Plastik. Und das andere ist die Farbe die sehr Grell aussehen könnte in der Grauen Umgebung. Ich bin gespannt, wobei ich den alten Entwurf der so 20er Jahre mäßig rüberkam eigentlich am besten.

  • Bei den Fensterprofilen tippe ich auf Baubronze, eventuell eloxiertes Aluminium. Kunststoff wäre an dieser Stelle (eigentlich an jeder) ein Frevel. Die Fassade soll wohl Natur- oder Kunsstein sein, was man an der dezenten Fugengliederung bei der Detailansicht sieht. Insgesamt also ein sehr hochwertiger Eindruck. Den Entwurf finde ich gut. Es wird schwer sein die Entstehungszeit des Hauses zu erkennen, wobei das für diesen herausragenden Standort wohl angemessen ist.


    Mir scheint, dass die Wettbewerbsvorgaben sehr umfangreich waren. Die Entwürfe warten alle mit exakt der gleichen Anordnung der Fenster und Arkaden, sowie der Dachausformung (einschließlich der Deckung mit Kupferbahnen) auf.
    Ein wenig seltsam wirkt für mich, dass die Fensterachsen der Obergeschosse nicht recht mit denen in der Sockelzone korrespondieren (3 Achsen oben, treffen auf 2 unten). Das hat nur ein Büro geändert (RKW), wobei das bei denen dann unproportioniert wirkt.

  • ^ es wird Sandstein aus Cotta. Eigentlich ein untypischer Baustoff für die Stadt und vielleicht nicht der richtige. Bei den Fenstern glaube ich auch an Baubronze.


    Der beste Entwurf hat aber gewonnen. Stellt dieser mit seiner Fassadengliederung etwas besser den Bezug zum Burgplatz und des Neuen Rathauses im Historismus her. Die Verjüngung der Fassade nach oben, nimmt die Fenstergliederung als reines Hotel etwas raus. Man kann es gar nicht erahnen. Das trifft es ganz gut.


    Ob es in der Gestaltung nun den Figurenschmuck geben muss, bezweifle auch ich. Und das es auch die "Leipziger Disposition" darstellen soll, finde ich etwas arbiträr. Dann lieber doch wie beim Neuen Rathaus gegenüber - Handel, Handwerk, Buchdruck, Wissenschaft, Musik - das nimmt einfach mehr Bezug zur Identität der Stadt.

  • In Leipzig ist man seit geraumer Zeit recht abwechslungsfreudig was Natursteine angeht. Früher nutzte man vorzugsweiße lokal verfügbaren Porphyr. Das Neue Rathaus hingegen hat eine Fassade, die in großen Teilen aus mainfränkischen Muschelkalk besteht. Das an den Neubau angrenzende Merkurhaus hat ebenfalls eine Muschelkalkfassade. Bei der Deutschen Bank dürfte es sich wiederum um Sandstein handeln, wie auch am Hauptbahnhof. Die neue Propsteikirche setzt da mit ihrer Porphyfassade wieder einen deutlichen traditionellen Contrapunkt.

    2 Mal editiert, zuletzt von Saxonia () aus folgendem Grund: R

  • Ob es in der Gestaltung nun den Figurenschmuck geben muss, bezweifle auch ich. Und das es auch die "Leipziger Disposition" darstellen soll, finde ich etwas arbiträr. Dann lieber doch wie beim Neuen Rathaus gegenüber - Handel, Handwerk, Buchdruck, Wissenschaft, Musik - das nimmt einfach mehr Bezug zur Identität der Stadt.


    Was ist daran arbiträr? Die Disputation fand in der Pleißenburg, also am Burgplatz statt, und Figurenschmuck haben fasst alle großen Bauten dieser Zeit in der Innenstadt. Typischer könnte es eigentlich nicht sein.

  • Mir geht es weniger um den Zusammenhang mit dem Ort Burgplatz und dem geschichtlichen Bezug zum Geschehen sowie der Architektur einer gewissen Zeit. Meine Meinung zur arbiträren Darstellung bezieht sicher eher auf die "Disposition" als Geschehen im Bezug zur Leipziger Identität und der Fakt, dass diese Figuren einen Passageneingang und eine Hotelfassade zieren. Das wirkt mir etwas gezwungen, a la, was finden wir, was hier stattfand. Sogleich ich auch das auch nicht als eine Kritik der ganzen Planung in Frage stelle. Denke da gibt es bessere Bezüge, aber am Ende stört mich dieser nicht sonderlich.

  • Naja, aber wenn man die meisten anderen Fassadenfiguren in der Innenstadt beschaut (Karstadt etc), so scheinen die mir deutlich willkürlicher, da haben Luther und Eck mehr mit Leipzig zu tun. Und da das vielen heute sicher nicht bewusst ist und ein Reformationsjubiläum vor der Tür steht, why not educate the crowds? :D


    Aber was meinst du mit Identität? Eine Fassade voller Montagsdemonstranten? Punks für Connewitz, Kohlegrubenarbeiter?
    Spaß beiseite, mich würde wirklich interessieren, welche Bezüge du dir vorstellen würdest, die die Leipziger 'Identität' besser repräsentierten?

  • Schönes Projekt. Sehr gefällige Fassade. Glückwunsch nach Leipzig!


    Der Neubau und seine Lage am Burgplatz erinnern mich ein bisschen an das Looshaus in Wien und seine Lage am Michaelerplatz. https://de.wikipedia.org/wiki/…oshaus_Michaelerplatz.JPG


    Auch wenn das Looshaus als Vertreter der Wiener Moderne ein andere Fassadengestaltung besitzt, so ähneln sich dennoch die dreiflügelige Anlage, also Hauptfront mit zwei abgeknickten Seitenflügeln. Die Position, die der geplante Neubau am Leipziger Burgplatz einnimmt, ähnelt ein bisschen der Position des Looshauses am Wiener Michaelerplatz. https://de.wikipedia.org/wiki/Michaelerplatz

  • ^ japp - daran hatte ich auch gedacht.


    Naja, aber wenn man die meisten anderen Fassadenfiguren in der Innenstadt beschaut (Karstadt etc), so scheinen die mir deutlich willkürlicher, da haben Luther und Eck mehr mit Leipzig zu tun. Und da das vielen heute sicher nicht bewusst ist und ein Reformationsjubiläum vor der Tür steht, why not educate the crowds? :D


    Aber was meinst du mit Identität? Eine Fassade voller Montagsdemonstranten? Punks für Connewitz, Kohlegrubenarbeiter?
    Spaß beiseite, mich würde wirklich interessieren, welche Bezüge du dir vorstellen würdest, die die Leipziger 'Identität' besser repräsentierten?


    Wie schon geschrieben, beim Neuen Rathaus gegenüber - Handel, Handwerk, Buchdruck, Wissenschaft, Musik - das nimmt einfach mehr Bezug zur Identität der Stadt. Mir gehts - wie gesagt - nicht darum, dass die "Leipziger Disposition" keinen Bezug zum Ort herstellt. Aber es hat einen weniger prägnanten Einfluss auf so eine Stadtgeschichte. Es ist eben ein Ereignis in der Geschichte der Stadt. Während obige Begriffe schon eher eine Prägung der Stadt und derer Gesellschaft ausmachen. Weil über Jahrhunderte vertreten bzw. diese zur Entwicklung der Stadt beigetragen haben.


    Nochmal, am Ende ist es mir weniger wichtig und die Kritik hat dann auch nichts mit dem Entwurf zu tun. Welcher ja sehr gut gelungen ist.

    2 Mal editiert, zuletzt von hedges ()

  • Wenn ich vorher gewusst hätte, dass ein Gründerzeitgebäude 2.0 auf dem Burgplatz entstehen wird, hätte ich die Nase gerümpft. Aber der Siegerentwurf überzeugt mit seiner sehr vielseitigen und sehr hochwertig anmutenden Fassade. Das über zwei Stockwerke hochgezogene EG erinnert ein wenig an die Marktgalerie, die Figuren ähneln jenen am Petershof. An den Entwürfen, die alle überzeugen, erkennt man zudem, dass es strenge Vorgaben im Wettbewerb gab. Bei Krier/Kohl sieht man jedoch sofort, dass nur sie imstande waren, eine historische Fassade qualitativ hochwertig zu entwerfen und gleichzeitig die Monotonie stets gleichförmiger Hotelzimmer geschickt aufzubrechen. Überzeugend war das Berliner Architekturbüro ja schon beim Katharinum.


    Etwas kritisch sehe das blechern anmutende Dach sowie der hier schon erwähnte Übergang zum grünen Bestandsgebäude links.



    Der Siegerentwurf im Kontext des Burgplatzes. Ich finde auch, dass der Platz noch einmal eine Generalüberholung braucht. Die komischen Steine sind nun wirklich nicht mehr zeitgemäß und der Schleichweg für Autos rechts am Platz vorbei sollte m.E. auch verschwinden. Dafür vielleicht ein Springbrunnen in der Mitte?
    Bild: archkk.com

  • Ich finde auch, dass der Platz noch einmal eine Generalüberholung braucht. Die komischen Steine sind nun wirklich nicht mehr zeitgemäß und der Schleichweg für Autos rechts am Platz vorbei sollte m.E. auch verschwinden. Dafür vielleicht ein Springbrunnen in der Mitte?


    Die Steinblöcke kann man wirklich entfernen. Wobei sie mit den neuen Einzelhandelsflächen für Aufenthaltsqualität sorgen könnten - jetzt dienen sie ja hauptsächlich als Abgrenzung für die Pkw/Lkw. Schleichweg der Autos auf jeden Fall sperren! Ein Springbrunnen in der Mitte? Lieber nicht. Und weshalb:



    Die Nachstellung der Grundmauern der Pleißenburg. Der Brunnen ist aber eine gute Idee. Würde ich oben links, gegenüber der Litfaßsäule, platzieren.


    Der Blick ins Loch



    An der Markgrafenstraße.



    Tiefgarage unter dem Burgplatz mit Zugang zum Petersbogen.



    Am 3. März 2016 fanden Bohrarbeiten statt.



    Blick vom Neuen Rathaus mit dem Rattenfängerbrunnen zum Burgplatz.



    Und von der Lotterstraße aus.




    Burgstraße Ecke Ratfreischule zum Burgplatz.



    Blick in das Loch vom Petersbogen aus.



    Seit der Eröffnung - Ostern 2001 - haben Besucher diesen Ausblick.



    Seitlich sind zwei Planen montiert worden, die die Gebäude am Burgplatz zeigen.



    Seit 15 Jahren geht es hier nicht weiter - außer links zur Rolltreppe nach unten.



    Und die zweite Plane.



    Auf der Schloßgasse.



    Blick über den Bauzaun - auf Zehnspitzen versteht sich.



    Noch kann man das Neue Rathaus von hier aus fotografieren.

  • ^ Die Spuren der Pleißenburg im Pflaster würden auch für mich gegen einen zentralen Brunnen sprechen. Die Steinblöcke, die auch als Bänke benutzt werden, sind auf dem Platz unheimlich wichtig, um die Autos vom flüssigen Fuß- und Radverkehr zu trennen. Aber vielleicht könnte man über eine Lösung wie auf dem Magdeburger Domplatz nachdenken. Da hat man die Fundamente der (vermutlich) ottonischen Kaiserpfalz als Sitzbänke nachgezeichnet. Abei eigentlich braucht der Platz in meinen Augen keine Kur. Wenn das Gebäude erstmal steht und die Freisitze aufgebaut sind, wird er kompakt genug wirken. Und: Es gibt ja schon einen Brunnen auf dem Platz.


    Was in diesem Strang zur Lage des Platzes und zur Relevanz der hochwertigen Architektur gesagt wurde, kann ich damit ergänzen: Ich radele mehrmals täglich zu unterschiedlichen Zeiten über den Platz. Er ist schon heute ein Magnet für Touristen (liegt auf dem Weg zwischen Thomaskirche, Rathaus und Gericht) und ist für die Lage sehr belebt. Umso mehr freue ich mich, wenn er endlich fertig ist.

  • Ich finde, man könnte auch in der Mitte des Platzes eine ordentliche Linde als eine Art "Stadtbaum" pflanzen. Würde diesem "steinernen" Platz mMn etwas die Wucht und Strenge nehmen, außerdem die Aufenthaltsqualität erhöhen, ohne zu sehr den Blick auf die Gebäude zu stören. Und es hätte einen Bezug zur Stadt ;)


    Wäre vllt. ein wenig pathetisch, aber ich fänds dennoch gut. Zumal die Stadt schon genug Probleme hat, die aktuellen Brunnen zu betreiben.

  • ^^ So unterschiedlich können die Wahrnehmungen sein. Ich finde, der Burgplatz fristet ein ziemliches Schattendasein in der Innenstadt. Aber auf dem 1. Bild von Dave in #57 ahnt man schon, dass sich das mit dem Neubau schnell ändern und der Platz wieder zu einem echten Schmuckstück werden könnte.


    Und dieser erbärmliche Anblick, wenn man von der Lotterstraße aus den Platz betritt, ist dann endgültig passé.