Leipzig: Gentrifizierung (ehem. "Windmühle vs. Abschwiff")

  • ^ Ich verstehe deine Aufregung (mal wieder) nicht. Die Stadt nimmt Klagen in Kauf statt die KdU-Sätze anzuheben, die städtische LWB verscherbelt ihre Häuser und vermietet in gefragten Lagen Wohnungen weit jenseits der 4,48 Euro/qm und von der privaten Immobilienwirtschaft wird jetzt verlangt, dass sie genügend Wohnraum für Bedürftige bereitstellt? Ich bin hier wohl auf einer vorgezogenen Karnevalssitzung gelandet.

  • Die Vernebelungstaktik scheint zumindest aufzugehen. Die Verwendung des Präsenz und der Verweis auf die fast drei Jahre alten Zensus-Zahlen führen dazu, dass nun auch die BILD schreibt: "Leerstand. Noch immer stehen in Leipzig 39 000 (!) Wohnungen leer."


    BILD erklärt den neuen Streit zwischen Rathaus und Vermietern
    Ist sozialer Wohnungsbau in Leipzig so gefährlich?
    http://www.bild.de/regional/le…ialbau-34753098.bild.html


    In dem Blatt wird weiter ausgeführt, dass die LWB, die ca. 11 000 Wohnungen innerhalb der KdU-Bemessungsgrenzen vermietet, noch 2000 freie Wohnungen im unteren Mietsegment anbietet, hauptsächlich jedoch am Stadtrand. Die Stadtverwaltung wolle aber "tunlichst vermeiden, dass sich Hartz-IV-Empfänger in Randlagen konzentrieren, sich so „Arme-Leute-Quartiere“ bilden. Sie sollen überall wohnen können. Das geht aber nicht mehr mit 4,48 Euro/qm kalt."


    Zum Thema Sozialer Wohnungsbau nennt das Blatt zwei mögliche Szenarien, die zeigen sollen, dass dieser kontraproduktiv sei. Der Leerstand könne noch größer werden. "Oder und wahrscheinlicher: die dann frei gewordenen Wohnungen werden saniert und neu vermietet. Folge: die Mieten steigen weiter." Beide Szenarien gehen allerdings davon aus, dass die Zahl der auf günstige Mieten unter den KdU-Grenzen angewiesenen Haushalte gleich bleibt. Das ist unter anderem aufgrund der aktuellen Zuwanderung nicht sehr wahrscheinlich, denn unter den jährlich über 10.000 Zuziehenden sind ja nicht nur Reiche.



    "Überdies vermietet schon jetzt die Leipziger Immobilienwirtschaft 20 bis 25 Prozent ihrer Wohnungen an sogenannte KdU-Empfänger."


    Die Fragen dazu hat Altbaufan ja schon genannt. Die vier in der Plattform „wohnen bei uns“ zusammengeschlossenen Wohnungsgenossen Baugenossenschaft Leipzig eG (BGL), Vereinigte Leipziger Wohnungsgenossenschaft eG (VLW), Wohnungsgenossenschaft Transport eG (Wogetra) und Wohnungsgenossenschaft UNITAS eG verfügen zusammen über etwa 29.000 Wohnungen ( http://wohnen-bei-uns.eu/pages/wir-ueber-uns.php ). Die Wohnungsgenossenschaft Lipsia eG vermietet gemeinsam mit der Wohnungsgenossenschaft „Elsteraue“ eG mehr als 9.400 Wohnungen ( http://www.wg-lipsia.de/ ). Die Wohnungsgenossenschaft Kontakt e.G. ist mit fast 16.000 Wohnungen Leipzigs größte Wohnungsgenossenschaft, allerdings sind in der Zahl auch Wohnungen in Zwenkau und Böhlen enthalten ( http://www.wbg-kontakt.de/‎ ). Bei den sechs großen Genossenschaften sind es zusammen etwa 53.000 Genossenschaftswohnungen in Leipzig. Insgesamt sind es noch mehr, da es auch noch weitere Leipziger Genossenschaften gibt, etwa die Wohnungsgenossenschaft Pro LEIPZIG eG mit 1.047 Bestandswohnungen ( http://www.pro-leipzig.de/r-wohnungen.html ), die Wohnungsgenossenschaft Auenblick eG mit über 230 Wohneinheiten ( http://www.auenblick.de/index.php?page=home ) oder die Alternative Wohngenossenschaft Connewitz e.G. (AWC) mit 14 Häusern bzw. ca. 100 Wohnungen ( http://awc-eg.de/ ), und andere Genossenschaften in der Region einzelne Bestände in Leipzig haben, so z.B. die Wohnungsgenossenschaft Böhlen e.G. 306 Wohnungen ( http://www.wg-boehlen.de/ ). Damit dürfte es über 55.000 Genossenschaftswohnungen in Leipzig geben.


    Die LWB verfügt über ca. 35.000 Wohnungen ( http://www.lwb.de/unternehmen/die-lwb/zahlen-und-fakten ).


    Für die privaten Vermieter hat Siegfried Schlegel, Sprecher für Stadtentwicklung der Linksfraktion, vor zwei Jahren eine Zahl von über 190.000 Wohnungen genannt. Aufgrund von Verkäufen der LWB und der Genossenschaften und von Neubauten bzw. neuen Wohnungen in ehem. Industrieanlagen dürfte die Zahl mittlerweile auf um die 200.000 Mietwohnungen gestiegen sein.


    Damit kommen wir auf ca. 290.000 Mietwohnungen. Bei insgesamt etwa 330.000 Wohnungen insgesamt und etwa 37.000 (11,1%) von Eigentümer_innen bewohnten Wohnungen (Zensus: https://ergebnisse.zensus2011.…00000,GWZ_2_2_1_1,m,table ) geht die Rechnung ziemlich gut auf.


    Unter den Mieter_innen der LWB sind nach den vorliegenden Zahlen (siehe oben) etwa 10.000 Bedarfsgemeinschaften. Daher müssen von den insgesamt 39.100 Bedarfsgemeinschaften etwa 29.000 bei Genossenschaften oder privaten Vermietern wohnen. 29.000 Bedarfsgemeinschaften in 255.000 Mietwohnungen: 11,4 %. Wie soll die Aussage, 20 bis 25 Prozent der Wohnungen würden an sogenannte KdU-Empfänger vermietet werden, stimmen?


    Oder soll "die Leipziger Immobilienwirtschaft" nur für die Unterzeichner_innen stehen? Mit der GRK Holding AG, Leipziger Stadtbau AG, KSW GmbH und der Hansa Real Estate AG sind vier davon fast ausschließlich im gehobenen und Luxussegment aktiv. Da wüßte ich auch gern, wie das überhaupt mit den KdU-Sätzen vereinbar sein sollte. Bei Haus & Grund Leipzig e.V. sind eher die "kleinen" privaten Eigentümer mit einer Handvoll oder unter Hundert Wohnungen vertreten.


    Aber dann hätten die überwiegend deutschlandweit tätigen Big player wie Deutsche Annington ( http://www.deutsche-annington.…nen-in-leipzig/index.html ), Conwert (über 5.000 Wohnungen in Leipzig und Umgebung), Gutburg (mehr als 4.000 Wohnungen in Grünau - http://www.gutburg.de/leipzig ), Capital Real Estate (BCRE - mehr als 3.000 Wohnungen - http://www.bcre-leipzig.de/index.php ), TAG ( 1.375 Wohnungen - http://tag-wohnen.de/standorte/leipzig/ ), Blackstone Group L.P. (mehr als 1.000 Wohnungen, fast alle in Grünau - http://www.deutsches-architekt…m/showthread.php?p=330096 ), Deutsche Wohnen (v.a. in Lindenthal, Übernahme der Blackstone-Wohnungen im zweiten Quartal 2013?) etc. kaum mehr Hartz-IV-Empfänger_innen unter ihren Mieter_innen. Da sie sich allerdings oft auf Wohnungen in genormter Bauweise häufig in den randstädtischen Großwohnsiedlungen konzentrieren wird das genaue Gegenteil der Fall sein.

    Summa summarum: Ich halte die Aussage für falsch.

  • Genossenschaftliche Modelle oder Mieterselbstverwaltungsmodelle

    Um die oben begonnene Diskussion über die Einfluß- und Steuerungsmöglichkeiten der Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik, Wohnungen im preisgünstigen Segment zu fördern, fortzusetzen, hier ein ausführlicherer Hinweis auf ein aktuelles Interview mit Dr. Andrej Holm. Es steht im Zusammenhang mit dem Erscheinen seines neuen Buches "Mietenwahnsinn: Warum Wohnen immer teurer wird und wer davon profitiert"; Droemer Knaur Verlag, http://www.droemer-knaur.de/buch/7935203/mietenwahnsinn


    Das Interview paßt meines Erachtens sehr gut zur Diskussion in Leipzig, weil hier viele solcher genossenschaftlichen oder genossenschaftsähnlichen Modelle ohne Renditeziel verwirklicht wurden und werden, die am Ende des Interviews ausführlicher angesprochen werden.


    WDR 5, Neugier genügt
    Sendung vom 26.02.2014
    Redezeit mit Dr. Andrej Holm: Die Mieten steigen. Wer profitiert?
    http://www.wdr5.de/sendungen/n…dezeit/andrejholm100.html


    Eine von mir vorgenommene Transkription der letzten Teiles von Minute 18:20 bis 23:04:


  • Leipzig: Preiswert und selbstbestimmt Wohnen

    In der Leipziger Stadtverwaltung, speziell dem Amt für Stadterneuerung und Wohnungsbauförderung (ASW), werden seit einiger Zeit solche Modelle bereits unterstützt und gefördert. Das könnte jedoch auch noch verstärkt werden und entsprechende Ansätze werden im Zusammenhang mit dem neuen wohnungspolitischen Konzept bereits diskutiert.


    Der Stadtplanverlag Leipzig gibt jedes Jahr einen "Stadtplan Leipzig Bauen & Wohnen. Wegweiser zu Handwerk & Handel" heraus. Auf der Rückseite des Planes informiert das ASW über aktuelle Entwicklungen und Vorhaben der Stadtentwicklung. In diesem Jahr wurde erstmal ein längerer Abschnitt über die Kollektivhäuser aufgenommen. Ich zitiere länger aus dem Text (eine Erlaubnis dafür liegt vor):


  • All diese Modelle des genossenschaftlichen Eigentums haben ihre Berechtigung, jedoch halte ich sie nicht auf breiter Front für verwirklichbar. Es fehlt der Langzeitbeweis, dass Immobilien über Jahrzehnte substanzerhalten werden können, wenn die Mechanismen von Kapitalbildung und Eigentumswert ausser Kraft gesetzt werden. Diese Modelle verlangen alle, dass Eigentümer auf ihre Eigentumsrechte verzichten. Auf lange Sicht ist das nach meiner Meinung unglaubwürdig. An dieser Stelle entsteht mir zu sehr der Eindruck, dass hier ein Allheilmittel gegen angeblichen Wohnkostendruck und Immobilien als Anlageklasse vorgeschlagen wird.


    Zudem halte ich es für sehr zeitraubend, kollektivistische Eigentumsformen zu verwalten. Das geht mit viel Idealismus und Willen zur Selbstausbeutung, den die Mehrheit meiner Meinung nach nicht besitzt. Die meisten Einwohner Leipzigs wollen einfach nur preiswert und komfortabel wohnen und möglichst unbehelligt von Vermieter und Verwaltung ihr Dahinleben gestalten. Sonst würden in den Großwohnsiedlungen und alten Genossenschaftssiedlungen die Hausgemeinschaften fröhlichste Urständ feiern. Fehlanzeige, ausgenommen von einigen idealistischen Kommunen in Lindenau und Plagwitz. Diese Ausnahmen bestätigen eher die Regel.


    Noch gibt es in Leipzig viele ungenutzte, unsanierte oder untergenutzte Immobilien. Das wird auch noch auf lange Zeit so bleiben. Bis wirklich eine Wohnungsnot einsetzt, wird es noch lange dauern. Daher kann es nur das Interesse der Stadt sein, leerstehende Immobilien neuen Eigentümern zuzuführen. Ob das über konventionelle oder alternative Formen geschieht ist zweitrangig. Durch die fortlaufende Inwertsetzung des Immobilienbestandes entstehen aber Werte, aus idealistischen Genossen werden Immobilienbesitzer (auch wenn sie das selber nie zugeben würden :lach:). Ich habe meine Zweifel, dass sich alternative Formen des Eigentums über lange Zeit fortsetzen lassen. Sie taugen dazu, Inwertsetzungsprozesse zu iniitieren, aber danach wird meiner Ansicht nach der Altruismus schnell aufhören und Renditeziele wieder in den Fokus rücken.

  • All diese Modelle des genossenschaftlichen Eigentums haben ihre Berechtigung, jedoch halte ich sie nicht auf breiter Front für verwirklichbar. Es fehlt der Langzeitbeweis, dass Immobilien über Jahrzehnte substanzerhalten werden können, wenn die Mechanismen von Kapitalbildung und Eigentumswert ausser Kraft gesetzt werden.


    Um nur mal in Leipzig zu bleiben: Die Baugenossenschaft Leipzig eG ist die älteste sächsische Wohnungsgenossenschaft, sie wurde 1898 gegründet. Sie besteht damit seit 116 Jahren. Die BGL verfügt über ca. 9.000 Wohnungen im gesamten Stadtgebiet von Leipzig: http://www.bgleipzig.de/
    Die Vereinigte Leipziger Wohnungsgenossenschaft eG (VLW) wurde 1922 als „Baugenossenschaft für die Reichsfinanzbeamten in Leipzig“ gegründet. Nach weiterer Umbenennung und häufig wechselnden Bedingungen gehört sie heute mit mehr als 6.600 Wohnungen in Leipzig und Umgebung sowie circa 8.500 Mitgliedern zu den großen Wohnungsunternehmen der Region. http://www.vlw-eg.de/portrait/


    Andere große Genossenschaften sind, vor allem auch aufgrund der Zerschlagung vieler Genossenschaften in der Zeit des Nationalsozialismus ( http://genossenschaftsgeschich…m-nationalsozialismus-685 ), Neugründungen aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Das hat natürlich ganz wesentlich damit zu tun, dass in der Zeit akuter Wohnungsnot die volkseigenen Betriebe selbst Neubauten für ihre Mitarbeiter_innen errichteten und sich zu Anfang der 50er Jahre aus diesen Betriebsabteilungen die sogenannten Arbeiter-Wohnungsbau-Genossenschaften (AWG) bildeten. So z.B. die WOGETRA im Jahr 1954 mit heute über 7.300 Wohnungen ( http://wogetra.de/genossenschaft/zahlenfakten/ ), ebenfalls 1954 die Wohnungsgenossenschaft „Lipsia“ eG mit mehr als 9.400 Wohnungen ( http://www.wg-lipsia.de/genossenschaften/wir-uber-uns/ ) und die WBG Kontakt eG mit heute fast 16.000 Wohnungen Leipzigs größte Wohnungsgenossenschaft ( http://www.wbg-kontakt.de/ ) sowie die Wohnungsgenossenschaft UNITAS eG 1957 ( http://www.wg-unitas.de/geschichte.html ). Das sind aber auch bald 60 bis 70 Jahre, reicht das als Langzeitbeweis?


    Hierzu und vor allem zum kommunalen Wohnungsbau empfehle ich einen Blick in das Buch: Eine Wohnung für alle! Geschichte des kommunalen Wohnungsbaus Leipzig 1900-2000. Hrsg. Pro Leipzig e.V., Leipziger Wohnungsbaugesellschaft mbH, Pro Leipzig, ISBN 3-9807201-1-x.

    Solltest Du lediglich auf die neuen ("jungen") Genossenschaften und andere Rechtsformen wie GmbHs im Mietshäuser Syndikat abheben, so können die in Leipzig selbstverständlich erst nach der Wende 1989/90 bzw. in den letzten Jahren aufgrund der niedrigen Immobilienpreisen entstanden sein. Die Alternative Wohngenossenschaft Connewitz eG (AWC) wurde im September 95 gegründet und erlangte im März 96 durch Eintragung im Genossenschaftsregister des Amtsgerichtes die endgültige Rechtsfähigkeit (http://awc-eg.de/geschichte/).


    In den alten Bundesländern gehen solche Ideen aber bis in die 1970er und 1980er Jahre zurück. Die ältesten Projekte im Verbund des Mietshäuser Syndikats entstanden 1977 in Marburg (Ketzerbach), 1978 in Sulzburg bei Freiburg (Krone), 1979 in Tübingen (Ludwigstraße 15) und 1980 in Berlin (Oranienstraße 45), Tübingen (Schellingstraße) und Freiburg (Grether West). http://www.syndikat.org/s/service/broschuere_nr6.pdf



    Ich habe meine Zweifel, dass sich alternative Formen des Eigentums über lange Zeit fortsetzen lassen. Sie taugen dazu, Inwertsetzungsprozesse zu iniitieren, aber danach wird meiner Ansicht nach der Altruismus schnell aufhören und Renditeziele wieder in den Fokus rücken.


    In der verlinkten Broschüre wird ausführlich erklärt, wie beim Mietshäuser Syndikat durch eine recht komplizierte juristische Konstruktion eine Reprivatisierung dauerhaft unmöglich gemacht wird



    An dieser Stelle entsteht mir zu sehr der Eindruck, dass hier ein Allheilmittel gegen angeblichen Wohnkostendruck und Immobilien als Anlageklasse vorgeschlagen wird.


    Kein Mensch sagt, dass es ein Allheilmittel ist. Es ist aber ein Mittel, um im preisgünstigen (und mittleren) Sektor Wohnraum neu zu schaffen und dauerhaft zu erhalten. In Leipzig heißt das im Moment Nettokaltmieten von 2,00 bis 4,50 Euro/m² bei den etwa 50 Kollektivhäusern und 4,00 bis (im Neubau etwa der BGL in Connewitz sogar schon) 8,00 Euro/m² bei den traditionellen Wohnungsgenossenschaften. Im mittleren und im gehobenen Sektor kann sich der Immobilienmarkt doch weiterhin frei entfalten, momentan macht er das doch sowieso schon nur in dem Bereich. Es wird fast nur in diesem Bereich gebaut und Geld angelegt.

  • Ja, ich hebe nur auf die neueren genossenschaftlichen Vereinigungen ab und die alternativen sog. Syndikatsformen.


    Wenn ich diese Broschüren so überfliege entsteht der Eindruck, dass das ganze eher einen linksideologischen Anspruch hat. Nicht jeder sieht in seiner Wohnform einen klassenkämpferischen Akt. ;)


    Vor allen hat diese Form etwas Zwanghaftes, wo von freier Entscheidung keine Rede sein kann. Wenn eine Privatisierung im Wege von juristischen Vertragskonstruktionen verhindert wird, werden Mitglieder doch gezwungen, dauerhaft auf ihr Privateigentum zu verzichten und müssen darüber hinaus einen Solidarbeitrag abführen. Dafür dürfen sie die Sanierung auch noch selber durchführen. Ein sehr schlechter Deal, der dazu auch noch als irgendwie selbstbestimmt bemäntelt wird. Wenn ich das Material im Vorgängerpost lese, ist das auch nur Ausbeutung, die nicht nur durch Arbeitsleistung sondern dauerhaft mit sozialem Gruppendruck einhergeht. Das ist weder für den durchschnittlichen Mieter mit geringem Einkommen auf breiter Front anziehend, noch für Wohlhabende. Eine für den gesamten Immobilienmarkt unbedeutende Nischenlösung.

  • Nunja, es wird wohl niemand verlangen können, das sich 70jährige Rentner an der nahezu händischen Sanierung eines unsanierten Gebäudes beteiligen. Auch muss ich gestehen, dass ich es als wenig realistisch ansehe, dass Geringverdiener sich auf diese vorgeschlagenen Modelle einlassen. Die Stadt Leipzig weist so viele günstig zu erwerbende Gebäude auf, warum wird das Modell denn nicht auf viel breiterer Ebene gelebt? Warum muss es hier denn so vehement verteidigt werden, wenn es ein so gutes Modell ist? Ich will das ja nicht verdammen, aber die Realität ist doch eine andere.


    Ich bin generell der Meinung, das der Wohnungsmarkt sich selbst überlassen werden sollte, soweit das irgend möglich ist. Angebot und Nachfrage pendeln sich von selbst ein. Wenn jemand alternative Wohnformen und Eigentumsstrukturen anstrebt, dann soll jeder seine Freiheit haben das zu tun. Und es wird ja auch getan.
    Leipzig besteht aber nicht zur Mehrheit aus Arbeitslosen und Geringverdienern. Also sollte aber nicht jede handwerklich detailliert ausgeführte Sanierung eines Immobilienunternehmens als Reichenghetto oder Verdrängung kritisiert werden. Es ist schließlich das Risiko des Unternehmers, Wohnungen jenseits von 400.000 EUR anzubieten. Die Durchschnittseinkommen in Leipzig sind öffentlich im Statistikangebot der Stadt einzusehen, so dass sich jeder Bauherr zur marktlichen Tragfähigkeit seines Vorhabens informieren kann.
    In Summe hemmen künstlich eingezogene Barrieren die Entwicklung eher, als das sie dies fördern. KdU-Sätze hat die Stadt willkürlich definiert, der Immobilienmarkt hält sich nicht an solche Vorgaben, ähnlich wird es mit der Mietpreisbremse verhalten. Wenn diese Sätze zu niedrig sind, dass ist das aus meiner Sicht das Problem der Politik, nicht des Wohnungsmarktes. Hier bilden sich die Preise frei und das muss auch so bleiben.


    Um Wohnraum für Geringverdiener zu schaffen, sollten die Akteure dafür herangezogen werden, deren originärer Zweck dies ist oder zumindest war. Die LWB und andere Genossenschaften. Wobei lediglich im Falle der LWB die Stadt eine wirkliche Handhabe hat. Hier bin ich für eine Stärkung dieser Formen, aber das sollten auch staatsferne, freiwillige Aktionen sein.

  • Keine_r wird bestreiten, dass die Mitstreiter_innen solcher "Hausprojekte" sich häufig eher im linken, alternativen, grünen oder wie auch immer genannten Spektrum verorten würden und mit ihrer gewählten Wohn- und Lebensform auch bestimmte Ideale verwirklichen wollen. Mitglieder der Jungen Union, JULis, CDU und FDP sind mir dabei allerdings noch nicht begegnet. :lach: Oft sind die Leute in der Startphase auch eher jünger, so Anfang zwanzig bis Ende dreißig, wobei teilweise auch Leute in ihren Fünzigern und Sechzigern mit einem solchen Projekt beginnen.


    Selbst das mit dem Durchschnittsalter und der politischen Motivation ändert sich, es gibt beim Mietshäuser Syndikat auch Anfragen von Gruppen mehrheitlich "älterer Semester" und z.B. die Initiative "Haus Ugental" in Heidenheim ist bereits in den Verbund aufgenommen. Aus der Selbstbeschreibung in der Broschüre auf S. 57: "Auch „graue Köpfe“ wollen selbstbestimmt und in Gemeinschaft leben. Dafür werden wir ein Rest-Grundstück im Mehrgenerationen-Wohnprojekt „Dorf in der Stadt“ erwerben und ein
    Haus für eine Pflege-WG (10 Zimmer) und 5 betreute Wohnungen bauen, sowie einen „Dorf-Treff“ als sozialen Mittelpunkt der ganzen Gemeinschaft. ... Unser Verein hat derzeit 50 bis 60 Mitglieder und Freunde, die „Haus Ugental“ realisieren wollen."


    Durch die selbstgewählte Form des kollektiven Eigentums an dem Haus sind alle Bewohnerinnen Mieter und zugleich als Gruppe ihre eigenen Vermieterinnen. Sie haben kein Privateigentum an der Wohnung bzw. den eigenen Wohnräumen und wollen auch keines, denn sonst hätten sie sich ja gleich für eine Eigentumswohnung in einer WEG entschieden (sofern das Geld dafür da gewesen wäre). Sollte jemand später doch noch Wohnungseigentum erwerben wollen, so steht es ihm jederzeit offen, wie jeder andere Mieter auch auszuziehen und den neuen Traum anderswo zu leben. Geld wird in die Projekte zumeist in Form von Direktkrediten eingebracht, die unabhängig sind von der Rolle als Bewohnerin/Mieterin und auch nach einem Auszug weiterhin entsprechend den Kreditverträgen von der Hausgruppe zurückgezahlt werden. "Verloren" ist in dem Falle des Auszugs die eingebrachte Eigenleistung, aber das ist allen von vornherein klar. Je nach Mietdauer ist die durch deutlich geringere Mieten und ein schöneres Leben nach den eigenen Vorstellungen auch schon "kompensiert". Sie müssen keinen Solidarbeitrag gegen ihren Willen abführen, sie wollen es. Übrigens müssen andere Mieterinnen die Renditen ihrer Haus- bzw. Wohnungseigentümerinnen mit ihrer Miete finanzieren und da geht es um größere Summen als monatlich 10 bis 50 Cent je m² Nutzfläche.


    Eine für den gesamten Immobilienmarkt unbedeutende Nischenlösung.


    Auch da will ich nicht gänzlich widersprechen, frage mich aber, wie groß eine Nische jetzt schon ist und vor allem noch werden kann. Derzeit gibt es in Leipzig etwa 50 Kollektivhäuser mit durchschnittlich 12 Bewohner_innen (Kinder nicht mitgezählt), also grob über den Daumen gepeilt 600 Erwachsene. Bei insgesamt 540.000 Einwohnerinnen in Leipzig sind das gerade mal etwa 0,17 Prozent. Die etwa 2000 Bewohnerinnen aller etwa 80 Syndikatsprojekte in ganz Deutschland werde ich nun auch nicht den 80,8 Millionen Einwohnern gegenüberstellen. :lach: Aber innerhalb von speziellen Stadtteilen wie Connewitz, Plagwitz oder Lindenau haben solche Hausprojekte doch schon wieder einiges Gewicht.

  • Nunja, es wird wohl niemand verlangen können, das sich 70jährige Rentner an der nahezu händischen Sanierung eines unsanierten Gebäudes beteiligen.


    Du glaubst nicht, mit welchem Eifer manche Eltern, die z.T. die 70 bald erreicht oder schon überschritten haben, herangehen, um ihre Kinder beim Hausbau zu unterstützen. :lach: Das ist ja bei manchen Häuslebauern kaum anders. Die meisten 70jährigen haben jedoch seit Jahren ihre Wohnung und ihre soziales Umfeld, die wollen meist nur noch ein- oder zweimal umziehen, einmal davon im Liegen. Umzug ist da seltener Thema, weder in Kollektivhäuser noch in "normale" Mietswohnungen.


    Und es muss auch nicht jeder gleichviel Arbeitsstunden einbringen, die auf Zetteln abgerechnet werden wie im Kleingärtnerverein. Jede bringt das ein, was sie kann, eine mehr Zeit und Arbeitskraft, der zweite etwas mehr Geld als Direktkredit und die dritte "Sorgearbeit", kümmert sich um den Zusammenhalt der Gruppe und das Wohlbefinden der Einzelnen. Das nennt sich dann Solidarität. Und wenn die meisten Gruppenmitglieder wenig Zeit haben, weil Arbeit und Kinder, dann müssen halt Firmen mit der Sanierung beauftragt und bezahlt werden und die Miete wird etwas höher - aber immer noch weniger als aktuelle Neuvermietungsmieten in Leipzig.


    Es geht auch nicht darum, "jede handwerklich detailliert ausgeführte Sanierung eines Immobilienunternehmens als Reichenghetto oder Verdrängung" zu kritisieren. Wer hat das hier im Forum getan? Bei bewohnten Häusern darf aber wohl durchaus noch gefragt werden, was mit den bisherigen Mieter_innen vor, während und nach der Sanierung eines Gebäudes geschieht. Noch konzentriert sich das Sanierungsgeschehen in Leipzig jedoch auf leerstehende Häuser, wobei sich das im Süden und Teilen des Westens auch schon ändert. Damit gibt es meist nur indirekte Effekte auf die Nachbarschaft. Etwa in Berlin, wo es vor einiger Zeit auch noch nennenswerten Wohnungsleerstand gab, ist es schon fundamental anders.



    Leipzig besteht aber nicht zur Mehrheit aus Arbeitslosen und Geringverdienern.


    Auch das hat niemand behauptet. Allerdings hatten wir in der Stadt 2012 eine Armutsquote von 25,9 Prozent, d.h. jeder vierte Bewohner muß mit weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens in Deutschland auskommen. Er kann sich also auch nur eine geringere Miete als der Durchschnitt der Bevölkerung leisten. Die durchschnittliche Angebotsmiete in ganz Deutschland beträgt 6,78 Euro/m², 60 % davon sind 4,07 Euro/m².


    Bei den Geringverdienerinnen und speziell den Hartz-IV-Empfängerinnen gibt es nun auch in Leipzig zunehmend Probleme, bezahlbaren Wohnraum anzumieten. Aktuell sollen 10.000 Wohnungen innerhalb der Bemessungsgrenzen für die "Kosten der Unterkunft" fehlen. Siehe http://www.deutsches-architekt…m/showthread.php?p=417454 ff. Die Arbeitslosenquote lag im Dezember 2013 bei 10,3 Prozent, das sind 28.085 Menschen ( http://www.lvz-online.de/leipz…-wirtschaft-a-221689.html ). Die Zahl der Haushalte, die auf die teilweise oder vollständige Erstattung der „Kosten der Unterkunft“ angewiesen sind, liegt bei 39.100.


    Es ist eine gesellschaftliche Aufgabe, dieses zu Problem zu lösen, für das ein unregulierter Wohnungsmarkt zur Zeit offenbar keine Ansätze oder vielmehr noch gar kein Interesse hat.



    Um Wohnraum für Geringverdiener zu schaffen, sollten die Akteure dafür herangezogen werden, deren originärer Zweck dies ist oder zumindest war. Die LWB und andere Genossenschaften. Wobei lediglich im Falle der LWB die Stadt eine wirkliche Handhabe hat. Hier bin ich für eine Stärkung dieser Formen, aber das sollten auch staatsferne, freiwillige Aktionen sein.


    Wie genau stellst Du Dir die Stärkung dieser Formen vor?

  • Wie genau stellst Du Dir die Stärkung dieser Formen vor?


    Ich bin kein Jurist, daher kann ich dazu nichts Erschöpfendes sagen. Jedoch ist es die Aufgabe der Stadt, Elemente der Daseinsvorsorge vorzuhalten. Das kann sie auch tun, wenn sie Steuerinstrumente wie die LWB gut pflegt.



    Die beschriebenen "solidarischen" Modelle hören sich für mich nach ganz schlimmem Gruppenzwang an, ich kann da nur den Kopf schütteln wie man sich auf sowas einlassen kann. Ich stecke meine Arbeitskraft in etwas das mir nicht gehört. Ein schlechter Deal und Ausbeutung obendrein. Es werden sich in jeder Gruppe Despoten finden, die dann wieder die Macht oder Bestimmungshoheit an sich reissen oder mit der Moralkeule kommen, das dieser oder jene mehr tun als andere/weniger/nichts tun. Das endet zwar nicht im Gerichtsprozess aber in viel subtilerem Psychoterror. Um den Chef zu spielen braucht es kein Geld. Mir macht sowas Angst. Kollektives Eigentum - allein der Begriff ist schon ein Widerspruch in sich. Entweder gehört mir was, dann arbeite ich auch dafür oder nicht, dann lässt man es.


    Auch stört mich ein bisschen, dass hier immer angebliche Rechtszwänge herbeizitiert werden und auf angebliche Armut der Bevölkerung, die es verunmöglicht den Wohnungsmarkt unreguliert zu lassen. Wieso muss man denn gegen ungute Regulierung mit noch mehr unguter Regulierung vorgehen? Das verstehe ich nicht. Eher trägt es zur Bürokratisierung bei und macht mündige Bürger zu Leistungsempfängern und Leuten, die ihre Intelligenz vorwiegend in die Einwerbung öffentlicher Beihilfen stecken. Aber nochmal, dies ist eine Minderheit zu der 75% der Leipziger nicht gehören.

  • Warum sollte ich eine Form des Zusammenlebens, die in meinen Augen antiindividualistisch, gruppenbezogen und latent totalitär ist, freiwillig suchen?



    Und zum Thema "Arme" sind nicht die Mehrheit. Sicher, sie sind "nur" ca. 25%. Trotzdem kann man nicht 1/4 der Bevölkerung ignorieren, sondern muss für deren Unterbringung sorgen bzw. ein entsprechdes Angebot bereithalten und das wird die LWB nie allein schaffen. Dazu muss auch die freie Immobilienwirtschaft etwas beitragen, wie ist im Detail zu klären (dazu gab es bereits viele Vorschläge).


    Wenn ich dir vorherigen Posts lese, wird ausschließlich über KdU-Sätze diskutiert. Dann ist die Diskussion ganz schön unausgewogen. Man kann doch keinen Immobilienmarkt gestalten, wenn man immer nur das untere Ende betrachtet? Sollen denn die Wohlhabenden, die sich besseres leisten können, in billigen Unterkünften leben, weil der Immobilienwirtschaft nicht erlaubt ist, hochwertig zu bauen? Das ist doch pervers in meinen Augen? Ich meine, kein Marktakteur darf dazu verpflichtet werden in bestimmter Weise zu bauen. Wie dirigistisch diese Vorstellung ist, wird gut deutlich, wenn man den Spieß umdreht: Was wäre denn, wenn die Stadt Euch Alternativen vorschreiben würde auch Luxuswohnungen am Clarapark in Eurer Wohnraumportfolio zu nehmen? Totaler Quatsch.


    Ich befürchte, die Immobilienwirtschaft interessiert sich nicht für ein Wohnraumangebot auf niedrigem Ausstattungsniveau. Es ist einfach nicht lohnenswert oder entspricht nicht den Renditeerwartungen der Fremdkapitalgeber.

  • Familienrat: Warum macht ihr euch eigentlich über Oma Berta Sorgen, nur weil die ins Krankenhaus muss? Hier wird ausschließlich über Oma Berta diskutiert und darüber, wer sie wann besuchen kann. Dann ist die Diskussion ganz schön unausgewogen. Man kann doch keinen Familienrat halten, wenn man immer nur die Lage von Oma Berta betrachtet. Onkel Klaus geht es doch prima und den beiden Zwillingen von Maria erst. Die wachsen und gedeihen ganz prächtig. Sollen die etwa auch ins Krankenhaus? Nein! Also laßt uns endlich fröhlich sein und lieber die besuchen, dass ist mit Sicherheit viel netter und entspannter als bei Oma Berta.



    Sollen denn die Wohlhabenden, die sich besseres leisten können, in billigen Unterkünften leben, weil der Immobilienwirtschaft nicht erlaubt ist, hochwertig zu bauen?


    Nein, sollen sie nicht, im Gegenteil. Sie können, dürfen und sollen sich auf dem Immobilienmarkt etwas nach ihren Wünschen und Vorstellungen aussuchen können. Das Angebot für sie wird ja immer breiter. Wenn in diesem Marktsegment sich alle ausreichend versorgen können und keine Klagen über zu kleine oder zu billige Wohnungen laut werden, braucht es auch keine Regulierungen.


    Nur muß eine Gesellschaft auch für die Menschen Sorge tragen, die sich eben nicht ohne Unterstützung auf dem Immobilienmarkt mit einer Wohnung versorgen können. Wenn kleine und günstige Wohnungen auf dem Immobilienmarkt knapp werden und diese "Marktlücke" trotz aller vorgeblichen Selbstregelungskräfte des reines Marktes nicht von allein gefüllt wird, dann muss eben über entsprechende Regulierungen diskutiert werden, wie kleine und günstige Wohnungen trotzdem zu erhalten oder neu zu schaffen sind.


    Wohnungen sind keine Flasche Wein, wo man sich je nach Dicke des Geldbeutels für einen edlen Jahrgang aus Südfrankreich oder einen Verschnitt aus dem Tetrapack bei Aldi entscheiden kann. Und wer "Pech" hat und gerade mal kein Geld, muss eben Leitungswasser trinken. Man kann nicht nicht wohnen. Es gibt ein Menschenrecht auf angemessenes Wohnen.


    Bericht zur jährlichen Überprüfung der Höhe der Kosten der Unterkunft und Heizung 2013
    http://notes.leipzig.de/appl/l…BEF0FA84C1257C5C0028951F/
    http://notes.leipzig.de/appl/laura/wp5/kais02.nsf/docid/5EE03FA5BEF0FA84C1257C5C0028951F/$FILE/V-ds-3553-text.pdf

  • ^ Ich finde schon, dass die Diskussion hier und außerhalb des Forums zum einen einseitig geführt wird und zum anderen schnell Schuldige ausgemacht werden, die m.E. nichts für den vermeintlichen Mangel an günstigen Wohnungen können. Des Weiteren wird so getan, als ob Immobilienentwickler unabhängig von Einkommen und Nachfrage jeden Kauf-/Mietpreis willkürlich in ungeahnte Höhen treiben könnten. Das ist mitnichten so. Im Gespräch erzählte mir jüngst ein Makler beispielsweise, dass die Mietpreiserwartungen für die Neubauten in der Ferdinand-Lassalle-Straße (1-A-Lage mit Sternchen) wegen schleppender Nachfrage nach unten korrigiert werden mussten. Für die jüngste GRK-Sanierung in der Zschocherschen Straße werden unter 7 Euro;/qm kalt bei Erstbezug aufgerufen, für die jüngst in die Vermietung gestarteten Familienwohnungen im Brunnenviertel (Stadbau AG) direkt an der Georg-Schwarz-Straße gar nur 5,70 Euro;/qm. Ich finde, das ist für mittlere Einkommen bezahlbar.


    Das Problem der niedrigen KdU-Sätze sehe ich für die Zukunft zwar auch, die Debatte darüber, bei der lediglich die Sau der privaten Immobillienentwickler durchs Dorf getrieben wird, stört mich allerdings sehr. Dass die Mieten künftig steigen, ist in erster Linie der gestiegenen Attraktivität der Stadt, dem hohen Zuzug und der positiven wirtschaftlichen Entwicklung geschuldet. Dass Neubau eher im gehobenen Segment stattfindet, hier gibt es unterschiedliche Ansichten, entschärft m.E. eher die Situation. Zumindest einfach mal die KdU-Sätze zu erhöhen, bringt wiederum wenig und wäre mitunter kontraproduktiv. Die meisten Leipziger Haushalte zahlen eine Miete von um die 5 Euro;/qm. Selbst bei einer geringen Erhöhung der Sätze könnten sich die Mieten für die Allermeisten deutlich erhöhen.

  • Moschelesstr. 1 / Ecke Ferdinand-Lassalle-Straße:
    http://www.immobilienscout24.de/expose/72775390
    Zimmer: 5,00
    Wohnfläche ca.: 215,00 m²
    Nutzfläche ca.: 170,00 m²
    Kaltmiete: 2.042,50 EUR --> 9,50 EUR/m²
    Nebenkosten: 470,00 EUR --> 2,19 EUR/m²
    Gesamtmiete: 2.512,50 EUR --> 11,69 EUR/m²

    Parkvillen „Claire“, „Jeanne“ und „Noëlle“

    http://www.immobilienscout24.de/expose/72681297
    Wohnfläche ca.: 191,55 m²
    Wohnungstyp: Etagenwohnung
    Kaltmiete: 2.394,00 EUR --> 12,50 EUR/m²
    Nebenkosten: 470,00 EUR -> 2,45 EUR/m²
    Gesamtmiete: 2.864,00 EUR -> 14,95 EUR/m²


    Villa am Palmengarten
    Käthe-Kollwitz-Straße 80 B
    http://www.immobilienscout24.de/expose/72658590
    Zimmer: 5,00
    Wohnfläche ca.: 300,00 m²
    Wohnungstyp: Hochparterre
    Kaltmiete: 3.150,00 EUR --> 10,50 EUR/m²
    Nebenkosten: 690,00 EUR --> 2,30 EUR/m²
    Gesamtmiete: 3.840,00 EUR --> 12,80 EUR/m²



    Im Gespräch erzählte mir jüngst ein Makler beispielsweise, dass die Mietpreiserwartungen für die Neubauten in der Ferdinand-Lassalle-Straße (1-A-Lage mit Sternchen) wegen schleppender Nachfrage nach unten korrigiert werden mussten.


    Ich schäme mich für meine Kaltherzigkeit, aber bei diesen Preisen hält sich mein Mitleid für die Makler und die eventuell nicht ganz aufgegangene Kalkulation doch einigermaßen in Grenzen.

    Zschochersche Straße 61
    4-Zimmer-Wohnung mit sonniger Loggia
    http://www.immobilienscout24.de/expose/72660822
    Wohnfläche ca.: 131,69 m²
    Kaltmiete: 895,49 EUR --> 6,80 EUR/m²
    Nebenkosten: 289,72 EUR --> 2,20 EUR/m²
    Gesamtmiete: 1.185,21 EUR --> 9,00 EUR/m²


    Zschochersche Straße 61
    2-Zimmer-Wohnung
    http://www.immobilienscout24.de/expose/72824437
    Wohnfläche ca.: 61,89 m²
    Kaltmiete: 420,85 EUR --> 6,80 EUR/m²
    Nebenkosten: 136,16 EUR --> 2,20 EUR/m²
    Gesamtmiete: 557,01 EUR --> 9,00 EUR/m²


    Gießerstraße 1
    4-Zimmer-Wohnung
    http://www.immobilienscout24.de/expose/71934334
    Wohnfläche ca.: 143,00 m²
    Kaltmiete: 1.075,00 EUR --> 8,02 EUR/m²
    Nebenkosten: 287,00 EUR --> 2,14 EUR/m²
    Gesamtmiete: 1.362,00 EUR --> 10,16 EUR/m²


    Zum "Brunnenviertel" der Stadtbau AG kann ich mir in erster Linie über die drei auf deren Website veröffentlichten Exposés ein Bild machen:
    http://www.brunnenviertel-leip…ation&fileid=3&Itemid=191


    Klopstockstraße 9
    Maisonette 3. OG/ DG
    Zimmer: 5
    Wohnfläche: 126,82 m²
    Kaltmiete: 900,00 EUR --> 7,10 EUR/m²
    Nebenkosten: 285,00 EUR --> 2,25 EUR/m²
    Gesamtmiete: 1.185,00 EUR --> 9,34 EUR/m²


    Rinckartstraße 12
    Etagenwohnung, 2. Obergeschoss
    Zimmer: 5
    Wohnfläche: 145,90 m2
    Kaltmiete: 960,00 EUR --> 6,58 EUR/m²
    Nebenkosten: 325,00 EUR --> 2,23 EUR/m²
    Gesamtmiete: 1.285,00 EUR --> 8,81 EUR/m²


    Rinckartstraße 12
    Maisonette, 3. OG/ DG
    Zimmer: 4
    Wohnfläche: 123,22 m²
    Kaltmiete: 850,00 EUR --> 6,70 EUR/m²
    Nebenkosten: 275,00 EUR --> 2,23 EUR/m²
    Gesamtmiete: 1.125,00 EUR --> 9,13 EUR/m²


    Auch die Angebote in den diversen Foren sind sehr ähnlich:


    Klopstockstr. 5
    http://www.immobilienscout24.de/expose/72946407
    Zimmer: 5
    Wohnfläche: 148,00 m²
    Kaltmiete: 1.000,00 EUR --> 6,76 EUR/m²
    Nebenkosten: 325,00 EUR --> 2,20 EUR/m²
    Gesamtmiete: 1.325,00 EUR --> 9,96 EUR/m²


    Gleicher Preis, gleiche Größe:
    Klopstockstr. 1
    http://www.immobilienscout24.de/expose/72946407


    William-Zipperer-Str. 71
    http://www.immobilienscout24.de/expose/73092601
    Zimmer: 5
    Wohnfläche: 144,00 m²
    Kaltmiete: 895,00 EUR --> 6,22 EUR/m²
    Nebenkosten: 330,00 EUR --> 2,30 EUR/m²
    Gesamtmiete: 1.225,00 EUR --> 8,51 EUR/m²


    Rinckartstr. 8
    http://www.immobilienscout24.de/expose/72946054
    Zimmer: 4
    Wohnfläche: 124,00 m²
    Kaltmiete: 880,00 EUR --> 7,10 EUR/m²
    Nebenkosten: 280,00 EUR --> 2,26 EUR/m²
    Gesamtmiete: 1.160,00 EUR --> 9,35 EUR/m²


    Georg-Schwarz-Str. 54
    http://www.immobilienscout24.de/expose/73175330
    Zimmer: 5
    Wohnfläche: 146,00 m²
    Kaltmiete: 780,00 EUR --> 5,34 EUR/m²
    Nebenkosten: 330,00 EUR --> 2,26 EUR/m²
    Gesamtmiete: 1.110,00 EUR --> 7,60 EUR/m²


    William-Zipperer-Str. 73
    http://www.immobilienscout24.de/expose/73094085
    Zimmer: 3
    Wohnfläche: 96,00 m²
    Kaltmiete: 620,00 EUR --> 6,46 EUR/m²
    Nebenkosten: 220,00 EUR --> 2,29 EUR/m²
    Gesamtmiete: 840,00 EUR --> 8,75 EUR/m²


    William-Zipperer-Str. 73
    http://www.immobilienscout24.de/expose/73099466
    Zimmer: 2,5
    Wohnfläche: 77,00 m²
    Kaltmiete: 475,00 EUR --> 6,17 EUR/m²
    Nebenkosten: 180,00 EUR --> 2,34 EUR/m²
    Gesamtmiete: 655,00 EUR --> 8,51 EUR/m²


    William-Zipperer-Str. 71
    http://www.immobilienscout24.de/expose/73093630
    Zimmer: 2
    Wohnfläche: 64,00 m² (Hochparterre)
    Kaltmiete: 415,00 EUR --> 6,48 EUR/m²
    Nebenkosten: 145,00 EUR --> 2,27 EUR/m²
    Gesamtmiete: 560,00 EUR --> 8,75 EUR/m²


    William-Zipperer-Str. 73
    http://www.immobilienscout24.de/expose/73096275
    Zimmer: 2
    Wohnfläche: 58,00 m²
    Kaltmiete: 365,00 EUR --> 6,29 EUR/m²
    Nebenkosten: 135,00 EUR --> 2,33 EUR/m²
    Gesamtmiete: 500,00 EUR --> 8,62 EUR/m²


    William-Zipperer-Str. 73
    http://www.immobilienscout24.de/expose/73101676
    Zimmer: 1 (Hochparterre)
    Wohnfläche: 45,00 m²
    Kaltmiete: 280,00 EUR --> 6,22 EUR/m²
    Nebenkosten: 100,00 EUR --> 2,22 EUR/m²
    Gesamtmiete: 380,00 EUR --> 8,44 EUR/m²


    Die Kaltmieten reichen von 5,34 EUR/m² direkt an der Georg-Schwarz-Str. 54 bis zu 7,10 EUR/m² in der Mitte der Nebenstraßen. Zumeist liegen sie zwischen 6,20 und 6,80 EUR/m².


    4-und 5-Zimmer-Wohnungen werden wohl am ehesten von 3-Personen-Haushalten bzw. von 4- und Mehr-Personen-Haushalten bezogen. Das durchschnittliche Haushaltsnettoeinkommen beträgt im Median pro Monat etwa 2300 bzw. 2700 Euro. Für den Leipziger Durchschnittshaushalt, also ein mittleres Einkommen, ist das dann wohl eher nichts, denn die Wohnkostenbelastungsquote läge bei 40 bis 50 %.


    Aber ganz davon abgesehen: Wer kann etwas für den Mangel an günstigen Wohnungen, z.B. für Alleinerziehende, Rentner_innen, Hartz-IV-Empfänger_innen? Wer kann dazu beitragen, diesen zu beheben? Wie kann dies geschehen? Welche Steuerungsmöglichkeiten haben der Immobilienmarkt selbst und die Politik?

  • Zitat von LE Mon. hist.

    Ich schäme mich für meine Kaltherzigkeit, aber bei diesen Preisen hält sich mein Mitleid für die Makler und die eventuell nicht ganz aufgegangene Kalkulation doch einigermaßen in Grenzen.


    Zitat von Altbaufan

    Hier zu sagen, die armen Makler und Firmen würden nicht (auch) das erzielen, was sie wollten, ist traurig, aber wenig verwunderlich.


    Ihr seid mir vielleicht zwei Herzchen. Wo in meinem Post habt ihr herausgelesen, dass Makler arm und bemitleidenswert seien? Aber folgende realitätsnahe Ansicht stimmt mich wieder versöhnlich.



    Zitat von Altbaufan

    Neubauten zu KdU-Preisen errichten ist ohne Förderung nahezu, wenn nicht sogar gänzlich, unmöglich.