Elbphilharmonie II [110 m, realisiert 2016]

  • Der Saal machte sich im Fernsehen sehr gut, und soweit ich es über den Fernseher beurteilen kann, ist die Akustik wohl tatsächlich sehr gut. Abgesehen davon, dass die wohl tatsächlich sehr gute Akustik es auch ermöglicht, jedes Hüsteln aus der letzten Ecke des Saals glasklar zu hören.
    Andererseits habe ich keine Möglichkeit, es mit dem Klang anderer Konzerthäuser zu vergleichen - das sollen dann geschultere Ohren tun.


    Und nun noch etwas OT bzw. ohne Bezug zum Bauwerk Elbphilharmonie:


    Ich hasse den Kulturbetrieb... ich deutete das ja schon vorher an...


    Barbara Schöneberger fragt, wie man mehr junge Leute für klassische Musik begeistern könnte. Die Antworten der Interviewpartner blieben irgendwie vage.


    Dann sehe ich das Eröffnungskonzert und mir ist schlagartig klar, was die klassische Musik bzw. "ernsthafte Kultur" davon abhält, breiter rezipiert zu werden: ihre Arroganz. Die am heutigen Abend gebotene Auswahl an Musikstücken, bei der fünf von acht Orchesterstücken Neue Musik bzw. - von mir als Laien so betrachtete - expressionistische Musik waren, machen es garantiert niemandem einfach, einen Zugang zu klassisch orchestrierter Musik zu finden. Dieses diffuse Wabern und Glucksen, das klingt wie das, womit Hitchcock Szenen verstörender Angstphantasien untermalt, war für mich eine Zumutung. Es war diese lästige Mischung aus langweilig und trotzdem anstregend. Ich dachte zeitweise auch "Meine Damen und Herren, wir freuen uns, Ihnen unseren akustischen Bildschirmschoner zu präsentieren", in dem Notenfolgen zufällig durchpermutiert werden.


    Und was ich speziell mit Arroganz meine: Pavol Breslik, der Solo-Tenor beim Rihm-Stück, erklärt, dass es sich hierbei um Musik handle für Menschen, die sich weiterentwickeln wollen, garniert mit einem kapriziösen Lüpfen der Augenbrauen.


    Wenn mir also der Zugang zu diesen amelodischen, disharmonischen, kaum strukturell erfassbaren und einfach nur akustisch anstrengenden Stücken fehlt, bin ich nicht bereit oder fähig, mich weiterzuentwickeln? Ich hatte beim Rihm-Stück und den anderen besagten Werken wirklich das Gefühl, es handle sich um Realsatire und man wollte lediglich prüfen, wann die ersten Leuten aufstehen und fragen, ob das ernst gemeint sein soll. It's Hurz all over again (ich kannte das Video natürlich, lieber Midas, ein Klassiker des deutschen Humors).

  • Dann sehe ich das Eröffnungskonzert und mir ist schlagartig klar, was die klassische Musik bzw. "ernsthafte Kultur" davon abhält, breiter rezipiert zu werden: ihre Arroganz. Die am heutigen Abend gebotene Auswahl an Musikstücken, bei der fünf von acht Orchesterstücken Neue Musik bzw. - von mir als Laien so betrachtete - expressionistische Musik waren, machen es garantiert niemandem einfach, einen Zugang zu klassisch orchestrierter Musik zu finden.


    Na ja - klassische Musik und moderne konzertante Musik haben ungefähr soviel gemein wie Architektur aus der Zeit vor der Moderne und von heute. Während man sich sehr genau aussuchen kann, was man sich anhört, gibt es vor Bauwerken, die mitten im Leben stehen, kein Entrinnen.


    Besuch doch mal ein echtes klassisches Konzert in der Laeiszhalle. Karten zu bekommen ist mit 2, 3 Wochen Vorlauf kein Problem. Von Arroganz ist dort m. M. nach nicht viel zu spüren. Hamburger Kaufmann im dunklen Anzug mitsamt Gemahlin, sich angeregt unterhaltend mit dem schrillen jungen Pärchen nebenan - solche Kombinationen gibt es, und gar nicht mal so selten (auch wenn der Altersdurchschnitt ingesamt "gehoben" ist). Und die Architektur ist, auf ihre Art, ebenfalls ein Traum.


    Ich freue mich sehr auf unser erstes Konzert in der Elbphilharmonie. Vielleicht 2018, wenn auch ohne nächtliches Aufstehen die Chance besteht, gezielt an Karten heranzukommen (leider scheinen sich unsere musikalischen Vorlieben mit denen der Mehrheit der Interessenten zu decken).

  • Glücklich! Das Ding ist nun eröffnet!


    HH_Jung: Danke für das Gesellschaft leisten. :)
    Stefan W: Willkommen im DAF, Schönes Video!
    Adama & Frl Wegner: Da zeigt sich das Problem, wenn man dem Chefdirigenten freie Wahl lässt und durch die Geheimniskrämerei niemand bei der Musikauswahl intervenieren kann.


    Ich glaube alle sind sich einer Meinung: Countertenor Philippe Jaroussky hat sich in die Herzen gesungen. Das war sensationell.


    Persönlich habe ich nichts gegen moderne Klassik. Nur wenn es ZU viel wird, mit dem Hintergrundwissen von "Hurz" und "Krawehl" wird es halt komisch.


    Hintergrundgedanke war, das Klangspektrum des Saals vorzuführen. Für die Eröffnungsfeier jedoch unglücklich ausgewählt. Es gibt so gute zeitgenössische Klassikkünstler, die eben nicht auf die extrem experimentelle Art und Weise komponieren. Selbst Björks Musik ist im Vergleich zu dieser Auswahl melodiöser.


    Lustiger Weise musste ich auch an Hitchcock Musikuntermalung denken.


    Das Stück von Rihm war nur entsetzlich langweilig.


    Höhepunkt des gestrigen Abends war für mich Joachim Gauck. Eine sensationelle Rede!


    Sehr gut fand ich auch, dass Barbara Schöneberger Bundeskanzlerin Merkel (sie hat sie nüchtern mit Frau Merkel angesprochen, was mich sehr verwundert hat) sich mit ihr rein über Klassik unterhalten hat.


    Wer sich über die Auswahl von Schöneberger aufregt: Ihr Vater Hans Schöneberger war Solo-Klarinettist an der Staatsoper. Klassikbezug hat die Dame durchaus


    Ach ja und die Akustik. Man hat glasklar jedes Husten und Geröchel gehört. Ich fand es in der Laeiszhalle schon schlimm und kam mir teilweise vor wie in einem Lazarett. Noch schlimmer natürlich jetzt zur Winterzeit. Ich hoffe inständig, dass das Hamburger Publikum sich jetzt etwas mehr zusammen reißt und nicht auf den Trichter kommt, während der Vorstellung in der Handtasche nach einem Hustenbonbon zu wühlen und diesen aus der Knisterfolie zu lösen. Oder wenn man krank ist, einfach mal zu Hause bleibt!


    Alles in allem war das jedoch ein gelungener Abend. Die Presse überschlägt sich förmlich mit der Lobhudelei.


    Was wir in Hamburg da jetzt für einen Kulturtempel stehen haben, der nicht mit einer Geiz ist Geil sondern Qualität hat seinen Preis Mentalität erbaut wurde, kann uns stolz machen.


    Mit der Zeit wird sich zeigen, ob die Elbphilharmonie sich bis an die Spitze der Konzerthäuser katapultiert. Denn wenn man Yasuhisa Toyotas Aussage Glauben schenkt, ist das bislang sein bestes Werk.


    Ich verspreche, dass bald einige Bilder von mir folgen werden :)

  • Dann sehe ich das Eröffnungskonzert und mir ist schlagartig klar, was die klassische Musik bzw. "ernsthafte Kultur" davon abhält, breiter rezipiert zu werden


    Ich hab das Eröffnungskonzert auf YouTube verfolgt. Der Livestream mit den 4K 360° Kameras war schon ganz neckisch.


    Aber was passierte, als Scholz das Wort ergriff? Die Zuschauerzahl sank binnen 3 Minuten von knapp 23.000 auf 12.000. Im Livechatfenster fielen Wörter wie "Grabrede". Er selbst war aber sichtlich begeistert von seiner eigenen Rede.


    Das steht exemplarisch dafür, dass sich die Eliten tatsächlich nicht bewusst zu sein scheinen, in welch anderer Wahrnehmung als die Masse der Menschen sie leben. Das ist für den Kulturbetrieb schon insofern besonders bedauerlich, weil ja selbst das Protegieren durch die politischen Eliten nichts daran ändert, dass den Kulturhäusern in der Republik langsam, nun ja, das Stammpublikum wegstirbt. Auch die in sich abgeschlossenste politische Klasse kann nicht ignorieren, wenn Orchester oder Darsteller vor leerem Haus aufführen (ganz ähnlich ja die Entwicklung im ÖR, der durchschnittliche ZDF Zuschauer ist inzwischen 61 Jahre alt, der Durchschnittsdeutsche ist 42 Jahre alt, wie "selbstsicher" und kritikresistent die Macher des ÖR hingegen sind ist ja weithin bekannt).


    Ich wünsche der Elbphilharmonie, dass das Interesse auch nach den Eröffnungsmonaten, wo noch das Momentum der Novität überwiegen wird, anhält und dieses Interesse auch dazu führt, dass die Elbphilharmonie, die ja gerade nicht auf einer "langen Tradition" beruht, hier zur positiven Ausnahme der deutschen Kulturlandschaft wird. Vielleicht kann sie sogar zeigen, wie man es besser macht. Allein, die staatstragende Eröffnungsveranstaltung kann darüber natürlich noch keinerlei Aufschluss geben. In einem Jahr wissen wir schon mehr.

  • Ich finde es richtig, dass man sich bei der Musikauswahl nicht am kleinsten gemeinsamen Nenner orientiert. Es waren auch populäre Stücke dabei (z.B. Ode an die Freude). Ich denke man kann auch etwas Wille und Offenheit zur Weiterbildung erwarten.

  • Verschont mich mit dem Ausdruck "Elite" an diesem frühen Morgen.


    Ich habe mehrere Eintrittskarten zwischen 12 und 50 EUR und bin nicht die Elite. Aber ich habe musikalisches Interesse.


    Dieses Wort ist so saudämliches (populistisches) Nachgeplappere von Leuten, die Brahms nicht von Beethoven unterscheiden können, kein Klassikinteresse besitzen und daher auch nicht hingehen wollen! Aber man ist auf einmal genau so ein Experte von Musikhäusern wie ein Fußballexperte zur WM.


    Eine Verwertung der Youtube Klickzahlen (mit 12 Jährigen, die das Leben von Youtubern verfolgen) ist genau so zuverlässig wie eine Auswertung von Twitter Nachrichten zu politischen Themen.


    The Guardian beneidet Hamburg (Deutschland) darum, dass heutzutage noch so viel Geld in die Kultur gesteckt wird, um den Zugang der Bevölkerung zur Klassik und zur Musikwelt zu ermöglichen. Nennt es sogar "das Hamburger Modell"


    Olaf Scholz will doch ausgerechnet, dass jeder Schüler in Hamburg mindestens einmal ein Klassikkonzert in der EP besucht hat. Dieses Gebäude steht gerade FÜR den Zugang zur Bevölkerung, weil gerade die alten Konzerthäuser den Ruf genießen, lediglich für die Graulockenfraktion zu sein.


    Lasst doch um Himmels Willen dieses Konzerthaus seinen regulären Spielbetrieb aufnehmen (nach der Eröffnungswoche). Erst nachdem jeder von uns drinnen gewesen ist, können wir uns sehr gerne darüber unterhalten, wie die Akustik, das Publikum, das Programm und die Erreichbarkeit zur Bevölkerung ist.


    Jetzt Kaffee Nr. 2 :)

  • Ich kann dieses Gerede über Eliten nicht mehr hören. Ob man klassische Musik unterschiedlicher Epochen schätzt, hat weder mit Geld noch mit Intelligenz zu tun sondern einzig mit Interesse, d.h. Gefallen daran und draus folgender Beschäftigung damit. Selbiges gilt für Malerei, Architektur aber auch für Fußball, europäische Königshäuser, Hip-Hop, Autos und Pokemons. Und zum Thema Grabreden: Gleiches Thema. Entweder man hat einen Bezug zu seinen Politikern und interessiert sich für die Reden oder nicht. Die stundenlangen Spieler-Interviews und Befragungen von Experten sind auch nicht unbedingt in der Form unterhaltsam sondern nur, wenn man sich für die Materie sowieso interessiert. Seien wir auch da mal ehrlich: Viele Menschen hören niemandes Rede freiwillig länger als zwei Minuten zu.
    Ich persönlich kann übrigens mit Wolfgang Rihm auch nicht so viel anfangen, aber es gibt genug andere Formen der Kultur, in denen ich mich auskenne und andere sagen: Was ist das denn für ein moderner Schwachsinn (siehe Architektur, Theater, Malerei...). Dieses Eröffnungskonzert war bewusst durch alle Epochen gemischt. In Zukunft wird jeder die Möglichkeit haben, Konzerte zu besuchen, deren Programm nicht geheim ist und in denen kein Wolfgang Rihm vorkommt.

  • Verschont mich mit dem Ausdruck "Elite" an diesem frühen Morgen. Ich habe mehrere Eintrittskarten zwischen 12 und 50 EUR und bin nicht die Elite. Aber ich habe musikalisches Interesse.


    Eben! Und ich bin selbsverstaendlich "Elite" und hab keine Karten. Das ist der Beweis :D Die Demokratie lebt!


    Spass beiseite: Ueber Geschmack laesst sich streiten und Eroeffnungsabende sind nie wirklich repraesentativ fuer ein Haus, weil zu viele Kompromisse gemacht werden muessen. Auch das Eroeffnungspublikum ist ja in der Regel nicht repraesentativ fuer die spaetere Zusammensetzung der Gaeste.


    Ich fand nebenbei die Licht-Show etwas zaghaft und funzelig. Angesichts der Tatsache, dass Bilder heute zuerst in sozialen Medien um die Welt gehen und dass da gestern rund 10,000 Menschen mit Handys in Sturm und Regen standen um Bilder zu machen, haette man mal lieber etwas Gas geben koennen als stundenlang so mau herumzuirrlichtern. Genug Strahler waren ja da. Man haette sie nur mal einschalten muessen.

  • Na ja, NA JA...


    Das Musikprogramm war leider durch Extreme gekennzeichnet: zu experimentell und unzugänglich auf der einen und zu wohlig-altbekannt auf der anderen Seite. Die Ode an die Freude ist ein tolles Stück, aber viel populärer als das kann Klassik ja nun wirklich nicht werden und insofern ist gerade das der kleinste gemeinsame Nenner. Hätte man da nicht ein gesundes Mittelmaß finden können, das nicht überfordert, aber auch mal etwas aus dem weniger Bekannten Teil des Oeuvres eines Komponisten präsentiert? Oder warum muss bei Hamburg immer Brahms sein, warum nicht mal Telemann?


    Ich war ja so naiv zu vermuten, dass Thomas Hengelbrock, als er darüber schwärmte, einen Bogen von der ganzen alten zur ganz neuen Musik zu schlagen, tatsächlich auch Filmmusik oder etwas aus einem Videospiel spielen würde, beides Quellen für einen wesentlichen Teil zeitgenössischer konzertanter Musik. Denn gerade die Einbeziehung von Werken aus der Populärkultur könnte es schaffen, auch die nicht-klassischen Konzertbesucher zu erreichen.


    Vielleicht konnte es mir mit etwas mehr Willen und Offenheit auch gefallen, mir eine Gabel in den Oberschenkel zu bohren...

  • Dieses Wort ist so saudämliches (populistisches) Nachgeplappere von Leuten, die Brahms nicht von Beethoven unterscheiden können, ... (Mod: Zitat gekürzt. Für den gesamten Text das blaue Quadrat anklicken.)


    Nicht die Höhe des Eintrittspreises macht z. B. dich elitär, sondern die Art und Weise, wie du auf andere herab blickst, die deinen Geschmack nicht teilen, den du aber offenbar für niveauvoller erachtest. Und dieses elitäre Gehabe ist auch das größte Problem der Kulturbetriebe in Deutschland. Alles Lob im Feuilleton ändert nichts daran, dass den deutschen Kulturbetrieben schlicht das Publikum wegzusterben droht, wenn man nicht bereit ist, sich zu ändern und sich einem jüngeren Publikum und unkonventionellerer Kunst zu öffnen. Ich hoffe eigentlich, dass die nagelneue Elphi, unbelastet vom Mief traditionsreicher Kulturbetriebe, da eine Duftmarke setzen kann. Sei es zeitgenössische Filmmusik o. ä., was zB auf Klassik Radio sehr erfolgreich läuft.


    YouTube erwähnte ich deswegen, weil die breite Promotion der Eröffnung offenbar die Aufmerksamkeit von einem Publikum auf sich zog, dass noch nie einen Fuß in eine Philharmonie gesetzt hat. Und das hat man offenbar aber auch fast so schnell wieder verloren, wie es kam. Ich hoffe nur, dass das an der Natur der Sache (staatstragende Eröffnung) lag und das kein Vorbote dafür ist, dass sich die Elphi langfristig zum Refugium für ältere Damen "mit Niveau" aus Blankenese entwickelt.

  • ^ Ich bin keine ältere Dame aus Blankenese, halte es aber geradezu für eine Pflicht öffentlich geförderter Konzerthäuser, auch neue, sperrige Musik zu spielen. Die Logik "Erlaubt ist nur, was allen gefällt", kann es ja wohl nicht sein. Das würde das Programm auf "Die 100 schönsten klassischen Melodien" reduzieren (was die Klassik-Radios ja im Wesentlichen schon getan haben) und wäre endgültig der Tod zeitgenössischer E-Musik (Ja, ich verwende diesen Ausdruck ohne Ironie).


    Tatsächlich haben Orchester auch einen Bildungsauftrag - nämlich die Musiktradition vom Barock bis zur Neuen Musik einem nachwachsenden Publikum nahezubringen. Klar kann man da mit Appetithappen angeln gehen (Filmmusik-Abend, Classic-Hits-Konzert und so), aber das ernsthafte Programm durch Appetithappen-Potpourris zu ersetzen, wäre ein Desaster. Natürlich kann man in Beethoven mit dem Schlusschor der Neunten einsteigen und in Dvorak mit den ungarischen Tänzen. Wer es bei der Kenntnis solcher Mitsumm-Melodien aber belässt, dem bleibt eine ganze Welt verschlossen. Und das ist halt einfach ungeheuer schade.

  • die Art und Weise, wie du auf andere herab blickst, die deinen Geschmack nicht teilen


    Vorsicht!


    Ich gehe hier lediglich gegen Pöbler an, die ohne Klassik Interesse und somit ohne Interesse, jemals die Elbphilharmonie zu besuchen, pauschal das Gebäude mit ihren Besuchern verurteilen weil "ihre Steuergelder" (die zwar nur den Hamburger Steuerzahler belastet, aber der Herr aus Paderborn regt sich trotzdem über "seine Steuergelder" auf) für etwas verwendet wurde, was sie direkt nicht anspricht. Das pauschale Verwenden von "Elite" in der Argumentation ist dabei einfach bescheuert und populistisch. Das pranger ich an, weil es einfach vor Unwissenheit und Dummheit protzt.


    ältere Damen "mit Niveau" aus Blankenese mehr Schubladendenken hast du nicht, oder? Ich glaube du unterschätzt die Jugend. Es ist doch eine Frage der Erziehung. Und dadurch, dass die EP gerade ein offenes, nicht elitäres Haus sein soll, wird der Zugang zur Musik ermöglicht. Warum kapieren das die Kritiker nicht?


    zeitgenössische Filmmusik o. ä., was zB auf Klassik Radio - Klar, warum wurde nicht André Rieu gefragt, ob er die Eröffnung mit Rondò Veneziano dirigieren möchte "Best of Mozart", mit David Garret als Sologeiger und Gunther Emmerlich als Papageno. Und zum Finale schwebt Helene Fischer von der Decke zum Chor von Gotthilf Fischer!


    Ich schließe mich den Vorrednern an: Man muss anderen Musikrichtungen Platz geben. Man muss neue Musikstile kennen lernen. Wenn's nicht gefällt - ok! Schaut man sich das nächste an


    In der Laeiszhalle gab es IMMER junge Menschen, die auf den günstigen Plätzen sich die Konzerte angeguckt haben. Es gibt auch viele junge Menschen, die nicht Rihanna hören.


    Meine Tipps für sehr gute zeitgenössische Klassik, die fernab von HURTZ ist:


    Max Richter
    Jóhann Jóhannsson (in der EP am 10.02.2017)
    Dustin O'Halloran


    Und Pumpernickel, wenn du verstehen möchtest, was ich mit Stussargumentation meine, lies dir die Kommentare bei der Welt mal durch (Kurzfassung zum Text: der Autor Manuel Brug als "Klassik Blogger" hatte bei der Eröffnung einen blöden Platz und regt sich jetzt auf (Info: die Nachjustierung der Akustik bei allen Musikhäusern zieht sich über Jahre))


    was ich letztendlich sagen möchte: kann man nicht einfach mal inne halten und sich freuen, was man da hat? Muss man gleich wieder alles schlecht reden? Besteht alles nur noch aus Meckern und Motzen?

  • Die Menschen sind nicht so kompliziert, dass es nicht möglich wäre, sie in ziemlich vielen Bereichen in eine eher überschaubare Anzahl von Kategorien einzuordnen. Das ist nebenbei ja auch das, womit sich jedes Wirtschaftsunternehmen befasst, wenn es seine Zielgruppen definiert oder Produkte für unterschiedliche Gruppen entwickelt.
    Und hier von der älteren, wohlsituierten Dame aus Blankenese zu sprechen ist wohl eher als eine rethorische Zuspitzung zu verstehen...


    Und was soll heißen, dass die Elbphilharmonie ein "offenes Haus" sei? Nur dadurch, dass es postuliert wird, wird es nicht zur Realität, sondern die Offenheit muss auch von den Adressaten angenommen werden. Und beschränkt sich der Aspekt der Offenheit auf die Preisgestaltung? Denn mir war bislang nicht bekannt, dass Konzerthäuser auf Basis einer Mitgliedschaft funktionieren. Soll heißen: Welches Konzerthaus ist kein offenes Haus für den, den es interessiert? Und dass sich die Offenheit auf die Plaza bezieht, ist eher auch eher Architektenlyrik. Ja, es ist ein öffentlich zugängliches Gebäude und es ist ein Konzerhaus. Aber ich kann das Gebäude auch ohne jede Bindung zum musikalischen Programm genießen, von dem ich ja außerdem auf der Plaza nicht wirklich etwas spüre.


    Und Filmmusik mit André Rieu und seinen widerwärtigen Walzerweibern und dieser Gossenklassik in einen Topf zu werfen, ist ein wenig verfehlt.


    Die als Beispiele für gute zeitgnössische Musik gelieferten Stücke sind ja alle ganz reizend, aber nicht wirklich die Art von Produktionen, auf die sich zumindest meine Kritik bezieht. Auf der anderen Seite möchte ich auch anmerken, dass diese Beispiele so friedlich und harmlos vor sich hinrieseln, dass sie hart die Grenze zur Funktionsmusik streifen, die etwa im Ruheraum einer Sauna zum Dösen gespielt wird.


    Ganz allgemein gesprochen habe ich das Gefühl, dass Kritik an der Kulturszene und ihren Produkten entweder mit Arroganz behandelt und als Zeichen mangelnder Bildung, Intelligenz oder Sensibilität des Kritikers abgetan wird oder das man mit einer Art ertappter Aggressivität reagiert, mit der der Kritisierte vor allem versucht, sich seiner Zugehörigkeit zu einer vermeintlich besser gebildeten, intelligenteren oder sensibleren Gruppe zu versichern.

  • Ich sage ganz ehrlich: Ich finde dieses Gebäude nicht schön und ich werde dort sicherlich keine der Veranstaltungen besuchen.
    Aber das ist eben meine Meinung, wenn andere es anders sehen, ist das in Ordnung.


    Was ich aber nicht in Ordnung finde, ist die Tatsache, dass man nun von sehr vielen Leuten hören und lesen muss, dass es doch ein wunderbares Haus, ein Wahrzeichen, ein Konzerthaus von Welt geworden ist und man sich nun gefälligst freuen und alles grässliche hinter sich lassen solle!


    Entschuldigung, aber was ist nun mit den Baukosten? Was mit den Betrugsvorwürfen, wo niemand zur Rechenschaft gezogen wurde? Alles vergeben und vergessen? So einfach machen es sich die Menschen, ein wenig Musik, eine wenig Lichtshow und ein wenig pompöse Architektur und schon ist alles vergessen???


    Ich selbst finde es auch nicht gut, dass immer diese Vorwürfe mit Wörtern wie ,,Elite", oberen Zehntausend" oder ,,Promibonus" fallen.
    Jedoch ist es andererseits nicht auch herablassend, Leute als unwissend, dumm oder Pöbler zu betiteln, weil sie diese Worte benutzen???
    Zeigen nicht solche Begriffe auf, wie viele Menschen den Bezug zwischen Politik und Volk sehen, nämlich als sehr schwach bis nicht vorhanden??? Sind alle diese Menschen, die sich vielleicht nicht so freuen, die Verschwendung, Betrug, Korruption und solcherlei missbilligen, die solche Bauwerke in Frage stellen, gleich alle Pöbler und Dauernörgler oder strunzdumme Stammtischbesucher?


    Ich bin der Meinung, nein! Und ich möchte auch nicht als solcher abgestempelt werden, weil ich mich nicht gleich wie ein Honigkuchenpferd freue!


    Viele Befürworter kommen auch mit dem Argument, dass diese Nörgler nun auch alles Kulturbanausen seien und dass viele nicht mal Ahnung von klassischer Musik hätten. Ich selber habe auch keine Ahnung davon, obwohl ich selber Musik produziere, auch mit klassischem Einfluss, z.B. Filmmusik! Aber auch das gehört zur Kultur, ich für meinen Teil muss mich nicht zwischen Leuten mit gestelzten Gesprächen in einen Anzug zwängen und andächtig meiner Meinung nach Musik lauschen, die mich teilweise zum Einschlafen bringt. Ich respektiere aber diese Musik und wer diese in der Elbphilharmonie hören möchte soll es tun, aber ich denke, Respekt kann man für jede Form von Kunst erwarten, statt sie abzuwerten oder Leute mit Nichtwissen als Hartzer oder sonst was hinzustellen.


    So sehe ich das!
    Ich habe mit den von mir angesprochenen Punkten hier auf niemand Bestimmten abgezielt, diese Diskussionen hatte ich heute schon auf anderen Plattformen und auch auf der Arbeit, nur zur Info, mein Chef heißt Scholz!

  • ich mache es kurz:


    SteveM: nein man muss sich nicht freuen. Kannst dich ärgern, wüten, boykottieren, das Gebäude hässlich finden. Mir egal. Aber immer und immer wieder dieses Genöle mit der Kostensteigerung, dieses Mimimi. 10 Jahre Kritik und Häme. Mal ist auch gut. Wir haben es kapiert! Es streitet auch niemand die Kostenexplosion ab und es versucht auch niemand irgendetwas unterm Teppich zu kehren. Doch jetzt ist das Gebäude fertig. Also geh rein oder bleib draußen. Aber nein, 1 Tag Freude wird nicht gegönnt und die "Kritiker" kommen immer und immer wieder unermüdlich mit der selben Leier. Es neeeeeeeervt! (PS welche Korruption?)


    Wegner: Bist doch sonst nicht so verbissen! Dachte du würdest meinen Rieu Scherz verstehen. ;)
    Was ich mit offenem Haus meine ist das hier
    https://www.elbphilharmonie.de/de/schule-und-kita


    Schulunterricht, Kita Ausflüge, musikalische Früherziehung, Musik zum Anfassen, Neugier wecken. Die Kaistudios bieten eine Vielzahl für den Musikunterricht und für die musikalische Früherziehung an. Das ist das Ziel!



    (Und das Beispiellied von Max Richter stammt vom Album "Sleep", das zum Schlafen und zur Beruhigung komponiert wurde. Wirkt wunderbar zum Dösen!)

  • ^


    Vorneweg, ich bin ein ganz großer Fan der Elbphilharmonie (in erster Linie in architektonischer Hinsicht)! Ich war 'ne Ewigkeit nicht mehr in HH und werde HH nur wegen der EP dieses Jahr besuchen.


    Dennoch muss ich den meisten Kritiken hier zustimmen. Und für das was du oben angeführt hast (in meinem Beitrag in zitierter Form wiedergegeben), braucht man keine EP. Im Übrigen: der Ton macht die Musik ... dein Beitrag wird weitere Kritiken eher befördern.


  • Entschuldigung, aber was ist nun mit den Baukosten? Was mit den Betrugsvorwürfen, wo niemand zur Rechenschaft gezogen wurde? ?


    Wir haben keine Anhaltspunkte für Straftatbestände wie Untreue, Betrug oder etwaige Korruptionsdelikte gefunden“, sagte die Sprecherin der Hamburger Staatsanwaltschaft, Nana Frombach. - Stand 2014


    https://www.welt.de/regionales…e-juristische-Folgen.html


    Tatsache zu den Baukosten:
    Realistische Baukosten wären 500-600 Mio EUR gewesen
    Steuergelder "verbrannt" wegen Rechtsstreitigkeiten: ca 200 Mio EUR


    Ich möchte hier mal mit allen Frieden schließen, weil schriftlich man sehr gerne aneinander vorbei schreibt.


    Konstruktive Kritik ist erwünscht und bereits im Allgemeinen auch ausreichend bekannt (siehe Rede Gauck und in jeder Dokumentation über die EP). Braucht man deswegen nicht immer wieder aufs Brot schmieren.


    Nervig ist absurde und falsche / populistische Kritik:
    Beispiele
    - Nur für die Elite
    - Karten können sich nur reiche Menschen leisten
    - Stattdessen hätte man Sozialwohnungen bauen können (Wohnungsbauprogramm steht auf Rekordniveau)
    - Stattdessen hätte man Obdachlosenheime bauen können (existieren, stehen z.T. leer)
    - Stattdessen hätte man Asylantenheime bauen können (reichlich vorhanden. Problem ist, den Platz zu finden)
    - mehr Kitas (werden gebaut)


    Probleme von heute werden zum Teil jetzt aufgewogen mit einem Bauprojekt, das vor 10 Jahren startete, als diese Probleme noch nicht existierten. Absurd!


    Olaf Scholz betont: die Elbphilharmonie hat niemanden etwas weg genommen. Durch den Bau gab es keine Kürzungen in anderen Bereichen, weil das Geld plötzlich nicht mehr vorhanden war.


    Aber einige jagen die Elbphilharmonie wie die Sau durchs Dorf und machen sie für das ganze Unglück der Welt und in ihrem Leben verantwortlich. Das kritisiere ich.


    Ob man das Gebäude schön oder hässlich findet kann jeder für sich entscheiden. Auch ob man es nutzt oder nicht. Wenn man es nicht nutzt, sollte man jedoch nicht kritisieren, dass man das Gebäude nicht möchte. Oder gar aus Trotz nicht nutzt.


    Schönes Wochenende!

    2 Mal editiert, zuletzt von Häuser ()

  • Weil in meinem vorherigen Beitrag mein Zitat von einem Teil von HÄUSERs Beitrag seitens eines Moderators gelöscht wurde (warum auch immer) und deshalb mein Beitrag nicht einfach zu verstehen ist, hatte mich HÄUSER per PN angeschrieben und gefragt welchen Beitrag in zitierter Form ich denn meine.


    --- Ich hoffe die Mods werden dieses mal die Finger still halten. ---


    Es ging um folgende Aussage von HÄUSER:


    "Was ich mit offenem Haus meine ist das hier
    https://www.elbphilharmonie.de/de/schule-und-kita
    Schulunterricht, Kita Ausflüge, musikalische Früherziehung, Musik zum Anfassen, Neugier wecken. Die Kaistudios bieten eine Vielzahl für den Musikunterricht und für die musikalische Früherziehung an. Das ist das Ziel!"


    Für dieses Ziel braucht man wahrlich keine EP. Ganz im Gegenteil hätte man mit dem eingesparten Geld viel mehr auf diesem Gebiet erreicht.


    Und auch die Wiederholung Scholz' Aussage deinerseits, dass wegen der EP in anderen Ressorts nichts gekürzt wurde, greift zu kurz. War denn die finanzielle Ausstattung anderer Ressorts (Bildung etc.) vor dem Bau der EP so gut, dass diese eigentlich keinen zusätzlichen Finanzbedarf hatten?! War es eher nicht so, dass HH in der Zwischenzeit zustätzliche Schulden aufnehmen musste?! Hätte man nicht auch mit knapp 300 Mio auskommen können (anderer Standort & Bau) und mit der restlichen halben Milliarde was vernünftigeres anstellen können?!


    Und es ist nun mal , dass Konzerthäuser überwiegend von Besserverdienern besucht werden. Das wirst auch du nicht leugnen können, es sei denn du willst dich hier im Forum lächerlich machen. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern, nicht wegen einem Architekturkracher wie der EP, nicht wegen für jedermann/-frau offener Türen und auch nicht wegen niedriger Eintrittspreise ... in diesem Zusammenhang würde ich mir sogar eine drastische Erhöhung der Preise wünschen oder wenigstens gleiche Preise für alle Sitze, so dass Leute mit niedrigem oder mittlerem Einkommen auch mal in den Genuss kommen in der ersten Reihe zu sitzen.


    Zu meinem eigenen Standpunkt: Hätte ich diese Entwicklung (Kostensteigerung etc.) voraussehen können, wäre ich gegen die EP gewesen ... dieses Projekt ist rein finanziell nun mal einfach voll in die Hose gegangen.
    Nun steht das Ding aber und ich freue mich trotzdem, weil es ein unglaublich tolles Gebäude ist ... die negativen (Begleit)Umstände kann ich dabei weitestgehend ausblenden, so wie du es wünschst. Sollten aber andere weiter Kritik ausüben, dann solltest du das schon aushalten können, nicht nur weil sie berechtigt ist, sondern weil in extremster Weise das Versprochene gebrochen wurde.