Schillerplatz und Ludwigsstraße (inkl. Karstadt-Areal)

  • Rund um Schillerplatz und Ludwigsstraße (inkl. Karstadt-Areal)

    Bereits seit einiger Zeit geistern Meldungen zu einer geplanten Neuentwicklung des Karstadt-Areals an der Ludwigsstraße durch die lokale Presse. Nachdem eine Entscheidung wohl unmittelbar bevorsteht, wird es denke ich Zeit, dem Projekt einen eigenen Strang zu widmen. Die Ludwigsstraße gehört zu den wichtigsten Einkaufsstraßen der Stadt und verbindet den Schillerplatz mit dem Gutenbergplatz. Sie weist Richtung Gutenbergplatz eine der höchsten Passantendichten in der Innenstadt auf. Nun zum Projekt:


    Das in die Jahre gekommen Kaufhaus Karstadt soll neu gestaltet werden. Dazu gibt es zur Stunde widersprüchliche Meldungen. Gestern Abend noch verkündete der Mainzer Karstadt-Geschäftsführer Jörg Walloschek, die Entscheidung sei zugunsten der Multi Development GmbH gefallen, weil das Konzept aus Sicht von Karstadt für Karstadt selbst und auch die Stadt am zukunftsweisendsten sei. Heute Mittag ließ High Street-Sprecher Richard Speich wissen, dass Mitkonkurrent ECE noch keineswegs aus dem Rennen ist, die Entscheidung darüber liege schließlich beim Vermieter und nicht dem Mieter. Politik und Presse haben in den letzten Wochen ECE favorisiert, wobei die Stadt auf die Entscheidung keinen (unmittelbaren) Einfluss hat.
    Quellen: Mainzer Rhein-Zeitung, Allgemeine Zeitung, Immobilien Zeitung


    Mitbewerber Multi Development will sich also gegenüber dem mittlerweile bundesweit bekannten Mitbewerber ECE behaupten, der in vielen Städten bereits Einkaufszentren verwirklichte, zuletzt beispielsweise die im DAF dokumentierte Rhein-Galerie in Ludwigshafen und die Rathaus-Galerie in Leverkusen. Multi Development hat im Rhein-Main-Gebiet bereits das Lilien-Carré in Wiesbaden verwirklicht.


    Sehr konkret sind die öffentlich bekannten Planungen für das Ludwigsforum noch nicht, da das Projekt ganz am Anfang steht und verschiedene rechtliche Unwägbarkeiten bestehen. Auf jeden Fall umfasst ist das derzeitige Karstadtgebäude an der Ludwigsstraße. Der Anfang der 60’er Jahre errichtete Komplex ist (wie so viele Karstadt-Filialen) schon seit geraumer Zeit inner- und äußerlich in die Jahre gekommen. Eröffnet wurde das Kaufhaus damals als Hertie, zuletzt befand es sich im Eigentum von High Street.


    Auch von der Neuentwicklung umfasst sein soll das anschließende Gebäude der Deutschen Bank, wo sich ECE bereits ein Vorkaufsrecht an dem Grundstück gesichert hat. Wohl auch deshalb redet Multi Development bisher nur von „Modernisierungsmaßnahmen“ am Karstadt und einem „möglichen neuen Einkaufscenter“ als Ergänzung.


    Ebenfalls einbezogen werden sollen das Karstadt-Parkhaus zwischen Bischofsplatz, Eppichmauergasse und Weißliliengasse, sowie der nicht zu Karstadt gehörende Pavillon zwischen Ludwigsstraße, Fuststraße und Gutenbergplatz. Der zurückgesetzte Teil, der sich über die Fuststraße erstreckt, gehört wiederum zu Karstadt. Zukünftig soll die Straße dort voraussichtlich mit einem Glasdach versehen werden und Fußgängern und Radfahrern offenstehen.


    Wie aus den Plänen von ECE zu entnehmen war, soll eventuell auch das Areal zwischen Eppichmauergasse, Weihergartenstraße und Weißliliengasse bebaut werden, wo sich u.a. die Polizeiinspektion 1 befindet. Diese Pläne verfolgt Multi Development nicht.


    Käme Multi Development zum Zug, soll Karstadt selbst in dem von der Ludwigsstraße zurückgesetzten Teil zwischen Bischofsplatz und Weißliliengasse liegen, Karstadt Sport direkt an der Ludwigsstraße, wo mit einer großzügigen Eingangsgalerie auch der Haupteingang sein soll.


    Über die Höhe des Gebäudes an der Ludwigsstraße wird es sicher noch Streit geben. Geplant sind bei Multi Development laut Allgemeiner Zeitung drei Etagen à fünf Meter, erlaubt sind zZ. nur 12,50m. Grund ist der Domblick, den man von Ludwigsstraße und Schillerplatz hat. Dieser ist durch die niedrigen Pavillons momentan gewährleistet (wenigstens im Winter) und soll nicht verbaut werden.


    Darüber hinaus sind ein Feinkostgeschäft im Untergeschoss und ein Restaurant unter dem Dach geplant. Vermutlich 380 Parkplätze sollen in den oberen Etagen entstehen.


    Momentane Eckdaten:


    • Verkaufsfläche: 25.000-30.000m², wobei Karstadt mit 15.000m² den Löwenanteil einnehmen soll
    • anvisierte Kosten: variieren zwischen 135 und 300mio€
    • geplante Fertigstellung: 2015


    Weitere Quellen hier, hier, hier und hier.


    Zur Verdeutlichung der Lage zwei Screenshots von Google, mit Markierungen von mir:




    Letzte Woche (am 21.06.2011) fand ein von der Stadt organisiertes Bürgerforum statt, das LudwigsstraßenForum. Dort ging es darum, die Bürger frühzeitig in den Planungsprozess einzubeziehen, Wünsche, Forderungen und Sorgen aufzunehmen. Ich war auch dort und kann sagen, dass es durchaus interessant war, auch wenn durch den frühen Planungsstand natürlich wenig Konkretes festgestellt werden konnte (was von vielen kritisiert wurde). Sorgen wurden seitens der Bürger laut, ob ein neues Einkaufszentrum nicht den umliegenden Einzelhandel zerstören würde. Dem wurde entgegnet, dass zum einen als Ankermieter der ohnehin schon vorhandene Karstadt einziehen werde und zum anderen, das darüber hinaus nur noch nicht vorhandene Branchen und nicht die üblichen Handelsketten einziehen sollen. Bei Betrachtung realisierter Einkaufszentren kann man da sicher kritisch sein, inwiefern das wirklich so kommen wird.


    Weitere Forderungen waren, im Rahmen der Neugestaltung mehr Kultur einzubeziehen, die Baumreihen an der Ludwigsstraße zu erhalten, einen Kindergarten zu integrieren, am Bischofsplatz den Neubau an die in den 60’ern für das Parkhaus abgerissene Ruine des Bischofspalais anzulehnen (warum nicht rekonstruieren? :)) und einiges mehr.


    Ob die Stadt Wünsche der Bürger effektiv einbeziehen kann und will, wurde nicht eindeutig beantwortet. Natürlich kann nicht alles berücksichtigt werden, schon weil diverse Forderungen nicht miteinander vereinbar sind. Auch war etlichen Wortmeldern scheinbar nicht bewusst, dass nicht die Stadt, sondern ein Privater das Projekt vorantreibt, die Einflussnahme also begrenzt ist. Immerhin stellte OB Beutel die Möglichkeit zum Komplettausstieg in Aussicht, falls das nötig sein sollte. Darüber hinaus hat die Stadt aber ein gutes Druckmittel: die Plätze zwischen den Pavillons sind in ihrem Eigentum. Wenn diese Zwischenräume also (wie vermutlich geplant) bebaut werden sollen, kann die Stadt auf diesem Wege einen gewissen Einfluss nehmen.


    Die Homepage des Forums bietet ua. einen Zeitplan für weitere Forumstermine und soll den aktuellen Stand der Planung zeigen. Ein Zeitungsbericht über die Veranstaltung befindet sich hier. Darüber hinaus kann man sich an dieser Stelle etliche weitere Grafiken und Bilder zum Thema anschauen, etwa den Bebauungsplan, den Domblick oder das Passantenaufkommen in der Mainzer Innenstadt.


    -Bilder: Screenshots von Google-

    4 Mal editiert, zuletzt von Robbi () aus folgendem Grund: Links repariert

  • Einem IZ-Bericht zufolge, der sich auf eine Pressemitteilung von Multi Development stützt, wird nun doch ECE das Einkaufszentrum auf dem Karstadt-Areal entwickeln. Das Highstreet-Konsortium hat die Liegenschaft demnach bereits an ECE verkauft.

  • Nach und nach treffen die Berichte dazu auch bei den anderen Medien ein. Nachdem ebenfalls heute Nachmittag die AZ eine Eilmeldung herausbrachte, sendete heute Abend auch der SWR in der Landesschau einen Film zum Thema (Klick!).


    Dabei wird thematisiert, was schon in einem Zeitungsbericht ein paar Tage vorher angeklungen war: ECE plant wohl 2 Immobilien mit ein, die sich in kirchlichem Eigentum befinden. Zum einen das Haus der Pax-Bank neben der Polizeiinspektion (Ecke Eppichmauergasse/Weihergartenstraße) und zum anderen das Haus an der Fuststraße Richtung Bischofsplatz (von mir nicht im Plan markiert; da wo auf dem unteren Plan fälschlicherweise „Wache Sport“ steht). Das ist - ohne das weiter zu werten - natürlich ohne vorherige Rücksprache mit dem Eigentümer gewagt, es wird sich zeigen, ob die katholische Kirche verkauft. Momentan sieht sie dafür keinen Grund, was auch Karl Kardinal Lehmann bekräftigte. Rein optisch wäre es um das Gebäude an der Fuststraße nicht schade (man sieht es in dem oben verlinken Video), wohingegen das Haus der Pax-Bank durchaus schön ist. Wenn das ganze Projekt konkreter wird, stelle ich mal ein paar Fotos vom ganzen Areal rein, einiges kann man schon beim SWR-Video bewundern.


    Nach momentanem Stand sehen die Pläne von ECE 30.000m² (Netto-)Verkaufsfläche vor, wo neben Karstadt 90 weitere Läden untergebracht werden. Kostenrahmen: 250mio.€.

  • Die Meldungen sind fast richtig. Man hat sich auf den Verkauf geeinigt, aber die Verträge sind noch nicht unterzeichnet. Verträge im Plural, weil die Mainzer Karstadt-Immobilie als Teil eines Portfolio-Deals an ECE gehen soll. Weitere Objekte in diesem Portfolio sind die Karstadt-Warenhäuser in Leonberg und Nürnberg (Langwasser), diese sind dort Teil von ECE-Projekten, also bislang in Highstreet-Teileigentum.


    Das erklärt auch die etwas beleidigte, aber durchaus mit Kalkül veröffentlichte PM von Multi Development, in der das Nichterhalten des Zuschlags eingeräumt wird. Multi Developement war wohl recht chancenlos, ging es doch bei den Verhandlungen nicht nur um Mainz, was Multi und offenbar auch sonst kaum jemand wusste.


    Was ECE nun in Mainz macht und ob überhaupt, ist unabhängig von diesem Verkauf zu sehen. Da wird ECE noch dicke Bretter bohren müssen, wenn sie selbst Hand anlegen wollen. Darauf setzt offenbar auch Axel Funke, Vorsitzender der Geschäftsführung von Multi noch ein bisschen Hoffnung: "Wir danken unseren Gesprächspartnern bei der Firma Karstadt und der Stadt Mainz für die gute und partnerschaftliche Zusammenarbeit und hoffen, dass sich für die Stadt und für Karstadt trotz unserer Nichtberücksichtigung noch ein vernünftiges Realisierungskonzept finden lässt."

  • ECE nimmt erstmals öffentlich Stellung

    ECE hat nun erstmals öffentlich Angaben zu dem Vorhaben gemacht. "Nach derzeitigem Stand gehen wir von 80 bis 90 Shopeinheiten für Einzelhandel, Gastronomie und Dienstleistungen aus", sagte Sandra Harms, Development Manager bei ECE, in einem Interview mit der "Allgemeinen Zeitung". Zudem bestätigte Harms die bereits kursierende Zahl von 30.000 m² Verkaufsfläche. "Wir haben eine Marktanalyse erstellt und halten die Größe von maximal 30.000 Quadratmetern für angemessen und verträglich", so Harms.


    Fassadenwettbewerb geplant


    Auf die Frage, welche Läden sich ECE in dem neuen Zentrum vorstellen könne, sagte Harms: "Wir haben uns genau angeguckt, was Mainz noch nicht zu bieten hat". Anschließend nannte sie Ketten wie Hollister, Apple, Desigual, Gant, G-Star, Jette Joop, Kiko, Noa Noa, Rituals, Accessorize und Massimo Dutti. Kritik an dem öffentlich noch immer nicht vorgestellten Entwurf, wieß Harms zurück. Einen überdimensionierten Klotz, wie von Kritikern befürchtet, werde es nicht geben, schließlich gebe die Stadt Größe und Höhen des Baukörpers vor. ECE wolle zudem einen Fassadenwettbewerb ausschreiben.

  • ECE wolle zudem einen Fassadenwettbewerb ausschreiben.


    Ich hoffe an dieser Stelle ja, dass die Stadt Mainz sich gegenüber ECE mit einer hochwertigen architektonischen Gestaltung durchsetzen kann. Ein wenig "postmoderner Kitsch", an die Historie angelehnt ;)


    Druckmittel sind ja genügend vorhanden in Form von öffentlichem Raum (zwischen den Pavillons) und öffentlichen Gebäuden (Polizei). Außerdem kommt noch die katholische Kirche mit ins Boot, da neben dem Pax-Bank-Gebäude wohl noch dieses verklinkerte gelbe Gebäude gegenüber dem Karstadt-Nebeneingang der Kirche gehört. Für ECE wird es nicht so leicht.


    Eine Frage, die ich mir stelle: Was soll aus dem PAX-Bank-Gebäude werden? Das steht doch unter Denkmalschutz!? Das einzubinden, dürfte spannend werden.

  • Also gerade läuft die Diskussion etwas aus dem Ruder.


    Während überall in der Stadt und in Geschäften Plakate gegen das geplante Einkaufszentrum hängen ("Mainz braucht keins"), mischt sich der Ex-Geschäftsführer der Mainzer Aufbaugesellschaft mit der These in die Debatte ein, das Zentrum müsse noch viel größer werden als geplant. Hier der Link zum entsprechenden Artikel in der AZ.


    Eine Erweiterung hin zum Schillerplatz halte ich persönlich für problematisch, da gerade dort mal eine ansprechende Lösung (v.a. durch den begrünten und toll gepflasterten Innenhof) zum Umgang mit zweifelhafter Nachkriegsarchitektur gefunden worden ist (außer von hinten).

  • Bürgerinitiative

    ^ Ja, die Sache wird zunehmend emotionalisiert, das ist mir auch aufgefallen. Mal abgesehen davon, dass sowas im Allgemeinen wenig zielführend ist, ist die Diskussion auch etwas müßig, weil vor dem nächsten LudwigsForum am 01.09. ohnehin noch keine genauen Pläne bekannt gegeben werden.


    Die Ausdehnung bis zum Schillerplatz sehe ich aus denselben Gründen wie du kritisch, bushfreak. Der Platz zwischen den Pavillons zwischen Weißliliengasse und Schillerplatz ist ganz ansprechend gestaltet. Zudem fände ich es nicht sinnvoll, die Weißliliengasse zu überbauen…


    Im Zuge der allgemeinen Entrüstung wurde schon vor ein paar Tagen über die Gründung einer Bürgerinitiative gemunkelt. Gestern Abend war dann im Rathaus ein erstes Treffen, die Gründungsversammlung soll am 22.08. erfolgen. Meine erste Befürchtung einer reinen Anti-Bewegung scheint sich nicht zu bewahrheiten (beim ersten LudwigsForum etwa gab es diverse dieser polemischen wie sinnfreien und nicht umsetzbaren Fundamentalkritiken). Die Allgemeine Zeitung war vor Ort und berichtet von etwa 150 Teilnehmern, wovon über 2/3 sich bereit erklärt haben, unter dem Motto „Keine Shopping-Giganten – für eine vernünftige Einzelhandelsentwicklung in Mainz“ an der Bürgerinitiative zur Neugestaltung der Ludwigsstraße mitzuarbeiten. Die Initiative will ein unabhängiges, engagiertes, kritisches und konstruktives Forum sein, also nicht verhindernd sondern zielführend tätig werden. Man will die für Mainz optimale Lösung finden. Das hört sich soweit gut an finde ich. Die geübte Kritik am ersten (städtischen) LudwigsForum kann ich teilweise auch nachvollziehen. Dort wurde zwar immer wieder betont, der Bürgerwille werde berücksichtigt, aber auf Art und Umfang wurde wegen der noch nicht vorliegenden Pläne nicht eingegangen, was im Ergebnis vielleicht notwendig aber dennoch unbefriedigend, weil völlig unkonkret und daher unverbindlich war. Insofern ist es sicher kein Fehler, wenn die Mainzer Bürger die Sache selbst in die Hand nehmen die Pläne von ECE und das Verhalten der Stadt kritisch begleiten. Was ja auch erfolgversprechend ist, weil – wie oben geschrieben – ein Teil der Grundstücke, die ECE einbinden will, in städtischem Eigentum sind, die Stadt also ein gewisses Druckpotential hat. Ein Mitglied eines ebenfalls weiß-pastellblauen Parallelforums (Insidern bekannt als APH ;)) war auf der Versammlung und berichtet an dieser Stelle etwas ausführlicher darüber als die AZ, aber mit einem ähnlichen Tenor.

  • 2. LudwigsstraßenForum

    Gestern war das zweite von der Stadt Mainz organisierte LuFo. Das Interesse an der Veranstaltung war groß, der Frankfurter Hof war voll. Thema war primär der Einzelhandel, also dessen aktuelle Lage, mögliche Entwicklung, Chancen und Gefahren. Als Gastgeber war OB Jens Beutel und als Moderatorin die Architektin und Städteplanerin Brigitte Holz anwesend (wie auch beim ersten Forum).


    Zuerst wurden die Ergebnisse der BulwienGesa AG vorgestellt, die eine Analyse der Bedarfs- und Potentialsituation in Mainz erstellt hatte. Als sinnvoll erachtet wurde eine Erweiterung der Verkaufsfläche Karstadt/Ludwigsstraße von 12.500 auf bis zu 30.000m² (Präsentation). Da die Ergebnisse (wenigstens nach dem Tenor des Publikums) dem entsprächen, was ECE sich vorstellt und Bulwien zudem Kunde von ECE und damit parteiisch ist/sein soll, wurde das Ergebnis anschließend von Vertretern des Einzelhandels und der Werbegemeinschaft, der kürzlich gegründeten Bürgerinitiative Ludwigsstraße (s.o.), sowie der großen Mehrheit der Bürgermeldungen waidgerecht zerlegt. Frei nach dem Motto „trau‘ keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast“, wurden Argumente vorgebracht, wiederlegt, als nicht zutreffend bezeichnet etc. Kurz, die Stimmung war leicht revoltenhaft gegen Bulwien gerichtet, die ihrerseits aber tapfer und objektiv gekontert haben. Da ich mich mit der Materie im Detail beschäftigen müsste um zu sagen, wer jetzt recht hat, blieb die Frage der Qualität des Gutachtens für mich am Ende offen. Publikumstenor war ganz klar die Forderung eines Zweitgutachtens. Das komplette Gutachten von Bulwien hat fast 100 Seiten und kann bei Interesse auf der LuFo-Seite unten als PDF geöffnet/heruntergeladen werden (klick!).


    Die Diskussion war zwar emotional, aber dennoch meist auf einem gewissen Niveau. Da sich das DAF aber primär mit Architektur und Städtebau beschäftigt, möchte ich nicht abschweifen sondern nochmal auf die Seite des LuFo verweisen, wo alle Diskussionsbeiträge bald (anonymisiert) eingestellt werden. Zudem berichtet natürlich auch die lokale Presse über die gestrige Veranstaltung: AZ.


    Nachdem der Zeitrahmen hier schon deutlich gesprengt war, begann reichlich verspätet auch die Darstellung des ECE-Konzepts durch Gerd Wilhelmus und, für uns besonders interessant, die Vorstellung des ersten architektonischen Grundkonzepts durch den Architekten Lorenz Riethmüller. Über die Fassadengestaltung wird demnach später noch zu reden sein, momentan geht es nur um die Darstellung der Grundausrichtung. Herr Riethmüller hat das in einem fesselnden Vortrag getan. Vor allem Richtung Ludwigsstraße soll es viele Zugänge zum Einkaufszentrum geben, um der Lu‘ nicht die Flanierfunktion zu nehmen und sich nicht von der Stadt abzuschirmen. Karstadt als Ankermieter soll seinen Platz zwischen Gutenberg- und Bischofsplatz erhalten (grün schraffiert). Zurückgesetzt hinter der Ludwigsstraße soll ein neuer Platz entstehen, flankiert von der Fuststraße. Hier hat man das Konzept „Mainz lebt auf seinen Plätzen“ aufgegriffen und einen neuen Platz geschaffen, der die anderen durch seine Einzigartigkeit ergänzen, nicht entwerten soll. Dieser Platz soll zwar überdacht sein, aber dennoch wie ein offener Platz wirken. Das hört sich etwas nach der Quadratur des Kreises an, aber ich lass mich mal überraschen. Ausgehend von dem Platz startet eine 80m lange Passage Richtung Eppichmauergasse. Dahinter soll dann ein Warenhaus gebaut werden, was als Kundenmagnet fungiert, um genügend Leute in die Passage zu locken. In der Passage selber sollen sogenannte Stadthäuser entstehen, in denen kleinere Läden ihren Sitz haben sollen. Wenige bis keine Eingänge soll es zur Weißliliengasse geben, von der aus zukünftig die Anlieferung erfolgen soll. Eine solche geschlossene Passage schafft natürlich eine gewisse Parallelwelt zum Öffentlichen Raum. Die Frage ist, ob das schlimm ist. Darüber wird mit Sicherheit ausführlichst diskutiert werden.


    Zur äußeren Gestaltung wurde nur soviel gesagt, dass sie von den Straßen her kleinteilig wirken soll. Man will sich an der jeweiligen Nachbarbebauung orientieren. Hier hat man vermutlich auf die Bedenken der Bürger vor einem „Klotz“ reagiert. Dazu eine vereinfachte Version dessen, was Herr Riethmüller gestern präsentierte. Weitere Visualisierungen von ECE mit seitlichen Draufsichten auf die bisherige Planung finden sich auf der LuFo-Seite (hier und hier).



    Screenshot von Google, Bearbeitung von mir.


    Interessant ist der Umgang mit den Immobilien, die ECE noch gar nicht gehören. Herr Riethmüller hat extra betont, dass man nicht einfach Ansprüche stellen will, sondern nur eine Wunschvorstellung äußert. Ursprünglich hatte man bei ECE vor, die kirchlichen Immobilien Pax-Bank (Eppichmauergasse/Weihergartenstraße) und Bischofsplatz 12 (Ecke Fuststraße/Johannisstraße) einzuplanen. Gestern war das Gebäude der Pax-Bank bei den Visualisierungen außen vor, es lag außerhalb des Planungsgebiets. Das Haus Bischofsplatz 12 wurde aber dem (neuen) Karstadt-Block zugeschlagen. Mehr nebenbei hatte Herr Wilhelmus gesagt, man habe auf Wunsch der Kirche zum Bischofsplatz weniger Eingänge geplant, um dessen ruhige Atmosphäre zu erhalten. Ob man da auch hineininterpretieren kann, dass ECE in Zuge dessen quasi als Ausgleich das Eckhaus Bischofsplatz 12 zugesichert bekommen hat, ist freilich Spekulation.


    Später stand Herr Wilhelmus noch Frage und Antwort. Er ging das Ganze sehr offensiv und konfrontativ an, ohne unsachlich zu werden (auf die Details geh ich hier nicht ein, das würde sonst den Beitrag zu lang machen). Man merkte, dass er das sicher schon oft gemacht hat. Aber auch die Bürgerinitiative und verschiedene Bürger schienen gut informiert, so dass sich gleichwertige Diskutanten gegenüberstanden. Als um 21:40 das um 18:00 gestartete Forum immer noch nicht vorbei war, habe ich beschlossen, genug gehört zu haben. Laut AZ zog es sich dann auch noch bis 22:30 hin.

    Einmal editiert, zuletzt von Robbi () aus folgendem Grund: Link repariert

  • Wie zu erwarten hat die Präsentation in den Folgetagen noch diverse mehr oder wenig hohe Wellen geschlagen. So berichtet die AZ (mit zahlreichen Verweisen) heute darüber, dass beim Innenministerium bzgl. der eingeplanten Polizeiinspektion I bisher keine offizielle Anfrage wegen des Grundstücksverkaufs einging. Man wolle einen Verkauf aber nicht ausschließen, sofern ECE auf seine Kosten einen entsprechenden Ersatz schaffe. Was das Kircheneigentum angeht, wird wohl wie oben spekuliert noch etwas gepokert. die Pax-Bank soll auf keinen Fall verkauft werden, das Gebäude an der Ecke zur Fuststraße derzeit nicht. Sorgen macht man sich auch um St. Johannis, älteste Kirche der Stadt, und den Mainzer Dom. Beide könnten durch eine Grundwasserabsenkung beim Bau sozusagen fundamentale Schäden davontragen (mehr dazu hier).


    In der ZDF-Mediathek ist ein kurzer Beitrag über das geplante Einkaufszentrum zu sehen, auch wenn fälschlicherweise gesagt wird, der ehemalige Hertie wäre aus den 1950'ern. Tatsächlich wurde er 1963 gebaut. >Video<


    Anbei noch ein paar Grafiken vom LudwigsstraßenForum. Zunächst eine Ansicht vom Bischofsplatz aus. Die Darstellung ist nur eine erste Idee, es soll gezeigt werden, wie auf die benachbarten Fassaden eingegangen wird. Mal abgesehen vom Dach gar nicht mal übel.



    Und hier ergänzend zu meiner Darstellung oben die offizielle Version von ECE, die die Baumasse und die geplanten Laufwege und Zugänge veranschaulicht.



    Quelle beider Grafiken: ECE

    Einmal editiert, zuletzt von Robbi () aus folgendem Grund: Links repariert

  • Nachdem in den letzten Wochen eher Allgemeinplätze und diverse Forderungen über das geplante Einkaufszentrum verbreitet wurden, war an diesem Wochenende in der AZ ein halbwegs informatives Interview mit Karstadt-Finanzchef Harald Fraszczak zu finden. Darin erfährt man, dass neben Karstadt auch dessen Sparten Karstadt Sports, Karstadt Perfetto (Feinkost) und das Restaurant Le Buffet angesiedelt werden sollen.


    Karstadt soll wie geschrieben am Gutenbergplatz einziehen, das Restaurant hätte dann im 2. OG eine Dachterrasse mit schöner Aussicht auf die Stadt. Die Feinkostabteilung soll ins Untergeschoss und Karstadt Sports an die Ecke Ludwigsstraße/Weißliliengasse. In der Visualisierung der AZ-Printausgabe ist neben Karstadt Sports auch ein Apple-Store eingezeichnet. Sonst hat sich zum oben eingestellten Plan nichts verändert. Organisatorisch schwebt Karstadt vor, dass zunächst das Gebäude der Deutschen Bank abgerissen und neubebaut wird, um Karstadt dauerhaft am Standort präsent zu halten.


    Ansonsten erfährt man allgemein, dass Karstadt in den nächsten vier Jahren rund 400mio€ in den Umbau von 60 Filialen stecken will. Dabei wird auch der Frankfurter Karstadt auf der Zeil erwähnt, aber ohne genaues Volumen. Nur soviel, dass der Umbau sich über mehrere Jahre hinziehen wird, so dass die Fassadensanierung wohl nur ein Anfang war. Im dortigen Forum wurde das schonmal angesprochen.

  • Ein kleiner Zwischenstand zu den aktuellen Entwicklungen:


    Das Säbelrasseln geht in die nächste Runde. Bereits im Oktober wurde beschlossen, dass ein zweites Gutachten eingeholt werden soll, weil die vielfach kritisierte Analyse der Bedarfs- und Potentialsituation der BulwienGesa AG (siehe #9) laut offizieller Pressemitteilung „in die Tonne getreten“ gehöre (Quelle). Das entsprach dem breiten Wunsch vor allem der Teilnehmer des Bürgerforums, wo eine zu große Nähe zwischen BulwienGesa und ECE angenommen wurde. Im November dann wurde von ECE gefordert, dass das geplante Einkaufszentrum 30.000m² Verkaufsfläche haben müsse, um sich zu rentieren. Weniger wolle man nicht akzeptieren. Gastronomie und Dienstleistungen fallen hier per gesetzlicher Definition nicht runter; für diese will ECE zusätzlich 3.000m² veranschlagen (Allgemeine Zeitung). Vor ein paar Tagen schoss Bau- und Kulturdezernentin Grosse (SPD) dann zurück. Man werde sich nicht erpressen lassen und sie sei überzeugt, dass 30.000m² zu viel sind und mit ihr nicht zu machen seien (Interview). Darüber hinaus wird darum gerungen, Eppichmauergasse und Fuststraße auch außerhalb der Ladenöffnungszeiten offen zu halten, was ECE (angeblich) nicht will. Der mutmaßlich zukünftige Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling hat derweil einen Bürgerentscheid über das geplante Einkaufszentrum angekündigt, so er denn im März gewählt wird (Rhein-Zeitung). In Anbetracht dessen ist die zukünftige Entwicklung des Areals momentan ziemlich offen. Nur dass etwas passieren muss, dürfte unstreitig sein, das Karstadtgebäude ist inner- und äußerlich veraltet und sanierungsbedürftig. Unterdessen informiert sich eine Mainzer Delegation über bereits verwirklichte Einkaufszentren in anderen Städten, um positive und negative Erfahrungen zu sammeln und zu analysieren. Zuletzt war man im Entre-Deux in Maastricht. Wirkt ansprechend: klick!

  • Auf in die nächste Runde!

    Vorgestern hat sich die BI Ludwigsstraße getroffen, um über das geplante Einkaufszentrum zu diskutieren. Es referierte Friedrich Voßkühler, Professor für Philosophie an der TU Darmstadt. Wie der Titel „Angriff auf die Stadt“ vermuten ließ, sieht er darin für die Stadt nur Nachteile. So gebe es genügend Geschäfte in der Stadt und eine „Mall“ werde nur das Leben aus dem öffentlichen Raum absaugen und dadurch entwerten. Darin sehe ich auch eine Gefahr, etliche Städte mit großen Einkaufszentren haben die Erfahrung machen müssen, dass Geschäftslagen außerhalb neuer Shoppingcenter an Attraktivität verloren.


    Daneben wird der Vorwurf erhoben, Einkaufszentren würden meist nicht auf gegebene historische Eigenschaften ihrer Umgebung eingehen und/oder sie zur bloßen Hülle degradieren. Das mag bei anderen Projekten möglicherweise zutreffen (siehe Schloss-Arkaden in Braunschweig). Aber in Mainz? Abgesehen vom im Grunde kulissenhaft und funktionslos vor das Parkhaus gestellten Portal des abgerissenen Bischofspalais gibt es dort oberirdisch doch eh nichts historisches mehr. Leider war ich nicht vor Ort, so dass ich nicht weiß was Hartmut Fischer, Leiter des Denkmalamts, dort noch an Zeitzeugnissen präsentierte.


    Ebenfalls kritisiert wird der erwartete Einheitsbrei an Marken und Ketten, bekannt auch als „Deichmannisierung der Innenstädte“. Das finde ich auch nicht schön, aber vereinfacht gesagt: Es wird verkauft, was gefragt ist. Würden Kunden der lokalen Wirtschaft zuliebe mehr im Einzelhandel kaufen, wäre die Entwicklung eine andere. Leider ist das momentan nicht der Fall, insofern finde ich es einseitig, nur auf den Anbietern rumzuhacken. Nichts desto trotz sollte die Stadt natürlich genau schauen, in welche Richtung sie das Ludwigsforum steuern möchte. Aufschluss über den tatsächlichen Bedarf (oder auch Nichtbedarf) an neuen oder einfach anderen Geschäften liefert hoffentlich das neu in Auftrag gegebene Gutachten. Generell hat mir im Bericht über das Treffen auch eine konkrete Überlegung gefehlt, was man denn realistischerweise stattdessen machen könnte. Der Karstadt in seiner jetzigen Form ist für die Stadt fast schon peinlich. Und was auch viele wohl gerne vergessen: Die Stadt kann zwar Einfluss nehmen, aber ihr gehört der Großteil des Geländes doch gar nicht. Insofern ist ihr Einfluss (leider) begrenzt. Aber wir werden sehen... Bevor ein Bagger anrückt, wird noch viel diskutiert werden :)


    Quelle: AZ

  • Das zweite Gutachten zum Thema Bedarf und Potential eines neuen Einkaufszentrums ist seit gestern da und dürfte allen Kritikern gefallen. Das Dortmunder Stadtplanungsbüro Junker und Kruse sieht eine Verkaufsfläche von 25.000-27.000m² als ideal an, also deutlich weniger als die 30.000, die ECE vorschweben. Auch wird wegen der Stadtstruktur von einer Erweiterung über die Eppichmauergasse hinaus und auch von einer Überbauung der Fuststraße abgeraten. Eine Zusammenfassung findet sich in der Rhein-Zeitung hier und da (mit Grafik), sowie der Allgemeinen Zeitung. Vorgestellt wird das Gutachten beim nächsten LudwigsstraßenForum am 07.03. um 18h in der Rheingoldhalle.

    Einmal editiert, zuletzt von Robbi () aus folgendem Grund: Korrektur

  • 5. LudwigsstraßenForum

    Gestern Abend wurden die schon bekannten Ergebnisse des Zweitgutachtens von den Herren Junker und Kruse im 5. LuFo vorgestellt. Ganz anders als beim Gutachten von BulwienGesa herrschte überwiegend Zufriedenheit über die Ergebnisse, die Stimmung im Saal war wesentlich harmonischer als bei früheren Foren. Wie erwähnt halten Junker&Kruse 25.000-27.000m² Verkaufsfläche für das neue Einkaufszentrum für ideal, was bei den Vertretern des Einzelhandels auf Zustimmung stieß.


    Ganz interessant waren auch die städtebaulichen Aspekte, die von Junker&Kruse angesprochen wurden:

    • Schon beim Grußwort wies Bürgermeister Günther Beck zurecht auf die Bedeutung des Vorhabens für die Stadt Mainz hin. Ähnlich wie gerade in Frankfurt wird ein klobiges Betonmonster aus dem Herzen der Stadt entfernt (bzw. soll entfernt werden). Das bietet auch in Mainz die Chance, diesen Teil der Altstadt völlig neu zu überplanen. Beck hielt es für überlegenswert, ob am Bischofsplatz nicht eine Fassadenrekonstruktion des Bischofspalais sinnvoll sei, um einen historischen Kontext zu setzen. Eine Idee, die meine volle Unterstützung hat :)
    • Weil südlich der Ludwigsstraße ein ruhiges Wohn- und Schulviertel beginnt, findet man es falsch, das Center über die Eppichmauergasse hinaus bis zum Polizeipräsidium zu erweitern. Diesen Block (Präsidium + Eckhaus Eppichmauergasse) halten Junker&Kruse für städtebaulich gelungen, so dass hier nichts geändert werden muss. Das sehe ich auch so.
    • Eine weitere Ausdehnung des Geschäftsviertels nach Süden wird auch deswegen abgelehnt, weil die Mainzer City ohnehin sehr weitläufig ist, was die Verteilung von Geschäften und somit die Laufstrecken angeht. Es wird eher empfohlen, statt der von ECE geplanten Nord-Süd-Ausrichtung eher eine Ost-West-Ausrichtung parallel zur Ludwigsstraße voranzutreiben. Am Bischofsplatz könnte man sogar über eine Mischnutzung nachdenken.
    • Die Überbrückung der Fuststraße (wie sie auch jetzt besteht) wird abgelehnt, weil dadurch (wie jetzt) der Bischofsplatz von der Lu aus gesehen ziemlich abgeschnitten ist. Häuserbrücken wirken halt immer wie Wände, egal wie filigran sie gestaltet sind. Schön war das Wortspiel der „Entwicklung von der Frust- zur Fuststraße“. Das trifft es ziemlich gut. Eine unterirdische Verbindung ist davon unberührt, auch ließen Junker&Kruse die Frage offen, ob ein simples Glasdach zwischen den Gebäuden sinnvoll sein könnte.
    • Die Abschaffung der Pavillons wurde befürwortet. Abgesehen von der mäßigen optischen Erscheinung sollen diese auch für den Verkauf nicht von Vorteil sein. Angeregt wurde, dass stattdessen ein centerinterner Durchgang in der Verlängerung Johannisstraße <=> Ballplatz geschaffen wird, der grob der durch Hertie überbauten Hinteren Präsenzgasse entspricht (gelegen etwa zwischen Karstadt/Deutsche Bank und dem anschließenden Parkhaus). Davon und von der Öffnung zum Bischofsplatz hin würden die zu Unrecht ziemlich verschlafene Heiliggrabgasse und die Johannisstraße profitieren, die zudem eine sinnvolle Verbindung zu Leichhof und Augustinerstraße (sprich: der eigentlichen Altstadt) eröffnen.
    • Ebenfalls empfohlen wurde, vor allem die westlich, nördlich und östlich des Einkaufszentrums gelegenen Gebiete im Zuge der Neugestaltung mit einzubeziehen und zu überarbeiten. Also die westliche Ludwigsstraße mit Schillerplatz, die seit Jahren im Sinkflug begriffene Große Langgasse und der Gutenbergplatz. Vor allem letzerer sollte durch den Neubau anstelle des schäbigen Pavillons eine prägnantere Torfunktion erhalten.
    • Was die konkrete Gestaltung angeht, hat man sich etwas bedeckt gehalten, den Mainzer Bürgern und der Politik aber dringend geraten, auf die gewünschte Kleingliedrigkeit zu bestehen. Zwar gibt es bisher kaum Center, die diese verwirklicht haben, aber der ebenfalls anwesende Prof. Fingerhuth vom Planungs- und Gestaltungsbeirat wies darauf hin, dass die Entwicklung klar in diese Richtung geht. Als Positivbeispiele wurden Center in Venlo, Maastricht und Bamberg angeführt.
    • Diese Gestaltung sollte, ja muss sogar so zukunftsorientiert in dem Sinne sein, dass man sie auch einer neuen Nutzung zuführen kann. Nur weil Einkaufszentren à la ECE seit Jahren überall gebaut werden, heißt das nicht, dass diese in 20 Jahren immer noch im Trend liegen. Vielmehr sollte man so bauen, dass eine mögliche Umnutzung denkbar ist, und das ist bei Kleinteiligkeit nunmal besser möglich. Randnotiz: Wie nicht mehr zeitgemäße Center eine Stadt vor massive Probleme stellen können, zeigt die gut 40 Jahre alte „City-C“ in Leverkusen. Seit langem nicht unproblematisch ist dieses Center seit der Eröffnung der benachbarten Rathaus-Galerie (ECE) völlig abgestürzt. Immense Leerstände und Billigstläden prägen das Bild, und jetzt weiß keiner, was man tun soll, Ende offen (siehe auch Stadtanzeiger).
    • Auch vor der generellen Ausrichtung des „klassischen“ Einkaufszentrums wurde nochmals gewarnt. Die Grundidee eines Centers ist es, Kunden hineinzuziehen und dort zu binden. Mit anderen Worten: Es ist eine Art Festung, die sich nur zu oft vom Rest der Stadt abgrenzt und nicht auf sie eingeht. Dem gilt es beharrlich entgegenzuwirken. Geschäfte sollten auch nach außen Ein- und Ausgänge haben und zudem nicht bloße Pseudoschaufenster erhalten. Als Negativbeispiel wurde ein Foto der neuen Altmarktgalerie in Dresden angeführt („Nein, das ist nicht der Westwall!“ ;)).


    So, das war meine gekürzte (und nicht chronologische) Zusammenfassung der Präsentation, mit einem Schwerpunkt vor allem auf städtebaulichen Aspekte. Die komplette und reich bebilderte Präsentation von Junker&Kruse kann man sich auf der entsprechenden LuFo-Seite ansehen. Es lohnt sich! Dort findet sich auch das Gutachten zur Bedarfs- und Potentialanalyse, wo sehr detailliert auf die jetzt kaum erörterten Ausbaumöglichkeiten eingegangen wird, die Mainz als Oberzentrum noch hat.

  • Bis zum nächsten Forum werden noch einige Monate ins Land ziehen, zur Überbrückung hier mal ein paar Fotos des Status quo. Zur Orientierung hilft die DAF-Karte. Ein Blick vom Schillerplatz aus die Ludwigsstraße hinunter. Deutsche Bank und Karstadt befinden sich auf der rechten Seite, die ersten zwei Pavillons vorne rechts gehören nicht zum Projekt. Am Anfang der Debatte war auch der bedrohte Domblick ein großes Thema, wovon zuletzt wenig zu hören war. Dieser würde durch eine höhere Randbebauung natürlich eingeschränkt. Wobei man ehrlicherweise sagen muss, dass man im Sommer wegen der belaubten Bäume von der Lu aus eh wenig vom Dom sehen kann.



    Das ganze etwas näher, von der Ecke Ludwigsstraße/Große Langgasse…



    …sowie Ludwigsstraße/Vordere Präsenzgasse.



    Karstadt Haupteingang. Der unterdurchschnittlich gestaltete Platz zwischen den Pavillons hätte ebenso wie die Fassade schon vor Jahren aufgehübscht werden sollen. Wie man sieht, ist es nie dazu gekommen.



    Überhaupt, die Pavillons… Sie wirken fast wie im Ursprungszustand. Man sollte sich mit dem Vorhaben beeilen, bevor der Denkmalschutz zuschlägt… ;)



    Hier zweigt die Fuststraße ab, im Hintergrund ist der Bischofsplatz zu sehen. Es wird deutlich, warum Junker&Kruse nicht viel von der Brücke vom Karstadthaupt- zum Nebengebäude halten. Der Durchgang ist hässlich und dunkel und wer den Bischofsplatz nicht kennt, wird ihn kaum zufällig finden.



    Nicht zur von vorgestern sondern auch noch in schlechtem Zustand ist der Pavillon am Übergang von der Lu zum Gutenbergplatz. Er gehört nicht zu Karstadt, sondern beherbergt diverse andere Läden, vor allem ein großes Chinarestaurant im Obergeschoss.



    Das Treppenhaus des Karstadt-Nebengebäudes am Gutenbergplatz.



    Unsäglich ist der nicht vorhandene Übergang von Pavillon zu Nebengebäude. Das wird noch deutlicher,…



    …wenn man mal um die Ecke schaut.



    -Bilder von mir-

    Einmal editiert, zuletzt von Robbi ()

  • Weiter geht es durch die Fuststraße zum Bischofsplatz. Das gelb geklinkerte Haus befindet sich noch im Besitz der Kirche, wird bei den aktuellen Planungen aber mit einbezogen, auch wenn nicht klar ist, ob es denn nun verkauft wird. Aus rein ästhetischen Gesichtspunkten wäre der Abriss sicher kein Verlust.



    Blick zurück zur Ludwigsstraße.



    Der Bischofsplatz ist sehr ruhig und ganz beschaulich. Hier liegt das Parkhaus von Karstadt, dessen fensterlose Rückseite aber annehmbar verkleidet und die meiste Zeit des Jahres schön von wildem Wein verdeckt wird.




    Hier irgendwo, zwischen Karstadt und Parkhaus, begann die Hintere Präsenzgasse, heute Warenannahme. Im Hintergrund die Weißliliengasse.



    Vor dem Parkhaus steht das Gartenportal des ehemaligen Bischöflichen Palais von 1666.



    Infotafel mit Bild und Text: „Hier stand das Bischöfliche Palais in den Formen der Spätrenaissance vom Domkustos Johann Georg von Schönborn, dem ältesten Bruder des Mainzer Kurfürsten Johann Philipp von Schönborn, 1663-1666 als Domstiftskurie errichtet. Aus diesem Anlass wurde seinerzeit durch Abriss der dort stehenden Häuser ein Platz geschaffen, um den Neubau im Stadtbild besser zur Geltung zu bringen. Ab 1802 residierte hier der Bischof des neuen Bistums Mainz. Bis 1857 hieß der Platz allerdings noch Domkustorie-Platz. Nach Bombentreffern im August 1942 ausgebrannt, wurde der baufällig gewordene Südgiebel in den Nachkriegsjahren abgebrochen und die verbliebene Ruine 1962 zu Gunsten des Parkhausneubaus beseitigt. Wegen ihres bauhistorischen Wertes hatte man die Sandsteinportale vorher ausgebaut. Das Hauptportal erhielt einen neuen Standort im Bockshöfchen, ein weiteres Portal wurde am Nordende der Domstraße aufgestellt. 1993 errichtete man im Rahmen der Umgestaltung des Bischofsplatzes dort das Gartenportal unter weitgehender Verwendung von originalen Sandsteinteilen. Kennzeichnend für das Bischöfliche Palais waren das hohe Satteldach zwischen zwei Volutengiebeln sowie die beiden Zwerchgiebel über dem Haupt- und Gartenportal. Dach und Giebel sowie Grundrissanlage ließen das Vorbild des wenige Jahre vorher am Liebfrauenplatz errichteten „Römischen Kaisers“ erkennen. Ernst Stephan bescheinigte in seinem Buch „Das Bürgerhaus in Mainz“ dem Bau „bei aller Bescheidenheit die Haltung eines Schlosses.“



    Hier das Haus der Pax-Bank, Ecke Eppichmauergasse/Weihergartenstraße. Von ECE ursprünglich für das Vorhaben mit eingeplant, hat die Kirche hier einen Verkauf recht deutlich ausgeschlossen.



    Und hier ein Blick in die Eppichmauergasse Richtung Weißliliengasse, neben der Pax-Bank schließt sich die Polizeiinspektion an.



    Der Blick zurück zum Bischofsplatz.



    -Bilder von mir-

  • Die Polizeiinspektion 1 an der Weißliliengasse. Ob sie, wie von ECE gewünscht, Teil des geplanten Centers wird, ist ungewiss, zumal sie sich noch in öffentlichem Eigentum befindet.



    Links daneben schließt sich ein seit längerem leerstehendes Bürogebäude an, das sich vor dem Karstadt-Parkhaus befindet. Eigentlich ganz passabel gestaltet, wie ich finde.



    Gesehen von der Ludwigsstraße aus. Auch das links anschließende Gebäude der Deutschen Bank befinden sich äußerlich in einem ganz guten Zustand.




    Vom Pavillon vielleicht mal abgesehen. Anders als Karstadt ist die Hauptfassade weniger hässlich und hat zur Auflockerung auch einige Fenster.



    Zu guter letzt ein paar Innenaufnahmen. Da Kaufhäuser es nicht so gerne haben, wenn ihre Verkaufsräume abgelichtet werden, habe ich darauf verzichtet. An den Stelltischen, Regalen etc. gibt es auch nichts auszusetzen, aber Fußboden und vor allem die Decken sind in einem sehr unterdurchschnittlichen Zustand und müssten dringend erneuert werden. Was sich jetzt natürlich kaum mehr rechnet, sollte das ganze Projekt nicht doch noch scheitern. Ganz interessant ist das Treppenhaus. Hier scheint sich seit fast 50 Jahren nichts geändert zu haben. Großzügig und blau gekachelt im Schimmbad-Look.




    Es bieten sich aber einige schöne Aussichten, wie etwa auf das oben erwähnte Haus an der Fuststraße.



    Mein persönliches Highlight im Parkhaus: Der vielleicht kleinste Personenaufzug in Mainz mit der Bodenfläche einer Paternosterkabine. Offiziell für 4 Personen zugelassen, faktisch nur zu zweit nutzbar, sofern man nicht zur Klaustrophobie neigt.



    Und zum Abschluss ein Blick über die Altstadt zur Augustinerkirche.



    -Bilder von mir-

  • Schillerplatz

    Auf dem Schillerplatz steht seit wenigen Wochen ein Baukran. Das ist natürlich ein Skandal, wie diverse Einzelhändler finden und allen Ernstes vorschlugen, das Ding in die Rabatten in der Platzmitte zu setzen. Dabei könnten sie doch froh sein, dass mal was in die Liegenschaften investiert wird. Aber sei es drum. Aus dem Artikel erfährt man, dass der Kran vom 14.03.-14.06. dort stehen wird, weil ein Haus aufgestockt wird. Welches genau ist mit nicht ganz klar, vielleicht der Rückbau der Pfau-Apotheke, die sich von Schillerplatz 6 durch den Hinterhof über Eck bis zur Inselstraße 3 erstreckt, wo ebenfalls Fenster der Apotheke liegen (google maps). Zu finden ist ein Bauplakat von Dörhöfer-Bau und ein Schild von Rölo Wohn Art, mehr habe ich bisher nicht rausgefunden. Schillerplatz 6 (Pfau-Apotheke)…



    …und Inselstraße 3, beide Fotos vom 22.03. So [IRONIE]wunderschön[/IRONIE] gekachelte Häuser gibt es in Mainz nur selten. Die ungekrönte deutsche Hauptstadt des gekachelten pflegeleichten Hauses ist für mich eindeutig Köln, aber das ist ein anderes Thema :)



    Und noch eins von heute. Das Portal ist ganz interessant, es wirkt älter als der restliche Bau und soll wohl erhalten bleiben, auch wenn es offensichtlich schon unter den Arbeiten gelitten hat.



    -Bilder von mir-

  • Schillerplatz

    ^ Am Schillerplatz (Karte) passiert doch mehr, als ich anfangs erwartet hätte. Das Portal in der Inselstraße 3 war schon 2 Tage nach dem von mir gemachten Foto weg. Danach wurden beide Häuser und auch das Eckhaus Schillerplatz 4/Inselstraße 1 eingerüstet. Mittlerweile ist an Schillerplatz 6 (Pfau-Apotheke) das Dach abgerissen worden, bei dem Eckhaus fehlen die Gauben. Ich bin gespannt, was noch alles kommt :)



    -Bild von mir-