Grundsatzdiskussion alte/neue Architektur

  • Carina, es ist Dir wieder einmal gelungen, im Gewande der Friedensstifterin über gedeihliche Forenkultur zu paraphrasieren, um am Ende Andersdenkenden demagogisches Naturtalent zu attestieren. Überhaupt schon, "Demagogie" in Verbindung mit Architekturkritik oder meinetwegen Kritikerkritik zu setzen... = mit Kanonen auf Spatzen schießen.


    Wie wäre es, einfach nur die eigene Meinung zu Architektur, Beiträgen über Architektur, Architekturkritiker, Architekturpolitik zu schreiben statt regelmäßig auf der Metaebene die darüber schreibenden Forumsmitglieder, deren Motivation, Psyche, charakterliche Fehler zum Gegenstand der Diskussion meinen machen zu müssen? So wichtig sind wir gar nicht. Oder für Dich schon?

  • Ist freilich Geschmackssache und Dir gefällt offenbar solche Architektur, egal in welchem Kontext sie errichtet wird. Ist Dein Recht.


    Ich finde nicht, daß die Schutzwürdigkeit in einer Art architektonischem Führerkult an Namen festzumachen sein sollte. Wenn Kammerer und Belz, Behnisch & Co bekannt und geehrt wurden, dann hoffentlich immer durch gute Werke. Die Kausalität dann ab einem gewissen Grad an Bekanntheit umzudrehen und quasi deren Werke gut oder erhaltenswert finden zu müssen, weil sie von bekannten Namen stammen, scheint mir weder zielführend noch sachgerecht und schon gar nicht förderlich im Sinne einer allmählichen Verbesserung des Stadtbilds. Jeder kann irren oder einen schlechte Tag haben. Auch Meister.


    Wären die besten/meisten Werke bedeutender Architekten durch z.B. Krieg untergegangen, dann würde ich sogar unterstützen, daß zwecks Denkmal und Reminiszenz notgedrungen ein schlechterer Bau erhalten würde - vor allem wenn sich darin deren Stil typisch zeigt. Da dies bei KuB nicht der Fall ist, gilt: Was scheiße ist, kann und soll weg, was gut ist, kann und soll bleiben.

  • The damage is done: Die Kritik von diversen Investoren an PP reißt nicht ab. Für Gebäude- und Grundstückkäufe gebe es keine Sicherheit und Geschäftsgrundlage mehr. Die Kritik flammte zuletzt auf, weil PP durch in Aussicht gestellte restriktive Handhabung des Baurechts für den Fall des Abriss (Abrissgenehmigung ist bereits erteilt) der Ex-EnBW durch den Investor diesen zwingen will, das Gebäude umzunutzen, und nicht neu zu bauen.


    PP weist Kritik zurück: Die Stadt bin ich. Was EnBW erlaubt war, müsse am gleichen Standort noch lange nicht für die Münchner Reiss & Co. gelten (schon gar nicht, wenn Lederer nicht baut?).


    Quelle: StZ 30.07.2016


    Wobei ich den Erhalt des Baus hier unterstütze. Aber die Umnutzung ist wohl für den Investor nicht wirtschaftlich (genug). Frage ist nur, ob man diese "Erpresser - Methoden" (wieder, man erinnere sich an Villa Berg) anwenden und die Stadt als Partner immer weiter als nicht kooperativ, gar unzuverlässig in Verruf bringen muss.

  • Wenn PP die Kritik der potenziellen Bauherren in der Stadt mit "Unfug" tituliert, zeigt das doch schon, dass er für öffentliche Ämter nur schwer tragbar ist. Auch wenn er das denkt, muss man das anders formulieren. Erst die Fehde zwischen Haus und Grund und Fritzle, jetzt PP offen mit wahrscheinlich den wichtigsten Investoren von außerhalb. Man kann sich nur noch wundern. Womit haben die Stuttgarter das verdient?! Ich wünsche mir langsam wirklich BB Hahn zurück. Der konnte sich noch halbwegs intelligent ausdrücken, zumindest.

  • Warum beantragt die EnBW einen Abriss und verkauft das Gebäude dann?


    Warum wird das Gebäude nicht unter Denkmalschutz gestellt, wenn die Stadt es erhalten möchte?


    Warum hat sich die Reiss&Co. nicht vor dem Kauf einen möglichen Abriss zusichern lassen?


    In der Pressemeldung steht zumindest, dass die Pläne des Investors nicht mit dem bestehenden Bebauungsplan übereinstimmen.


  • Warum wird das Gebäude nicht unter Denkmalschutz gestellt, wenn die Stadt es erhalten möchte?
    In der Pressemeldung steht zumindest, dass die Pläne des Investors nicht mit dem bestehenden Bebauungsplan übereinstimmen.


    Es ist in erster Linie PP und niemand sonst der ein Gebäude, das zuvor keinen interessiert hat plötzlich als ach sooo wichtig für's Stadtbild erachtet. In einer Ecke der Stadt an der normale Pasanten selten vorbeikommen behaupte ich mal. In Wirklichkeit geht's hier gar nicht um die höchst mittelmäßige Architektur sondern um linksgrüne Machtspiele seitens der Stadt ähnlich wie bei der Villa Berg, wo Fritzle einen attraktiven Investor vergrault hat um nun eine millionenschwere Sanierung am Hals zu haben die sich nach Lage der Dinge auf Jahre hinaus verzögern dürfte. Auch beim Dorotheen-Quartier wurde das Projekt im Rathaus bekanntlich aus purer Ideologie bis zur Lächerlichkeit kleingeschrumpft und verunstaltet.
    Beim ENBW-Areal das gleiche: Ein von vornehrein kleinkarierter Bebauungsplan, den man für die ENBW scheinbar großzügiger auslegen konnte wird nun als Druckmittel gegen einen attraktiven Investor verwendet. Unerträglich was ein inkompetenter sogenannter "BB" hier veranstaltet!:bash:

  • MiaSanMia, gute Fragen :)


    Es ist schon ein Trauerspiel. Fast zeitgleich mit dem Welterbestatus modernerer Architektur, soll einer der besten Bürobauten der letzten Jahrzehnte abgerissen werden. :nono:


    Daß die EnBW Sonderrechte erhält, wundert in dieser ideologischen Willlkür- und Profiteure-Republik indes kaum noch, handelt es sich doch um ein staatliches, also gutes, Unternehmen.

  • In dem lesenswerten Artikel der FAZ "Von Haus aus missglückt" wird die moderne Architektur kritisiert.
    Zusammenfassung:
    - Es ist die Fähigkeit abhanden gekommen, schöne und bewohnbare Städte zu bauen
    - Wenn es um schöne Städte geht, spricht man ausschließlich über alte Gebäude, Plätze aber nie über moderne
    - Neue Gebäude passen sich nicht ihrer Umgebung an, sondern sind egoistische Solitäre
    - Neubauviertel strahlen Kälte aus
    - Die Moderne hat nicht einen guten Stadtraum hervorgebracht
    - Gentrifizierung findet nur nur in alten Stadtvierteln statt
    - Wenn neue Stadtvirtel so gebaut werden würden wie die alten könnte man das Problem der Gentrifizierung lösen
    - Die Verantwortlichen planen zumeist aneinander vorbei
    http://www.faz.net/aktuell/feu…auungsplans-14414241.html
    => Ein vernichtendes Urteil an die Moderne Architektur dessen jede einzelne These ich zu 100% teile!

  • Das ist das Resultat aus Konservatismus und Kapitalismus, die eine Symbiose eingegangen sind.


    Die ganzen weithin bekannten Architekten und Architektenbüros sind extrem konservativ und vorhersehbar in ihren Entwürfen. Was vor 100 Jahren zu Zeiten des Bauhaus mal eine Innovation gewesen sein mag ist eben zwischenzeitlich altbacken und gestrig. Nichts hat Modernität auf alle Zeit für sich gepachtet, auch wenn die bis heute sog. moderne Architektur das Prädikat der Modernität gerne für sich gepachtet hätte. Die Kleidung, die vor Jahrzehnten modern war, ist jetzt höchstens zum schmunzeln, wir arbeiten heute ganz anders als vor Jahrzehnten, wir haben heute eine ganz andere Gesellschaft, einen ganz anderen Umgang mit fremden Kulturen, usw. - das einzige, was in den letzten Jahrzehnten stur und starr blieb ist die Architektur. In lächerlichen Variationen, wie der kurzlebigen Mode der zueinander versetzten Schießschartenfenster, wird doch immer die selbe Formensprache und Materialität wiedergekäut.


    Und trotzdem gefallen sich die alten Herren, die unsere Städte so grau machen wie sie schon in "Momo" beschrieben wurden, immer noch darin, sich selbst an Avantgarde zu bezeichnen und jede Kritik scheint nur weiter anzustacheln und dahingehend abgetan zu werden, dass der Pöbel lediglich nicht verstünde, womit man ihn da beglücke. Wie klar und geradlinig und erst diese Brüche...Architektenlyrik taugt wunderbar für Bullshit-Bingo und verkleistert die traurige, graue Wahrheit: die einstige Kunstform der Architektur hat sich längst zum willfährigen Helfer ökonomischer Profitmaximierung gemacht, sie ist inzwischen zum gestalterischen Arm des Kapitalismus verkommen.


    Traurigerweise ist der zeitgenössischen Architektur das selbst gar nicht bewusst und wähnt sich selbst immer noch im Elfenbeinturm der unverstandenen Genies. Eine Rolle, in der man sich verständlicherweise selbst besser gefällt, als die eigene Rolle als Zerstörer der europäischen Stadt und Gehilfe der Profitmaximierung auch als solche zu erkennen.


    Der Ausweg? Keine Ahnung. Diese Architektur klont sich nach wie vor ihren Nachwuchs an den Architekturfakultäten der Hochschulen, jeder weiße Würfel bekommt Bestnoten, man muss sich nur mal 10 min. mit einem Architekturstudenten unterhalten und dem Bullshit Bingo und der Verbildung lauschen um zu kapieren: das wird nicht besser werden, da kommen keine "jungen Wilden" nach, die nächste Generation junger Architekten setzt das Erbe ihrer Mentoren stockkonservativ und reaktionär fort. Nicht einmal brennende Herausforderungen unserer Zeit, die ein radikales Umdenken bedingen müssten, wie die ungeklärte Rohstoff- und Energiefrage unserer überbevölkerten, ausgebeuteten und sukzessive an den Rand des Kollaps gewirtschafteten Erde, dringen da noch durch.


    Es wird wie eh und je betoniert und verglast und hier noch ein Flachdach mit verzinktem Dachablauf, dort noch eine weiß lackierte Standard-Briefkaste- und Klingelanlage neben der weiß lackierten Eingangstüre, in der weiß lackierten Verbundwärmedämmung, mit weißen Kunststoff-Fenstern, weiß gestrichener Rauhfasertapete auf der Innenseite, mit weißen Lichtschaltern und Steckdosen, weiß gekachelten Bädern,... alles weiß, alles uniform, alles monochrom, alles austauschbar, alles gesichtslos, alles von der Stange und billig, die Stadt wird zur Wegwerfware, Abriß und Neubau der weißen Plastewürfel ist billiger, als Erhalt.


    Und so zerstören diese "Architekten" sukzessive unsere Städte und die Architektur an sich.


  • Auszüge aus "Momo" von Michael Ende, 1973

  • Und trotzdem gefallen sich die alten Herren, die unsere Städte so grau machen wie sie schon in "Momo" beschrieben wurden, immer noch darin, sich selbst an Avantgarde zu bezeichnen und jede Kritik scheint nur weiter anzustacheln und dahingehend abgetan zu werden, dass der Pöbel lediglich nicht verstünde, womit man ihn da beglücke. Wie klar und geradlinig und erst diese Brüche...Architektenlyrik taugt wunderbar für Bullshit-Bingo und verkleistert die traurige, graue Wahrheit: die einstige Kunstform der Architektur hat sich längst zum willfährigen Helfer ökonomischer Profitmaximierung gemacht, sie ist inzwischen zum gestalterischen Arm des Kapitalismus verkommen.


    Mmmhh dein ganzer Text, klingt wie x Kritische Analysen die ich mal in einer Bauzeitschrift von 1900 gelesen habe. Da hat sich auch jeder beschwert das man die Gründerzeit-Häuser mit ihren Höher, dekorierter, weiter in endlosen Massen baut und die gewachsenen und dem lokalen verbrieften Häuser abreißt. Alles getrieben von Bösen Bauspekulanten und ihrer Gier.


    Und so zerstören diese "Architekten" sukzessive unsere Städte und die Architektur an sich.


    Hauptsächlich die Technik und Lebensstile haben sich verändert und werden halt in der Architektur wie schon immer Projiziert. Ein Architekt ist da nur ein unterer Ausführungsgehilfe, der ja auch von was Leben muss. Ein Architekt kann sich sonstwas einfallen lassen, wenn es den Bedürfnissen der Menschen und damit deren Technik und den dazugehörigen Lebensstil nicht entspricht, baut man es nicht. Für eine individualisierte Gesellschaft und ihren Egozentrischen Lebensstil ist nunmal nicht viel übrig vom Budget für Gestaltung. Im gegenteil, was für Eiermilchlegende Wollmilchsäue sollen denn solche Gebilde sein? Ein Niedriegenergie-Gründerzeithaus mit 3m Decken für alle, großen 90-120qm Wohnungen für alle, bezahlbar auch für Singles oder Alleinerziehende, welche alle ihren SUV, ihren Privatzoo und das verwöhnte Einzelkind beherbergen großzügig und mit vielen Natürlichen Licht versorgen soll (also auch auf dem Klo), Blickgeschützten Ästhetisch in die Gründerzeitfassade gefasste Pallazzo Balkone und last but not least einen Representativen Schmuck-Vorgarten sowie einen für Urban Gardening sowie Grillplatzterrassen (für 12 Personen) für jede Mieten hinterm Haus. Und das ganze soll natürlich trotz der Parkplatz-, Lärm-, Sonne-, Balkonhindernisse des einzelnen Stadtbausteins einem Harmonischen, Eng gefassten Städtebaulichen Rahmen gefasst werden. Der von der Kommune natürlich getragen durch Städtebauliche Höhepunkte von früh bis abends gepflegt wird damit alle sich freuen können.

  • Was auffällt; die Angstmaschine in den Fernsehkanälen, was alles schief laufen kann, wenn man selber baut und die erhöhten Baukosten haben im Privaten zu einem Boom der Fertighausindustrie geführt.


    Im Öffentlichen, vor nicht allzu langer Zeit, waren Bauzeiten von 4 Jahren normal, heute sind es weniger als 2. Ein Ergebnis sind die Erfolge der Fassadenfirmen (z.B. Gartner) ohne die heute kaum noch ein Gebäude entsteht. Das Dilemma dieser Art zu bauen ist, das es ähnlich der verhassten Plattenbauten, Fakes entstehen.


    Mein Lieblingsvergleich sind das Adlon und das Ritz Carlton in Berlin. Beides Nobelhotels, das eine wirkt wie ein Fake und das andere strahlt Solidität aus.


    Gute Architektur ist für mich stimmige, so gefällt mir das Sony-Center obwohl es auch nur aus Gartnerfassaden erstellt wurde. Es ist jedoch ein "ehrlicher" Bau und man spürt das den Bauherren Sony, in Kombination mit dem Architekten Jahn, darum ging, keine falschen Kompromisse zu machen. Ein negativ Beispiel ist der Berliner Hbf, bei dem viel zu viele falsche Kompromisse gemacht wurden.


    Kommen wir zurück zu Stuttgart, ich hoffe das wir bei unseren Tiefbhf nicht den gleichen Fehler machen und durch falsches sparen, etwas schaffen, dass vorne und hinten nicht stimmt.


    Gut ist auch der Asemwald; Warum: die meisten Erstbewohner leben dort noch, deshalb ist er ja auch bald das größte Altersheim.


    Positiv sind auch unsere beiden Automuseen, der Kunst- und der Bibliothekswürfel.


    Ein weiterer Aspekt ist das Firmen mehr und mehr dazu übergehen zu leasen, anstatt selber zu bauen. Das Ergebnis sind Investitionsoptimierte konforme Bauten und eben keine Visitenschilder der Firmen, wie dies noch vor kurzer Zeit üblich war.


    Stellt man weiter fest, dass Neid und Missgunst zunehmen und man Menschen/Firmen/Organisationen "schöne" Häusser neidet, anstatt sich ihrer zu erfreuen.


    Im Klartext wir brauchen mehr Menschen/Firmen/Öffentliche die Bauten bauen wollen die prägend sind, der von Einigen propagierte Wahn dagegen (Monumente; Babylon, Pyramiden...) , gilt es abzuwehren, zu ignorieren.


    Noch Klarer ohne Vorbildliche Bauten, zieht auch die Masse nicht nach. Es macht einfach keinen Sinn gegen diese zu wettern und gleichzeitig gegen die Qualität der heutigen üblichen Bebauung zu zetern.


    Der präsentierte Zeitgeist, ist bigott und sollte abgelöst werden, durch eine Gründerzeit².