Stadtschloss Berlin: Der Thread für den Wiederaufbau

  • Immerhin.


    Habe ich nie bestritten. Hübsch ist nicht zu vernachlässigen. Den Rest der Debatte brauchen wir nicht zum tausendsten Mal zu führen.


    Es hat dadurch einen höheren Nutzen, als im Gegensatz dazu zum Beispiel das Potsdamer "Landtagsschloss".


    Der Nutzen des Landtagsschlosses besteht darin, einen Landtag zu beherbergen (und einen Rechnungshof). Auch hier ist die Hülle hübsch, nur wirkt der Putz noch ein wenig neu, als dass man das Baujahr 2013 vergessen könnte. Aber Konstantin hat recht, Patina und Figuren werden den Anschein von Schlossigkeit mit der Zeit verstärken.

  • Architektenkind "Der Nutzen des Landtagsschlosses besteht darin, einen Landtag zu beherbergen"


    Damit hast Du natürlich recht, ich hätte mich präziser ausdrücken können.


    Mit "Nutzen" meine ich die Nutzbarkeit im Sinne von betreten, besichtigen, sich aufhalten für Jedermann und das ohne Besucherausweis und Gesichtskontrolle.
    Das erwarte ich auf Dauer vom Humboldtforum und das fehlt mir beim Potsdamer Schloss. Wobei mir klar ist, das "der Nutzen, ... einen Landtag zu beherbergen", die Nutzbarkeit für Jedermann einschränkt. Aber eine Durchquerung des Gebäudes sollte temporär möglich sein, ebenso eine angemessene Bewirtung im Innenhof.


    OT dort! Hier bitte weiter im Thema. Danke.
    Bato

  • Da im Rahmen des Schlossumfeldes viel vom geplanten Einheitsdenkmal die Rede ist, möchte ich kurz auf ein anderes Denkmal aufmerksam machen, das bereits da ist, das man aber leicht übersehen kann: Der 1981 von Jürgen Raue gestaltete "Gedenkstein im Lustgarten".


    Schon in sich ambivalent (es erinnert an einen am 18. Mai 1942 verübten Brandanschlag auf die antikommunistische Propagandaausstellung "Das Sowjetparadies" am Lustgarten und ehrt einen heldenhaften Kampf für Juden, aber eben auch für einen Kommunismus unter der Fühung Stalins), wird die Gruppe Herbert Baum, die hier geehrt wird, durch die heute unfreiwillig komische Aufschrift "Für immer in Freundschaft mit der Sowjetunion verbunden" überdeckt.


    Durch die gegenüberliegende Rekonstruktion des Schlosses erscheint dieses "für immer" noch einmal eigentümlich – was für immer verschwunden schien, erstahlt in neuem Glanz, was für immer währen sollte, ist untergegangen. Und all das vor einem Lustgarten, der sich zu einer wunderbar angenehmen Freiluft-Chillzone gewandelt hat und ebenso wenig von den Abgründen der Geschichte zu wissen scheint, an die hier unscheinbar erinnert wird, wie der kontinierliche Strom von Touristen, von denen nur die wenigsten vom Gedenkstein Notiz nehmen.


  • Kommunisten-Denkmal


    Die Seitenaufschrift hat es in sich!
    Man stelle sich vor, hier würde des ermordeten Hitlerjungen Quex gedacht. :mad:
    Im Zentrum der Republik aber feiert der rote Zeitgeist fröhliche Urständ...

  • ^ Das ist so geschmacklos, dass ich kotzen könnte: Herbert Baum war ein jüdischer Kommunist, der in der Nazizeit eine Gruppe kommunistisch, sozialistisch und links-zionistisch gesinnter junger Leute um sich sammelte. Mit den Verbrechen Stalins oder der SED hatte er nichts zu tun, handelte auch nicht im Dienste der KPD, sondern auf eigene Faust. Er unterstützte Zwangsarbeiter und half Berliner Juden beim Untertauchen, rettete also zahlreiche Menschenleben. Nachdem die Gruppe aufgeflogen war, wurden ca. 30 Personen von den Nazis ermordet, Baum selbst im KZ wahrscheinlich zu Tode gefoltert. Aber klar - "Hitlerjunge Quex". Unfassbar...


    Der Stein hat eine Glasplatte erhalten, auf der dessen geschichtliche Funktion als Teil der DDR-Legitimationsideologie erläutert wird. Der Text endet mit den Worten: „So dokumentiert dieser Gedenkstein heute die mutige Widerstandsaktion des Jahres 1942, das Geschichtsverständnis 1981 und unser andauerndes Gedenken an den Widerstand gegen das NS-Regime.“ (Quelle) Ein solches, historisch ins Verhältnis gerücktes Mahnmal für ermordete Widerstandskämpfer als "roten Zeitgeist" zu diffamieren, ist m.E. ein moralischer Offenbarungseid.


    P.S.: Wo Du Dich doch immer so über Graffiti echauffierst - das "Kommunisten raus" auf dem Gedenkstein gefällt Dir dann doch ganz gut, wa? Oder hast Du das mit Photoshop selbst reingebastelt?

    2 Mal editiert, zuletzt von Architektenkind () aus folgendem Grund: Ergänzt

  • Photoshop?
    Nein, das war ein breiter Edding-Stift! :D


    Nur mal so zur volkspädagogischen Aufklärung:
    Kommunisten - egal ob sie Christen, Juden oder Atheisten sind - verstehen sich als Feinde der plurtalistischen Demokratie.
    Also ist es völlig Banane ob sie Leninisten, Stalinisten, Trotzkisten oder SED-Sozialisten waren oder sind:
    Sie sind ebenso wie die National-Sozialisten Feinde dieser Republik und es ist eine Schande, ihnen Denkmale zu setzen oder diese zu an solch exponierter Stelle zu belassen.


    Stellt den Klotz doch nach Pankow!

  • ^ Wer die Nationalsozialisten tatsächlich für "Feinde der Republik" hält, wird nicht zu ihrer Verharmlosung beitragen, indem er einen jüdischen Widerstandskämpfer mit einem Hitlerjungen und die menschheitsverbrecherische NSDAP mit den "SED-Sozialisten" gleichsetzt. Daher, und wegen der auch hier im Forum offen artikulierten Sympathie für eine Partei, die bei vielen ihrer Vertreter kaum noch von der NPD zu unterscheiden ist, scheint mir die "Sorge um die Republik" vorgeschoben.


    Wer für die Rekonstruktion der Schlossfassade eintritt, aber diesen kleinen und (zu) unscheinbaren Gedenkstein wegschaffen möchte, zeigt ein durchaus totalitäres Bedürfnis nach Tilgung der Vergangenheit von Zeugnissen, die einem nicht passen. Es geht also nicht um Wiedergewinnung von Geschichte, sondern darum, die Erinnerung um genau das zu befreien, was ihr Tiefe und Wurzelhaftigkeit verleiht: Die Auseinandersetzung mit der eigenen Schuld, dem eigenen kollektiven Versagen. Das haben alle scheinbar geschichtsbewussten Nationalkapitalisten der Gegenwart von Erdogan bis Le Pen gemeinsam.

    Einmal editiert, zuletzt von ElleDeBE ()

  • Ich würde hier gerne vermitteln, weil ich glaube, daß beide Seiten ein bisschen Recht haben.


    Wenn Architektenkind von einem "historisch ins Verhältnis gerückten Mahnmal" spricht, dann weist er damit zurecht darauf hin, daß dieser Gedenkstein ja nicht die öffentliche Meinung im Jahre 2017 widerspiegelt, sondern ein Stück (Zeit-)Geschichte darstellt. Daher auch die Glasplatte auf dem Stein.


    Auf der anderen Seite weist ReinhardtR darauf hin, daß wir bei links- und rechts- totalitären Diktaturen nicht mit gleichem Maß messen. Gedenksteine aus der linkstotalitären DDR-Zeit dürfen als Zeitzeugen stehen bleiben, während für Gedenksteine oder Ähnliches aus der rechtstotalitären NS-Zeit dieses Argument nicht gilt.

  • Ich will überhaupt nicht vermitteln: 1931, als Hermann Baum Mitglied des Kommunistischen Jugendverbandes war und gegen die Weimarer Verfassung gekämpft hat, mögen Demokraten alles Recht der Welt gehabt haben, ihn als Gegner zu behandeln. 1942, als er unter Lebensgefahr Juden rettete und versuchte, den Nazis auf ihrem Vernichtungsfeldzug entgegenzutreten, hatte niemand dieses Recht. Ich stelle mich ja auch nicht gegen Stauffenberg & Co., obwohl die 1942 noch willige Werkzeuge Hitlers waren und selbst 1944 keine Demokraten. Als saturierter Biedermann des Jahres 2017 das Urteil über Leute fällen, die 1942 für die Rettung anderer ihr Leben geopfert haben – das ist wirklich freiheitlich-demokratischer Heldenmut.


    Und verstehe ich das richtig, Reinhard? Du hast ein Mahnmal für den Widerstand gegen den Nationalsozialismus geschändet und gibst damit an? Vielleicht hast Du ja doch recht:


    Zitat von ReinhardR

    Was hier zugelassen wird, was hier an Schmuddel hingenommen wird, ist nicht Toleranz, es ist Staatsversagen.


    Ich werde über diese Worte nachdenken und überlegen, was ich tun kann – allerdings nur, weil es hier nicht um "Schmuddel" geht, sondern um politisch motivierte Kriminalität.

  • ^^ Ich hatte von "Ambivalenz" gesprochen, aber zugleich von einem "heldenhaften Kampf", und ich hoffe sehr, dass keine Zweifel darüber bestehen, wo ich hier stehe: Auf der Seite von Architektenkind und NICHT auf der von ReinhardR.

  • Ich denke nicht, dass Reinhard R für das Beschmieren verantwortlich ist, zumal das schon eine Weile zurückliegt und man auf Fotos von 2014 im WWW erkennt, dass diese Stelle gereinigt wurde.


    Möchte aber auch zu bedenken geben, dass ihm auf dem Jüdischen Friedhof Weissensee ein Ehrengrab gewidmet ist, also sein Engagement für andere Juden an erster Stelle geehrt wurde.


    OT da, hier nun bitte sachlich im Thema weiter. Danke.
    Bato

  • Ist das hier der richtige Thread?


    Die Berliner Zeitung berichtet heute mal wieder über das Humboldt-Forum und wie der Verkehr dort geführt werden soll. Wenn das so stimmt, wie im Artikel beschrieben, ist das mal wieder ne richtige Berliner Posse.


    Anscheinend fühlt sich keiner so richtig zuständig. Weder die Verkehrssenatorin, noch die Senatorin für Stadtentwicklung, noch die Kulturverwaltung haben einen Plan...


    Das einzige Verkehrskonzept sei das von der damaligen Stiftung Berliner Schloss aus dem Jahr 2008. Wobei die Vorstellung, den kompletten Verkehr von "Unter den Linden" am Schloss vorbei über die Rathausbrücke zu führen, mir ziemlich gewagt, wenn nicht sogar unmöglich, erscheint.



    Foto:
    Förderverein Berliner Schloss e.V.


    Was wohl ziemlich sicher ist: Die U5 wird zur Schlosseinweihung noch nicht fertig sein.

    Einmal editiert, zuletzt von KaBa1 ()

  • Ich glaube, das Thema gehört eher in den zugehörigen Disskusionsthread o.ä....



    Man sollte sich grundsätzlich von dem Gedanken verabschieden, es gäbe in Berlin mal "alles aus einem Guss". Das muss m.E. auch nicht so sein. Dafür gibt es viel zu viele Baustellen und Projekte.



    Ein "stimmiges" Verkehrskonzept gibt es, indem man Erstmal die Verkehrsführung so lässt wie sie ist. ;) Und in dem Artikel steht ja, was man mit den Bussen plant: ankommen - rauslassen - wegfahren - weiter weg parken.


    Ich befürworte ein Einbahnstraßenkonzept. Das würde auch ermöglichen, dass der Lustgarten etwas näher ans Schloss rückt. Sicher aber nicht so nah wie auf der alten Visualisierung vom Förderverein. Ebenso könnte auch nur eine schmale Straße zwischen den U-Bahn-Eingängen vor dem Eosanderportal durchgeführt werden, für Busse und Taxis, der Individualverkehr müsste weiter westlich geführt werden.

  • ^ Um der Wahrheit die Ehre zu erweisen: Es handelt sich weder um ein barockes Gebäude noch um ein Schloss, sondern um einen Stahlbetonbau mit (teil-)rekonstruierter Barockfassade. Soviel Zeit muss sein. ;)

  • Im allgemeinen Sprachgebrauch wird sicher "Berliner Schloss" verwendet werden. Das entspricht zwar nicht der exakten Wahrheit, dafür aber dem was man sieht.
    Es sagt ja auch keiner, "ich übernachte im wiederaufgebauten Hotel Adlon".


    Das mir der "statisch eingenständigen" Fassade stimmt nur zum Teil. Sie ist mit sicher tausenden Ankern mit dem Betonkern verbunden (leider lässt sich die Startseite vom Humboldforum z.Z. nicht öffen, daher kann ich den entsprechenden Link nicht beifügen).

  • Nach meiner Kenntnis ist die Fassade völlig autark.
    Verbindungen wird es natürlich geben, was die Eigenständigkeit nicht schmälert.
    Wenn Du genauere Kenntnis hast, dann lass es mich wissen!

  • Bei der Stärke des Ziegelmantels ist die Fassade statisch sicher selbtstragend. Aber so dramatsch wichtig ist dieser Aspekt kaum, da auch bei einer Umnutzung das Betoninnenleben verwendet würde. Dafür sprechen schon potenzielle Entsorgungskosten.


    Von "Berliner Schloß" sprechen nur die Puristen. Die meisten werden "Stadtschloß" sgen, da dieser falsche Begrifft über 20 Jahre von den Medien kolportiert wurde.

  • Das Berliner Schloß und seine Rekonstruktion

    Was ist schon "dramatisch wichtig"? :D


    Wichtig ist für die Schloßfreunde, die viel Zeit und eigenes Geld in die Rekonstruktion investiert haben, was an dem Wenigen, das von ihren Wunschträumen verwirklicht wurde, nun wirkliche Substanz ist.


    Zu dieser Substanz gehört, dass die Schlossfassade nicht - wir oft zu hören ist - einfach an den Betonkern "angepappt" wurde, sondern ein eigenständiges Bauwerk ist.
    Auch ist bisweilen zu hören, dass die Fassade lediglich dem alten Vorbild "nachempfunden" wurde. Sie ist vielmehr eine zentimetergenaue Rekonstruktion.


    Den Defaitisten gilt es engagiert entgegen zu treten. :cool: