Wien Hauptbahnhof (in Bau)

  • Also nach nochmaligem Anschauen des Renderings, bin ich der Meinung, dass dieser vorläufige Entwurf und die Baumassenverteilung nicht so meinen Geschmack trifft.
    Ich fände eine eine geschlossene Bebauung mit mehr Durchmischung viel besser. Das hier hat wieder so einen Campus-Charakter, der die Vermutung aufkommen lässt, dass ausser zu Zeiten, in denen morgens die Beschäftigen zur Arbeit und abends dann wieder zurück nach Hause gehen, die Ecke eher tot sein wird. Natürlich wird es nicht so krass sein wie in der Donaucity, dafür ist die Lage dann doch zu zentral und der HBF zu nah. Aber die Ecke hat deutlich mehr Potential!


    Störend ist auch, muss ich sagen, dass das Rendering darauf schließen lässt, dass eher wenig Gastronomie & Einzelhandel in den EGs der Bauten zu finden sein wird, besonders die Stelzenhäuser wirken diesbezüglich negativ.


    Und ja Isek, was das Bevölkerungswachstum angeht, ist Wien (v.a. in Bezug auf EW-Zahl ... da kann Berlin und auch nicht MUC mithalten) wirklich beeindruckend! Ist aber auch kaum verwunderlich, Wien ist 'ne geile Stadt!!!


    Was dagegen den Bau von HHern angeht, steht FFM aber noch vor Wien und wird es auch noch mittelfristig sein. Wobei mit dem DC-Turm mit seinen 220m der Titel des "höchsten Hochhauses" im deutschsprachigen Raum an Wien verloren geht ... für mich ist höhenmäßig die höchste voll nutzbare Etage (Büro- oder Wohnfläche) entscheided und nicht noch irgendwelche Aufbauten (auch nicht struktureller Art), weshalb in meinen Augen der "254m" hohe Messeturm oder der CoBa-Turm in FFM übertroffen werden. Glückwunsch!

  • Ja, dass das Viertel einen etwas sterilen und außerhalb der Bürozeiten leblosen Charakter annehmen könnte, ist auch meine Befürchtung. Trotz der ausgewogenen Mischung aus Wohnungen und Büros und der unmittelbaren Nachbarschaft von kleinteilig dicht bebauten Vierteln fürchte ich, dass eine solche Ansammlung großer Solitäre zwar aus etwas Entfernung beeindruckend aussehen mag, aber im Inneren keine so große Aufenthaltsqualität haben wird, eine große Passantenfrequenz anzuziehen. Insbesondere die für die Belebung eines Viertels so entscheidende Gestaltung des Erdgeschoßes scheint bei den Midrises fast durchweg verschenkt zu werden. Und weiträumige Flachbauten (Naja, immerhin 50 Meter, könnte hier aber viel mehr sein) wie der Erste Bank Campus am rechten Rand des Renderings kommen mir in einer Stadt wie Wien, die bei bereits sehr, sehr dichter Bebauung ein starkes kontinuierliches Bevölkerungswachstum hat, schon fast als verantwortungslose Platzverschwendung vor. Im Gegensatz zu Berlin hat Wien nun weiß Gott kein großes Angebot an bebaubaren Brachflächen.

  • Wie Platzverschwendung? Ich wüsste im deutschsprachigen Raum kein Projekt, das eine nur annähernd vergleichbare Dichte der Bebauung vorweist!

  • Ich meinte nur das Teilprojekt des Erste Bank Campus, diese merkwürdig gewundenen Flachbauten am Rand. Das hätte man mE auch als ein einziges schlankes Bürohochhaus realisieren können und hätte dann noch genug Platz für 2-3 Wohnhochhäuser gehabt, die Wien dringend bräuchte.

  • Erstaunlich was im deutschsprachigem Raum möglich ist. Umfang und Größe der Projekte sowie das Tempo bei deren Realisierung. Wien wird damit so wachsen wie FFM, MUC und HAM zusammen.


    Naja. Laut der neuesten Prognose des Landesamt für Statistik Bayern wird München bis 2023 über 1,6 Mio. Einwohner liegen (im Jahr 2000 hat man gerade die 1,2 Mio. erreicht!). Und es ist ja allgemein bekannt was das für Auswirkungen auf die Preise am Immomarkt hat. Das dürfte in Wien nicht anders sein. Ich kann mir kaum vorstellen dass die Einheimischen da auch so euphorisch reagieren.

  • Du scheinst Wien nicht zu kennen, Baumeista: Wien ist nicht vergleichbar mit München:
    - Erstens werden - anders als in München - sehr viele Wohnungen (seit Jahren) in Wien neu errichtet. Das schwächt die Auswirkungen des Bevölkerungswachstums/Booms deutlich.
    - Zweitens befinden sich - auch anders als in München - viele Wohnungen (auch im Stadtzentrum) in der Hand kommunaler o.ä. Wohnungsgesellschaften ... das dämpft die Mietpreissteigerung erheblich.
    - Drittens ist die Mentalität in Wien eine andere. In Wien ist die Bevölkerung ggü diesem Wachstum mehrheitlich positiv eingestellt. Erkennbar wird dies an Großprojekten wie hier oder an den genehmigten Hochhäusern, die allesamt ziemlich reibungs- und geräuschlos realisiert werden ... in München sieht dies bekanntlich ja völlig anders aus

  • Das würdest du auch anders sehen wenn dein Stadtteil dadurch gentrifiziert wird, du irgendwo am Stadtrand in einem Betonklotz leben musst und trotzdem kaum noch hinterherkommst mit der Miete..


    München leidet enorm darunter eben nicht "typisch deutsch" zu sein sondern eine Ausnahmestadt. Die Wohnbauförderung wurde vom Bund vor ein paar Jahren eingestellt, bis dahin waren das Milliardensubventionen die alljährlich floßen, und dann darf man sich nicht wundern dass die Bautätigkeit erstmal erlahmt. Man ging davon aus dass die Bevölkerung im Bundesgebiet langfristig stagniert bzw. leicht schrumpft, also braucht man im Durchschnitt ja auch nicht mehr soviel neuen Wohnraum. Dass man damit weder den besonders rasch schrumpfenden Regionen noch den wachsenden Regionen, allen voran München, einen Gefallen tut wird nicht bedacht.


    Deutsche lieben Durchschnitte und Prognosen bis auf Nachkommastellen wie wissenschaftliche Fakten zu behandeln und darauf alles aufzubauen, auch wenn sich im Rückblick besonders Demografieprognosen als ebenso zuverlässig wie ein Münzwurf herausgestellt haben (Pillenknick, Mauerfall, ...). Aus der Sorge irgendwann evtl. mal zuviele Wohnungen zu haben verknappt man in der Gegenwart tatsächlich gebrauchen Wohnraum, mit allen negativen Folgen für die Bevölkerung.


    Und München leidet daran erfolgreich zu sein und dafür nach bundesdeutscher Logik bestraft zu werden, indem besonders viel Steuerkraft aus der Region abgesaugt wird ("Solidarität") und umgekehrt besonders wenig Bundes- und Landesgelder dorthin gelenkt werden. Dementsprechend sind z.B. U-Bahnen chronisch überlastet, so dass München inzwischen sogar gezwungenermaßen plant die U-Bahn evtl. ganz ohne Landes- und Bundeszuschüsse auszubauen, voll auf eigene Rechnung, einfach weil es so dringlich ist. Wäre München ein sog. "strukturschwaches Gebiet" gäbe es dafür unzählige Fördertöpfe und die Finanzierung wäre kein Problem.


    Mit Sicherheit haben münchner Mentalitäten in dieser Frage etwas mit dem bundesdeutschen Kontext zu tun, aber "die Münchner" einfach nur als wachstumsfeindlich oder so abzustempeln halte ich nicht für fair.

  • Ich kann die Ausführungen von merlinammain weitgehend bestätigen, in Wien sind die Auswirkungen des Wachstums in der Tat erheblich sanfter als in München (Wo ich auch einmal ein Jahr gelebt habe). Es hat in den letzten Jahren eine merkliche Steigerung der Mietpreise gegeben, die ist aber dank der sehr regen Wohnbauaktivität und den vielen kommunalen und geförderten Wohnungen eher moderat und gar nicht mit München vergleichbar. Abgesehen von einigen traditionellen Top-Luxuslagen im 1., 13. und 19. Bezirk hat Wien eigentlich überall eine gesunde soziale Durchmischung, reine Reichen- und Armenviertel gibt es kaum, und sogar in gentrifizierten und umfassend sanierten Vierteln erreichen die Mieten kaum jemals Ausmaße, dass Arbeiter und kleine Angestellte dort nicht mehr leben könnten. Wohnen ist in Wien noch erstaunlich günstig, ich konnte vor einigen Jahren sogar als Student mit ein paar hundert Euro Monatseinkommen in einem prächtigen Jugendstilbau in der Nähe des Naschmarkts wohnen. Die Entwicklung in München ist dagegen einfach nur irre.

  • Ich sehe keinen Zusammenhang zwischen Einwohnerzahl und Immobilienpreise. Es gibt genügend Beispiele - einschließlich Wien - die es trotz massiven Wachstum schaffen, genügend Wohnraum bei angemessenen Preisen zur Verfügung zu stellen. München hingegen betreibt künstliche Verknappung. Im Übrigen hatte München 1972 bereits über 1.3 Millionen Einwohner. Danach fand über etwa 30 Jahre lang Wachstum ausschließlich in den Vororten statt. Der Ballungsraum hat in dieser Zeit den von Wien sogar überholt. Die Bevölkerungszahl der Stadt ging zwischenzeitlich auf 1.2 Millionen zurück. Erst seit 10 Jahren wächst die Stadt wieder, was aufgrund der chaotischen Stadtplanung in München zu dieser brutalen Preisspirale geführt hat. Zur Zeit wachsen München und Wien prozentual etwa gleich schnell. Nur sehe ich in München nicht mal den Ansatz einer Lösung, die Wohnproblematik in den Griff zu bekommen. Freie Flächen werden in München sogar heute noch vorstädtisch durchgrünt sehr locker bebaut (Arnulfpark, Kasernen). Selbst für Büroflächen sind Hochhäuser immer noch tabu!

  • Update von letzter Woche 1.4.16


    War ihn Wien und konnte ein paar Baustellen fotografiere, darunter auch den neuen Hauptbahnhof