Leipzig: ÖNV-Diskussionsthread

  • Ich habe soeben mal an der Karte zu Deutschland in dem Wikipedia-Artikel "Liste von Städten mit Straßenbahnen" (https://de.wikipedia.org/wiki/…en_mit_Stra%C3%9Fenbahnen) rumgespielt und ergänzt, wie mittelfristig eine große Lösung für den "Ballungsraum Mitteldeutschland" aussehen könnte. Wichtig wären dann gute Verknüpfungen von S-Bahn und Straßenbahn und gegebenfalls eine Verteilung ins weitere Umland wie beim Chemnitzer Modell.



    Leicht verändert nach einer Karte von Maximilian Dörrbecker (Chumwa) - Eigenes WerkCreated with Adobe Illustrator, CC BY-SA 2.5, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1475015

  • Blick in die Landeshauptstadt

    Für viele hier wird es nichts Neues sein, ich wurde aber erst heute durch einen zufälligen Blick in die Dezember-Ausgabe des Straßenbahn-Magazins, das ich bislang auch nicht kannte (http://strassenbahn-magazin.de/), darauf gestoßen:


    Stadtbahn Dresden 2020
    https://www.dvb.de/de-de/die-d…sprojekte/stadtbahn-2020/
    Das Programm "Stadtbahn Dresden 2020" umfasst mehrere Straßenbahn-Neubauprojekte.


    Stadtbahn 2020
    https://de.wikipedia.org/wiki/…hn_Dresden#Stadtbahn_2020


    Verkehrsentwicklungsplan 2025plus (VEP 2025plus)
    Name: V2476/13
    Art: Vorlage
    Datum: 08.08.2013
    http://ratsinfo.dresden.de/vo0050.php?__kvonr=7487


    DNN, 23. März 2016
    DVB schlagen Alarm
    Dresden meldet massiv steigende Fahrgastzahlen in Bus und Bahn
    Die „7“, die „3“ und die „11“ sind Dresdens gefragteste Straßenbahnlinien. Das haben Untersuchungen der Verkehrsbetriebe ergeben. Wird nicht investiert, kann es in Zukunft eng werden, warnen die Verkehrsbetriebe.
    http://www.dnn.de/Dresden/Auto…astzahlen-in-Bus-und-Bahn


    Demnach werden für das Projekt „Stadtbahn Dresden 2020“ 220 bis 250 Millionen Euro benötigt. 45 bis 50 Millionen Euro müssen die DVB ohnehin pro Jahr investieren, um auf dem aktuellen Stand zu bleiben, wobei die Anschaffung neuer Busse und Bahnend da mit enthalten ist.



    Warum gibt es in der Landeshauptstadt derartige langfristige Streckenneubaupläne, aber in Leipzig nicht?


    Was sollte an erster und zweiter Stelle in einem vergleichbaren Programm "Stadtbahn Leipzig 2025" stehen?


    Ich schlage den Straßenbahn-Neubau vom Adler über den Schleußiger Weg und die Kurt-Eisner-Straße bis zum Technischen Rathaus vor, auch in einzelnen Abschnitten.
    https://www.google.com/maps/d/…2C12.374210396759054&z=12

  • Von vielen der Straßenbahnstrecken ist nicht allzuviel zu erwarten. Z.B. Liebertwolkwitz: Warum keine Verknüpfung mit der RB? Warum nicht das letzte Stück bis ins große Großpösna mitsamt dem ollen Pösna-Park?


    So verlockend der Schleußiger Weg mit Gleisen wirkt, ohne eine dichte und an den Enden mehrfach verzweigte Bedienung mit neuen Linien bringt es arg wenig.


    Lindenthal: Die 4 zu verlängern wirkt naheliegend, es ist jedoch die langsamste Linie bis ins Zentrum. Eine effektivere Verbindung mit S Wahren und S Messe brächte allen Siedlungsgebieten im Norden mehr...


    Kurzum: Ich halte es für sinnvoller, erst Fragen zu suchen und dann Antworten zu geben. Wo kann welche Änderung echte Verbesserungen bringen? Echt messbare Fahrgäste mehr? Und das bitte auch noch effektiv...


    Einfach ist es nicht.

  • Bestehende Probleme und anstehende Aufgaben für besseren ÖPNV

    Dazu mal ungeordnet ein paar Gedanken:


    - Straßenbahnverkehr ist radial auf das Zentrum ausgerichtet
    - Taktfolge in einigen Straßen wie etwa der Jahnallee kann nur noch im begrenztem Maße weiter verdichtet werden
    - vor allem der zentrale Umsteigeplatz vor dem Hauptbahnhof stößt an die Kapazitätsgrenzen


    - Neubaugebiete wie am Bayerischen Bahnhof und Eutritzscher Freiladebahnhof, längerfristig eventuell auch in Neulindenau/Lindenauer Hafen und Böhlitz-Ehrenberg sowie im Osten müssen besser an den ÖPNV angebunden werden
    - ebenso bestehende Großwohnsiedlungen wie Schönefeld-Ost
    - ebenso große Gewerbe- und Industriegebiete wie vor allem im Leipziger Norden und Gewerbepark Leipzig-Nordost/Braunstraße, Gewerbegebiet Bautzner Straße-Ost, Gewerbegebiet Zschortauer Straße-Nord- und -Süd, Gewerbegebiet Petzscher Mark-West und -Ost
    - ebenso im Westen: Gewerbegebiet Ludwig-Hupfeld-Str., Gewerbegebiet Plautstraße, Spinnerei/Gewerbegebiet Saarländer Str. (https://ratsinfo.leipzig.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=1002480)



    - mögliche Lösungen:


    - weitere zentrale Umsteigestelle(n) zwischen Straßenbahn (und S-Bahn) am Ring, vor allem am Wilhelm-Leuschner-Platz/Peterssteinweg


    - Tangentialverbindungen etwa auf der Höhe des Tangentenvierecks bzw. parallel zu diesem, die vor allem die dicht besiedelten kernstädtischen Bereiche besser miteinander verbinden
    - z.B. im Süden: Adler, Schleußiger Weg, Kurt-Eisner-Straße, S-Bahnhof MDR, Semmelweisstraße, Technisches Rathaus - Plagwitz/Kleinzschocher/Schleußig - Südvorstadt/Thonberg
    - im Osten: Technisches Rathaus, Riebeckstraße, Breite Straße, Wurzner Str. Hermann-Liebmann-Str., ? - Reudnitz-Thonberg, Volkmarsdorf, Schönefeld
    - im Norden: ?
    - im Westen: Platnerstr., Waldstr., Friedrich-Ebert-Str., Harkortstr., Dufourstr., August-Bebel-Str.
    - im Westen eventuell langfristig: Wahrener Rundling, Rittergutsstr., Gustav-Esche-Str., Rathenaustraße oder Am Ritterschlößchen, Schomburgkstr. bzw. parallel (http://www.deutsches-architekt…m/showthread.php?p=539300), Plautstr., [Saarländer Straße/Spinnerei ? oder] Lützner Str., Brünner Str., Antonienstr.

  • Mir würden spontan noch die einst stillgelegten Strecken in der Zweinaundorfer Straße, in der Harkort-, Dufour-, August-Bebel-Straße sowie die südliche Arthur-Hoffmann-Straße einfallen. Allesamt dicht bebaut und nun auch wieder (fast) voll bewohnt. An der Wundt-/Telemannstraße entsteht aktuell ein 4-zügiges Gymnasium. Mit der Trasse in der Arthur-Hoffmann-Straße hätte man zudem eine Umfahrung fürs Connewitzer Kreuz.

  • Pressemitteilung 6. JANUAR 2017
    http://www.linksfraktion-leipz…g-der-oepnv-finanzierung/



    L-IZ, 7. Januar 2017
    3 Millionen Euro mehr für die LVB
    Linke und Grüne halten am Antrag zur besseren ÖPNV-Finanzierung in Leipzig fest
    http://www.linksfraktion-leipz…g-der-oepnv-finanzierung/


    Gemeinsamer Haushaltsantrag 2017/18 der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke zur Beschlussfassung am 1. Februar 2017
    http://www.gruene-fraktion-lei…usgleichsbeitrag-lvb.html

  • Zuschlag für Expresslinie Halle – Jena an DB Regio erteilt

    Pressemitteilung Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt GmbH (NASA) Nr. 16/29 vom 28.12.2016



    Damit mischt sich die DB wieder stärker in das 525 Kilometer umfassende Verbindungsnetz Saale-Thüringen-Südharz ein, das seit Ende 2015 in erster Linie durch die Firma Abellio mit zehn Linien bedient wird. Abellio ist ein Großenkelunternehmen (Tochter der Tochter der Tochter) der niederländischen Staatseisenbahn Nederlandse Spoorwegen und hat 2012 den Zuschlag für das Netz erhalten.


    https://de.wikipedia.org/wiki/Abellio_(Unternehmen)
    https://de.wikipedia.org/wiki/Abellio_Rail_Mitteldeutschland


    MZ, 29.12.16
    Neue Direktverbindung Halle-Jena
    Schnellzug hält künftig in Merseburg
    http://www.mz-web.de/25388076

  • Ich halte jeden einzelnen dieser Vorschläge für unpraktikabel und mit geltendem Recht nicht oder nur schwer vereinbar. Erschreckend ist zudem, welcher Aufwand für die teils marginalen Summen notwendig würde.


    Nach meiner Meinung ist die Stadt in der Pflicht, aus den Erlösen von Flächenverkäufen in der Peripherie, die absehbar ein Verkehrsbedürfnis erzeugen, Rücklagen für die ÖV-Erschließung zu bilden. Statt Unternehmen einen sehr willkürlich erscheinenden Arbeitgeberbeitrag abzuknöpfen, muss einvernehmlich an einer besseren Verkehrserschließung gearbeitet werden. Der Benefit ist auf beiden Seiten, so dass auch beide Seiten einen Grund haben, sich daran zu beteiligen.


    Unrealistisch, aber nach meiner Meinung durchaus reizvoll, ist die Überführung der LVB in eine Genossenschaft. Jeder Nutzer kann entsprechend seiner finanziellen Mittel Anteile zeichnen und erhält dafür einen Rabatt auf die Fahrpreise. Das würde die Akzeptanz erhöhen und zum anderen den Netzausbau antreiben, da Anrainer neu anzuschließender Gebiete schon im Voraus ihren "Anschluß" mitfinanzieren könnten.


    Fürs Erste wäre es auch schon ausreichend, reichte die Landesregierung die Regionalisierungsmittel zu 100% an die Verbände weiter.

  • Und noch mal die L-IZ, diesmal vom 20. Januar 2017 mit einem ausführlichen Artikel über die Stellungnahme des Fahrgastverbandes Pro Bahn e.V.,Landesverband Mitteldeutschland, zu den Zwischenergebnissen der MDV‐Planspiele „Ergänzende Finanzierungswege“


    So wird der ÖPNV in Leipzig niemals gestärkt
    Pro Bahn rät dringend davon ab, auch nur einen der sechs Finanzierungsvorschläge für den MDV umzusetzen
    http://www.l-iz.de/wirtschaft/…den-mdv-umzusetzen-164967


    Die Analyse und die vier neuen Vorschläge des Pro Bahn e.V.
    http://www.l-iz.de/wp-content/…ngsstrategie-langform.pdf


    Vielleicht können Mitlesende sagen, ob man diese ausführliche Pressemitteilung (22 Seiten) auch noch auf anderen Website findet. http://www.pro-bahn.de/mitteldeutschland/ ist ja leider nicht ganz so aktuell.


  • Urks, die Argumentation des Pro-Bahn-Menschen stammt direkt aus der Diskussionshölle: Er gibt seinem Bauchgefühl Ausdruck, dass ein Bürgerticket zu Untätigkeit und Faulheit auf Seiten der ÖPNV-Anbieter führen müsse, und nur ein anreizbasiertes System zu Verbesserungen im Angebot führen könne.


    Solche intuitiv plausiblen Argumentationsfiguren sollten stets Anlass zu Skepsis geben - und zu einem Blick auf die empirischen Daten: Dass anreizbasierte Systeme nicht sonderlich zuverlässig zu verbessertem Angebot führen, wissen wir doch vom Status Quo, vor allem dadurch, dass Privatisierungen im Infrastrukturbereich selten diesen gewünschten Effekt haben.
    Und dass Bürgerticket-Konzepte zu schlechteren oder auch nur unverbesserten Angeboten führen würden, lässt sich, soweit mir bekannt, auch nicht belegen.


    Ich kann die vorgeschlagenen Konzepte nicht beurteilen, vielleicht sind die wirklich Mist. Aber dieser Pro-Bahn-Mensch disqualifiziert sich völlig. Menschen, die keinen Wert auf Empirie legen, sind für solche Positionen Fehlbesetzungen.

  • Nein, wieso?


    Privatisierung ist nur ein Beispiel dafür, dass anreizbasierte Konzepte nicht notwendig besser oder effizienter oder innovativer sind.

  • gut, wie siehst du Möglichkeiten, ohne (finanzielle) Anreize zu Verbesserungen zu gelangen?

  • Durch Steuerung von oben. Tatsächlich ist Infrastruktur - ob es Straßen sind oder Schulen oder ÖPNV-Angebote - meistens teils oder ganz über "Bürgertickets" finanziert, es heißt bloß nicht so. Deswegen verstehe ich nicht, wo diese fixe Idee herkommt, man müsse oder sollte ÖPNV-Verbesserungen über Anreizsysteme für den Anbieter herbeiführen.


    In meiner Mainzer Heimat wurde kürzlich eine neue Tramstrecke eingeweiht, nun gibt es auf Wiesbadener Seite recht konkrete Pläne für eine Straßenbahn, die bis nach Mainz führen würde.


    Woran liegt es, dass in manchen Städten Fortschritte beim ÖPNV gemacht werden und in anderen nicht? Doch wohl nicht an fehlenden oder vorhandenen Anreizen. Es braucht den nötigen Gestaltungswillen - und weniger Querschüsse durch empirie-ferne, in neoliberalen Denkmustern gefangene Wutbürger.

  • alles klar, dann trenne ich allerdings in die Dinge, welche per Anreiz verbessert werden müssen. Du schilderst völlig zu Recht und korrekt die infrastrukturelle Basis. Ohne diese läuft bzw. fährt nichts.


    Doch alles was fährt bleibt leer (leerer als nötig), wenn die weichen Faktoren nicht stimmen. Tarifsysteme, Marketing, wie und was kommuniziert wird, die Ausgestaltung en detail, Sauberkeit, Sicherheitsgefühl etc. - alles das lässt sich nicht verordnen.


    Als 1998 der Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrag eingeführt wurde, anfangs auch richtig eingehalten wurde, kamen sofort und gründlich Tarifreform, Netzreform diesunddasreform. Mit durchschlagendem Erfolg. Seit dem steigen die Nutzerzahlen.

  • Ökolöwe sammelt Hinweise der Bürger_innen für einen besseren ÖPNV


    http://www.oekoloewe.de/text,3747,mobil_aktuell.html

  • Leipzigs neue Straßenbahn wurde präsentiert


    Heute morgen fand die offizielle Präsentation der neuen Leipziger Straßenbahn vor der Neuen Messe statt. Bereits zu den Leipziger Frühjahrs- und Herbstmessen, zuletzt 1993, wurden auch die neusten Schienenfahrzeuge gezeigt. Man hat also an eine alte Tradition angeknüpft. Bis zum 19. Februar 2017 kann die Straßenbahn im Rahmen der Haus-Garten-Freizeit-Messe (10-18 Uhr) begutachtet werden.



    Zunächst ein Gruppenfoto.



    Bug und Front der 1002.




    Die Mitteltüren sind 30 cm breiter als sonst. In der Türmitte leuchten Streifen: grün für Türfreigabe und rot für Türschließung. Damit wissen Fahrgäste, ob es sich noch lohnt einzusteigen.



    Ein Teil vom Fahrgastraum mit Blick zum Führerstand.



    Der Fahrerarbeitsplatz.



    Blick durch den Fahrgastraum. Je nach Jahreszeit wird die Deckenbeleuchtung in kühlweiß (Sommer) oder warmweiß (Winter) strahlen. Rechts gibt es deshalb keine Klappfenster, weil dies die Notausstiege sind, die es auf jeder Seite geben muss.



    Präsentation vor der Neuen Messe.

  • ^ Danke für die Fotos. Ganz nett finde ich das Oberlicht in der neuen Bahn.


    Was am Leipziger ÖPNV hier bemängelt wurde, findet jetzt auch in einer von der Zeit in Auftrag gegebenen Studie Erwähnung. Das Hamburger Beratungsunternehmen Civity hat in mehr als 50 Städten den öffentlichen Nahverkehr untersucht (Angebot, Dichte, Abfahrten pro 100 Einwohner und Hektar Siedlungsfläche, Anteil der ÖPNV-Nutzer an allen Wegen, Preise, Leistungen von Monatskarten). Bei diesem Vergleich schneidet die Messestadt eher mittelmäßig ab.


    Wo der Nahverkehr sein Geld wert ist


    Busse und Bahnen sind in Dresden besser als in Leipzig


    Unabhängig von dieser Studie: Ich finde nach wie vor, dass der Leipziger ÖPNV in den letzten Jahren nicht in erster Linie mangels attraktiven Angebots gelitten hat, sondern an der gestiegenen Attraktivität des Fahrrads. Die Stadt ist sehr kompakt und stark monozentrisch auf die Innenstadt ausgerichtet, weist keine nennenswerten Höhenunterschiede auf und nicht zuletzt wurde in den letzten Jahren viel in das Radwege-Netz investiert. Dazu die innerstädtischen Park und Waldgebiete, durch die man die Innenstadt erreicht, ohne groß die Straße benutzen zu müssen. Die Kernstadt und somit der Hauptanteil des ÖNV-Netzes erstreckt sich in einem Radius von etwa 5 km um den Leipziger Markt. Das heißt, in diesem Gebiet ist man in aller Regel genauso schnell (oft schneller) mit dem Rad unterwegs als mit dem Auto oder der Bimmel - ohne dabei ins Schwitzen zu kommen. Warum sollte man dann noch 5,20 Euro für die Bimmel oder 6 Euro für den Tiefgaragenplatz ausgeben? Selbst wenn das Ticket zwei Euro günstiger wird und die Bahn im 5-Minuten-Takt fährt, radeln viele trotzdem lieber durch die Stadt.