Dresden: Neumarkt

  • "Intergirert" klingt immer gut... zumindest bei richtig alten Sachen wie den Kellern. Ein KuPa will ich nicht irgendwo "integriert" sehen.:lach:


    Schöne Bilder! Die Erker gefallen mir sehr. Das wird sicher schick aussehen. Das ganze Gebäude wird den Neumarkt sicherlich noch mehr würdiges Gesicht geben.:)

  • Wow, sieht klasse aus. Wirklich sehr schön geworden. :daumen: Die Umgebung des Palais mit den stilvollen Straßen-Laternen setzt dem ganzen die Krone auf.

  • Für mich das schönste Rekonstruktions-Projekt in Dresden, weil hier so wie es aussieht in Bezug auf Bauweise und Material weitgehend vorbildgetreu gearbeitet wird.


    *Vorbildgetreu* - Das ist in der Tat so.
    Der Verkauf dieser (landeseigenen) Immobilie erfolgte unter hohen, vertraglich fixierten Auflagen, die man wie folgt zusammenfassen kann:
    1. Denkmalgerechte Wiederherstellung des äußeren Erscheinungsbildes;
    2. Denkmalgerechte Wiederherstellung der wichtigsten historischen Innenarchitekturen.


    Dass man mit Fritz Reimann und seiner „USD“ einen – im Hinblick auf den Aspekt *denkmalgerecht* - sehr aufgeschlossenen Investor gefunden hat, steht natürlich außer Frage. Aber entscheidend war eben auch die Einstellung des „Verkäufers“, die zu so einer Vertragsgestaltung geführt hat. „Souffliert“ wurde den Herrschaften im Finanzministerium dabei von den wackeren Recken im Dresdner Denkmalpflegeamt.
    Der Verkaufspreis betrug 1,65 Millionen Mark, was deutlich unter der Summe für das damals zeitnah verkaufte Coselpalais lag (ca. acht Millionen Mark). Als Grund dafür wurde von offizieller Seite angegeben, dass das Kurländer Palais eine andere Struktur habe, große Bereiche wie beispielsweise lange Flure seien nur schwer nutzbar. Die Wiederaufbaukosten wurden mit reichlich 20 Millionen Mark beziffert (damaliger Stand). Die Vertragsunterzeichnung erfolgte übrigens schon Ende 1998. Aus verschiedenen Gründen verzögerte sich der Baubeginn allerdings immer wieder. Im Jahr 2002 (der Baustart stand kurz bevor) kam zum Beispiel das Hochwasserereignis „dazwischen“, in dessen Folge Umplanungen erforderlich wurden. Bis dahin hatte man nämlich wesentliche Teile der Versorgungseinrichtungen im Keller vorgesehen, das wurde nach dem „Aha-Erlebnis Jahrhundertflut“ geändert. Außerdem sprangen zwei relevante Mieter ab – die hatten wohl im übertragenen Sinne „nasse Füße“ bekommen.


    Das Kurländer Palais ist nicht irgendein historisches Bauwerk, es galt vor dem 13. Februar 1945 als das schönste Rokoko-Palais Dresdens. Nicht zuletzt deshalb, weil hier in großem Umfang herausragende Innenarchitekturen aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ziemlich unverfälscht erhalten geblieben waren.
    Das mag mit dazu beigetragen haben, dass der Wiederaufbau bereits ab dem Jahr 1951 „beschlossene Sache“ war. Es scheint also nicht zu den Zitterkandidaten der Dresdner Kriegsruinen gehört zu haben, um deren Erhalt (für einen späteren Wiederaufbau) viele Jahre gekämpft werden musste. Und es gibt einen weiteren Grund. Laut Aussage von Gerhard Glaser, damals Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege, ist das Kurländer Palais neben Residenzschloss und Frauenkirche das am besten dokumentierte Gebäude Dresdens. Sogar die Schablonen, mit denen die Stuckateure und Tischler im 18. Jahrhundert gearbeitet haben, seien noch vorhanden.
    Dass es durch die lange DDR-Zeit nicht zu einem Wiederaufbau kam, lag also offenbar nicht am Nicht-Wollen, sondern am Nicht-Können. Und damit meine ich keinesfalls Know-how-Defizite (man denke an die Semperoper), sondern die mangelnde Wirtschaftskraft.


    Welche historischen Innenräume sind nun also im Zuge des Wiederaufbaus zu erwarten? Explizit in der Presse genannt wurden:
    - der berühmte Festsaal,
    - die 3 Gartensäle,
    - die Eingangshalle,
    - das Haupttreppenhaus,
    - das Krubsacius-Treppenhaus im Nordflügel.


    Im *Gurlitt, 1901* werden 2 weitere Räume mit historischen Innenarchitekturen aufgeführt: Das „Balconzimmer“ und der Gobelinsaal. Das Balkonzimmer besaß die 3 Fenster im Bereich des Balkons an der Straßenseite des Hauptgebäudes:
    http://fotothek.slub-dresden.d…df_0110001/df_0113712.jpg


    Hier war aber schon um 1900 die ehemalige Rokoko-Ausstattung nur noch in Teilen erhalten. Kein Thema also für eine Reko. Östlich des *Balconzimmers* befand sich der Gobelinsaal, ein bis zur Bombennacht nahezu originalgetreu erhaltener Rokoko-Raum, der übrigens sehr gut dokumentiert sein soll. Ich vermute, dass man diesen Saal nicht rekonstruieren kann, weil die Gobelins, letztlich das dominierende Ausstattungselement, verbrannt sind. Das wäre zumindest die Analogie zu den diversen Gobelinsälen im Residenzschloss.


    Zu den anderen Räumen, den Reko-Kandidaten.
    Da wäre zunächst der Rokoko-Festsaal (1. OG des Hauptgebäudes), der sich mit seiner Länge von 27 Meter über die gesamte Gebäudetiefe erstreckt. Höhe und Breite betragen jeweils 8,50 Meter. Er besitzt 5 große Bogenfenster zum Garten zu und an der gleichen Seite einen vorgelagerten Altan:
    http://fotothek.slub-dresden.d…df_0110001/df_0116426.jpg


    Und hier eine historische Innenansicht (Blick auf die östliche Schmalseite, das ist die an der Rückfront des Palais):
    http://fotothek.slub-dresden.d…df_0170001/df_0179592.jpg


    Die Wände des Festsaales waren mit weiß lackierter Holztäfelung und reichen Blattgold-Verzierungen gestaltet.
    Noch ein fast anrührendes Detail bezüglich der Reko-Grundlagen. Der Festsaal besaß nämlich drei imposante Kronleuchter. Bei den neueren Aufräumungsarbeiten fand man unerwartet drei Eimer mit Resten eben dieser Kronleuchter, die man nun als Vorlage für den „Nachbau“ verwenden kann. Da hatte offenbar jemand bei der Enttrümmerung nach dem Krieg akribisch die Reste gesichert.


    Unterhalb des Festsaales, also im Erdgeschoss, befinden sich die drei Gartensäle (ähnliche Breite, aber die Länge eben unterteilt in drei Räume. Im Löffler ist der mittlere abgebildet (im Netz habe ich leider nichts gefunden).
    Im Garten (gelegen im Innenhof unmittelbar südlich des Hauptgebäudes) brachten die archäologischen Untersuchungen im Jahr 2000 zahlreiche Reste der einstigen Bewässerungstechnik zu Tage. Diese Elemente will man ebenfalls rekonstruieren (Wasserspiele).


    Zur Vorhalle, bzw. Hauptfoyer. Diese Halle betrat man durch den Haupteingang unterhalb des Balkons. Hier ist eine historische Ansicht (Blick in Richtung Westen, also in Richtung Eingangstür):
    http://fotothek.slub-dresden.d…df_0110001/df_0116429.jpg


    Von der Eingangshalle aus ging es linkerhand in das Haupttreppenhaus (im voran stehend verlinkten Bild ist das die Tür rechts). Von diesem Treppenhaus gibt es eine interessante Fotoaufnahme von 1949, man beachte das erstaunlicherweise unversehrt gebliebene Relief (an der Trennmauer zum *Balconzimmer*):
    http://fotothek.slub-dresden.d…df_0310001/df_0314797.jpg


    Diese Mauer wurde irgendwann in den 1950er Jahren (vermutlich aus Sicherheitsgründen) abgetragen – wie so manche andere Mauer des Palais, die unmittelbar nach dem Krieg noch stand. Da dass mit sehr großer Wahrscheinlichkeit unter Aufsicht und Anleitung der Denkmlapfleger erfolgte, dürfte das Relief sicher noch existieren und auf seinen Wiedereinbau warten.


    Ansonsten wäre noch zu erwähnen, dass im Keller imposante Tonnengewölbe überlebt haben, über viele Jahre residierte hier der Jazz-Klub „Tonne“. Aus einem Zeitungsartikel war zu erfahren, dass in den Kellern der Boden um ca. 1 m abgesenkt und so auf das historische Maß gebracht wird.

  • Heinrich Schütz Residenz vor Fertigstellung

    Laut einem Beitrag in der SZ-online, welcher allerdings schon ein paar Wochen alt ist, sind noch alle Wohnungen zu haben.




    :daumen: Putten:



    wunderschön:


  • ^ Kein Wunder, dass die Wohnungen noch leer stehen. Wenn ich recht informiert bin, wollen die für den Quadratmeter Wohnraum zwischen 40 und 50 Euro Miete sehen. Ich glaub', 's hackt!

  • Mieten

    Woher stammen die Angaben der Miethöhe? Soweit ich informiert bin, handelt es sich um Mietpreise für gewerbliche Zwecke, nicht für die Mietwohnungen in den oberen Geschossen, oder ?

  • ^laut sz-online ist letzte Woche das erste Ehepaar in die Schütz Residenz eingezogen. Wenn ich mich recht entsinne, von St. Peter Ording nach Dresden.


    Hier noch ein Foto vom Hotelneubau in der Rampischen Straße. Die "rekonstruierten" Fassaden links und rechts gehören dazu und werden wohl Wohnungen enthalten. Wenn ihr mich fragt, passt die Dimensionierung der Fenster keinesfalls zum Neumarkt.



    Leider läßt sich in der engen Straße und wegen des Bauzaunes nicht viel mehr fotografieren. Für mich als Laien sind da die Mittel begrenzt.

  • ^ M.W. gehören die Fassadenrekos ganz normal zum Hotel. Im Ex-APH wird ja gerade Rotz und Wasser geheult, ich vermute aber mal, dass, sobald die Rampische fertig ist, das Hotel gar nicht mehr groß negativ auffallen wird. Wuchtig wirkt es ja eher aus der Draufsicht und die wird es dann nicht mehr geben.

  • Mal ein paar Eindrücke vom Neumarkt (vom 30. August 2009)


    Was hier in den letzten Jahren geleistet wurde ist mehr als bemerkenswert. Ich war zum ersten mal in Dresden und fand die Stadt gigantisch. Der Name Elbflorenz ist wirklich nicht übertrieben. Alle (West-)Deutschen die noch nie im Freistaat waren sollen sich den mal anschaun...einfach wow...











    Bilder von mir: Brandname


    :) Falls Interesse besteht hab mir in Sachsen 7 Städte angesehen...könnte ich ja in der Galerie als "Sachsen Sommer 09 posten..."

  • ^ Ebenso. Aber schau mal, ob die Bilder nicht in einen der bestehenden Bilderthreads passen. Galerien gibts ja bereits für "Städte in Mitteldeutschland", Görlitz, Leipzig etc.

  • ^ M.W. gehören die Fassadenrekos ganz normal zum Hotel. Im Ex-APH wird ja gerade Rotz und Wasser geheult, ich vermute aber mal, dass, sobald die Rampische fertig ist, das Hotel gar nicht mehr groß negativ auffallen wird. Wuchtig wirkt es ja eher aus der Draufsicht und die wird es dann nicht mehr geben.


    Inzwischen ist das Hotel äußerlich fast fertig. Ich finde, der Bau ist schon ein Schlag ins Kontor. Zum Glück nicht so schlimm, wie ich befürchtet habe, aber trotzdem ein viel zu wuchtiger Bau, der die Kleinteiligkeit empfindlich stört. Hier ein paar Eindrücke:


    http://img63.imageshack.us/img63/9769/dscf41691.jpg" style="float:right; width:auto; margin-right:10px; margin-bottom:10px;" alt="" />


    http://img176.imageshack.us/img176/2140/dscf41641.jpg" style="float:right; width:auto; margin-right:10px; margin-bottom:10px;" alt="" />

    Einmal editiert, zuletzt von tectura ()

  • ^ Vielen Dank für die Fotos. Sie verdeutlichen in der Tat, dass der Hotelneubau seitlich gesehen weniger negativ auffällt als frontal aus weiter Entfernung. Die Fassade hätte man dennoch besser kleinteiliger und vor allem hochwertiger gestalten können. Wenn dieses Innside Premium Hotel ein traditioneller Neubau sein soll, dann ist er m.E. arg misslungen.


    Edit:


    Auf der Seite von Wörner und Partner gibt es bzgl. des Neubaus diesen Videobeitrag.

  • ^ Den Neubau wird man später doch gar nicht frontal betrachten können. Das zweite Bild zeigt doch ganz gut, dass das Gebäude aus der eigentlichen Fussgängerperspektive durchaus annehmbar ist.

  • Fremdkörper

    Der Hotelbau passt nach meinem Empfinden in keinster Weise in die Häuserzeile. Als Begründung lassen sich insbesondere vier Aspekte nennen.


    - enorme Breite: Alle anderen auf den Fotos von tectura sichtbaren Häuser haben nur ein Viertel oder weniger der Breite des Hotels. Es entsteht der Eindruck, dass sich ein "fetter Wummer" hineingedrängelt hat.


    - Dachfarbe: Als einziges Gebäude hat das Hotel ein dunkelbraunes Dach, alle anderen sind mit Ziegeln in unterschiedlichen Rottönen gedeckt.


    - Fassadengestaltung: Die glatt wirkende, schmucklose Fassade ist im Vergleich mit den Nachbarhäusern plump und lieblos. Die hervorstehenden Fensterbänke und die leicht gebogene Front fallen nicht besonders auf.


    - Fenstergröße: Die Fenster sowohl in den Dachgeschossen als auch in der Frontfassade haben eine doppelt so große Fläche, wie die der anderen Häuser in der Zeile. Die große Garageneinfahrt (oder soll das etwa der Eingang werden?) gibt dem ganzen den Rest.


    Gerade in Dresden wäre mir mehr Einfühlsamkeit bezüglich der Umgebungsbebauung wichtig gewesen.

  • DaseBLN, mit meinem Beitrag wollte ich dir in #238 zustimmen. Natürlich wird es später keine frontale Draufsicht geben, so wie auf tecturas erstem Bild zu sehen ist. Und den Untergang des Abendlandes, wie woanders profhezeit wird, bedeutet dieser Köllmann-Bau sicher auch nicht.


    Im Prinzip wird bei diesem Hotel einem nur wieder vor Augen geführt, dass historische Traufhöhe, Satteldach und stehende Fenster kein Garant für einen gelungenen Neubau sind. Beggi hat's ganz gut zusammengefasst.

  • ^Ob anderswo der Untergang des Abendlandes prophezeit wird, lassen wir mal dahingestellt. Aber was hier noch nicht erwähnt wurde ist, daß die Rampische Straße die bedeutendste Barockstraße Dresdens und eine der bedeutendsten Raumbilder Europas überhaupt gewesen ist. Die GHND hat hier von Anfang an auf größtmögliche Kleinteiligkeit gedrängt und wurde leider überhört. Der Gestaltungsbeirat für den Dresdner Neumarkt hat sich gegen die Rekonstruktion der fünf fehlenden Einzelfassaden ausgesprochen (zwei von drei Wettbewerbsbeiträgen sahen diese vor!) und sich wie schon so oft für den m.E. unpassendsten Entwurf entschieden.