Die Argumente von Rotes Rathaus kann ich überhaupt nicht nachvollziehen.
Die Forderung nach einer Stadt der kurzen Wege finde ich zwar richtig. Die Konsequenz aus dieser Forderung kann allerdings nicht darin bestehen, möglichst viele Arbeitsplätze in der Innenstadt zu konzentrieren, weil dann ein massiver Pendlerverkehr aus den Außenbezirken in die Innenstadt erzeugt wird. Dieser Pendlerverkehr ist nun alles andere als umweltfreundlich. Stattdessen muss versucht werden, die Arbeitsplätze möglichst in der Nähe der Wohnorte anzusiedeln, damit die Beschäftigen kurze Wege zur Arbeit haben.
Derzeit ist die Lage in Berlin, dass es in den Innenstadtbezirken eine Überausstattung mit Arbeitsplätzen gibt, während in den Außenbezirken eine Unterversorgung existiert. Die konkreten Zahlen (nach dem Statistischen Jahrbuch Berlin 2013) sehen wie folgt aus:
Mitte:
333199 Einwohner, 246728 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze, Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze pro Einwohner: 0,74
Friedrichshain-Kreuzberg:
270158 Einwohner, 89596 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze, Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze pro Einwohner: 0,33
Marzahn-Hellersdorf:
249982 Einwohner, 36578 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze, Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze pro Einwohner: 0,15
(Alle Zahlen sind von 2010, aktuellere Zahlen zu den Arbeitsplätzen standen nicht zur Verfügung).
An diesen Zahlen sieht man sehr gut, dass es in Marzahn-Hellersdorf einen Mangel an Arbeitsplätzen gibt. Die Folge sind weite Wege zu den Arbeitsplätzen, und wer im Berufsverkehr die Landsberger Allee entlangfährt, der weiß, dass viele Marzahn-Hellersdorfer in die Innenstadt zur Arbeit fahren.
Der neue Cleantech-Park bietet nun die Chance, dass viele Marzahn-Hellersdorfer hier einen Job finden und daher kürzere Arbeitswege haben. Das Gelände liegt ja nicht irgendwo auf der grünen Wiese, sondern es wird von zwei Seiten von großen Wohngebieten begrenzt. Im Westen befindet sich Hohenschönhausen mit rund 80.000 Einwohnern, im Osten befindet sich Marzahn mit über 100.000 Einwohnern. Die Entfernungen zwischen Wohnung und Arbeitsplatz sind daher kurz, und natürlich kann man diese auch mit dem Fahrrad fahren, und man wird dabei weniger als 6 Kilometer fahren müssen. Daher ist das Cleantech-Park-Projekt ein wichtiger Schritt hin zu einer "Stadt der kurzen Wege".
Dann gab es noch das Argument, dass Gewerbeflächen in den Außenbezirken unattraktiv wären. Auch dieses Argument leuchtet mir nicht ein. Schon während der Kaiserzeit sind große Unternehmen aus innerstädtischen Standorten in Randgebiete umgezogen. Siemens zog in die Siemensstadt, die AEG zog zuerst nach Oberschöneweide und dann nach Hennigsdorf, Borsig zog nach Tegel und Schwartzkopff zog sogar nach Wildau. Diese Umzüge kamen deshalb zustande, weil es nur in den Randgebieten große, erweiterungsfähige Grundstücke gab, die für eine rationelle Produktion nötig waren. An dieser Situation hat sich bis heute nichts geändert, das beweist auch der Erfolg der Gewerbeflächen in Adlershof und Buch, wie Backstein schon richtig bemerkt hat. Daher denke ich schon, dass der Cleantech-Park auf Interesse stoßen wird, zumal dieses Projekt in Berlin absolut konkurrenzlos ist. Die Gewerbestandorte in Adlershof und Buch werden langsam knapp, und ein vergleichbares weiteres Projekt gibt es nicht. Auch auf dem Flughafen Tempelhof sind laut Senatsplanung nur rund 20 Hektar an Gewerbeflächen geplant, die teilweise ungünstige Zuschnitte haben. In Marzahn gibt es dagegen 90 Hektar. Daher denke ich schon, dass das Projekt ein Erfolg wird.