Frankfurter Architekturdebatte: Wie zu bauen sei

  • Das Gleiche kann ich sagen. Mal abgesehen davon bietet die Stadt auch durchaus die Wahl, wo man wohnen will – ob jetzt der eingemeindete Vorort, das Stadterweiterungsgebiet oder eben die historische Kernstadt sind feine Abstufungen, wieviel des Hexenkessels der Großstadt man sich persönlich geben will. Ich habe auch keine Zweifel, dass das in irgendwelchen anderen Großstädten irgendwie anders ist.


    Mal davon abgesehen, dass die Bebauung der 1950er Jahre die Altstadt in großen Teilen in eben dem spießigen Mief hinterlassen hat, den ich aus meiner Kindheit und Jugend vom Dorf kenne. Meiner Meinung nach könnte man bis auf die paar erhaltenen Bürgerhäuser fast die gesamte Wohnbebauung zwischen Berliner Straße, Kurt-Schumacher-Straße, Main und Neuer Mainzer Straße abreißen und neu entwickeln. Urbanität wird sich auch durch Denkmalschutz für diesen Schrott (Kammbebauung Berliner Straße, Bundesrechnungshof, leider auch das NEFF-Hochhaus) nie einstellen. Ich hoffe zutiefst, dass das Dom-Römer-Projekt das weiter verdeutlichen wird.

  • . . . gerade der Riedberg erreicht mit seiner zentralen Bebauung die Dichte eines Gründerzeitviertels . .



    Wow, ich bin erschlagen, ganz rechts der zentrale Platz mit Rewe (bild von mir)


    Nee aber im Ernst: ich mochte den Riedberg nie nicht so recht, ist halt ein RetortenKind auf der grünen Wiese (die aber dort nie grün war). Aber heut nachmittag war schönes Wetter und es saßen Leute im Cafe und Kinder spielten auf dem Platz und alles ganz nett -ob es aber mal richtig Stadt wird.
    (Atelier5 ist ganz gut, aber nicht so stark wie die frühen Bauten)



    RMA: Ich teile deine Sicht zur 50er Jahre-Bebauung, das war damals halt eine andere Sicht von Stadt. Wogegen ich mich nur immer wehre ist alles abzureißen und neu zu bauen. Stadt lebt doch von Kontinuität, sie wird immer weitergebaut, umgebaut, ergänzt. Ich möchte, wenn ich mal länger weg bin und nach Frankfurt zurückkomme, die Stadt noch erkennen. Denn letztlich ist das der Charakter der Stadt, auch wenn es "miefig" ist.


    Was ich mit Charakter meine? http://islanddeserters.blogspo…ier-5-siedlung-halen.html Ist doch klasse, oder?


  • RMA: Ich teile deine Sicht zur 50er Jahre-Bebauung, das war damals halt eine andere Sicht von Stadt. Wogegen ich mich nur immer wehre ist alles abzureißen und neu zu bauen. Stadt lebt doch von Kontinuität, sie wird immer weitergebaut, umgebaut, ergänzt. Ich möchte, wenn ich mal länger weg bin und nach Frankfurt zurückkomme, die Stadt noch erkennen. Denn letztlich ist das der Charakter der Stadt, auch wenn es "miefig" ist.


    Das mag generell stimmen, aber für die die 50er Jahre-Bebauung in der ehemaligen Altstadt ja wohl eher nicht. Wer verirrt sich denn dort hin, wenn er nicht gerade zufälligerweise dort wohnt oder mit der Tram kurz durchfährt? Daher macht diese Ecke meines Erachtens nicht wirklich den Charakter von Frankfurt aus, und wenn, dann ist es eine Charaktereigenschaft, die man besser ablegen sollte. Die Ecke ist weder urban noch schön oder irgendwie erhaltenswert.

  • Beiträge hieraus verschoben.
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    Bilde ich mir das nur ein, oder steht nicht irgendwo verbindlich festgeschrieben, dass Baumaterialien dieser Art einer bestimmten Brandschutzklasse unterliegen müssen? Wie kann es sein, dass heutzutage noch mit leicht entzündlichem Gelumpe gebaut werden darf??? :nono:

  • In der Tat ein Riesenproblem. Wärmedämmverbundsysteme mit Polystyrol (Styropor) müssen eigentlich den Anforderungen der Brandschutzklasse B1 (schwer entflammbar) erfüllen – dies ist Voraussetzung für ihre baurechtliche Zulassung für Mehrfamilienhäuser. Die Materialprüfungsanstalten prüfen dieses in Brandversuchen. Doch für die NDR-Doku „Dämmen oder nicht dämmen“ wurde vor einiger Zeit ein Brandversuch durch die Materialprüfanstalt Braunschweig durchgeführt. Das Ergebnis: Das Wärmeverbundsystem ging so schnell in Flammen auf, dass der Versuch nach 8 Minuten außer Kontrolle geriet und abgebrochen werden musste.

  • Dann verstehe ich nicht, wieso man diese Feuersperrungen für Dämmungen nicht vorschreibt, wenn das Problem publik und bekannt ist. So reicht ja schon ein kleiner Wohnungsbrand, den man heute gut beherrscht, um ein ganzes Haus abbrennen zu lassen, sobald die Flammen auf die Dämmung übergreifen. Müssen denn erst mehrere Häuser dank brandbeschleunigender Fassade komplett ausbrennen, damit die Politik oder die vom zuständigen Amt/Ministerium reagieren? Muss es erst wieder Tote geben, damit die Verantwortlichen in Aktionismus verfallen und im Eiltempo entsprechende Verordnungen bzw. Verbote von bestimmten Materialien erlassen? Ich hatte gehofft, dass man aus dem Asbest-Problem gelernt hat, aber anscheinend verbaut man hier in einigen Häusern gerade die nächsten Risiken für Jahrzehnte. :nono:


    Denn Gebäudeeigentümern, die jetzt an Feuersperrungen sparen, wünsche ich schon mal viel Spaß beim nachträglichen Einbau. Die komplette Dämmung neu zu machen oder ein abgebrandtes Haus zu haben ist sicher super für die Rendite. ;)

  • Wie Wikos schon sagte, gibt es in der HBO die Vorgabe B1 ab 7m Höhe. Die kann EPS/Styropor nur erreichen, wenn zusätzliche Sicherheitsstürze oder umlaufende Brandriegel eingebaut werden, dies gilt auch erst ab einer Dicke von mehr als 10 cm. Dass heißt, ein 20cm Mineralfaserdämmstreifen wird eingefügt.
    Früher gab es nur die Sicherheitsstürze, die hatten den Zweck, dass die brennenden Abtropfungen den durch das Fenster einsteigenden Feuerwehrleuten nicht in den Nacken tropfte und dass ein Zimmerbrand bei offenem/beschädigtem Fenster nicht so schnell auf die Fassade überspringen kann. Dies kann der Riegel gar nicht verhindern, sondern nur das Durchbrennen von unten nach oben einschränken, also den Schaden eingrenzen.
    Klar wäre es sicherer, alle Fassadendämmungen mit Mineralfaser auszuführen, wie bei Sonderbauten und Hochhäusern üblich und (zumindest teilweise) zwingend. Aber die Kosten für Mineralfaser sind 10 bis 20 € /m² höher und heute will jeder sparen. Die Industrie würde einer Verordnung, die EPS nur auf Ein/Zweifamilienhäuser beschränkt, auch nicht zustimmen und ihre Lobbyisten losschicken.
    Tatsächlich gibt es aber gar nicht so viele Schäden an Hausfassaden, dass man jetzt in Panik verfallen müsste. Und in der Regel wird ein Fassadenbrand nicht auf die Innenräume übergreifen.


    Die Brandgefahr auf der Baustelle ist sicher auch daher größer, weil noch keine Brandriegel drin waren (die kommen häufig erst zum Schluß) und noch kein Armierungsputz aufgebracht ist, wenn noch keine Fenster drin sind und ein Gerüst davor steht, auf dem auch noch was lagert.



    Wo wir aber beim Thema WDVS sind: problematisch sind die schon. Dadurch dass keine Wärme aus dem Haus mehr verloren geht, kann die Fassade morgens die Nachtfeuchte nur ganz langsam wieder abtrocknen. Dies führt regelmäßig zu Veralgung oder Schimmelbildung, gerade an Nordfassaden und z.B. im Schlachthofviertel zum Fluß hin. Die Mittel dagegen, Fungizide, waschen sich aus und verlieren mit der Zeit ihre Wirkung, außerdem waschen sie sich dann in den Boden und schädigen dort. Momentan redet alles über Energiesparen, da sind solche Themen nicht sehr beliebt.
    Mäckler hatte schon mal gefordert, bei Neubauten verputzte WDV-Systeme zu untersagen.


    Das Thema wird irgendwann erkannt und im Nachhinein verdammt, aber so ist das doch immer

  • Dann verstehe ich nicht, wieso man diese Feuersperrungen für Dämmungen nicht vorschreibt, wenn das Problem publik und bekannt ist. So reicht ja schon ein kleiner Wohnungsbrand, den man heute gut beherrscht, um ein ganzes Haus abbrennen zu lassen, sobald die Flammen auf die Dämmung übergreifen. Müssen denn erst mehrere Häuser dank brandbeschleunigender Fassade komplett ausbrennen, damit die Politik oder die vom zuständigen Amt/Ministerium reagieren?


    Gute Frage, und keineswegs rein akademisch, sondern ganz real:


    Gestern an der Adickesallee und vor nicht langer Zeit in der Dreieichstraße 10, wo ein brennender Müllbehälter die gesamte rückwärtige Fassade in Brand gesetzt hat, die Kunststofffenster geschmlozen sind und alle Fluchtwege verqualmt waren.

  • Ich sehe die jetzige "Dämmwut" mit Polystyrol und anderen organischen Materialen nur als eine kurzzzeitige Etappe.


    Das Dämmen wird sich in Zukunft auf Vakuumplatten hin orientieren, da man auch nur mit eben diesen dem Passivhausstandard oder dem Plus-Energie-Haus-Standard gerecht wird. Bei Vakuumplatten ist zumindest das Kernmaterial nicht brennbar. Bei der Ummantelung gibt es noch einige Varianten, aber hier sollte sich das Sicherste durchsetzen.


    Blöd nur die eventuelle Gefahr, die man sich jetzt in die Städte geholt hat.

  • Zitat von Goldfischbauch

    Tatsächlich gibt es aber gar nicht so viele Schäden an Hausfassaden, dass man jetzt in Panik verfallen müsste. Und in der Regel wird ein Fassadenbrand nicht auf die Innenräume übergreifen.


    Diese Ansicht teilt Frankfurts Feuerwehrchef Reinhard Ries nicht. In diesem Artikel der FNP fordert er: "Polystyrol muss dringend überprüft werden. Es gilt zu untersuchen, ob größere Bauwerke damit noch gedämmt werden sollten. Es besteht akute Gefahr für Menschen in Gebäuden mit mehr als drei Stockwerken." "Die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit" sei für die Feuerwehr bei solchen Gebäuden erreicht. Entsprechend reagiert auch Feuerwehrdezernt Markus Frank. Laut FNP besuchte er die Baustelle an der Adickesallee nach dem Brand. Die FNP zitiert in daraufhin wie folgt: "Das Problem ist erkannt. Es geht nun aber nicht darum, die Dämmung der Häuser aufzugeben. Doch müssen wir jetzt schnell untersuchen lassen, ob nicht andere Dämmmaterialien eingesetzt werden müssen."


    Problem bereitet wie hier im Forum erwähnt das aus aus Rohöl gefertigte Polystyrol (Styropor). Sobald es (bei einem Brand) heiß genug ist, fange es Feuer und wirke wie ein Brandbeschleuniger, der die Flammen in alle Richtungen treibe und Fensterscheiben platzen ließe. In Gegensatz zu seinen mangelnden Brandschutzeigenschaften habe dieser Dämmstoff den Vorteil, dass es "konkurrenzlos" billig sei. Architekten äußerten gegenüber der FNP, dass Bauherren gerade bei der Dämmung auf jeden Cent achten würden.


    Bisher gab es drei Brandfälle in Verbindung mit Dämmung in Frankfurt. Der kürzlich Geschehene an der Adickesalle, im November 2011 in der Battonstraße und 2010 in einem siebenstöckigen Gebäude in Sachsenhausen. Bei letzterem kam es laut FNP zu einem Sachschaden von 500.000 Euro und 21 verletzten Bewohnern.



    Meine Meinung: Gerade durch die hohe Gefahr an Sachschäden, denke ich dass die Bauherren am falsche Ende sparen. Positiv finde ich, dass ein verantwortlicher Politiker bzw. Dezernent auf das Thema aufmerskam geworden ist und vielleicht (durch Absprache mit den anderen zuständigen Dezernaten oder einer politischen Diskussion) dazu beiträgt, dass die Dämmvorschriften in Frankfurt verschärft werden. Wenigstens bei den Neubauten & Sanierungen durch die Stadt Frankfurt oder seitens ihrer Baugesellschaft ABG sollte ein Polystyrol-Dämmungsverbot schnell umzusetzen sein.

  • Brandgefahr durch Polystyrol-Dämmung (Styropor)

    Da wir hier im Thread nach einem Brand auf der Baustelle von "The Flag Frankfurt" (Adickesallee) über die Feuergefahr vom Dämmstoff Polystyrol diskutiert haben, hier noch eine Info dazu:


    Laut FNP wird die Brandgefahr von Polystyrol auf der nächsten Bauminsisterkonferenz (der Bundesländer) besprochen. Auch Vertreter der Feuerwehr sollen dort zu Wort kommen. Anlass ist besagter Brand in der Frankfurter Adickesallee, weshalb der hessische Wirtschaftsminister Rentsch die Vorsitzende der Bauminsterkonferenz auf das Thema hingewiesen hat. Von ihm werden auch diesbezüglich Großbrandversuche gefordert, da Experten sich über bisherige Versuche uneins sind. Laut Frankfurter Feuerwehr ergab eine deutschlandweite Umfrage von Berufsfeuerwehren zu diesem Thema, dass fünf weitere Brandfälle wie der in Frankfurt geschehen sind. Da es zu dem Thema keine Statistik gibt, wurden diese nicht registriert.


    Schön das sich was tut,die Politik das Thema ernst nimmt und das Thema früh angepackt wird - nicht erst wenn ständig Häuser wegen dem Material brennen.

  • Bezieht sich auf das Projekt "Tout de Suites" und auf den Stadtteil Westend-Süd allgemein:


    Einige Bewohner sind schon eingezogen. Für mich ist dies ein Vorzeigeprojekt fürs moderne Wohnen im Westend! Wohnhochhäuser von dieser Qualität sind erwünscht...


    Absolut richtig. Vor allem an den Hauptverkehrsstraßen - wie der Bockenheimer Landstr. - könnte ich mir eine viel höhere Bebauung vorstellen, bis 12 Stockwerke mit Läden und Büros in den unteren Etagen und darüber Wohnen. Den Kern der Viertel abseits der Hauptstraßen könnte man wie bisher niedriger bebaut lassen.

  • Mal abgesehen vom zweifelhaften städtebaulichen Effekt. Hast du schon mal darüber nachgedacht, dass dies ein kaum lösbares Verkehrsproblem nach sich ziehen würde?


    Erstens sind nicht alle Leute begeistert vom U-Bahn Fahren. Einen hohen Anteil Autofahrer müßte die Bockenheimer also zu den jetzt schon üblen Verhältnissen zusätzlich verkraften. Von den schwer zu schaffenden Parkmöglichkeiten mal ganz abgesehen. Zweitens ist die D-Strecke auch nicht unendlich belastbar.


    Warum also vermeidbare Probleme verursachen? Nur damit eine Straße mit noch mehr Hochhäuser zugeklatscht wird, für die es in der Bevölkerung immer weniger Zustimmung gibt? Ideologie vor vernünftigem Denken? Hatten wir in dieser Gegend schon in den 1960er Jahren mal. Ich dachte, dass sei längst überwunden.

  • ^


    1. Welcher zweifelhafter städtebaulicher Aspekt? Mir würde es jedenfalls gefallen.
    2. Verkehrstechnisch dürfte sich das kaum auswirken. Einige Tausend Nutzer mehr, machen keinen wirklichen Unterschied, zumal eben ein bedeutender Teil doch den ÖPNV nutzen würden, gerade wenn es zu wenig Parkplätze gibt.
    3. Ich weiß ja nicht was du unter Hochhäusern verstehst. Die 12. Stockwerke die ich meine, sind vielleicht hohe Häuser, aber nach meinem Verständnis keine Hochhäuser.
    4. Das hat nichts mit Ideologie zu tun. Die 60er Jahre hatte eine ganz andere Planung: nämlich wesentlich größere Wohnblocks auf die freie Wiese zu klatschen. Dass es in der Bevölkerung immer weniger Zustimmung zu Hochhäusern geben würde, sehe ich nicht. Im Gegenteil: ich empfinde es genau andersrum.

  • (...) Verkehrsproblem ?


    Die Bockenheimer Landstraße hat bereits in den Erdgeschossen und auch einem Teil der darüber liegenden Etagen Gewerbenutzung.
    Wenn diese (nach Abriss und Neubau) erhalten bleibt und nur durch Wohnetagen darüber ein Zusatznutzen entsteht, dann ist der entstehende Mehrverkehr (Bewohner, die zur Arbeit wollen) wahrscheinlich entgegengesetzt zur Verkehrsrichtung derer, die zum Arbeiten in die Gegend fahren.


    Erstens sind nicht alle Leute begeistert vom U-Bahn Fahren. Einen hohen Anteil Autofahrer müßte die Bockenheimer also zu den jetzt schon üblen Verhältnissen zusätzlich verkraften.


    Bei Wohnnutzung im gleichen Umfeld kann ein großer Teil des Verkehrs möglicherweise zu Fuß oder mit dem Fahrrad abgewickelt werden, wer dort hin zieht - urbaner Citybewohner -, wird nicht unbedingt am anderen Ende oder außerhalb der Stadt arbeiten.


    Von den schwer zu schaffenden Parkmöglichkeiten mal ganz abgesehen.


    Da hier Abriss und Neubau diskutiert wird, weil ein Aufstocken des Bestands wohl nicht machbar ist, sollten die notwendigen Parkflächen für den Wohnraum in jedem Fall im Gebäude selbst zu schaffen sein. Die Parksituation für Gewerbe sollte nicht wesentlich verbessert wrden, da sonst der Druck zur ÖPNV-Nutzung nachlässt.


    Zweitens ist die D-Strecke auch nicht unendlich belastbar.


    Noch hat die D-Strecke mit nur zwei Linien noch reichlich Luft, vergleicht man sie mit der A-Strecke. Und wie schon oben angenommen, sollte der Mehrverkehr, wenn er nur aus zusätzlicher Wohnnutzung resultiert, eher gegenläufig sein, so dass die Streckenauslastung zwar steigt, die Anzahl der gleichzeitigen Nutzer aber nur in der zur Zeit schwächer ausgelasteten Fahrtrichtung zunimmt.


    Warum also vermeidbare Probleme verursachen? Nur damit eine Straße mit noch mehr Hochhäuser zugeklatscht wird, für die es in der Bevölkerung immer weniger Zustimmung gibt?


    Wir werden in wenigen Jahren erleben, dass viel der heutigen Fernpendler in die Städte zurückkehren - müssen, mehr als wollen. Die heute noch bestehenden Kostenvorteile des Wohnens fern der Stadt werden bei einer weiteren Verdopplung der Preise für erdölbasierte Treibstoffe wie eine Seifenblase zerplatzen. Gerade die Gering(er)verdiener im Mehrpersonenhaushalt werden unter diesen Bedingungen ab dem Ende des laufenden Jahrzehnts in die Städte zurückdrängen und dort Wohnraum nachfragen.
    Wenn für die Mobileren der besser Verdienenden nicht zuvor bereits Angebote geschaffen wurden - und Wohnungen im Westend zielen in jedem Fall eher auf diese Gruppe - wird die notwendige Nachverdichtung der Innenstädte hässlicher ablaufen als wir uns das wünschen, denn dann wird in keinem Fall hochwertiges Design sondern billige Massenware gebaut. Man vergleiche mit Erfurt, wo dicht um das historische Zentrum herum (zu DDR-Zeiten) massenhaft Wohnraum geschaffen wurde - das entspräche in Frankfurt etwa dem Vorhaben einmal die Außenseite des Anlagenrings auf 200m Tiefe mit Plattenbauten zuzustellen.


    Allerdings frage ich mich auch, ob der "Austausch" der 50er- bis 70er-Jahre-Bauten an der Bockenheimer Landstraße gegen 35m hohe (hoffentlich nicht nur) Blöcke nicht heftige optische Konflikte auslöst, obwohl sie durch die bestehnde gute Infrastruktur dafür eigentlich prädestiniert ist. Denn die Überlebenden der Abrisswelle der 70er um der Einheitlichkeit willen plattzumachen wäre keine gute Idee.

  • Kisten und Kistchen

    Zur aktuellen Diskussion um die Teilnehmerentwürfe zum Wettbewerb für den Erweiterungsbau des Jüdischen Museums passt ein Artikel, den heute das Magazin "German Architects" veröffentlicht hat.


    Darin kritisiert die Autorin Ursula Baus den Trend zur strengen, "sachlichen" Kistenarchitektur. Ein Schlüsselsatz: "Auf der Strecke bleiben das Gespür für die Besonderheiten eines Ortes und ein Bekenntnis zur Sinnlichkeit, ohne die unsere Architektur zur Allerweltsware verkommt."


    Architekten würden zunehmend die "simple Kiste" bemühen. Möglicherweise sei der Trend auch eine Antwort auf die ausschweifenden organischen "Blob"-Formen und die "windschiefen" Entwürfe, die in den letzten Jahren vielfach zu sehen waren. Aber das helfe auch nicht weiter: Bautypenkenntlichkeit und am Baukörper ablesbare Funktionalität seien nicht mehr nachvollziehbar. Der Bezug zum Ort fehle. Das Dach werde als wichtiges Bauteil regelmäßig "pervertiert", obwohl bei Nachbarbauten Dachneigungen dominierten und es oft sogar Vorschriften gebe, die einfach übergangen würden.


    Schlimmer noch, rühmten "Bauherren diese Banalitäten" sogar "mit hymnischer Schönfärberei". Nicht ganz ohne Eigennutz, sind Kisten doch die ökonomisch günstigste Form. Kubikmeteroptimierer und "Erfüllungsgehilfen einer Rentabilitätsmaschinerie" sozusagen. Ergebnis seien "vollgepfropfte Baukörper", die "wie Müllsäcke am Straßenrand" stehen.


    Auch die Grundrissqualität leide unter der strengen Kubatur. Warum das so sei, schreibt die Autorin leider nicht.


    Bei Kulturbauaufgaben allerdings müsse man stärker differenzieren. Sie nennt Beispiele von "Black Boxes" und "White Boxes", führt die Aufmerksamkeits- und Erkennungswirkung solcher Bauten an und erwähnt die komplexen bzw. einengenden Vorgaben der öffentlichen Bauherren.


    Aber lest selbst. Die Lektüre empfehle ich, weil der Artikel mindestens gute Denkanstöße für die entsprechenden Diskussionen hier im Forum gibt.

  • Fassadengestaltung

    Da ich gerade nicht weiß, wohin ich es packen soll, aber es zu den gezeigten Erdgeschosszonen des Bahnhofsviertels ganz gut passt, hier eine, wie ich finde, tolle Analyse aus Wiesbaden, wie mit dem Bauen in historischem gründerzeitlichen Bestand umgegangen werden sollte. Der Schwerpunkt liegt auf der Gestaltung der Ladenzone, aber auch auf andere Punkte wird ausführlich eingegangen. Es ist wohl leider keine wirkliche Gestaltungssatzung, sondern nur eine Empfehlung, aber sicher in vielen Städten analog zu verwenden. Siehe hier

  • Amerikas Malls sehen jetzt aus wie Europas Städte

    In der "Welt Online" ist dieser Tage ein interessanter Artikel erschienen.


    Es geht darin um die Wandlung in der Planung von US-Malls weg von anonymen Einkaufskästen hin zu der Nachahmung von früheren europäischen Städten in die sogar Wohnungen und Strassenbahnen integriert werden.


    Ausgelöst wird dieser Wandel durch den zunehmenden Druck des Online-Handels auf die Shopping-Malls.


    Das ganze kann ich sehr gut nachvollziehen. Frankfurt liegt in dieser Hinsicht (wieder mal) 20 Jahre zurück. Jetzt wird bald das Skyline Plaza eröffnet. Auch wenn es mancher hier im Forum nicht wahrhaben will: Dieses hässliche Teil, abgekoppelt von restlichen Stadtteilen und Urbanität wird in 20 Jahren wie ein rostender Stadtteil von Detroit herunterkommen sein.


    http://www.welt.de/kultur/kuns…-wie-Europas-Staedte.html