Leipzig: Gentrifizierung (ehem. "Windmühle vs. Abschwiff")

  • Die Kommunen haben sich sicher was dabei gedacht, für 1-Personen-HH ca. 45-50 qm als Maximalwohnfläche anzugeben


    Das Ziel ist wohl, dass man im Falle des Jobverlusts und des folgenden Pechs bei der Arbeitssuche nicht auch noch aus der bisherigen Wohnung raus muss - etwas, was ich auch persönlich beruhigend finde (man kann nie wissen...) Das bedeutet aber nicht, dass jemand, der erst eine neue Wohnung sucht und die Gesellschaft sie bezahlen lässt, gleich das Maximum des Möglichen ausreizen sollte.


    Richtig ist, dass Vermieter (...) im gehobenen Segment nicht an vermeintliche Problemfälle vermieten, selbst wenn diese sich die Wohnung leisten können ...


    Nur so aus Neugier - wie kann man sich eine gehobene Wohnung vom ALG II leisten? Wenn man in dieser Lage ist und erst eine Wohnung sucht - müsste eigentlich das wie im Absatz darüber gelten.

  • ohne die gesamte Diskussion gelesen zu haben (habe mich auf die letzten Beiträge beschränkt).

    Und genau hier liegt das Problem!


    Du argumentierst gegen Strohmänner (keiner schreibt 25qm vor) bzw. stellst Behauptungen auf, die längst anhand von Fakten widerlegt wurden (Mietausfallrate Hartz IV - Haushalte: "Sichere Miete" geht anders!)


    Ich verspüre keine Lust, der unendlichen Geschichte eine weitere Iteration hinzuzufügen, in der alles noch mal gesagt wird.

  • Die Diskussion hier könnte realitätsferner kaum sein. Die Argumentation, ärmere Bevölkerungsschichten werden an den (Stadt-)Rand in die Plattenbauviertel gedrängt, während die Kernstadt nur noch gut Betuchten vorbehalten sei, entbehrt jeder Grundlage. Seit knapp 10 Jahren, mit Einführung von Hartz IV, wird dieses Szenario immer wieder skizziert. In Wirklichkeit sieht's ein wenig anders aus. Während beispielsweise Grünau in den letzten 10 Jahren weitere 20 Prozent seiner Einwohnerschaft verloren hat, ist die hippe Kernstadt im gleichen Zeitraum um mehr als 10 Prozent gewachsen. Derweil normalisiert sich der Leipziger Wohnungsmarkt, und hier geht man gleich auf die Barrikaden, bloß weil man nicht mehr für 2,90 Euro/qm kalt mitten in der Stadt wohnen kann und die letzten Ruinen dort saniert werden.


    Wer von ALGII lebt, muss nicht nach Grünau, wenn er denn nicht schon dort wohnt, gleichwohl kann er auch nicht ins Waldstraßenviertel umziehen. Und hier kommt gleich das nächste Problem: Ich bin der letzte, der etwas dagegen hat, wenn große Neubauvorhaben wie künftig am Lindenauer Hafen oder hinterm Bayerischen Bahnhof soundso viel Prozent geförderten Wohnraum besitzen. Jedoch wird hier mehr oder weniger unterschwellig propagiert, dass für ALG-II-Empfänger neuer Wohnraum in Bestlage bereitgestellt werden soll, der ebenso für die allermeisten sozialversicherten Beschäftigten unerschwinglich bleiben wird. Und weil das nicht geht (und auch nie ging) sprechen wir jetzt von "Segregation"?

  • Zitat von Altbaufan

    Niemand hat verlangt, 2,90 kalt in der City zu zahlen (dass das nicht kostendeckend ist weiß jeder, ist es aber auch in Grünau nicht!) ...


    Die 2,90 waren nicht zufällig gewählt. 2,87 Euro kalt zahlte man lt. Bewohner der Windmühlenstraße dort vor der Sanierung durch die Casa Concept. Damit fing alles an, das ist das Fundament dieses Threads.

  • Wenn schon mit den Zahlen von ganz am Anfang hantiert wird, dann müssen wir aber leider auch die ganz große Runde noch mal drehen:


    Von Dir selbst:


    Zudem ist es unstrittig, dass eine Durchschnittsmiete von 2,87 Euro für diese zentrale Lage lächerlich ist, und wenn die Miete nach der Sanierung auf 5 Euro steigt, ist das gewiss auch nicht zuviel verlangt.


    http://www.deutsches-architekt…m/showthread.php?p=317840


    Nochmal Du:


    Ich meine mich zu erinnern, dass die Casa Concept in der Windmühlenstraße 5 Euro nach der Sanierung anstrebt, eben weil es keine Luxussanierung werden wird. ... Mit der Sanierung der Windmühlenstraße entsteht bezahlbarer Wohnraum mitten in der Stadt für viele (und nicht nur für eine Handvoll Lebenskünstler).


    http://www.deutsches-architekt…m/showthread.php?p=328213


    dj tinitus


    mehr als die ortsüblichen rund 5 euro werden die wohnungen nicht kosten, sonst würde dort ja niemand einziehen


    http://www.deutsches-architekt…m/showthread.php?p=317821


    Petition der Interessengemeinschaft Windmühlenstraße vom 17. November 2011:


    "Die IG Windmühlenstraße spricht sich eindeutig für eine Sanierung des Areals aus! Diese notwendige Sanierung darf allerdings nicht mittels überzogener Modernisierungsmaßnahmen dazu dienen, die Mieten in die Höhe zu treiben. ... Die Mieten sollen auch nach der ca. vierjährigen Sanierungsphase bezahlbar sein. Spekulation und Luxussanierung müssen gerade im Zentrumsbereich gestoppt werden!"


    http://www.l-iz.de/Politik/Bre…nline-Petition-30535.html


    Interview mit Christian Kuegler von der IG Windmühlenstraße vom 6. Dezember 2011:


    „Dass die Mietpreise steigen werden, ist klar. Nur soll das ganze Projekt nicht auf dem Rücken der jetzigen Mieter ausgetragen werden. Uns wäre wichtig, dass zum Beispiel durch Wohngeld oder Zuschüsse von der ARGE die Kosten für zumindest einen gewissen Teil der Mieter gedeckelt werden, damit diese nicht durch die späteren drastischen Mieterhöhungen vertrieben werden.“


    http://www.deutsches-architekt…m/showthread.php?p=328767


    Der Investor Stefan Assmann von Casa Concept:


    "Unsere Aufgabe besteht darin, aus diesen Gegebenheiten eine wirtschaftliche Miete zu erwirtschaften, die für alle finanzierbar ist. ... Die Durchschnittsmiete liegt hier derzeit bei 2,87 Euro! Das Arbeitsamt zahlt 4,22 Euro auf den Quadratmeter. Die Interessengemeinschaft spricht von bezahlbarem Wohnraum, was sie auch definieren muss! Liegt dieser bei einem Euro unter dem, was das Quartier hergibt?"


    http://www.deutsches-architekt…m/showthread.php?p=328220


    Interview in der L-IZ mit Investor Stefan Assmann am 4.11.2011


    "Wir ... haben das Grundstück mit dem Bewusstsein erworben, dass hier ganz viele Menschen in einer facettenreichen Struktur leben. Teilweise haben wir Altmieter, die schon 45 Jahre hier wohnen. Unsere Aufgabe besteht darin, aus diesen Gegebenheiten eine wirtschaftliche Miete zu erwirtschaften, die für alle finanzierbar ist."


    http://www.deutsches-architekt…m/showthread.php?p=330493


    Im Februar 2012 kamen die Sanierungsankündigungen und Mieterhöhungen auf durchschnittlich 5,90 Euro/m² kalt. Ich habe damals irrrtümlich angenommen, es würde sich auf den weiterhin unsanierten, völlig unveränderten Bestand beziehen.
    http://www.deutsches-architekt…m/showthread.php?p=328521


    Dazu Cowboy


    5,90 Euro sind natürlich überzogen. So viel für eine unsanierte Wohnung zahlt wohl keiner in Leipzig. Von daher bin ich skeptisch, ob das stimmt. Ansonsten hat der Investor ja schon Stellung bezogen, dass es keine überzogenen Modernisierungsmaßnahmen und Luxussanierung für Supireiche im Komplex geben wird.


    http://www.deutsches-architekt…m/showthread.php?p=328769



    Die Zahlen von 5,90 Euro/m² stimmen. Laut Sanierungsankündigung für 100m² vorher ca. 525 Euro, danach 850 Euro warm. Da sind dabei: neue Fenster, Außensanierung, Balkon und Fahrstuhl. An den Wohnungen an sich ist dann noch nichts gemacht.


    http://www.deutsches-architekt…m/showthread.php?p=328780


    Christian Kügler, Sprecher der Initiative, im März 2012:


    „Die Kaltmieten sollen um rund 100 Prozent von rund 2,80 Euro auf 5,50 bis 5,90 Euro steigen. Die Schreiben zur Mieterhöhung ab November 2012 sind bereits in den Briefkästen.“


    http://www.deutsches-architekt…m/showthread.php?p=329359


    Infoveranstaltung zu Brüder-, Grünewald- und Windmühlenstraße am 14.3.2012 im Rathaus unter Beteiligung von Stefan Assmann, Geschäftsführer der Casa Concept Gobau:


    Die Mieter_innen des Bereichs an der Windmühlenstr., der jetzt als nächstes saniert wird, haben schon Post bekommen, bei denen die künftigen Mieten um die 6,66 Euro pro Quadratmeter kalt liegen werden. ... Auf die konkrete Frage, ob es nach der Sanierung noch Wohnungen unter dem Regelsatz für die Kosten der Unterkunft von derzeit 4,22 Euro/qm geben würde und wenn ja, wieviele, antwortete Herr Assmann, dass dies bis zur Sanierung ja noch der Fall sei und er nicht so weit in die Zukunft schauen könne, um diese Frage zu beantworten.


    Juli 2012: Stefan Assmann verklagt Mieter_innen auf Räumung, nachdem diese gewagt hatten, Widerspruch gegen die Sanierungsankündigung und anschließende Mieterhöhungserklärung des Vermieters wegen Modernisierungsmaßnahmen einzulegen. Unter den Beklagten waren auch Hrau und Herr Plöse, beide Rentner, die seit über 30 Jahren in ihrer Wohnung lebten. Der Bescheid war in ihren Augen fehlerhaft bzw. nicht plausibel, da unter anderem schon einfache Summen nicht stimmten, und sie haben sich gegen die darin aufgeführten Kosten gewehrt, da offenbar auch nicht umlagefähige Aufwendungen enthalten waren. Gegen die Sanierungsmaßnahmen an sich haben sie nichts einzuwenden gehabt, ihnen nicht entgegengearbeitet und sich kooperativ verhalten. Es gab mehrere Gespräche mit den Kontaktpersonen für die Sanierung und sie haben für Besichtigungen und Bauarbeiten stets Zugang zu ihrer Wohnung gewährt. Trotzdem hat der Vermieter eine Klage eingereicht, weil sie angeblich der Modernisierung nicht zustimmen würden. Letzlich hat der Richter in der Sache gar nicht entschieden, weil Frau und Herr Plöse erklärten, dass sie eine neue Wohnung gefunden hätten und zum 31. Juli ausziehen würden. Der Nachbar der Plöses, der freischaffende Grafiker Andrej Loll, war wie auch weitere andere Hausbewohner ebenfalls vom Vermieter verklagt worden. Sie hatten ebenso gegen den mit der Sanierungsankündigung verbundenen Mieterhöhungsbescheid Widerspruch eingelegt, doch statt einer Klärung der offenen Fragen flatterte ihnen sofort eine Klage ins Haus.
    http://www.deutsches-architekt…m/showthread.php?p=345054


    September 2012:
    Die ersten sanierten Wohnungen werden als vollausgestattete Medizinerappartments für 399 Euro Gesamtmiete für 32 m² vermietet. Dies ergibt eine Warmmiete von knapp unter 12,50 Euro/m².
    http://www.deutsches-architekt…m/showthread.php?p=349465
    Im Vergleich mit anderen Appartments etwa das Studentenwerkes ist das eher üblich: http://www.deutsches-architekt…m/showthread.php?p=349578
    Aber hier geht es um Wohnungen, die zuvor von „normalen“ Mieter_innen bewohnt waren.


    Oktober 2012: Ankündigung der


    http://www.deutsches-architekt…m/showthread.php?p=356243
    Gehen wir nur mal von der anfangs mehrfach zitierten Durchschnittsmiete von 2,87 Euro/m² aus, so würde die für weiterhin weitgehend unsanierte Wohnungen auf 6,29/m². Wohnwerterhöhend und damit umlagefähig sind nur neue Fenster und Balkone.


    April 2014:
    Derzeit werden bei Immoscout24 drei Wohnungen angeboten:


    Brüderstr. 2, 2. Etage
    Kaltmiete: 680,00 EUR = 8,29 EUR/m²
    Nebenkosten: + 180,00 EUR
    Heizkosten: in Nebenkosten enthalten
    Gesamtmiete: 860,00 EUR = 10,49 EUR/m²
    Zimmer: 3,00
    Wohnfläche ca.: 82,00 m²
    Bezugsfrei ab: 15.05.2014
    Objektzustand: Erstbezug nach Sanierung
    Qualität der Ausstattung: Gehoben
    http://www.immobilienscout24.de/expose/73778617


    Brüderstr. 4, 2. Etage
    Kaltmiete: 630,00 EUR = 8,29 EUR/m²
    Nebenkosten: + 170,00 EUR
    Heizkosten: in Nebenkosten enthalten
    Gesamtmiete: 800,00 EUR = 10,53 EUR/m²
    Zimmer: 3,00
    Wohnfläche ca.: 76,00 m²
    Bezugsfrei ab: 15.05.2014
    Objektzustand: Erstbezug nach Sanierung
    Qualität der Ausstattung: Gehoben
    http://www.immobilienscout24.de/expose/72820293


    Brüderstr. 4, Dachgeschoss (5. Etage)
    Kaltmiete: 550,00 EUR = 8,73 EUR/m²
    Nebenkosten: 140,00 EUR
    Gesamtmiete: 690,00 EUR = 10.95 EUR/m²
    Zimmer: 1,00
    Wohnfläche ca.: 63,00 m²
    Bezugsfrei ab: 15.05.2014
    siehe oben
    http://www.immobilienscout24.de/expose/73778154


    Ich halte es für extrem unlauter, immer wieder mit der Durchschnittsmiete von 2,87 Euro für komplett unsanierte und über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte von den Mieter_innen im Rahmen ihrer Möglichkeiten selbst in Schuß gehaltenen Wohnungen zu argumentieren.


    Es war allen Mieter_innen klar, dass es dabei nicht bleiben kann und kein Mensch hat das gefordert. Es ging darum, dass auch Altmieter_innen nach der Sanierung zu vertretbaren Konditionen weiter in ihrer Nachbarschaft wohnen können. Und da einige von ihnen ALG-II-Empfänger_innen waren, ging es um "zumindest einen gewissen Teil" von Wohnungen innerhalb der Bemessungsgrenzen der KdU, damals 4,22 Euro/m², aktuell 4,48 Euro/m². Es handelte vor dem Verkauf um kommunale Wohnungen bzw. solche im Besitz der stadteigenen Tochter LWB, nicht um private Villen im Waldstraßenviertel.


    Mehrere Mieter_innen wurden von ihrem neuen Vermieter verklagt, weil sie Einspruch gegen eine in ihren Augen nicht nachvollziehbare Sanierungs- und Mieterhöhungsankündigung eingelegt hatten.


    Die Kaltmieten liegen nach der Sanierung nun bei 8,29 bis 8,73 EUR/m² kalt und damit ca 10,00 bis 10,50 EUR/m² warm. Einige Wohnungen werden für noch höhere Preise als vollausgestattete Student_innenappartements angeboten.


    Lieber Cowboy, darf ich zum Schluß noch einmal der Zahl 2,87 Euro/m² die von 6,30 bis 6,70 Euro/m² kalt für weitgehend unsanierte Wohnungen (+ neue Fenster, Balkon, Aufzug) und zwischen 8 und 9 Euro/m² vollsaniert Deiner ursprünglichen Erwartung vom "Fundament dieses Threads" entgegenstellen?:



    Ich meine mich zu erinnern, dass die Casa Concept in der Windmühlenstraße 5 Euro nach der Sanierung anstrebt, eben weil es keine Luxussanierung werden wird. ... Mit der Sanierung der Windmühlenstraße entsteht bezahlbarer Wohnraum mitten in der Stadt für viele (und nicht nur für eine Handvoll Lebenskünstler).

  • - die vollkommene Vernachlässigung von neuem günstigen Wohnraum (z.Z. beginnt es bei Neubauten nicht unter 8 Euro kalt, KdU liegt knapp halb so hoch)


    Dass die Kosten der Neubauten einer Kaltmiete von min. 8-10 EUR/Qm entsprechen, wurde schon öfters (mit Quellen) gesagt. Genauso oft fiel, dass man mit KdU nicht zwingend im nagelneuen Neubau wohnen muss (auch wenn es angenehmer ist) - viele, die ohne Unterstützung alles selbst bezahlen, wohnen in Jahrzehnte alten Bestandsbauten (die zumeist wesentlich preiswerter sind). Solche Bauten werden zwangsweise immer die große Mehrheit aller Wohnungen ausmachen, sind also reichlich vorhanden.

  • Dass die Kosten der Neubauten einer Kaltmiete von min. 8-10 EUR/Qm entsprechen, wurde schon öfters (mit Quellen) gesagt.


    Ich denke das Problem ist der Zeitraum in dem die Baukosten wieder eingespielt werden sollen.
    Ein Haus in der Windmühlenstrasse hätte bei 4 Euro/m² in den letzten 50 Jahren 2 Millionen Euro Mieteinnahmen gebracht. Ja, ich weiß, Inflation usw.
    Es wird immer so getan, als ob die Häuser nach dem Abzahlen abgerissen würden.

  • Es wird immer so getan, als ob die Häuser nach dem Abzahlen abgerissen würden.


    Nach dem Abzahlen ist es bereits alte Bausubstanz, die wird dann auch wesentlich billiger vermietet. Oder muss umfassend saniert werden, was wieder immense Kosten verursacht.


    Wie man es drehen möchte - Erwartungen nach Neubau für Lau sind unrealistisch und unnötig. Es gibt genügend alte Bausubstanz und wird immer geben, nur wenige %% des Bestands werden jedes Jahr neu gebaut. Jedes Jahr erreichen auch ein paar weitere % des Bestands das Alter von X Jahren.

  • Auf wundersame Weise fanden manche der hier diskutierten Zahlen und wohnungspolitischen Forderungen ihren Weg in eine Pressemitteilung und eine ausführliche Stellungnahme des Bündnisses "Leipzig - Stadt für alle":


    Pressemitteilung, 16.5.2014



    Ausführlich in einer mehrseitigen Stellungnahme unter
    http://www.leipzig-stadtfueral…er-immobilienakteure.html


    pdf-Dokument (179,3 Kb): http://www.leipzig-stadtfueral…nte%20ImmoBrief_final.pdf


    Siehe auch:


    L-IZ, 17.05.2014
    Wohnungspolitik statt Wohnungsmarktpolitik: Leipziger Bündnis "Stadt für alle" legt eigenes Positionspapier vor
    http://www.l-iz.de/Politik/Eng…gsmarktpolitik-55318.html

  • Zur gleichen Zeit spitzt sich die Lage in der Holbeinstraße 28a zu. Nachdem die KSW das Gebäude bereits 2012 erworben und bei den anlaufenden Sanierungen schon mal die eine oder andere Brandschutztüre ausgebaut hat, fällt ihr nun auf, dass es Probleme mit dem Brandschutz geben könnte. Natürlich nur um die 16 verbliebenen Mieter_innen einschließlich der sechs Kinder, bei denen Prozesse zu den ausgesprochenen Kündigungen laufen, zu schützen, wendet sich die KSW zwei Jahre nach dem Erwerb der Immobilie sorgenvoll an das Amt für Bauordnung und Denkmalpflege und schickt ein zuvor selbst in Auftrag gegebenes Baugutachten. Darin wird festgestellt, dass auch massive andere bauliche Mängel Leib und Leben der verbliebenen Mieter_innen bedrohen.


    Ohne eingehendere Prüfung vor Ort stellt das ABD aufgrund der Aktenlage fest, dass das ehemalige Fabrikgebäude seit Anfang der 90er Jahre als Wohnraum vermietet wird, obwohl in dem Falle bestehende Auflagen zur Erfüllung des Brandschutzes offensichtlich nicht beachtet wurden. Dies wird dann aber nicht dem einstigen oder dem jetzigen Besitzer, also der KSW, zur Last gelegt - die diese Baumaßnahmen nicht einfach in den letzten beiden Jahren hätte umsetzen und den Mängeln abhelfen können, denn sie plant ja bekanntlich keine offizielle Umwandlung in Wohnraum - , sondern den Mieter_innen. Das ABD schickt also einen Bescheid mit der Aufforderung zum sofortigen Auszug innerhalb von zwei bis vier Wochen aufgrund des fehlenden Brandschutzes. Das ist ja ganz klar nur das Problem der Mieter_innen und nicht das des Vermieters. Üblicherweise fragt man ja als Mieter_in beim Vermieter immer vor einem Einzug nach, ob denn eine Baugenehmigung für das Mietobjekt vorgelegen hatte und ob alle Brandschutzbestimmungen eingehalten worden sind.


    Radio Mephisto 97,6, 12.05.2014
    Zwangsräumungen
    Alle raus aus dem Haus!
    https://mephisto976.de/news/alle-raus-aus-dem-haus-43010


    Hausgemeinschaft Elsterwerk Leipzig, Schleußig
    http://www.holbeinstrasse28a.de/


    PM der Stadträt*innen Michael Schmidt (Bündnis 90/Die Grünen), Mathias Weber (SPD) und Juliane Nagel (Die Linke), 16.05.2014
    Stadträt*innen fordern kurzfristiges Mediationsforum zu den Elsterwerken!
    http://jule.linxxnet.de/index.…orum-zu-den-elsterwerken/


    LVZ-Online, 16.05.2014
    Elsterwerke in Leipzig-Schleußig: Stadträte kritisieren Investor – Kommune soll helfen
    http://www.lvz-online.de/leipz…/r-citynews-a-239100.html


    L-IZ, 18.05.2014
    Mieteraustreibung in Schleußig: Stadträte fordern kurzfristiges Mediationsforum zu den Elsterwerken
    http://www.l-iz.de/Politik/Bre…Holbeinstrasse-55334.html

  • Schöne Finte, die noch dazu recht stichhaltig ist. Scheint, als habe die KSW ein Loch im Vorschriftendurcheinander gefunden. Etwas unelegant, aber das Ziel der vollständigen Neuvermietung zu marktgängigen Preisen wird sie damit wohl erreichen. Mich stört eher, dass die verbleibenden Mieter derart aufführen, als handle es sich um eine Enteignung. Das ist es nicht. Sie wohnen in fremdem Eigentum und haben keinerlei Besitz- und Eigentumtitel am Gebäude. Sich auf Seitend er Mieter auf vermeintlich ideelle Besitzansprüche zu berufen reicht nicht aus. Die Stadt sollte hier dafür sorgen, dass die Eigentumsrechte gewahrt bleiben. Da steht der KSW genauso viel Schutz zu wie einem privaten Eigentümer einen kleinen Eigentumswohnung. Insofern gibt es hier nichts zu vermitteln oder Kompromisse zu suchen, wie das übliche linksgrüne Geschnatter wieder herbeizureden versucht. Die Mieter müssen gehen um Platz für die Aufwertung der Immobilie zu machen. Wer dagegen ist, hätte sich selbst um Eigentum bemühen müssen.

  • Die Mieter_innen haben gültige Mietverträge. Es gilt der Grundsatz: Kauf bricht nicht Miete ( http://dejure.org/gesetze/BGB/566.html ). Falls die Bedeutung des Wortes Mietvertrag nicht bekannt ist, hilft vielleicht der Wikipedia-Artikel http://de.wikipedia.org/wiki/Mietvertrag_%28Deutschland%29 . Darin finden sich dann Sätze wie Durch den Mietvertrag verpflichtet sich der Vermieter, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit in einem vertragsgemäßen Zustand zu gewähren (§ 535 I 1 BGB).


    Das war der KSW beim Kauf der Immobilie bewußt. Wenig später erhielten die Mieter_innen Kündigungen unter anderem wegen angeblich fehlender Verwertungsmöglichkeiten. Dagegen setzten sich mehrere Mieter_innen juristisch zur Wehr, die Prozesse laufen noch. In dieser Situation zieht die KSW nun den Brandschutz aus dem Hut, nachdem sie selbst Brandschutztüren ausgebaut hat. Die laufenden Gerichtsverfahren werden dadurch hinfällig, denn selbst wenn die Mieter_innen vor Gericht gewinnen würden - und in einigen Fällen sieht es wohl durchaus danach aus - wären sie aus ihren angemieteten Wohnungen vertrieben. Aber was zählen schon Verträge oder dieses sozialistische, von linksgrünem Geschnatter aufgeblasene Bürgerliche Gesetzbuch, wenn die Mieter_innen gehen sollen, um endlich Platz für die Aufwertung der Immobilie zu machen? Alles nur "etwas unelegant"?

  • Wenn der Käufer fehlende Verwertungsmöglichkeiten anführt, so ist dies aus meiner Sicht berechtigt. Es wundert mich schon sehr, dass sich alle Welt furchbar entrüstet, wenn ein Unternehmen wie KSW versucht, an diesem Objekt seine Verwertungsinteressen durchzusetzen. Als ob sie dort ein soziales Biotop einrichten wollten und nun alle furchtbar enttäuscht sind. Was haben denn die Bestandsmieter angenommen? Dass sie in so einem Immobilien-Filetstück gemeinsam alt werden können? Das finde ich doch sehr naiv und läuft jedem vernünftigen Eigentümerinteresse nach möglichst gleichbleibend hohen Mieteinnahmen zuwider. Für diese muss die Immobilie saniert werden und dies geschieht nun. Auch muss angemerkt werden, dass die KSW ihrerseits juristisch argumentiert, genau wie es die Gegenseite tut. Soll ihr das verwehrt werden? Als ob "unschuldige" Mieter automatisch bessere, schützenswerte Interessen anheimgestellt würden, die gegen die bösen Kapitalgesellschaften zu verteidigen sind. Die Sache wird ohnehin damit enden, dass wir in 2 Jahren an der Stelle eine voll vermietete, sanierte Immobilie stehen haben werden.
    Die Mieter hätten doch vermöge einer eigenen Kapitalgesellschaft/Genossenschaft/ARGE die Immobilie kaufen und selbst als Eigentümer fungieren können. Haben sie aber nicht getan. Warum?

  • ... Als ob sie dort ein soziales Biotop einrichten wollten und nun alle furchtbar enttäuscht sind. Was haben denn die Bestandsmieter angenommen? Dass sie in so einem Immobilien-Filetstück gemeinsam alt werden können? ...


    Das wird zumindest in die Medien transportiert - ob die Beteiligten nicht selbst Zweifel ob des Realismus haben, werden wir nie erfahren. Warum sie nicht selbst zu Eigentümern wurden - eine gute Frage.


    Heute fand ich zufällig diesen Zeitungsbericht, nach dem eine Studie über die Mieten in den 14 größten Großstädten über 500.000 EW ergab, dass die Durchschnittsmieten in München mit 15,10 EUR/Qm am höchsten sind - in Leipzig mit 5,70 EUR/Qm am niedrigsten. In keiner deutschen Metropole wohnt man billiger und doch wird diesem Thread nach besonders viel gejammert.

  • In keiner deutschen Metropole wohnt man billiger und doch wird diesem Thread nach besonders viel gejammert.


    Genauso sehen die Fakten aus. Und deswegen gehört der Mediendiskurs zu dem oben genannten Fall in die Rubrik "linksgrünes Geschnatter". Unternehmerische Immobilienentwicklung verteufeln aber dann über Wohnraummangel jammern!

  • Warum sie nicht selbst zu Eigentümern wurden - eine gute Frage.


    Könnte es eventuell daran liegen, dass sie nicht über ausreichend hohe Einkommen verfügen, um sich mal eben zu Eigentümer_innen zu werden oder auch nur die Mieten nach der Sanierung zu bezahlen?


    Und weil die xhundertste Wiederholung des Liedes von den Durchschnittsmieten angestimmt wird, singe ich wieder mal die zweite Strophe: http://www.tagesspiegel.de/wir…inkommen-hat/9317780.html


    persönliches Nettoeinkommen:
    in München (?): 2410 Euro im Monat, 28.920 Euro im Jahr (laut http://www.tagesspiegel.de/wir…inkommen-hat/9317780.html )
    in Leipzig (Median): 1153 Euro im Monat, 13.836 Euro im Jahr (laut http://www.leipzig.de/buergers…frontend_push&docID=28725 )


    Haushaltsnettoeinkommen:
    in München (?): 3858 Euro im Monat, 46.296 Euro im Jahr (laut http://www.gevestor-immobilien…n-am-einkommen-11552.html )
    in Leipzig (Median): 1549 Euro im Monat, 18.588 Euro im Jahr (laut http://www.leipzig.de/buergers…frontend_push&docID=28725 )


    Fast 30 Prozent aller Münchner Haushalte haben monatlich 4000 Euro netto oder mehr zur Verfügung. Die Zahl der Münchner Haushalte, die über mehr als 7500 Euro netto verfügt, liegt bei 6,4 Prozent. 7,2 Prozent der Haushalte verfügen über ein Einkommen von unter 1100 Euro. Weitere 8,9 Prozent der Haushalte (insgesamt 16,1 %) verdienen unter 1500 Euro.
    In Leipzig beträgt das durchschnittliche Haushaltseinkommen 1549 Euro, das heißt, weit über die Hälfte muß mit weniger bzw. sogar deutlich weniger auskommen.


    Was bringt der Vergleich der durchschnittlichen Kaltmieten ohne Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse?

  • Könnte es eventuell daran liegen, dass sie nicht über ausreichend hohe Einkommen verfügen, um sich mal eben zu Eigentümer_innen zu werden oder auch nur die Mieten nach der Sanierung zu bezahlen? [...] Was bringt der Vergleich der durchschnittlichen Kaltmieten ohne Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse?


    Die Wiedervereinigung ist 25 Jahre her, das ist eine ganze Generation (wobei: Die Anhänger des Linksdingens-Kommunismus, der in so vielen Versprechungen den Westen überholen sollte, können doch nicht die Zeit davor als verloren ansehen?). In vielen Branchen wird nach Tarifen bezahlt, die bundesweit einheitlich oder fast einheitlich sind. Vielleicht wird zuviel Energie für's Klagen und zuwenig in die Einkommensentwicklung investiert? Das gilt ganz besonders für die Bewohner einer gewissen medienpräsenten Immobilie. Selber musste ich mal wegen des Vermieter-Eigenbedarfs umziehen, da ging keine einzige PM an die Presse.


    Nettoeinkommen München:Leipzig = 2410:1153 = 2,09
    Durchschnittsmiete München:Leipzig = 15,10:5,70 = 2,65


    Oder andersrum: In München entspricht das durchschnittliche Nettoeinkommen der durchschnittlichen Kaltmiete für 159,6 Qm, in Leipzig sind es weit mehr - 202,3 Qm. Die Wohnungen sind folglich so oder so besonders billig.