Teil IV – Eine Runde durch Glockenhof
Ein paar Fotos aus der Südstadt hab ich noch ausgegraben. Zuerst ein Blick vom (mittlerweile leider geschlossenen) IMEX-Pavillon auf das schräg gegenüberliegende Eckhaus Allersberger Straße 36. Ein klassischer Nachkriegs-Eckbau. Die Hausecke ist gestalterisch geschickt durch einen vorspringenden Risalit, breite Fensterbänder und gerippte Unterfensterzonen ausgezeichnet:
Nun geht's wieder Richtung Altstadt. Die Scheurlstraße, benannt nach der Nürnberger Patrizierfamilie Scheurl von Defersdorf, gehört zu den wichtigsten Verkehrsadern in die Südstadt. Die Bebauung ist zum allergrößten Teil nach 1945 erbaut worden:
Breit gelagerte Wohn- und Geschäftshäuser säumen die Straße, leider stehen viele Läden leer. Während die Häuser zumeist dem typischen Nachkriegs-Understatement entsprechend schlicht gestaltet sind, kann man dennoch viele reizvolle Original-Details an den Häusern entdecken. An der Häusergruppe Scheurlstraße 20 und 20a z.B. die bauzeitlichen Ladeneinbauten mit variantenreichen Lösungen für die Türgriffe:
Scheurlstraße 25 – ein, wie ich finde, recht gut gelungener Nachkriegsbau mit leicht vorgewölbten Balkongeländern in typischer Wellenform. Die Putzflächen sind dezent durch Linien (Putzritzungen) aufgelockert:
Hand auf's Herz! Viele denken beim Haus Scheurlstraße 19 (bis zuletzt Sitz der Nordbayern-Post) zuerst: "Was für eine hässliche Nachkriegs-Kiste!" Dennoch, trotz der betont kubischen Form wartet der wohl in den 1960ern entstandene Block mit ein paar interessanten Details auf, etwa die Balkon-Mosaiken und die Fenster an der Nordseite. Selten wurden Klo-Fenster mit soviel attraktiver Außenwirkung gestaltet. Da sage noch einer, die moderne Baukunst kenne kein Ornament mehr:
Der Harsdörfferplatz – auch er nach einer Nürnberger Patrizierfamilie benannt – ist ehrlich gesagt keine Charme-Bombe. Doch einige Gebäude, die ihn rahmen, sind hochinteressant. Hier z.B. ein Beispiel für den gelungenen Wiederaufbau (mit Aufstockung) eines Jugendstilhauses von 1908 (Haus Nr. 14):
Schräg gegenüber ist mit Haus Harsdörfferplatz 17 ein reizvoller Wohnhausbau der 1900er Jahre weitgehend erhalten geblieben. Man beachte die hellen, in Nürnberg seltenen Ziegelwände, die man seinerzeit wegen ihrer Robustheit sehr schätzte. Wäre die Sandstein-Deko nicht, das Haus könnte auch in Berlin stehen. Ab dieser (etwas komischen, weil sehr stumpfwinkligen) Einmündung des Harsdörfferplatzes vor dem Haus heißt die Schweiggerstraße nach Osten hin Harsdörfferstraße:
An der Südseite der Harsdörfferstraße folgt etwas monotone Wohnbebauung in Blockform, auch diese jedoch mit hübschen Details an den Eingängen – hier die bauzeitlichen Türen mit Flugdach und gebogenen Metallgriffen:
Folgt man der Harsdörfferstraße weiter gen Osten bis zur Kreuzung Regensburger/Hainstraße, genießt man den Anblick der neugotischen Peterskirche und des mit originellen Sgraffiti ausgestatten Eckbaus (ehem. Restaurant "Merkur"), das nothor bereits hier vorgestellt hat: http://www.deutsches-architekt…php?p=401476&postcount=92 Der Sgraffito an der Harsdörfferstraße bebildert und erklärt – wie so oft bei "Kunst am Bau" der 1950er/1960er Jahre – den Namen der Straße und verweist auf den Nürnberger Patrizier und Dichter Georg Philipp Harsdörffer (1607-1658), den geistigen Vater des "Nürnberger Trichters" (der einem das Wissen im übertragenen Sinne "eintrichtert" – die Pädagogik der 50er/60er fand das wohl noch kindgerecht…).
Zurück nach Westen. Zwischen vielen Neubauten haben sich im Stadtteil Galgenhof noch ein wenig Altbausubstanz erhalten, besonders in den Hinterhöfen wie hier an der Enderleinstraße:
In der Strauchstraße, benannt nach dem Maler und Kupferstecher Lorenz Strauch (1554-1630), hat ein beeindruckendes Bauwerk der Gründerzeit die Bomben überdauert. Heute wirkt das Haus mit seinen Neorenaissance-Fassaden inmitten der zurückhaltenden Nachkriegsbebauung fast schon protzig, wie aus der Zeit gefallen. Und doch: Gerade solche Brüche sind es, die den Reiz eines gewachsenen Stadtbildes ausmachen:
Ein, wie ich finde, fast schon denkmalwerter Wohnbau an der Strauchstraße 16, wenngleich eine Restaurierung hier Not täte. Man beachte die gut gelöste, asymmetrische Gliederung der Schmalseite zur Enderleinstraße mit breiten Fenstern und Balkonen; diese verfügen noch über die bauzeitlichen Geländer mit Holzlattung – ein Beleg dafür, mit welch einfachen Mitteln die Wiederaufbauzeit es verstand, Gebäuden etwas Filigranes und Ornamentales zu verleihen. Man beachte auch die originalen Haustüren mit zackig-dynamisch geschnittenen Griffen – das ist Rockabilly am Wohnhausbau! …und wird leider immer seltener:
Auch das Haus Strauchstraße 7 zeigt, dass man es nach 1945 durchaus verstand, Häuser zu errichten, die ein Straßenbild angenehm bereichern – auch hier mit einfach, aber wirkungsvollen Mitteln. Man beachte besonders die wohl originale Farbfassung mit hellbraunen Farbfeldern auf Beige und die filigranen Balkongeländer:
Der Laden im Erdgeschoss ist mittlerweile leider verschwunden und mit ihm die bauzeitlichen Ladeneinbauten. Immerhin hat der Bauherr darauf geachtet, dass Wand und Fenster an dieser Stelle mit dem überlieferten Baubestand in Einklang stehen.