Leipzig: Stadtleben

  • Der Pate von Delitzsch, Nordsachsens ewiger Landrat Michael Czupalla, hat 2015 lange und sehr intensiv beobachtet und geprüft, ob die "Mitgliedschaft und Mitarbeit [im Verein] einen Mehrwert für den Landkreis Nordsachsen erkennen" lassen. Offenbar kam er zu dem Schluss, dass dem nicht so sei.
    http://www.linksfraktion-nords…region_mitteldeutschland/
    http://www.linksfraktion-nords…ntwort_Metropolregion.pdf


    Die Fraktion DIE LINKE im Kreistag Nordsachsen meinte im Oktober 2016, sie würde deswegen "zu gegebener Zeit noch einmal beim neuen Landrat Kai Emanuel nachhaken."
    http://www.linksfraktion-nords…5473/artikel/-c27518e94a/


    Wahrscheinlich müssen dafür aber auch die Kommunen wie Schkeuditz, Taucha, Delitzsch, Eilenburg und andere dem Landratsamt noch häufiger auf die Füße treten.


    Der Landkreis Anhalt-Bitterfeld und der Salzlandkreis sind gefühlt auch schon dabei, aber offensichtlich beide noch nicht Mitglied in diesem Verein.


    In Thüringen wird man die Gebietsreform abwarten müssen. Bis das nicht geklärt ist, läuft in anderen Sachen sowieso nicht viel. Und wenn, kann ich mir eher vorstellen, dass der neue Großkreis aus Altenburger Land, Gera und Greiz weiter dabei sein werden, weil einer der beiden Kreise und die kreisfreie Stadt ja schon Mitglied sind. Die Altenburger Landrätin Michaele Sojka ist ja sogar im Vereinsvorstand.


    Bei dem neuen Großkreis aus Saale-Holzland- und Saale-Orla-Kreis glaube ich nicht daran, (lose) wirtschaftliche Verbindungen zur Metropolregion Mitteldeutschland haben meines Wissens nur wenige Kommunen an der A 9 wie Hermsdorf oder Eisenberg.


    Nebenbei:


    Geograph_innen vom Lehrstuhl Wirtschaftsgeographie der Uni Bayreuth gaben dem Landkreis Altenburger Land in einer Studie „Entwicklungspotenziale für das Altenburger Land“ 2015 die Empfehlung:
    - wirtschaftliche Orientierung in Richtung Halle-Leipzig-Chemnitz (Metropolregion Mitteldeutschland) - Impulse kommen nicht aus Ostthüringer Raum.


    http://www.wigeo.uni-bayreuth.…tenburger_Land/index.html



    Die wirtschaftliche Orientierung des Landkreises in Richtung Leipzig, Chemnitz und Zwickau ist auszubauen.
    Die wahrgenommene politische Randlage innerhalb Thüringens lässt sich durch die lokalen Akteure nicht kurzfristig ändern. Jedoch erscheint eine zu enge Orientierung an administrativen Zuordnungen nicht zielführend. So hat sich gezeigt, dass sowohl Unternehmen als auch Bewohner eher auf die angrenzenden sächsischen Landkreise als auf die thüringischen Nachbarkreise, Gera oder Erfurt ausgerichtet sind. Der Beitritt zur Metropolregion Mitteldeutschland ist somit ein folgerichtiger Schritt, um die alltagsweltliche und funktionale Ausrichtung des Landkreises zu unterstützen. Wirtschaftliche und kulturelle Impulse sind auch zukünftig eher aus diesem Raum als aus den thüringischen Nachbarkreisen oder der geographisch wie politisch entfernten Impulsregion Erfurt-Weimar-Jena zu erwarten.


    Durch die S-Bahn Mitteldeutschland wurde eine sehr gute Anbindung geschaffen, welche die Möglichkeiten für Tagestouristen, aber auch für Pendler im Altenburger Land verbessert. Die Ergebnisse der Imageanalyse zeigen, dass die Region von den Unternehmen in den nördlichen Nachbarregionen (Richtung Leipzig) stärker wahrgenommen wird. Die externen Unternehmen hatten ein deutlich größeres Interesse am Landkreis, das sich durch eine stärkere Wahrnehmung der Entwicklungen im Landkreis widerspiegelt. Im Gegensatz dazu nehmen die Unternehmen im Süden das Altenburger Land nur als Wirtschaftsraum und Anwerbequelle für ausgebildete Fachkräfte wahr. Die Netzwerkanalyse deckt allerdings auf, dass Unternehmen aus dem Altenburger Land bis dato nur im geringen Maße mit dem Raum Leipzig oder Halle über Kooperationen in Verbindung stehen. Insbesondere über die Mitgliedschaft in der Europäischen Metropolregion besteht eine gute Möglichkeit, neue Kontakte in diesen Ballungsraum zu erhalten.


    http://www.altenburgerland.de/…il.php?id=331787&_lang=de

  • ^
    Keine wirkliche Überraschung. "Ostthüringer Raum" - das ist das Altenburger Land ja zu guten Teilen selbst. Gera als einzige größere thüringische Stadt in der Nähe hat selbst mit großen Problemen zu kämpfen und wird sich wohl auch eher gen wachsende Großstadt Jena orientieren als gen Altenburg. Die Entfernung ist fast gleich. Allerdings besteht zwischen Jena und Gera eine direkte Autobahnverbindung und auch die nach dem Krieg zur Hälfte demontierte Bahnstrecke gen Weimar wird schrittweise wieder zweigleisig.
    Für Altenburg ist die Bahnstrecke von Leipzig über Zwickau und Plauen wesentlich wichtiger als die eh recht dürftige Anbindung an Gera und den Thüringer Westen. Die Ausrichtung nach nach Norden und Süden ist folgerichtig.

  • Es sei mir noch mal ein Abschweifen gestattet. Vor einiger Zeit, als wir schon mal über die "Metropolregion Mitteldeutschland" diskutierten, wies ich auf eine Studie einer norddeutschen Universität (?), eventuell Hamburg (??) hin, wonach Dresden und der Ballungsraum Oberes Elbtal sich langfristig wirtschaftlich eher auf Kooperationen mit Nordböhmen (Ústí nad Labem, Teplice, Děčín, Lovosice, Litoměřice, ...) ausrichten sollten (http://www.deutsches-architekt…m/showthread.php?p=470960).


    Im Zusammenhang mit der Fertigstellung der A17/D8 nach Prag und dem verstärkten Engagement für den Bau der Eisenbahn-Schnellfahrstrecke Dresden–Prag fand ich folgende Aussagen doch noch mal ganz spannend, mit denen der damalige Dresdner Wirtschaftsbürgermeister und jetzige Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) im Oktober 2013 den Austritt aus der Initiative Metropolregion Mitteldeutschland begründet hatte: Die Stadt Dresden wolle künftig die Zusammenarbeit mit ihrem Umland verstärken, etwa auch grenzüberschreitend institutionalisiert in der Euro-Region Elbe/Labe. Hilbert hielt/hält auch eine Kooperation mit Chemnitz für ökonomisch interessant. „Wir sind technologisch eine Region mit der Wirtschaft und den Forschungsinstituten auch in Freiberg.“


    Wenn sich jetzt Dresden und Leipzig um die kleinere Schwester Chemnitz und die Cousine Freiberg bemühen - mal sehen, wer das Rennen macht.


    Und für Dresden auch von beträchtlicher Bedeutung - zumindest mehr als für die "Metropolregion Mitteldeutschland", zumal, wenn man das "Hinterland" in der Lausitz und in Niederschlesien künftig stärker an sich binden möchte (http://www.deutsches-architekt…showthread.php?p=550138):


    Deutsch-Polnisches Raumordnungsportal
    Das Gemeinsame Zukunftskonzept 2030 für den deutsch-polnischen Verflechtungsraum ist eine raumplanerische Vision, die zeigt, wie der Raum auf beiden Seiten der Oder und der Lausitzer Neiße 2030 aussehen soll. Es wurde seit 2014 durch den Ausschuss für Raumordnung der Deutsch-Polnischen Regierungskommission für regionale und grenznahe Zusammenarbeit (kurz: Deutsch-Polnischer Raumordnungsausschuss) erarbeitet und ist ein Beitrag zur Umsetzung der Vereinbarungen zur guten Nachbarschaft und freundschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Polen.
    http://kooperation-ohne-grenzen.de/de/zukunftskonzept/

  • Für Altenburg ist die Bahnstrecke von Leipzig über Zwickau und Plauen wesentlich wichtiger als die eh recht dürftige Anbindung an Gera und den Thüringer Westen.


    Vermutlich allgemein bekannt, dennoch mal als Link, damit wir über das Gleiche reden: http://www.bvwp-projekte.de/map_railroad.html


    Keine wirkliche Überraschung. "Ostthüringer Raum" - das ist das Altenburger Land ja zu guten Teilen selbst. Gera als einzige größere thüringische Stadt in der Nähe hat selbst mit großen Problemen zu kämpfen und wird sich wohl auch eher gen wachsende Großstadt Jena orientieren als gen Altenburg.


    Das Altenburger Land ist nur der nordöstlichste Zipfel Ostthüringens, das bis weit über die Saale reicht und auch noch die Kreise Greiz, Saale-Holzland-Kreis und Saale-Orla-Kreis und die kreisfreie Stadt Jena umfasst (5 der 17 Kreise und zwei kreisfreie Städte, künftig wohl 2 von 8 Kreisen).
    http://www.regionalplanung.thueringen.de/rpg/ost/ , Verbreitungsgebiet der Ostthüringer Zeitung (OTZ), ... .


    Das Verhältnis Jena und Gera ist nicht gerade unangespannt. ;) Gera orientiert sich durchaus an haLEipzig und Chemnitz-Zwickau. Das ist nun sicher kein sehr zentrales Dokument, aber doch erwähnenswert. Mit der Ausrichtung auf Leipzig und den Ballungsraum soll z.B. der drohende Verlust der Kreisfreiheit von Gera abgewendet werden. So hat die zweiköpfige Fraktion SPD / Grüne/ Pro Kommune des Weidaer Stadtrates einen Vorschlag erarbeitet, wie statt der beabsichtigten Fusion der Landkreise Altenburger Land und Greiz mit Gera ein Kommunalverband entstehen könnte. Es sei "auch für das Umland wichtig, Gera als Regiopole in der Europäischen Metropolregion Mitteldeutschland zu stärken und Geras Verflechtung mit dem Ballungsraum Leipzig-Halle zu intensivieren." Für einen Großkreis mit einem Doppelzentrum Gera-Altenburg sei die Distanz zu groß und der Raum dazwischen zu agrarisch strukturiert. Auch die Verbindung von Gera mit dem Altkreis Gera-Land sei nicht sinnvoll, da nur das mittlere Elstertal die erforderliche Verkehrsinfrastruktur und Siedlungsdichte aufweise, der Rest sei ländlicher Raum. Die Fraktion schlägt daher einen kreisfreien Kommunalverband im mittleren Elstertal und unterem Weidatal vor, der von Weida mit Wünschendorf im Süden bis Crossen/Elster an der Landesgrenze im Norden reicht - mit der bestehenden Bahnlinie als 25 Kilometer lange Schnellbahnachse. Der Regional-Express Saalfeld – Weida – Leipzig und der Regional-Express Hof – Weida – Leipzig ermöglichen als 25 Kilometer lange Stadtbahn die Verkehrserschließung von Gera mit direkter Verbindung nach Leipzig im 30-Minuten-Takt. Ein Haltepunkt Gera Leibnizstraße (Duale Hochschule, Berufsschule Technik, IHK) sei empfehlenswert. "Durch die Schnellbahnachse gäbe es eine Bürgernähe, die im ländlichen Raum unmöglich ist."


    Geras Oberbürgermeisterin Viola Hahn (parteilos) ergriff den Vorschlag als rettenden Strohhalm und schickte den Verbund mit Weida, Bad Köstritz, Wünschendorf als Alternative unter anderem an Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke).


    OTZ, 18. Oktober 2016
    Weidaer Idee: Ein Kommunalverband im Elstertal
    http://gera.otz.de/web/lokal/p…d-im-Elstertal-1508162323


    OTZ, 01. November 2016
    Verbund mit Weida, Bad Köstritz, Wünschendorf als Alternative: Gera will über Kreisfreiheit verhandeln
    http://www.otz.de/web/zgt/poli…-Gera-will-ueber-59187220

  • Leipzig – Zeitz – Gera

    Grundsatzposition des Oberzentrums Gera zu den Mindestforderungen an die Schienenverkehrsanbindung
    Vorabveröffentlichung am 16.03.2015
    https://www.gera.de/sixcms/detail.php?id=199023&_lang=de


  • Im Zusammenhang mit der Fertigstellung der A17/D8 nach Prag und dem verstärkten Engagement für den Bau der Eisenbahn-Schnellfahrstrecke Dresden–Prag fand ich folgende Aussagen doch noch mal ganz spannend, mit denen der damalige Dresdner Wirtschaftsbürgermeister und jetzige Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) im Oktober 2013 den Austritt aus der Initiative Metropolregion Mitteldeutschland begründet hatte: Die Stadt Dresden wolle künftig die Zusammenarbeit mit ihrem Umland verstärken, etwa auch grenzüberschreitend institutionalisiert in der Euro-Region Elbe/Labe.

    Obwohl die räumliche Nähe zu Nordböhmen natürlich gegeben ist, stellt sich mir trotzdem die Frage warum man nun genau dazu neigt.


    Nordböhmen ist stark vom Strukturwandel betroffen. Hohe Arbeitslosigkeit und fehlende Alternativen zur Braunkohle und Bergbau. Dazu nur wenige Universitäten, was auch zur Abwanderung führt. Das gleiche Bild kann man für die Region Lausitz malen. Was genau ist da jetzt der Plan von Hilbert in der Region, welche mehr wirtschaftliche Entwicklung bedarf als Synergieeffekte entwickelt?


    Wenn sich jetzt Dresden und Leipzig um die kleinere Schwester Chemnitz und die Cousine Freiberg bemühen - mal sehen, wer das Rennen macht.

    Ich glaube es wird nicht in diese Richtung gehen. Eher ist man in Chemnitz bestrebt die Anbindung und wirtschaftliche Kooperation mit Leipzig zu suchen. Während die sinnvolle räumliche Nähe in Freiberg zu Dresden gesucht wird.


    In diesem Kontext sind die, hier schon oft angesprochenen, fehlenden schnellen Verbindungen (fehlende Elektrifizierung der Bahnstrecke/Ausbau letztes Teilstück A72) von Chemnitz nach Leipzig ziemlich unverständlich. Obwohl die Zahl derjenigen, welche in Chemnitz arbeiten und Leipzig wohnen suggestive zunimmt. Im weiteren geografischen Bereich ist die Region Chemnitz mit Zwickau stark im Automobilbau sowie Maschinenbau orientiert. Was, meines Erachtens, eine Angliederung an den Wirtschaftsraum Leipzig-Halle sinnvoller macht als mit dem Dresdener pendent der sächsisch-tschechischen Variante. Der sich immer stärker entwickelnde Logistiksektor im Raum Leipzig spielt auch für die Zulieferer und Maschinenbauer im Raum Chemnitz eine immer größere Rolle.


    Ich kann das Leid der Chemnitzer bzgl. des fehlenden Anschlusses an das Fernverkehrs- und Güternetz der DB verstehen. Aber man sollte sich dort, meines Erachtens, nun eher auf den Ausbau der Infrastruktur in Verbindung mit Leipzig konzentrieren. Auch die Verbindung der TU Chemnitz zu den Institutionen in Jena, Halle, und Leipzig sollte sich verbessern.



    Gleiche Aspekte spielen sicher für den Bereich Altenburg und Gera eine Rolle. Die infrastrukturelle und wirtschaftliche Nähe zu Leipzig, Chemnitz im Osten bzw. in den Süden mit Hof. Nicht vergessen sollte man auch, dass Gera neben Jena das einzige Lehrkrankenhaus als Teil des Uniklinikikums hat. Junge Akademiker agieren dort also schon im Austausch mit anderen Teilen Thüringens und Leipzig als Wohnort.

  • Ich habe nicht geschaut, ob das etwas Neues ist, aber die dpa zitiert OB Jung zur Einwohnerentwicklung in diesem und nächstem Jahr (Freie Presse). 2016 sei die Einwohnerzahl um 15.000 gestiegen, sie liege jetzt bei 580.000. 2017 werde mit einem weiteren Zuwachs von mindestens 10.000 Personen gerechnet und eventuell sogar die Marke von 600.000 Einwohnern gekratzt.


    Ich will darauf noch einmal eingehen, da die Freie Presse bzw. dpa das etwas verkürzt darstellt. 'Cowboy' hatte ja schon hier und hier darauf hingewiesen.


    Leider geben die Stadt Leipzig und der Freistaat Sachsen die Zahlen zur Bevölkerung am 31.12.2015 unterschiedlich an.


    Anhand der Zahlen der Stadt Leipzig, wächst die Stadt auch in diesem Jahr wieder um ~ 2.30-2,35%. Wenn man das Wachstum zwischen 30. Sept. 2016 und 30. Nov. 2016 auf den Monat Dez. umrechnet, wird die Stadt am 31.12.2016 ca. 581.000 Einwohner haben. Was einem Wachstum von ~ 13.000-13.500 Einwohner für das Jahr 2016 entsprechen würde. Das entspricht dann aber nicht den genannten 600.000 für Ende 2017, aber irgendwo in der ersten Jahreshälfte 2018 müsste es soweit sein.


    Weil man immer wieder von den "über 700.000" im Jahr 2030 redet. Wenn man nur einmal den jährlichen prozentualen Anstieg von diesem Jahr und dem Durchschnitt der letzten Jahre - 2.3% - auf die nächsten Jahre aufrechnet, sind das mittlerweile auch konservativ geschätzte Zahlen.


    Obwohl man eine lineare Steigerung nicht wirklich vorhersagen kann: bei 2.3% jährlichen Wachstumsraten bis 2020 würde die Einwohnerzahl Ende 2020 bei ca. 636.000 Einwohner liegen. Zum Vergleich: Stuttgart, als sechst größte Stadt in Deutschland, hatte zum 31.12.2016 623.738 Einwohner.


    Natürlich wachsen gerade alle Städte in Deutschland, weil wieder eine stärkere Urbanisierung stattfindet. Und natürlich auch wegen globalen und europäischen Migrationsströmen. Aber Leipzig wächst durchschnittlich zwei bis drei mal schneller als die 10 größten Städte in Deutschland. Was einem weiteren klettern auf der Leiter bedeutet. Die Städte Essen und Dortmund werden wahrscheinlich bis 2020 überholt sein.


    Dennoch, bei gleich bleibender Tendenz und einem jährlichen prozentualen Anstieg der Bevölkerung in Leipzig um zwischen 2.3-3.0%, wäre das Wachstum enorm. Demnach würde bei dem unterem Wert des Anstiegs, die Stadt bis 2025 ~714.196, und bis zum Jahr 2030 ~800.000 haben. Das wären erheblich mehr, als die oft genannten "über 700.000" und noch einmal eine ganz andere Dimension. Bei etwaigen Zwischenjahren wie dem Jahr 2015 und einer Steigerung von ungefähr 3.0%, könnten es sogar 815.000-820.000 in der Stadt sein.


    Nun rechnet die Stadt mit einer jährlichen Steigerung von 10.000 Einwohner zwischen 2020 und 2030, was dann in etwas die Zahl von 725.000 bis 750.000 erfasst. Sicherlich sind das heute angemessene Zahlen, da das Wachstum schlecht linear über die nächsten 13 Jahre dargestellt werden kann. Aber das schließt eine weiter steigende Geburtenrate bei der gleichzeitig steigenden Bevölkerung aus. Außerdem wäre eine jährliche Zunahme an Einwohner von 10.000 und gleichzeitiger Steigerung der Gesamtbevölkerung, eine suggestive Abnahme der prozentuellen jährlichen Steigerung auf 1.0-1.2% bis 2030. Das kann ich mir, zur Zeit, absolut nicht vorstellen. Weswegen die konservative Rechnung vielleicht schon jetzt geändert werden sollte bzw. sich man damit befassen muss, diese wieder zu ändern ab 2020. Spricht die Stadt ja selbst von Problemen im Bau von Bildungseinrichtungen sowie große Aufgaben in der Infrastruktur.


    Die 1960/-70er Jahre in der damaligen BRD werden ja oft als die grundlegenden Jahre der dortigen Infrastruktur/Bildung/gesellschaftl. Entwicklung genannt, aber auch als vergangenes und nicht mehr existentes Wachstum gewatscht. Zumindest hätte ein oben beschriebenes und mögliches Wachstum der Stadt Leipzig absolutes Potential zum Vergleich der 1950-1980er Jahre in Städten wie Köln und München.

    3 Mal editiert, zuletzt von hedges ()

  • Ich will ja hier nicht den Miesepeter geben, aber wer sagt denn, dass Prognosen wahr werden? Wenn Leipzig dauerhaft um die 600.000 +/- 50.000 Einwohner halten kann, wäre das nicht schon positiv?


    HIER hier kann man noch ganz andere Prognosen lesen. Noch 2005 war Leipzig, neben Görlitz, die Schrumpfmetropole in Deutschland. Spitzenreiter mit 35% Wohnungs-Leerstand stadtweit;Tendenz immer weiter steigend (IV.2/Seite 16 SCHATTENLAND DES NEOLIBERALSIMUS,Wolfgang Kil, Überlegungen zum Schrumpfungsprozess ostdeutscher Städte)!

  • Nun ja, welche wirtschaftliche Situation gab es Anfang der 2000er Jahre in Leipzig und Ostdeutschland und wie war zum gleichen Zeitpunkt die Bevölkerungsentwicklung in (west-)deutschen Städten vergleichbarer Größe?


    Selbst wenn der Wanderungssaldo gegen Null gehen würde, wofür es wenig Anhaltspunkte gibt, wird der natürliche Saldo für Zuwachsraten von 1.000 bis 1.600 Personen (oder mehr) pro Jahr sorgen.


    Bevölkerungsvorausschätzung für die Stadt Leipzig 2016, S. 16 Tab. 5.
    http://www.leipzig.de/fileadmi…vorausschaetzung_2016.pdf


    In dem Papier werden eine Reihe von Argumenten genannt, die für ein noch stärkeres oder eben ein schwächeres Wachstum sprechen können. Wir können ja darüber diskutieren, wie wahrscheinlich die genannten Szenarien sind:


  • ^zu Stahlbauer


    ich weiß nicht, woher der Herr Kil 35% Leerstand hat. Die Quote betrug im Jahr 2000 20%, im Jahr 2001 18% (Quelle: Monitoringbericht Wohnen 2002: 8, nicht mehr online abrufbar). Höher war sie mE nicht, ab 2001 ging sie langsam zurück. Zahlen für vor 2000 liegen mir ohne größere Recherche nicht vor.


    35% in der Gesamtstadt sind definitiv Unsinn, vielmehr betrug der Leerstand 2005 etwa 14% (Monitoringbericht Wohnen 2006: 12, nicht mehr online abrufbar).
    Zitat: "Mit dem Anstieg des Wohnungsleerstands in Leipzig von 38.500 Wohnungen im September
    1995 (Gebäude- und Wohnungszählung) auf etwa 62.500 Wohnungen im März 2000 hatte
    die Leerstandsentwicklung ihren Zenit erreicht. Bis Ende 2005 ist der Leerstand kontinuierlich auf nunmehr rund 45.000 Wohnungen gesunken. Die geschätzte Leerstandsquote reduzierte sich von rund 20% in 2000 auf etwa 14% im Jahr 2005."


    Hierbei sind sowohl marktaktive (leere) wie inaktive/baufällige WE gemeint. Gebäude die mittlerweile z.B. durch Sanierung umgenutzt wurden, sind selbstverständlich damals noch nicht als Wohngebäude erfasst.


    Aktuell ist der Leerstand bei ca. 2-3% marktaktiv und ca. 5% gesamt angekommen.

  • Ich picke mir mal zwei Argumente aus der Bevölkerungsvorausschätzung raus:


    - zunehmende Suburbanisierung wegen Wohnraumverknappung, insbesondere im preiswerten Mietsegment, Folge genereller Mietpreissteigerungen in Leipzig


    Das wird auch mittelfristig bei steigenden Mieten nicht passieren. Es fehlen im Umland nicht nur Mietwohnungen allgemein, die den derzeitigen Bevölkerungszuwachs auch nur annähernd auffangen könnten, es fehlen im Umland vor allem preiswerte Wohnungen für die Armen, die sich die Stadt ja angeblich bald nicht mehr leisten können. Günstige Wohnungen findet man auch dann eher noch in Leipzig als irgendwo im Nirgendwo. Von der fehlenden Infrastruktur im ländlichen Raum, die umso wichtiger für die von Armut betroffenen Menschen wäre, ganz zu schweigen. Wer ins Umland zieht, baut sich in der Regel ein Haus im Grünen.



    - Schaffung von Arbeitsplätzen könne bei hohen Zuwachsraten nicht mithalten


    Wir erleben aber gerade das Gegenteil. Es hat ja noch keiner die LVZ-Jubelmeldung hier verlinkt, aus der hervorgeht, dass in Leipzig die Anzahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in den letzten 6 Jahren um 17,2 Prozent gestiegen ist. Damit fällt dieser Zuwachs noch einmal deutlich höher aus als der des Bevölkerungsanstiegs. Und wenn man bedenkt, dass beim Bevölkerungsanstieg auch Studenten, Auszubildende, Rentner und Kinder inbegriffen sind, profitiert auch die hiesige Bevölkerung vom Beschäftigungszuwachs. Das sieht man dann am Rückgang der Arbeitslosenzahlen; von rund 53.000 Arbeitslosen noch im Januar 2005 (bei rund 500.000 Ew damals) auf rund 23.000 Arbeitslose zuletzt im November (bei knapp 580.000 Ew) fast auf dem Niveau von Dresden.


    Es bringt ja nichts, zu sagen, 600.000 Einwohner +/- 50.000 sind doch auch schon positiv, einfach weil das nicht dem Trend entspricht, der jetzt schon ins siebte Jahr geht. Die Kamenzer Statistiker gehen bei ihrer - vorsichtig ausgedrückt - konservativen Bevölkerungsprognose für Leipzig davon aus, dass der Zuzug in die Messestadt noch immer aus dem Umland erfolgt, während längst nicht nur in Bochum, Reutlingen oder Buxtehude der Umzug nach Leipzig geplant wird, sondern zunehmend auch aus dem Ausland die Entscheidung bewusst für Leipzig fällt, anstatt für Hamburg, Berlin, München oder Frankfurt.


    Die Entwicklung in Leipzig konnte sicher keiner so vorhersehen, ich bin da auch sehr überrascht worden: Höchster Arbeitsplatzzuwachs in Deutschland, höchster Bevölkerungszuwachs in Deutschland, die meisten Geburten usw. Das wirkt alles sehr irrational - ist aber offenbar so. Dann noch vor ein paar Jahren ein leeres WM-Stadion als Symbol für den Niedergang der einstigen Sportstadt Leipzig. Heute Ausbau und Erweiterung um rund 15.000 Plätze, weil das Stadion aus allen Nähten platzt. Der Flughafen dürfte bei den Passagierzahlen, ohnehin in dieser Hinsicht tiefste Provinz, in diesem Jahr deutlich eingebrochen sein. Verbindungen fielen weg, das Urlaubsgeschäft läuft aufgrund globaler Krisenherde schleppend, dann noch die Konkurrenz in Klotzsche und die Hauptstadt liegt auch nicht weit entfernt. Aber nächstes Jahr eine Direktverbindung nach New York.


    Was kommt wohl als Nächstes?

  • Grundsätzlich gebe ich Dir bei der Einschätzung der Suburbanisierung ja recht. Dennoch zweiundeinviertel Gegenbeispiele:


    Die Schkeuditzer Wohnungsbau- und Verwaltungsgesellschaft (SWV) hatte 2004 noch 1725 Wohnungen, bis 2014 ist der Bestand durch geförderte Abrisse auf jetzt rund 1500 Wohnungen reduziert worden. Seither wird nicht mehr abgerissen. Der Leerstand hat sich von 15,5 Prozent vor fünf Jahren auf etwa zehn Prozent im letzten Jahr reduziert. 2011 kamen etwa 30 Prozent der Wohnungssuchenden von außerhalb, heute sind es mehr als die Hälfte der Wohnungsinteressent_innen, die nicht bereits in Schkeuditz leben. Bestimmte Wohnungstypen oder -größen wie etwa Ein-Raum-Wohnungen sind kaum mehr frei. Der durchschnittliche Mietpreis der SWV liegt derzeit bei 4,35 Euro/m². Er hat sich in den letzten fünf Jahren lediglich um 10 Cent/m² erhöht. Die Betriebskosten betragen im Schnitt 2,06 Euro/m². Auch wenn die Nachfrage steigt: „Momentan ist es nicht geplant, die Mieten zu erhöhen“, sagte der SWV-Geschäftsführer Gerald Fritzsche.


    LVZ, 9.12.2016
    Schuldenabbau geht weiter
    Mieternachfrage bei Schkeuditzer Wohnungsverwaltung nimmt zu
    http://www.lvz.de/Region/Schke…hnungsverwaltung-nimmt-zu


    In Rackwitz - mit S-Bahn-Anschluss - gibt es 404 kommunale Wohnungen, überwiegend Plattenbauten im Neubaugebiet sowie Häuserzeilen in der Friedens- und Hauptstraße. Rund 30 Prozent stehen leer, der überwiegende Teil dieser Wohnungen ist in einem derart schlechten Zustand, dass er als aktuell nicht vermietbar gilt. „Derzeit sei zwar eine leichte Tendenz an Zuzügen zu spüren, aber allein damit seien die leeren Wohnungen nicht zu belegen. Daher will die Gemeinde eine Reihe Wohnungen sanieren, sich aber auch aus wirtschaftlichen Gründen von den Blöcken Loberstraße 6 und 8 trennen. Die Häuser sollen im Zeitraum 2018 bis 2020 abgerissen werden, es liegen bereits Fördermittelbescheide vor.


    LVZ, 16.12.2016
    Rackwitz entscheidet sich für den Weg der Sanierung und des Abrisses
    http://www.lvz.de/Region/Delit…anierung-und-des-Abrisses


    Weißenfels hat einen positiven Wanderungssaldo, verliert aber aufgrund des negativen natürlichen Saldos immer noch Einwohner_innen. Die Zu- und Wegzüge zwischen 2011 und 2015 werden hier gegenübergestellt:


    MZ, 18.12.2016
    Über 1.000 neue Nachbarn
    Weißenfels mit Zuzugsplus
    http://www.mz-web.de/burgenlan…s-mit-zuzugsplus-25334528


    612 Weißenfelser_innen meldeten sich nach Leipzig ab, aber es zogen immerhin auch 275 Menschen aus Leipzig zu. Schauen wir mal, wie sich diese Zahl in den nächsten Jahren entwickelt.



    115 Menschen zogen in diesem Jahr aus Leipzig nach Eilenburg. Das ist ein Größenbereich, der mit den Vorjahren vergleichbar ist. In welche Wohnungen sie gezogen sind, kann ich nicht sagen.

    LVZ, 22.12.2016
    „Lieblingsstadt Eilenburg“ – Stadt zieht erste Bilanz: 115 Leipziger zieht es an die Mulde
    http://www.lvz.de/Region/Eilen…ger-zieht-es-an-die-Mulde


    Zu Anfang des Jahres betonte Birgit Bendix-Bade, Geschäftsführerin der kommunalen Eilenburger Wohnungsbau- und Verwaltungsgesellschaft (EWV), dass im EWV-Bestand von knapp 2000 Domizilen „ausreichend Wohnraum für jeden Geldbeutel“ zur Verfügung stünde. „Und das in jedem unserer Stadtteile.“ Zwischen 4 und 6,50 Euro je Quadratmeter liegen hier zurzeit die Kaltmieten.


    Die Wohnungsbaugesellschaft mbH (WBG) Bad Düben verfügt über 700 Wohnungen, der Leerstand liegt bei 18 Prozent. Die Mieten bewegen sich derzeit im Sektor zwischen etwas über 4 Euro und für komplett sanierten Wohnraum mit gehobenerem Standard bis zu 6,50 Euro pro Quadratmeter.


    LVZ, 17.3.2016
    Günstige Mieten
    In Eilenburg und Düben gibt es noch ausreichend sozialen Wohnraum
    http://www.lvz.de/Region/Eilen…eichend-sozialen-Wohnraum

  • Die Entwicklung bleibt jedenfalls spannend!


    Ich kann mich noch gut an die Austellung Shrinking cities in der Galerie für zeitgenössische Kunst in Leipzig erinnern. Die dort gezeigten Fotos und Filme waren schon bedrückend. Wer Johannstadt (aka Johanngeorgenstadt) kennt, kann sich ungefähr ausmalen, was dort gezeigt wurde. Dieses Jahr war ich auf Hokkaido. Leergeräumten Flächen inmitten der Stadt und markige Sprüche der Tourismuszentrale bilden dort ein echtes Kontrastprogramm.

  • Ich will ja hier nicht den Miesepeter geben, aber wer sagt denn, dass Prognosen wahr werden? Wenn Leipzig dauerhaft um die 600.000 +/- 50.000 Einwohner halten kann, wäre das nicht schon positiv?

    Ich wollte mit dem Post keine Euphorie Blase malen oder Ranking Spiele betreiben. Es ging mir wirklich nur darum, mal mit den Zahlen zu spielen. Natürlich immer mit dem Verweis, dass sich das Bevölkerungswachstum über einen längeren Zeitraum schlecht vorherzusagen ist. Deswegen auch mein Verweis auf den prozentualen Anstieg der Bevölkerung im Gegensatz zu reinen Zahlen, welche noch schlechter darzustellen sind.


    'Cowboy' und 'LE Mon.' haben es ja schon dargestellt. Ein Verharren auf 600.000 Einwohner würde schon im nächsten Jahr eine großen Bruch der Zuwanderung sowie der Geburtenrate bedeuten. Dass das nicht mehr wirklich realistisch ist, zeigen die verschiedenen oben genannten Punkte.


    Selbst wenn der prozentuale Zuwachs pro Jahr ab 2020 kontinuierlich auf die Durchschnittswerte der 10 größten Städte in Deutschland (~1.5%) zurückfährt, erreicht die Stadt noch vor 2030 die 700.000 Einwohnermarke. Falls sich die Stadt bis 2030 bei rund 650.000 Einwohner einpendelt, müsste das Wachstum ab 2020 bei rund 0.5-0.6% liegen. Das sind Werte welche selbst von Städten wie Oberhausen und Rostock überboten werden. Damit würde sich das Wachstum auf den Geburtenüberschuss und die jährlichen Zuzüge von Studenten beschränken.


    Wie 'Cowboy' oben schon gezeigt hat, ist das aber eher unwahrscheinlich. Die Stadt selbst geht von einem wirklichen Wachstum bis mindestens 2030 aus. Was eben die 1.5% ausmachen würde. Trotzdem plant diese aber eine Zunahme an Beschäftigten bis 2030 von 40.000-70.000. Bei einem Beschäftigungszuwachs von 70.000 wäre das jährliche Wachstum der Bevölkerung von 1.5%, schon völlig obsolet. Bei einer gleichen Steigerung der Beschäftigungszahlen wie im Zeitraum 2010-2015, wären es bis zum Ende der 2020er Jahre knapp 100.000 Beschäftigte mehr in der Stadt.


    Mir geht es hier wirklich nicht um eine Jubel Stimmung oder Euphorie Blase. Aber um eine realistische Auseinandersetzung zum Thema Wachstum der Stadt.


    Die Stadt muss in den nächsten Jahren wesentlich aktiver in den Wohnungsbau eingreifen. Die Genossenschaften müssen wieder sehr aktiv werden. Der Nahverkehr muss weiterentwickelt werden. In diesem Kontext muss man sich ab 2025 sich sicherlich mit einer stärkeren Sub-Urbanisierung auseinandersetzen. Nicht durch die Mietpreise der Stadt, aber weil die Anrainer-Kommunen vor der Stadt wieder verstärkt Flächen für die Zuzügler mittleren Alters anbieten werden. Das gilt auch für die Ansiedlung von Industriebetrieben, da der Stadt jetzt schon jetzt größere Flächen fehlen. Die Stadt muss also die Zusammenarbeit mit den umliegenden Kommunen weiter forcieren.


    Des Weiteren wird die Stadt internationaler und multikultureller. Was bedeutet, dass europäische bzw. globale Migrationsströme nicht mehr an der Stadt vorbei ziehen. Etwas, was man mit dem Zuzug von Migranten aus dem mitteldeutschen Raum jetzt schon feststellen kann.


    Die Stadt hat in dem nächsten Jahrzehnt wirklich viele Aufgaben zu erledigen. Eine wirklich spannende Zeit!

  • Entwicklung d. 23 Thüringer Kreise - Was Statistiker voraussagten

    Spannend vor allem mit Blick auf Ostthüringen und die Bevölkerungsprognosen bzw. -vorausberechnungen der Kamenzer Kolleg_innen


    OTZ, 02. Januar 2017
    Entwicklung der 23 Thüringer Kreise - Was Statistiker voraussagten
    http://www.otz.de/startseite/d…r-voraussagten-1753314404


    Die OTZ hat sich die Einwohner_innenvorausberechnung des Thüringer Landesamt für Statistik von 2007 angeschaut und mit den tatsächlichen Zahlen von Ende 2015 verglichen.


    Am besten war das Ergebnis:
    - im Altenburger Land mit einer Fehlerquote von 20 Personen und damit 0,02 Prozent
    - im Landkreis Greiz von 68 Personen
    - im Landkreis Nordhausen mit einer Abweichung von 71 Menschen real weniger bei einem Bevölkerungsrückgang von rund 7300 Personen


    Die stärksten Abweichungen gab es in den beiden Großstädten:
    - Erfurt erlebte statt des vorhergesagten Rückganges der Bevölkerung ein deutliches Wachstum. Es sind 12.092 Einwohner_innen mehr als angenommen, gewonnen vor allem durch Zuzüge. Abweichung: 6,11 Prozent
    - Jena hat 6180 Einwohner_innen mehr als erwartet, Abweichung beträgt 6 Prozent


    Mittelstädte:
    - Gera: 3849 Einwohner_innen mehr als prognostiziert
    - Suhl: 1222
    - Besonders in den beiden Städten wirkt sich aber der starke Zuzug Geflüchteter im vorletzten Jahr aus, denn in beiden Städten stehen die größten Erstaufnahmeeinrichtungen.
    - Es wird weiterhin ein Schrumpfen erwartet.


    - Weimar: 1583 Menschen weniger, Abweichung: 2,41 Prozent
    - Eisenach: 901 Menschen weniger, Abweichung: 2,4 Prozent


    - Durchschnitt der Abweichung nach oben oder unten in den sechs noch kreisfreien Städten: 3,87 Prozent
    - Durchschnitt der Abweichung in den 17 Landkreisen: 0,38 Prozent


    - die natürliche Bevölkerungsentwicklung kann anhand von Geburtenraten, Sterbetafeln und Altersstruktur sehr genau vorhersagt werden
    - bei der Zu- und Abwanderung bleiben dagegen immer Unwägbarkeiten
    - Grundaussage, die die Statistiker_innen für Thüringen schon vor neun Jahren trafen: "Charakteristisch für die Entwicklung in den nächsten Jahren ist die zunehmende Überalterung."

  • Frauenüberschuss bei den 18- bis unter 30-Jährigen in Leipzig


    Karte: Geschlechterproportionen der 18- bis unter 30-Jährigen. In: Sachsen. Landesentwicklungsbericht 2015 Karte 1.2


    Die LVZ greift heute in einem Artikel mit der Quatsch-Überschrift


    Bevölkerungsentwicklung. Junge Frauen finden Leipzig sexy
    http://www.lvz.de/Leipzig/Loka…rauen-finden-Leipzig-sexy


    die hier bereits erwähnte Karte aus dem sächsischen LEB 2015 auf und dabei im Bild den Bereich des ehemaligen Bezirkes Leipzig heraus. Dargestellt sind die Geschlechterproportionen der 18- bis unter 30-Jährigen zum Stichtag des Zensus, also dem 9. Mai 2011. Während für die Altersgruppe in den Landkreisen Leipzig und Nordsachsen fast überall 100 bis 140 Männer auf 100 Frauen kommen, gibt bzw. gab es in Leipzig einen Frauenüberschuss. In den beiden anderen Großstädten Dresden und Chemnitz kamen 100 bis 120 Männer auf 100 Frauen. Eine kleine Ausnahme bildete zumindest 2011 die Gemeinde Elstertrebnitz bei Groitzsch im Landkreis Leipzig, außerdem zum Beispiel Görlitz, Meißen, Panschwitz-Kuckau oder Oybin.


    Quer über das ganze Land hinweg standen Ende 2014 in dieser Altersgruppe statistisch 100 Männern durchschnittlich nur knapp 91 Frauen gegenüber. Hauptgrund ist die Abwanderung junger Frauen, die auf der Suche nach Arbeit oder Ausbildung [und Lebensqualität, LMH] deutlich mobiler sind. Am stärksten betroffen von dieser Entwicklung ist der Osten Sachsens mit den genannten Ausnahmen.


    Über alle Altersgruppen hinweg dreht sich Verhältnis aufgrund der höheren Lebenserwartung von Frauen. Daher lebten Ende 2014 über 80.000 Frauen mehr als Männer in Sachsen; zwei Drittel der Gemeinden haben Frauenüberschuss.


    Die LVZ hat Dr. Evelyn Grünheid gefragt, ob diese Entwicklung von Dauer ist. Die Forschungsdirektorin am Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung in Wiesbaden hat in Leipzig studiert und ist hier promoviert worden. Das Diplomstudium der Wirtschaftswissenschaften war von 1973 bis 1977, die Promotion 1980 - also beides schon ein paar Tage her. Von 1980 bis 1996 arbeitete sie in Berlin, seither in Wiesbaden, wo sie seit Januar 2015 Forschungsdirektorin des Bereichs „Demografischer Wandel und Alterung” ist.


    Sie rät zu längerfristigen Betrachtungen. „Man muss sich solche Entwicklungen über mehrere Jahre angucken, um zu sehen, wie stabil der Trend ist.“ Der Frauenüberschuss in den jüngeren Altersgruppen sei für viele Städte in Ost- wie Westdeutschland normal. „Junge Frauen finden in den Städten bessere Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten und assoziieren mit Städten häufiger eine höhere Lebensqualität als Männer.“


    Daher sei ein Blick in die folgenden Altersgruppen sinnvoll, um zu sehen, ob sich dort ein solcher Trend fortsetze oder nicht. So ganz logisch erscheint mir das allerdings nicht, weil es sich ja bei den folgenden Altersgruppen um andere Menschen mit anderen Erfahrungen, Hintergründen, Zielen etc. handelt und nicht klar ist, ob dieses Ungleichgewicht auch mit dem Älterwerden tendenziell weiterhin bestehen bleibt. „Bis zum Alter von ungefähr 50 Jahren gibt es grundsätzlich eher mehr Männer als Frauen, weil mehr Jungen geboren werden als Mädchen. Ein leichter Männerüberschuss in den jüngeren Altersgruppen ist demzufolge normal. Je nach Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeit verschiebt sich das Ganze dann regional.“


    Die Entwicklung in Leipzigs Umland sei nicht zwingend problematisch. Umgekehrt sei auch nicht gesagt, dass der Frauenüberschuss bei den 18- bis unter 30-Jährigen in Leipzig anhält. „Wenn es ausbildungsbedingt ist, ist es nur ein zeitweiliger Überschuss.“ Ist die Ausbildung zu Ende, würden die Frauen mitunter wieder abwandern – zurück in die Heimat oder aber in andere Zentren und Regionen, je nachdem, wo es Perspektiven gibt.


    Grünheid hat - ebenfalls nicht sonderlich überraschend - beobachtet, dass sich der langjährige Trend, demzufolge vor allem junge Frauen die ostdeutschen Bundesländer Richtung Westen verlassen, sich inzwischen abgeschwächt hat und nunmehr eher eine Orientierung auf die ostdeutschen Städte zu erkennen ist. Die Frauen- oder auch Männerüberschüsse in der Altersgruppe der 18- bis unter 30-Jährigen seien grundsätzlich betrachtet in Abhängigkeit bestimmter Ausbildungs- und Studienmöglichkeiten zu beobachten. Beispielsweise gäbe es in Küstenregionen mit Marine-Ausbildungen mehr Männer, anders als in Regionen mit Schwerpunkten in den sogenannten Frauenberufen. Ich glaube jedoch nicht, dass dies heutzutage in größeren Städten und Regionen noch die alleinige oder auch nur treffendste Erklärung des Phänomens ist.


    Zum Schluss werden sie und der LVZ-Redakteur Björn Meine noch leicht salomonisch ;-). Wenn eine Stadt aber dauerhaft einen Frauenüberschuss generieren könne und diese Frauen auch einen Partner [Partnerin geht sicherlich auch] finden, dann kann das den Grundstein für einen weiteren Geburtenanstieg legen. "Leipzig hat da sicher gute Karten...".


    PS: Im Sommer hatte die OTZ das Phänomen schon mal für die Stadt und den Landkreis Gera beleuchtet. Die Erklärungen klingen allerdings auch nicht überzeugend:


    OTZ, 03. August 2016
    Frauenüberschuss in der Stadt Gera
    http://gera.otz.de/web/lokal/l…der-Stadt-Gera-1743197640

  • ^^ Dass Frauen bevorzugt Großstädte wählen, ist nicht neu. Und darüber, dass junge ostdeutsche Frauen mobiler sind bzw. eher bereit sind, woanders ihr Glück zu suchen, wurde schon vor über 10 Jahren in Studien geschrieben. Übertrieben gesagt: Die Tochter sucht das Weite, Sohnemann bleibt bei Muttern. Beides führt dazu, dass in der ostdeutschen Provinz der Anteil junger Frauen deutlich zurückgegangen ist und trotz überdurchschnittlicher Fruchtbarkeitskennziffer weniger Kinder geboren werden. Ich sehe auch eine Korrelation zwischen jener Geschlechterproportion und dem höheren Wähleranteil linker Parteien in der Stadt bzw. rechter Parteien auf dem Land.


    Dresden und Chemnitz sind mit der TU und dem höheren Anteil am Industriegewerbe vermutlich auch mehr auf Männer zugeschnitten als Leipzig mit seinen Geisteswissenschaften und dem größeren Dienstleistungssektor.

  • Noch mal ein Grund für den Frauenüberschuss bei den 18- bis Unter-30-Jährigen in manchen Hochschulstädten wie Leipzig, aber nicht der einzige. Und eine, aber auch nicht die einzige Antwort auf die Frage, warum die Kultusministerkonferenz bei der „Vorausberechnung der Studienanfängerzahlen 2014 – 2025“ so weit daneben lag (dazu http://www.deutsches-architekt…showthread.php?p=528894):


    Die Studienanfänger_innenquote eines Jahrgangs hat sich sehr deutlich verändert. Während im Jahr 2000 gerade einmal ein Drittel eines Jahrgangs ein Studium begann, hat sich der Wert im Jahr 2016 auf gut 55 Prozent erhöht. Das sind allerdings nur die vorläufigen Zahlen, in den beiden Vorjahren lag die Quote bei 58,3 bzw. 58,2 %.


    Umstritten ist, ob die Quote eher auf dem Niveau von 55 Prozent bis knapp 60 Prozent der vergangenen Jahre verharren oder sind wird, weil es wieder mehr junge Menschen in eine klassische Ausbildung zieht? Oder wird es einen weiteren Anstieg geben? Diese Frage entzieht sich der rein statistischen Prognose, denn es spielen auch die zukünftigen politischen Weichenstellungen eine zentrale Rolle.


    Ein weiterer Anstieg ist möglich, da der Anteil der Studienanfänger_innen in Deutschland immer noch knapp unter dem OECD-Schnitt liegt. In Ländern wie Australien, Norwegen, Dänemark, USA und Großbritannien nehmen jeweils mehr als sieben von zehn jungen Leuten ein Studium auf.


    SPIEGEL ONLINE, 02.01.2017
    Falsche Prognosen
    Wo kommen all die Studierenden her?
    http://www.spiegel.de/wissensc…renden-her-a-1126487.html


    Schnellmeldungsergebnisse der Hochschulstatistik zu Studierenden und Studienanfänger/-innen - vorläufige Ergebnisse -
    Wintersemester 2016/2017
    https://www.destatis.de/DE/Pub…e1?__blob=publicationFile


    Bei den Studienanfängerinnen lag die Quote 2014 bei 60,2 und 2015 bei 60,5 % (bei Männern: 56,6 und 56,1%). Laut den vorläufigen Zahlen für 2016 sind es 59,1 % (52,3 %). 2000 waren es nur 33,5 % (33,2 %).