Bauakademie - Rekonstruktion und Geschichte

  • Sachgründe sind, wenn, doch nur vorgeschoben. Die mit Trockenmauern frei unterteilbaren Originalgewölbe sind doch geradezu prototypisch für Nutzflächenmaximierer. Jede Wolkenkratzeretage sieht heute im Rohbau, bevor die Trockenmauern reinkommen und die Fläche unterteilen, ziemlich ähnlich aus. Wobei die Ziegelgewölbe dem ganzen noch einen zusätzlichen Pfiff geben.


    An dem Originalbau ist alles wunderbar auch für heutige Ansprüche nutzbar, wie er war (gerade das finden ja auch die "Modernisten" an dem Gebäude immer so toll, die nutzungsneutrale Struktur). Da gibt es null Bedarf für Umplanungen an der Substanz, weder innen noch außen. Außer das Ego der zeitgenössischen Architekten steht im Weg, diese wollen eben ihren eigenen Fußabdruck hinterlassen und bewegen sich höchst ungern in den Abdrücken früherer Kollegen. Daher kann ein Wettbewerb eigentlich nur ein Machwerk hervorbringen.


    Dazu, den Bau im Inneren mit Trockenmauern für verschiedene Nutzungen zu segmentieren, braucht es keinen umfassenden Wettbewerb, das ist mehr eine Sache der Abstimmung der zukünftigen Nutzer untereinander. Wenn das bei der Elbphilharmonie per Direktvergaben und ohne Wettbewerbsverfahren funktioniert hat, dann ist das hier auch möglich.

  • Ich bin skeptisch ob es eine vollständige Rekonstruktion geben wird
    Gegen eine vollständige Rekonstruktion (also der Fassaden, das Innere ist davon bestimmt nicht betroffen) wäre nichts einzuwenden aber andererseits könnte ich auch auf eine Rekonstruktion verzichten, wenn das Ergebnis dann so mittelmäßig wird wie die Kommandatur, dann lieber ein moderner Bau.


    Zumindest scheint sicher, dass es wirklich losgeht und man den Ehrgeiz hat, diese Ecke bis 2020 fertigzustellen, was ja auch begrüssenswert ist, denn nochmal fünf oder zehn Jahre zu warten, halte ich auch für unsinnig.
    Irgendwann muss man auch mal zu Potte kommen.

  • ^ich sehe das anders und sage in dem Fall, lieber die Taube auf dem Dach, als den Spatz in der Hand. Wenn wir da ein Machwerk bekommen, dann bleibt uns das mehr oder weniger ewig erhalten, wird langfristig vermutlich sogar seinerseits unter Denkmalschutz gestellt (Denkmalschützer lieben aus irgend einem Grund "kritische Rekonstruktionen"), dann war es das, mindestens für unsere Lebzeiten, mit der Reko.


    Da warte ich lieber noch 5 Jahre, bevor jetzt vollendete Tatsachen geschaffen werden, um das noch schnell vor der Wahl durchzuhuschen, indem irgend ein verquaster Wettbewerbstext als kleinster gemeinsamer Nenner ausgelobt wird, wo am besten auch noch das abgerißene DDR Außenministerium irgendwie gewürdigt werden soll (wurde ja auch schonmal gefordert). Dann lieber erstmal gar nicht.

  • Sachgründe sind, wenn, doch nur vorgeschoben.


    Achso 1831 hatte man also schon für Behinderte geplant mit Mindstneigungen für Fahrrampen, auf Mindestreppenmaße mit Absturzsicherungshöhen geachtet und Brandschutztechnisch getrennte Versorgungsschächte für Elektro-, Sanitär- und Heizungsleitungen gebaut die man ja auch an die entsprechenden Stellen hinleiten muss im Grundriss?
    Gabs da denn schon die Notwendige- und Feuertreppen, geschweige denn Fahrstühle? Wie sieht es denn aus mit Behinderten-WCs bzw. überhaupt Toilletten?


    :lach::lach::lach::lach:

  • ^du weisst genau, dass solche Anpassungen im Detail nicht der Gegenstand eines Architekturwettbewerbs sind. Der Geist des Wettbewerbs, der zumindest einigen Verantwortlichen vorschwebt, wird daran deutlich, dass man sich bisher weder auf ein bestimmtes Mindestmaß an Reko festlegen will, noch eine "moderne" Gestaltung ausschließen möchte. Über das von dir genannte Klein-Klein würden wir ja nicht weiter diskutieren müssen.

  • Zuerst frage ich mich, was an der Fassadenrekonstruktion der Kommandantur "mittelmäßig" sein soll. Die moderne Seite hat die Stadt zu verantworten, ebenso das moderne Innere (Büro Valentyn). Die Wiederholung der Fassade ist 1A, vielleicht mag mancher die historistische Fassung - das hat aber nichts mit der Qualität der Fassade zu tun.


    In einem Architekturwettbewerb müssen natürlich die von Larry referierten Themen behandelt werden. Es ist ja gerade der Witz eines Realisierunsgwettbewerbes einen baubaren Entwurf zu bekommen und nicht ein paar beschmierte Papierservietten.


    Zudem hat die Kommandantur auch verschiedene Fassungen gehabt. Allein die Frage der Läden kann man auf unterschiedlichste Weise lösen. Das große Treppenhaus ist die zweite Inkunabel des Baus und muss selbstverständlich sein, bauordnungsrechtlich angepaßt. Gottlob steht hier nichts unter Denkmalschutz, sodaß harmonische Neubaulösungen angestrebt werden können und kein Substanzfetischmus betrieben werden muss.


    Warten wir doch einmal ab, was das land nun ausschreibt. Die Äußerngen des Bundes-Staatssekretärs sind ja nur nachrichtlich interessant - das Grundstück gehört dem Land Berlin und wird somit Auslober des Wettbewerbes sein.

  • Treppenhaus

    Da ja bekanntlich ein Bild mehr als tausend Worte sagt, hier noch das Treppenhaus der Bauakademie:



    Quelle: Wikipedia, gemeinfrei

  • Ja, das ist wahrlich Konkordanz von innen und aussen. Hier einmal der Grundriss, damit wir wissen, worüber wir reden. Und nicht zu vergessen das Dach: Impluvium:


  • Erhaltene Gebäudeteile miteinbeziehen

    Wichtig ist jetzt, dass man neben der Rekonstruktion der Schinkelfassade auch die "Relokation" noch erhaltener Gebäudeteile im kommenden Wettbewerb vorschreibt. Dazu gehören ein Bronzeportal sowie mehrere Terrakottareliefs der Bauakademie, die sich heute am Gartenpavillon des Kronprinzenpalais befinden. Zudem sollte man die bereits rekonstruierte Nordostecke am Schinkelplatz miteinbeziehen.


    http://www.schinkelsche-bauaka…0incl%20Reliefplatten.pdf

  • Schinkel soll Schinkel bleiben

    So lautet das Ergebnis der Podiumsdiskussion "Bauakademie - Was und Wie?", die am Mittwochabend in der Berliner Stadtbibliothek stattfand. Zu den hochrangigen Gästen zählten unter anderem Architekturhistoriker Peter Lemburg, Stararchitekt Hans Kollhoff, Bausenatorin Katrin Lompscher und SPK-Präsident Hermann Parzinger. Uneins war man sich zwar in der Frage der künftigen Nutzung, einig aber in der Frage der einzigartigen Schinkelfassade, die auch heute noch als Ikone der Moderne des 19. Jahrhunderts gilt.


    taz-Artikel: http://www.taz.de/Wiederaufbau…demie-in-Berlin/!5387663/

    Einmal editiert, zuletzt von Architektator ()

  • Die Diskussion gewinnt an Fahrt...


    http://www.deutschlandradiokul…ml?dram:article_id=381810



    Eine Klärung der Funktion des geplanten Gebäudes und dessen Bedeutung für die alltägliche Praxis scheint wirklich nötig zu sein - ist doch Architektur nicht l'art pour l'art sondern materialisierte Räume für die Lebenswirklichkeit. Und da bin ich gespannt, wie man diesem Gebäude nun Leben einhauchen will... Je konkreter es um die Realisierung des Gebäudes und das Betriebskonzept irgendeiner Nutzung und deren institutioneller Verankerung gehen wird - um so deutlicher werden die Schwächen des Primats der Stadtbildrekonstruktion deutlich werden, denke ich... [FONT=&quot][/FONT]


    Damit alle was von OT-Ausflügen haben bitte dort weiter diskutieren.
    Bato

  • ^
    Wenn man verschiedene fremde Federn ausrupft und sich auf den Allerwertesten steckt, wird man noch lange kein Pfau. Die Schwäche deines montierten Beitrags ist, dass a) das Kind schon in den Brunnen gefallen ist, da dort ein gehobenes Investorenghetto von minderer architektonischer Qualität steht und b) die Bauakademie ein nutzungsneutraler Backsteinwürfel ist (im Falle einer Vollreko). Warum also sollte ein materiell anders gearteter Würfel eine höhere Lebensrealität erzeugen?


    Übrigens hat sich die Berlinische Galerie auch mit dem Thema beschäftigt und fordert auch eine Nutzungsbestimmung, um das Hauptproblem des Stadtschlosses nicht zu wiederholen.
    Wo sitzt heute der Stachel, lautet die implementierte Frage...
    http://www.baunetz.de/mobil/meldung.html?cid=5011057

  • Die Diskussion bewegt sich schon wieder auf der Schlagwortebene, nicht in der Realität. Die kühne These, die Nutzung sei entscheidend für den Wiederaufbau der Bauakademie ist natürlich blanker Unsinn. An Nutzungen werden ja alternativ nicht ein Flugzeughangar oder eine Stadtbibliothek diskutiert. Das Erdgeschoß ist - soviel klar - mit Läden besetzt. Alle wollen nach den Erdgeschoßdesastern der Lüscherschen Schinkelplatz-Neubauten ein lebendiges Erdgeschoß und damit wieder Leben am Platz.


    Wir reden also nur über die beiden Obergeschosse. Hier soll eine öffentliche Nutzung stattfinden (breite Treppen, wie das im Schinkelentwurf war und die Schwierigkeit Aufzüge neu unterzubringen). Einerlei aber ob hier ein Architekturmuseum, ein Tagungszentrum für das Auswärtige Amt oder eine Lehr- und Forschunkseinrichtung wie eine Bauakdemie untergebracht wird: der Originalentwurf ist hierfür bestens geeignet und es sind nur die Zwischenwände flexibel zu gestalten. Das ist doch gerade der Vortel der Schinkelschen Struktur, dass hier Flexibilität bleiben kann. Die Nutzungsgeschichte der Bauakademie zeigt auch, dass das problemlos möglich ist.


    Deshalb ist offen erkennbar, dass die Diskussion über den noch fehlenden Nutzer vorgeschoben ist. Klar, sollten hier die Südseeboote des Humboldtforums herein müsste umgeplant werden. Aber das steht gar nicht zur Debatte. Deshalb: bitte den Originalbau mit Läden. Die genialen, modernistischen Einfälle hätten die Architekten am Schinkelplatz und am Werderschen Markt zeigen können. Das Desaster sollte besichtigen, wer etwas "Modernes" für die Bauakademie fordert.

  • Genau so ist es, lieber Konstantin.


    Im Rahmen des Dialogverfahrens zur Wiedererrichtung der Bauakademie findet heute übrigens das "Ideenforum" zur Erarbeitung eines Nutzungskonzepts statt. Das Protokoll des vorangegangenen "Statusforums" mit lesenswerten Beiträgen unter anderem von Jörg Haspel (Landesdenkmalamt Berlin), Hans Kollhoff (Stiftung Internationale Bauakademie) und Wolfgang Schoele (Förderverein Schinkelsche Bauakademie) gibt es hier:


    https://www.bundesstiftung-bau…kademie_final_klein_0.pdf

  • Vor Jahren wurde einmal mit der Idee geliebäugelt, an die Nutzungstradition enger anzuknüpfen und dort Seminarräume für die Universität der Künste einzurichten. Wie man hört gibt es dort durchaus Raumnot und im zeitgemäßen Bachelor/Master-System dominieren Seminare in kleineren Rahmen in Unterrichtsräumen, mehr als Massenvorlesungen in riesigen Hörsälen und an diesem prominenten Ort, der von diversen Architekturepochen und auch deren Brüchen geradezu umzingelt ist, kann man sich gut eine befruchtende Atmosphäre der Kreativität vorstellen. Durch die neue U-Bahnstation fast vor der Tür wäre auch eine ideale Erreichbarkeit für die Studis gegeben.


    Auch der Bau selbst ist ein Lehrstück für junge Architekten, wenn er möglichst originalgetreu rekonstruiert wird. Sozusagen an der Nahtstelle zwischen handwerklichem und industriellem Bauen. Beim Innenausbau kann man sich ja so gut wie möglich zurück halten, um die Gebäudesubstanz auch im Inneren möglichst "blank" und sichtbar zu halten.


    Es ist ggf. föderalistisch schwierig, wenn der Bund einer Hochschule ein Gebäude "schenkt", aber wo ein Wille, da ein Weg. Und im Erdgeschoss kann es ja trotzdem die vorgenannten Geschäfte geben, das ist schon deswegen keine schlechte Idee, weil die neuen Bewohner der neuen Wohngebäude in der Nachbarschaft ja auch eine gewisse Nahversorgung brauchen, die Mieteinnahmen daraus könnten für den dauerhaften Erhalt der Reko-Bauakademie eingesetzt werden, in einer Art Stiftungskonstruktion, wodurch die Räumlichkeiten für die Studenten zum besonders günstigen Selbstkostenpreis an die Akademie vermietet oder vielleicht sogar kostenfrei zur Verfügung gestellt werden könnten. Wäre eine runde Sache.


    Aber vielleicht wird dafür hier schon wieder ein zu übermäßig komplitziertes, großes Rad gedreht, mit Findungsveranstaltungen und zig Experten geben sich zu Gehör usw., da ist solch eine IMHO naheliegende Nutzung des Baus wahrscheinlich schon wieder zu banal. Hier wird ja gerade ein immer größerer Erwartungsdruck an eine "kongeniale" und hochtrabende Nutzungskonzeption aufgebaut (nach Loriot: "Ich würde sagen: Verein zur Integration der Begriffe Karneval und Umwelt in die Frau. Das prägt sich auch ein!"). Dem Projekt tut das IMHO nicht gut.

  • Architekturmuseum in rekonstruierter Bauakademie

    Im Humboldtforum werden ab 2019 die Kulturen der Welt gezeigt - doch wo kann man in Berlin eigentlich Architektur im Museum erleben? SPK-Präsident Hermann Parzinger plädiert im Tagesspiegel dafür, die historische Mitte mit einem Architekturmuseum in der rekonstruierten Bauakademie zu vollenden.


    http://www.tagesspiegel.de/kul…-neu-denken/14667944.html

  • Dass sich die TU Berlin, die HdK, die Beuth-Hochschule, die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, die Berlinische Galerie und die SPK auf eine gemeinsames Architekturmuseum einigen scheint unwahrscheinlich.


    Die Konzepte für eine Bauakdemie gehen auch in eine andere Richtung: hier soll Lehre und Diskussion stattfinden und nicht der nächste Kunstkäfig. Das ist wichtig um eine Musealisierung der historischen Mitte zu vermeiden.

  • Die angesprochenen Institutionen würden sich schon einig werden, solange jemand anderes - also wohl der Bund - den Bau und Betrieb eines solchen Museums bezahlt.;)


    Ich sehe aber weniger das organisatorische Problem, als eher den Platzbedarf. Möchte man wirklich ein Museum von Weltrang bauen, welches viele Besucher anzieht, dürfte es kaum reichen, wenn man neben Skizzen, Bauplänen, Architekturmodellen und persönlichen Besitztümern bekannter Architekten nur kleinere Spoilen von Bauwerken ausstellt.
    Das Pergamonmuseum ist nunmal der Publikumsliebling, eben weil es große Ausstellungsstücke bietet, die mit einem Blick beeindruckend sind. Für solch große Architekturbestandteile wird in der wiederaufgebauten Schinkelakademie aber kein Platz sein, dafür ist sie zu klein.


    Ob in dem Gebäude wirklich wieder ein Lehrbetrieb stattfinden sollte, bezweifel ich eher, das kann schnell schief gehen, wenn Institutionen hier zwangsangesiedelt werden. Räume für Diskussionsforen gibt's in Berlin auch jede Menge, mit dem Humboldtforum nebenan entsteht ja gerade auch solch ein Ort.


    Eine museale Nutzung ist schon ok. Herr Parzinger sollte aber ein wenig tiefer stapeln.