Münchner Biergartenratsch

  • Was heute meiner Meinung nach noch dringender fehlt, als Funktionsdurchmischung ist der Sinn für das Schöne am Bau.


    Diesen Sinn kann man nur schwer durchsetzen, zumindest jeder das Schöne etwas anders verstehen könnte. Anders die Funktionsdurchmischung, diese kann man objektiv definieren und vorschreiben - zentrale Viertel ohne EG-Lokale, mit reiner Wohnfunktion oder reiner Bürofunktion, sind zum Scheitern verurteilt. Kürzlich wurde das Thema für ein Düsseldorfer Projekt angesprochen. In München erinnere ich mich an einen Bürobau im Werksviertel (am Ostbahnhof) mit geplanten Büroräumen im EG - an einem Standort, wo ich eher einen Laden oder ein Bistro erwartet hätte.


    Exemplarisch habe ich mir Kap West mit über 40.000 Qm Bürofläche angeschaut - erst die Projektwebseite schreibt was von "Gastronomie, Läden sowie Fitness und Wellness" ohne Flächenangabe. Den Visualisierungen ist diese Funktionsmischung kaum anzusehen, die EG-Gestaltung könnte sich gerne ein wenig von den Geschossen darüber unterscheiden - nicht rastern von Oben bis Unten.


    BTW: Biergartenratsch - was ist eigentlich ein Ratsch? Geht es um Zerrisenheit? Hat es etwas mit dem Abwatschen zu tun?

    Einmal editiert, zuletzt von Bau-Lcfr ()

  • Ich glaube, das ist ein spezifisches Münchner Problem. Da Wohnungen in München Mangelgut sind


    Damit wäre es dann kein spezifisches Münchner Problem, sondern erstens überall wo die Nachfrage das Angebot bei weitem übersteigt, der Fall. Wenn man sich in Europa so umsieht, dann beschreibt dies leider auch häufig die Realität. Mut zu Spektakulärem und Neuem garantiert ja längst nicht, dass die so entstandenen Gebäude auch wirklich schön anzuschauen sind, Urbanität und vielleicht gleichzeitig auch Gemütlichkeit ausdrücken - und das nicht nur für drei, vier Jahre bis die Mode verbraucht ist, sondern dauerhaft.
    Zweitens ist die Schönheit oder vielleicht besser ausgedrückt, die Kunst am Bau, auch in Städten, die einen weniger großen Nachfrageüberhang haben, kaum mehr zu finden.
    Drittens ist z.B. der Prenzlauer Berg in Berlin, um bei deinem Beispiel von vorhin zu bleiben, auch in einer Zeit gravierenden Wohnraummangels entstanden. Von architektonischer Belanglosigkeit kann dort aber wohl kaum die Rede sein ;)
    Ich für meinen Teil kenne kein Stadtviertel in Deutschland, welches in den letzten 60 Jahren entstanden ist, wo ich sagen würde: Hier gefällts mir, hier ist was los, da laufe ich gern durch die Straßen und erfreue mich der Architektur. Zum einen fehlt viel zu oft die dafür nötige Struktur der Straßen und Plätze. Konsequenter Blockrand ist Mangelware. Wilde Vor- und Rücksprünge, kaum vorhandene Sichtachsen oder fehlende Anbindung an die Umgebung. Ein absolutes Negativbeispiel in München dazu ist der Ackermannbogen, der im SZ Artikel passenderweise als "Bauausstellung" tituliert wird. Zum anderen leidet der aktuelle Städtebau, wie von Bau-Lcfr schon angesprochen, an einer passenden EG-Gestaltung, die Leben auf die Straßen zaubert. Vielleicht muss man in diesem Punkt aber auch berücksichtigen, dass es kleine Läden im EG aufgrund unseres veränderten Konsumentenverhaltens, immer schwerer haben, zu überleben. Doch selbst an zentralen, umsatzversprechenden Orten, gibt es häufig nur abweisende Erdgeschosse, wie hier in fast jedem Unterforum beanstandet wird.


    Positive Entwicklungen in Bezug auf die Straßenraumgestaltung sind z.B. Freiham, die Bayernkaserne (wobei dort die Detailplanungen abzuwarten sind) und vielleicht auch die Zschokkestraße (wenn der Entwurf von teleinternet Cafe realisiert wird).


    Gebäude für die Ewigkeit, wie z.B. die jüngst aufwendig erhaltene Fassade der Münzarkaden in der Maximiliansstraße werden wir aber wohl nie wieder hinbekommen.



    Bau-Lcfr: Welches Büroprojekt im Werksviertel meinst du genau?

  • Hallo Mia, Servus an alle in Forum.
    Ein Problem was wir schon oft angesprochen haben. Das "Schöne" im Bauen kommt leider wirklich zu selten. Aber ich habe das Gefühl dass in München die Talsohle durchschritten ist.


    Auf Deine aufgeworfene Frage wo in den letzten 60 Jahren etwas entstanden ist wo man gerne ist, und sich wohlfühlt:
    -Olympiapark München
    -Hafencity HH incl. Elbphilharmonie
    -Ein Geheimtipp ist Görlitz im Osten. Da ist die gesamte Altstadt rekonstruiert worden. Sehr schhön dort, auch von der Natur her
    -Berlin am Tiergarten,PdPl- mit der besten Mall Europas :europa::europa:


    Eine Sacher meinerseits:
    Ich werde ab August für 2Semester in Berlin sein! Ich freu mich schon total. Mal sehen was ich meisten vermissen werde, und was mich dort begeistert.


    Ich habe dann demnächst das Samsung S8 Handy. Sind Handys hier zugelassen als Bildquelle? Das soll sehr gute Bilder machen.


    mfg, Endokin

  • :daumen: War jetzt gerade über Ostern in Berlin zu Besuch und war echt begeistert von den einzelnen Vierteln: Egal ob Hochhauscluster am Potsdamer Platz (je nach Blickwinkel andere schöne Einsichten!:-)), Streetfood Markt @ Markthalle Neun in Kreuzberg, Bikini Berlin/Einkaufsstraßen drumherum, Spree entlang oder die Ubahnlinien/Stationen in der Luft oberhalb der Straße, Politikviertel, usw;) und überall Graffiti, alles hat irgendwie wohnlich/gemürtlich/urban gewirkt :) München hat auch viele super schöne Seiten, trotzdem kann jede Stadt natürlich von jeder auch etwas lernen/abschauen.. ;)

    6 Mal editiert, zuletzt von sweet ()

  • Wenn man die Bahnlinie von Rosenheim bis Hbf fährt, dann sieht man sehr viel Graffiti. Ab Trudering nimmt es immer mehr zu. In der Münchner U-Bahn, in den Tunneln selber ist es eher weniger. Die Bahnanlagen sind halt generell in jeder Stadt für Sprayer wie gemalt. Und Zugdepots. Aber die werden mittlerweile wie Tresore bewacht.
    Tresor ist ein guter Stichpunkt. Ich freue mich natürlich in Berlin auf ein komplett anderes Nachtleben als in München. So von der Stadt her ist es ja vergleichbar. Beides groß, aber beides auch iwie Dorf. Alleine Nachts rumlaufen ist vielleicht keine gute Idee- Es wird sich zeigen.

  • Und ich dachte bereits, jemand hätte im Wort Tratsch das T vergessen...


    Ich für meinen Teil kenne kein Stadtviertel in Deutschland, welches in den letzten 60 Jahren entstanden ist, wo ich sagen würde: Hier gefällts mir, hier ist was los, da laufe ich gern durch die Straßen und erfreue mich der Architektur. Zum einen fehlt viel zu oft die dafür nötige Struktur der Straßen und Plätze. Konsequenter Blockrand ist Mangelware.


    So ganz schlimm ist es auch wieder nicht - etwa im Düsseldorfer Grafental bemüht man sich um Blockrandstruktur, ein Platz mit ein paar Ladenlokalen ist ebenso entstanden. Im ersten Bauabschnitt bemühte man sich mehr um differenzierte Fassadengestaltung, später wurden daraus je ein paar Fassadenvarianten zzgl. bisserl random Windows. Einige Teile der Siedlung besuche ich dennoch gerne - ein paar weitere Quartiere wüsste ich ebenso.


    Bau-Lcfr: Welches Büroprojekt im Werksviertel meinst du genau?


    Hier habe ich das Fehlen der EG-Lokale im Highrise One kritisiert.


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    Erg.: Gerade gefunden - demnach behauptet ein früherer Frankfurter Planungsdezernent, die Münchner städtische Gestaltungskommission würde seit Jahrzehnten mit Erfolg arbeiten - dann müsste was davon sichtbar sein? Hier das Interview im Original - u.a. mit Klagen über "einfallslose Lochfassaden", wie sie auch im DAF immer wieder negativ auffallen.


    Und wenn wir schon dabei sind - die Rasterfassaden von Kap West wären mir differenzierter gestaltet lieber. Auf der Visualisierung unter #47 sieht man, dass die gleiche Gestaltung beider Türme langweilig wirkt.

    4 Mal editiert, zuletzt von Bau-Lcfr ()

  • Bau-Lcfr:


    Es gibt sicherlich einige ganz gut gewordene Quartiere in Deutschland, die rein architektonisch recht nett anzusehen sind. Dein Düsseldorfer Beispiel kann mit reichlich Klinker und differenzierter Fassadengestaltung aufwarten, auch die Dichte scheint zu stimmen. Ohne je dort gewesen zu sein, kann ich auf den Bildern aber nicht wirklich diese Gemütlichkeit, dieses Urige und dennoch Urbane ausmachen, das einen in Altbauvierteln sofort umgibt. Ob es an den fehlenden Sattel- und Walmdächern, den generell eher dunkel gehaltenen Gebäuden oder der nur schwach ausgeprägten Erdgeschosse liegt? Heute wird eben viel Geld im Inneren der Gebäude ausgegeben: diverse Dämmungen, kilometerlange Kabel, umweltschonende Heizsysteme, Internetanschluss in jedem Zimmer, Highend Küchen mit mehr Herdplatten als Töpfen usw. Das entspricht heute nun mal unseren Ansprüchen.


    Zum Frankfurter Planungsdezernenten: Da lobt ein Planer einen Anderen ;). Die Gestaltungskommission verhindert praktisch nur bei stark sichtbaren Neubauten die größten Übel und gibt Empfehlungen aus, wie diese etwas besser gestaltet werden könnten. Der große Effekt bleibt da natürlich aus.


    Das Kap-West sehe ich ähnlich kritisch wie du. Das Einzige was an dem Projekt halbwegs in Ordnung geht, ist der leichte Versatz des höheren Turmes und dass es eine Brachfläche füllt. Ansonsten fügt sich die monotone Fassade nahtlos in den Rest des Hirschgartens ein. Alle anderen Entwürfe für dieses Baufeld waren leider ebenso langweilig.


  • Quelle: https://www.muenchen.de/rathau…tungen/Urbanes-Leben.html


    Interview in der AZ, in dem schon wieder das Szenario der Funktionsmischung, sowie der Rückgewinnung des Straßenraumes für u.a. Fußgänger gesprochen wird: http://www.abendzeitung-muench…da-93fa-0e50eeee1be8.html

  • Microsoft will Lab für Internet der Dinge und KI in München bauen.


    Oha, und das nachdem auch IBM mit Watson in München ist. Ich wette, dass die Parkstadt Schwabing sich bald über ein neues Microsoft Gebäude freuen darf.

  • Unterhaltsam?
    Ich finde es ist einfach nur deprimierend, weil er schon sehr nah an die Wahrheit kommt und das ambivalente Gefühl das viele bei München haben gut ausdrückt.

  • Um Himmels Willen, was ist das denn für ein komischer Beitrag? Ich finde das einfach nur schlecht geschriebenes, inhaltsloses Gebashe ohne jeglichen Bezug. Unterste Schublade :Nieder: