Fischerinsel / Petriplatz / Breite Straße

  • Ich kann mein Urteil nicht revidieren. [...] Kleine windschiefe Häuschen.


    Unrenoviert vielleicht. Renoviert wären das heute Top-Adressen - eine Entwicklung, die sich in eigentlich allen noch erhaltenen Altstadtquartieren beobachten lässt.


    Nebenbei bemerkt kämen die meisten DDR-Wohnbauten im heruntergekommenen Vorwendezustand der von Ihnen weiter oben gewählten Bezeichnung "Slum" sehr viel näher.

  • ... Tosender Verkehr, Abgaswolken und kein Grün...


    Mit weniger Autospuren und mehr Bäumen wäre Gran Via noch besser, doch ich glaube nicht, dass die Verkehrsdichte der mehrspurigen Leipziger Straße geringer ist. Diese Hauptschneise der Fischerinsel hat keine Läden am Straßenrand, keine Lokale - nichts, was animieren könnte, entlang zu gehen. Ganz im Gegenteil zu Gran Via - wir fingen beim letzten Madrider Besuch jeden Tag mit dem Frühstück in einem der Lokale an der Straße an.
    Viele der Pariser Boulevards, besonders die Avenue des Champs-Élysées, haben ebenso viel Verkehr, doch sie bieten auch einiges an, was zum Kommen einlädt. Die Leipziger Straße hat nur den Verkehr, bis auf die wenigen Lokale [URL='https://www.google.de/maps/place/52%C2%B030'47.0%22N+13%C2%B024'24.0%22E/@52.5135052,13.4051208,3a,27.2y,89.4h,89.76t/data=!3m6!1e1!3m4!1sVjMZyG939Ltn0GOqSHrggg!2e0!7i13312!8i6656!4m5!3m4!1s0x0:0x0!8m2!3d52.513056!4d13.406667']hier[/URL]. Ein Rückbau der Autospuren würde die Lage etwas beruhigen, doch das alleine würde die Straße noch nicht zum lebenswerten Raum machen.


    Wurden hier nicht mal Entwürfe gepostet, wie man die Fischerinsel mit kleinteiligeren Bebauung ergänzen könnte?

  • Ich sehe die Entwicklung des Bereiches Mühlendamm / Köllnischer Fischmarkt relativ gelassen. Dieses Gebiet ist ja eine Art Vorzeigeprojekt der Liebhaber des alten Stadtgrundrisses. Bei der Neuplanung dieses Bereiches haben sich Moderne-Fans vollkommen herausgehalten, so dass die diversen historistischen Initiativen (Planungsgruppe Stadtkern, Gesellschaft Historisches Berlin etc.) hier freie Bahn hatten. Und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hatte diese Initiativen auch umfassend einbezogen, es wurde sogar ein schon beschlossener Bebauungsplan geändert, weil die Planungsgruppe Stadtkern Änderungswünsche hatte.
    In ein paar Jahren werden wir sehen, wie das Ergebnis aussieht und ob sich die versprochene Urbanität wirklich einstellt.


    Und was die Fischerinsel angeht: Hier sind sich zum Glück alle einig, dass die WBM-Hochhäuser ein wichtiges Instrument einer sozialen Stadtentwicklung sind und dass sie unbedingt erhalten werden müssen. Streit gibt es um das geplante Hochhaus am Mühlendamm. Wie dieser Streit ausgeht, werden wir sehen.

  • ^ Bei welchem Projekt genau wie sind vom alten Stadtgrundriss resultierende Anregungen eingeflossen?


    Ich habe selber gegoogelt und diese Webseite gefunden - mit 3-4-geschossiger kleinteiliger Blockrandbebauung (Fassaden möglichst an alte Vorbilder angelehnt), nach dem Rückbau einiger Autospuren, könnte man das Quartier ergänzen. Wichtig wären Ladenlokale entlang der Hauptstraße, die dadurch wieder zum Ort öffentlichen Lebens geworden wäre.

  • Langsam wird er wirklich ermüdend: beim Petriplatzprojekt hatten keineswegs die historischen Initaitiven "freie Bahn". Sie haben gegen die Zusammenfassung der Parzellen beim Hochtief-Hochhaus genauso protestiert wie gegen die absurde Form des Archäologischen Zentrums. Gegen die geplante Verbreiterung der Gertraudenstraße (ja, an der Brücke wird die Straße durch die Umgestaltung breiter, nicht schmaler), haben diverse Initiativen im Abgeordentenhaus demonstriert. Die Fassaden sind alle ausschliesslich Lüscher-Schiessscharten-Style und die weiteren Neubauten an der Breiten Straße werden das auch fortsetzen. Die Ausbildung des Petriplatzes als Hochplatz ist abstruse 70-er-Jahre Städtebau. Die Initiativen hatten es zwar geschafft, den ersten B-Plan zur Neuauslegung zu zwingen - es ist aber nur noch schlimmer geworden. Gelernt hat der Senat aus dem Desaster nichts - dabei könnte der Grundsatz "Erst graben-dann Planen" den Senat in der Altstadt vor solchem Scheitern schützen.


    Insofern kann von einer Urheberschaft dieser städtebaulichen und architektonischen Geisterbahn auf der Seite der "historischen Initiativen" keine Rede sein. Das weiss Klarenbach auch, er müsste nur in diesem Strang zurückblättern. Mit dem Ergebnis muss Frau Lüscher mit ihrer Wettbewerbskultur schon allein klarkommen (alle Neubauten sind Ergebnisse von Wettbewerben auf Initiative der Senatsbaudirektorin).


    Der Verkehr hat auf der Ostwestachse Leipziger Platz - Molkenmarkt in den letzten Jahren zudem nicht ab- sondern zugenommen. Hier gibt es keine Initiative diese Stadtautobahn durch die Altstadt zurückzudrängen. Insofern wird sich das Grauen wohl weiter entwicklen.

  • Das, was da einmal vor dem Krieg stand und von euch auf pittoresken s/w Aufnahmen vorgezeigt wird, stand dort nicht Jahrhunderte, sondern Jahrzehnte. Es ist siedlungsgeschichtlich ein Kern des heutigen Berlin, aber die Vorkriegsbebauung war eben kein Zeugnis der Entstehungsgeschichte Berlins sondern selbst vergleichsweise neu.


    Berlin ist als Stadt nicht alt und trotzdem gibt es außer ein paar Kirchen wie zB der Marienkirche eigentlich fast nichts, was aus der Frühzeit Berlins noch übrig ist. Das war vor dem Krieg übrigens ganz genauso. Denn insb. im Zuge der Industrialisierung hat man, für die von euch als so charmant empfundenen Blockrandbauten mit bischen seriellem Stuck an der Fassade, die letzten Reste des mittelalterlichen Berlin fortgerißen. Darum macht man jetzt ja so einen Bohai um ein paar olle Kellermauern vor dem Roten Rathaus, von wegen Vorschläge zu einem "Archäologisches Fenster" usw.


    Ich fände natürlich auch schön, wenn es das Viertel heute noch gäbe und es wäre natürlich saniert kein "Rattenloch", sondern ein niedliches Schmuckstück, das an manche Stadt in den Niederlanden erinnert. Aber deswegen Rekonstruktionen? Das, was dieses Gebiet so charmant machte, Improvisation im Detail, Kleinteiligkeit, "die Perfektion des Unperfekten", kann man nicht rekonstruieren. Da auch nichts mehr übrig ist, an das man historisch anknüpfen könnte, ergibt das hier einfach keinen Sinn. Es ergibt wesentlich mehr Sinn, sich zB auf die Museumsinsel zu konzentrieren, wo zB das relativ unumstrittene Projekt der Rekonstruktion der Bauakademie immer noch auf eine Realisierung wartet. Dort kann sie auch an ein entsprechendes Umfeld anknüpfen. Meinetwegen kann man die grobschlächtigen Pseudorekonstruktionen im Nikolaiviertel auch noch etwas verfeinern. Und in den Bezirken gäbe es auch noch das ein oder andere reizvolle Rekoprojekt, bis hin zu manchem schönen Bahnhofsbau, wie zB die Vollreko des alten Bahnhofs inkl. Kuppel Nollendorfplatz usw. Eben überall, wo mit einer Reko an Reste historischer Bebauung anschließen kann und auch die Dokumentation der historischen Bebauung recht gut ist, sodass es auch eine echte Reko wird und kein Fantasieprodukt. Fischerinsel/Petriplatz ist hingegen DDR Aura pur. Da gibt's nichts mehr, an das man anknüpfen könnte und die Dokumentation der alten Bebauung ist ebenfalls nur fragmentarisch vorhanden.


    PS: um einmal zu illustrieren, dass hier nichts aber auch gar nichts mehr aus dem alten Berlin vorhanden ist, das hervorstechendste Gebäude, das noch teilweise mit einer "historischen" Vorkriegsfassade vorhanden ist, ist der Neubau vom Kaufhaus Hertzog in der Brüderstraße. Und der wurde erst 1909 gebaut!

  • Ich sprach vom hervorstechendsten, nicht vom einzigen, Bau mit historisch anmutender Fassade.


    Deine Beispiele lassen auch allesamt deutlich ihre junge Geschichte erkennen. Der Bereich ist seit dem 13. Jahrhundert besiedelt und mir ist nur von einem Haus sicher bekannt, dass dieses vor dem 19. Jh. gebaut wurden und das hat sich dann auch gleich die Stiftung Denkmalschutz geholt und saniert (das Nicolaihaus, auch kein riesiger Pracht- oder Leitbau).


    An die paar Fragmente Vorkriegsarchitektur, fast alles davon aus dem "langen 19. Jahrhundert", lässt sich einfach nicht schlüssig anknüpfen. Und nochmal - zu Rekonstruktionen fehlen die entsprechenden Dokumentationen (detailierte Baupläne, usw. - man weiss bei den meisten Häusern nichtmal in welcher Bauweise diese errichtet wurden, nur die Fassadenansicht alter Fotos nachzubauen reicht nicht, soll es nicht tatsächlich ein peinliches "Disneyland" werden).


    Nochmal, anstatt hier vergebene Liebesmüh zu investieren lieber dort für Rekos eintreten, wo sie realistisch sind, siehe oben.

  • ^ Wie schon mal erwähnt - in Breslau, Warschau, Danzig usw. dort, wo die Dokumentation fehlte, wurde nach dem allgemeinen Wissen über die Baustile und u.U. die Bautechnologien entworfen. Das Ergebnis wirkt keinesfalls wie "Disneyland", sondern wie lebendige Altstädte - mit jedem Jahrzehnt authentischer. Einmal durchgezogen und man hat etwas, womit man trumpfen kann. Die rekonstruierte Warschauer Altstadt schaffte sogar zum Weltkulturerbe.


    Ich wüsste auch nicht, was die jetzige Stadtgröße an der Gültigkeit der Vorbilder stören sollte - die altstädtischen Bauten werden dadurch nicht gravierend anders. (In der Entstehungszeit der Vorbilder war übrigens Breslau größer als Berlin, dafür Warschau und Danzig kleiner, jetzt ist Warschau mindestens halb so groß wie Berlin - na und?)

  • ^ Der Unterschied ist der, dass Berlin, mit seiner ganz eigenen Geschichte, wieder aufgebaut wurde und nun eine andere Situation, auch andere Notwendigkeiten, als vor Jahrzehnten, als der Krieg noch ganz andere Schatten als heute warf, bestehen. Die Warschauer Altstadt wurde aus Trümmern aufgebaut. Das kann man mit Berlin heute nicht vergleichen.


    Es bräuchte also einen Willen, getragen von mindestens einer kritischen Masse an Berlinern, um die ehemalige Altstadt in diesem Bereich hier wieder herzustellen, und mann müsste dafür (mehr oder weniger) intakte Strukturen zerstören.


    Aber ich glaube es ist keine wirklich gute Zeit hierfür Mehrheiten zu gewinnen.


    So wird das House Of One und das archeologische Zentrum einen kleinen Blick in die Vergangenheit erlauben.


    Ansonsten, halte ich das für eine recht hypothetische Diskussion. Realer wäre eine Diskussion über das was viel wahrscheinlicher Realität wird, hier an diesem Ort.

  • ^^ ... und das geht bis dahin, dass die Zeitgenossen, die das alte Warschau vor dem Krieg ganz genau kannten, das neue Warschau nach dem Krieg, ihre alten Häuser, auch gleich wieder aufbauten. Und, Ungenauigkeiten im Detail hier und da, genau sagen konnten "so in etwa war es, nein das gehört woanders hin, ja genau so sah es aus...". Und zur Lebzeit der Wiederaufbaugeneration baute man ja noch so, da waren Stuckateur usw. noch Massenberufe, waren gußeiserne Zierelemente noch eine übliche Fertigungstechnik, usw.


    Es gibt aber diese Zeitzeugen nicht mehr. Selbst wer vor den Kriegszerstörungen gerade 18 Jahre alt war wäre jetzt schon fast 100 Jahre alt, kaum ein Mensch lebt so lange, geschweigedenn mit fotographischem Gedächtnis und zur halbwegs authentischen Reko braucht man nicht nur die lebendige Erinnerung einzelner sondern tausender Menschen, deren Erinnerungen man wie Puzzleteile zusammentragen kann um daraus eine möglichst authentische Reko zu formen.


    Diese Gewerke gibt es de facto auch nicht mehr, das sind heute alles kunsthandwerkliche Einzelanfertigungen. Die klassische Bauweise mit Stuck usw. war ja direkt nach dem Krieg noch keine historische Bauweise, alle die damals im mittleren Alter als Bauarbeiter, Handwerker oder Architekten lebten kannten den Bau solch klassischer Gebäude als Alltagsgebäude noch selbst, die heute normale Bauweise mit Stahlbeton, Purismus, usw. war damals ja die Ausnahme und der "neueste Schrei". Heute weiss kein normaler Handwerker, egal wie gut qualifiziert, mehr wie man in der Gründerzeit gebaut hat.


    Da ist einfach der Faden abgerißen. Es hätte natürlich auch in Berlin die Möglichkeit einer Rekonstruktion des Vorkriegsberlin gegeben, aber der - zur Stunde Null nachvollziehbare - "Ruinenschuldkult" hat eben dazu geführt, dass man mit einer Rekonstruktion irgendwie politisch auch eine Restauration verband und man wollte ja den "cut" mit der politischen Geschichte, was man meinte eben auch mit einem "cut" in der Architektur manifestieren zu müssen. Das mag man rückblickend etwas neurotisch und überzogen finden bzw. auch rücksichtslos gegenüber uns Nachgeborenen finden, aber so war es halt und das Rad lässt sich nur noch punktuell, bei wenigen gut dokumentierten Leitbauten oder auch bei penibel dokumentierten Altstädte wie zB in Frankfurt/Main, zurückdrehen.

  • Die von Spreetunnel verlinkten Beispiele sind - mit Ausnahme des gründerzeitliche Hochzeitshauses - DDR-Rekonstruktionen. Zusammen sollte das Ensemble als "Traditionsinsel" fungieren. Dieser nette DDR-Begriff trifft es ganz gut.

  • Es bräuchte also einen Willen, getragen von mindestens einer kritischen Masse an Berlinern, um die ehemalige Altstadt in diesem Bereich hier wieder herzustellen [...].


    Ich glaube, um eine 1:1-Rekonstruktion des Zustandes vor der endgültigen Zestörung des Gebietes (die erfolgte erst ab 1962, nicht schon im Krieg) geht es den wenigsten. (Mir jedenfalls nicht.) Es wäre meiner Meinung nach aber schon erstrebenswert, hier eine Bebauung zu haben, die sich an der historisch gewachsenen Struktur orientiert.


    Die austauschbaren Wohnhochhäuser, die die DDR uns an dieser Stelle hinterlassen hat, werden der Bedeutung und Lage der Fischerinsel jedenfalls nicht gerecht und könnten so an jeder x-beliebigen Vorstadtkreuzung stehen.

  • [...] der - zur Stunde Null nachvollziehbare - "Ruinenschuldkult" hat eben dazu geführt, dass man mit einer Rekonstruktion irgendwie politisch auch eine Restauration verband [...]


    Nee, einen "Schuldkult" – oder selbst ein offen eingestandenes Schuldbewusstsein – hat es in der Nachkriegszeit weder in der DDR noch in BRD gegeben. Es gab nach Kriegsende keinen "Mein Gott, was haben wir getan!"-Moment. Vielmehr herrschte lange Zeit Selbstmitleid vor: Erst sei man von Hitler verarscht und dann von den Alliierten ungerechtfertigt für dessen Sünden bestraft worden. So war die Stimmung. Der Städtebau der 50er- und 60er-Jahre hat nichts mit Schuldgefühlen zu tun, sondern mit Mangel (an Wohnraum), mit Notwendigkeit (durch knappe Mittel) und mit technokratischen, aber utopisch gemeinten Konzepten aus den 20ern, die nun umgesetzt werden konnten.


    Auch wenn es heute schwer vorstellbar ist: 1955 erschien es vielen Bundes- wie DDR-Bürgern attraktiver, in einem 45 Grad zur Straße gebauten, von Rasen umgebenen Neubau zu leben, als in einem stuckverzierten Gründerzeitbau ohne Zentralheizung und mit Klo auf halber Treppe. Und dass ein spätmittelalterliches Fachwerkviertel einen sehr attraktiven Lebensraum abgeben kann, sobald es nach modernen Standards saniert ist – das ist eine Erfahrung, die Westdeutsche erst ab den 70er-Jahren gemacht haben, und Ostdeutsche sogar noch später.


    Zitat von Konstantin

    Zusammen sollte das Ensemble als "Traditionsinsel" fungieren. Dieser nette DDR-Begriff trifft es ganz gut.


    Nochmal nee: "Traditionsinsel" ist kein DDR-Begriff, sondern einer, der im Nachkriegs-Städtebau in Ost wie West verbreitet war. Ich komme aus Braunschweig, und dort hat man fünf Traditionsinseln bewahrt, restauriert oder zusammengestückelt, die inmitten einer modernen Großstadt (das ist sie, Konstantin ;)) zwischen sechsspurigen Durchgangsstraßen die Erinnerung an die Vergangenheit lebendig halten sollten.


    Was die Fischerinsel betrifft:
    Erstens müssen die Hochhäuser erhalten bleiben. Ich mag sie nicht, aber sie abzureißen wäre angesichts der aktuellen Wohnraumknappheit Wahnsinn.
    Zweitens muss das Viertel eine urbane Struktur zurückerhalten, die ihr momentan völlig abgeht. Bewerkstelligen könnte man das durch die Definition städtischer Räume mittels Blockrandbebauung um die und an den Hochhäusern.
    Drittens hielte ich es für ein Hindernis, bei der Anlage neuer Straßen den alten Stadtgrundriss zu kopieren. Der würde im Schatten der Hochhäuser und angesichts der Verkehrsachse Gertraudenstraße keinen angemessenen Maßstab abgeben. Sinniger wäre es, in der Größenordnung des gründerzeitlichen Rasters zu denken, also etwa in 100x100-Meter-Blöcken.
    Viertens stellt die Getraudenstraße ein Hindernis dar, das die Rückverwandlung der Fischerinsel in ein zusammenhängendes Stadtviertel verhindert. Damit muss man leben, denn angesichts ihrer Bedeutung für den Autoverkehr wird man diese Straße nicht auf ihre frühere, rein lokale Funktion eindampfen können. Man sollte sie verschwenken und um zwei Spuren verschmälern – mehr ist auf absehbare Zeit nicht drin.

  • ... und das geht bis dahin, dass die Zeitgenossen, die das alte Warschau vor dem Krieg ganz genau kannten, das neue Warschau nach dem Krieg, ihre alten Häuser, auch gleich wieder aufbauten.


    Selbst in Warschau stimmt das nur teilweise - viele einstige Warschauer kamen im Krieg um (alleine im Warschauer Aufstand ca. 200.000, ein erheblicher Teil der Vorkriegsbevölkerung), viele siedelten woandershin, dafür kamen viele Leute u.a. aus dem einstigen Ostpolen. In Breslau und Danzig wurde die Bevölkerung fast komplett ausgetauscht - polnische Architekten (die nie zuvor in der Stadt gelebt haben) bauten auf, was einst deutsche Architekten entworfen haben.
    Sehr oft wurden nicht die Jahrhundertwende-Geschäftshäuser wiederaufgebaut (die überhaupt jemand kennen könnte), sondern viel frühere, zum Gesamtensemble passende - die keine lebende Person gesehen hat. Soweit ich weiß, im Falle von Warschau waren u.a. die Gemälde Canalettos eine große Hilfe.


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    Erstens müssen die Hochhäuser erhalten bleiben.


    Selbst die Reko-Initiative, derer Webseite ich ergoogelt und hier verlinkt habe, fordert keinen Abriss - vorerst. Ich bezweifle, dass sie so lange wie die Pyramiden Ägyptens halten werden.


    Drittens hielte ich es für ein Hindernis, bei der Anlage neuer Straßen den alten Stadtgrundriss zu kopieren.


    Hauptsache, die Straßenblöcke sind halbwegs mit jenen Alt-Cöllns vergleichbar - und die Standorte jetziger Hochhäuser können irgendwann vernünftig ergänzt werden, wenn diese in x Dekaden fällig sind.


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    Erg.: Da heute einige Fotos aus der Gegend gepostet wurden - einige von mir in der Galerie.

    Einmal editiert, zuletzt von Bau-Lcfr ()

  • WBM-Neubau Fischerinsel

    Leider habe ich das WBM-Projekt in diesem Strang auf die Kürze nicht mehr gefunden.
    Hier ein Foto von heute. "Archäologische Grabungen" mit zwei Baggern (!) sind in vollem Gange. Was da wohl gefunden wird außer ein paar Grundmauern?


  • Die Debatte über das geplante WBM-Hochhaus am Mühlendamm geht weiter. Laut einem Artikel des Tagesspiegel von heute hat sich auch Mittes neuer Baustadtrat Ephraim Gothe gegen das Hochhaus ausgesprochen.
    Ansonsten scheint in Berlin die große Harmonie ausgebrochen zu sein, denn aus dem Artikel geht auch hervor, dass Gothe in fast allen Fragen der Gestaltung der Berliner Mitte auf einer Linie mit der künftigen Bausenatorin Katrin Lompscher liegt. Wenn man bedenkt, dass Gothe ein enger Vertrauter von Hans Stimmann war, ist diese Entwicklung überraschend positiv.
    http://www.tagesspiegel.de/ber…auptbahnhof/14896806.html