Quartier Central (ehemals Güterbahnhof Derendorf)

  • Mir gefällt île attitude auch am schlechtesten - wenn auch aus anderen Gründen: Es ist eben Retro und strahlt auch deswegen eine ziemlich aufgesetzte Herrschaftlichkeit aus. Ironischerweise sind dort die größten und teuersten Wohnungen. Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass sich in Düsseldorf genug Möchtegerns und Snobs finden werden, die dort rein wollen, Banausen.


    Mein persönlicher Favorit ist übrigens île Conscience.

  • Retro kann durchaus gefallen. Nur müssen die Baumeister verstehen, daß "Klassizismus" nicht meint, klobige Versatzstücke an eine wuchtige Fassade zu klatschen. Und dann die Fenster...

  • Mir leuchtet immernoch nicht recht ein, wo der Unterschied zwischen einem Retroarchitekten und einem Kopisten liegen soll. Die Ideen vergangener Epochen aufzugreifen ist sicher nicht verwerflich, vorausgesetzt, dass man die Ideen weiterentwickelt, ergänzt und in unsere Zeit übersetzt. Ein Planer, der nur nach dem Baukastenprinzip die (alten oder neuen) Ideen anderer aufgreift und versucht das ganze als Retro oder historisierend zu verkaufen, ist kaum mehr als ein mutloser Scharlatan.


    Konkret: Das Stadtbild Düsseldorfs hat mit demjenigen des beginnenden 20. Jhdts wenig zu tun. Folgerichtig müssen Gebäude heute auch anders aussehen, um eine Weiterentwicklung der Stadt zu sein und kein Fremdkörper in der selben.


    Fairerweise: Es wird allerdings auch deutlich schlechteres gebaut, als île attitude und immerhin hat man sich jegliche Experimente mit Stuck o.ä. verkniffen.

  • Wieviel Mut hat denn ein Architekt, der uns lustlos die 300.000 Wiederholung der über 80 Jahre alten Entwürfe von Gropius und Mies zumutet? Und dann noch ungelenk ausgeführt und schön billig, mit den praktischen Plastikfenstern und der schicken 12-Zentimeter-Mineralwolle-Dämmung plus Plastikputz in Weiß! Wo sind denn da die eigenen Ideen bitteschön?

  • ^Das ist ja meine Rede. Wer sich nicht traut eine eigene Idee zu entwickeln und auf ihr zu bestehen, sollte besser Sachbearbeiter im Tiefbauamt werden.


    €: Oder meintest Du ernsthaft île conscience? Da erkenne ich weder Plastikfenster noch Gropius oder Mies - klare Ecken und Kanten würde ich noch nicht als Ideenklau bezeichnen, sonst wären wohl die meisten Bücherregale Mies-Plagiate. Die Lösungen mit den Schiebepanelen und der Dachterrasse sind so einfach wie schlüssig.

  • Wenn der Verzicht auf Stuck tatsächlich eine bewußte Entscheidung war, stecken bei so einem Ding wie île attitude bestimmt keine künstlerischen Erwägungen dahinter.

  • Eines ist zumindest sicher - Düsseldorf wird durch das Projekt gewinnen. Wer das Dorf an der Düssel nicht kennt, erschrickt immer wieder über den Eindruck, der sich bei der Stadtdurchfahrt mit der Bahn bietet, vom aufgelassenen Güterbahnhof bis zum Stundenhotel...


    Wichtiger als die konkrete Fassadengebung ist eine stimmige Integration in die Bestandsbebauung, und die scheint nach der Planung durchaus gegeben.


    Skeptisch bin ich hinsichtlich des Investors: Wer es wagt, aus einem der schönsten Kinosäle der Republik (Metropol Bonn) ein Kaufhaus machen zu wollen, ist zu Einigem fähig.


    Eine historische Rekonstruktion als Willensakt in einem großflächig neuzuplanenden Viertel halte ich ebenfalls für problematisch, da schlicht Anknüpfungspunkte in der Umgebung fehlen. Gäbe es historische Substanz, wäre diese als Ausgngspunkt für die Quartiersplanung nutzbar. In Derendorf sollte man den Mut aufbringen, im wahrsten Sinne des Wortes Neuland zu betreten. Der Stadt Düsseldorf traue ich in dieser Hinsicht durchaus einiges zu.

  • Molinari,


    ich bezog mich auf diese Passage in #24:

    Fairerweise: Es wird allerdings auch deutlich schlechteres gebaut, als île attitude und immerhin hat man sich jegliche Experimente mit Stuck o.ä. verkniffen.


    Das war nicht ganz so leicht zu erraten, muß ich zugeben.

  • ZET-101: Ah, va bene; @formschön: Ach, das ist der gleiche Investor, der auch beim Metropol...


    Der 50er/60er-Jahre-Bestandsbebauung kann man durchaus einen Kontrapunkt entgegen setzen - zumal man auf einem 30ha großen Areal schon einen neuen urbanen Raum schaffen kann, was ja mit der geplanten Allee auch geschieht - siehe hier:




    Wie formschön schon sehr treffend ausführt, handelt es sich überhaupt nicht um eine Rekonstruktion, sondern eben um Neuland. Dass man mit so etwas in Düsseldorf umgehen kann, zeigt der Medienhafen sehr deutlich - wenn es dort auch bislang keine Wohnbebauung gibt.


    Ein solches - offenkundig explicit gewollt - großbürgerliches Haus wie île attitude passt zu dieser Ausgangslage jedoch überhaupt nicht! Das ist nämlich weder architektonisches Neuland, noch angepasstes Bauen im Bestand (was ich für eine unterschätzte Disziplin der Baukunst halte): Düsseldorf ist zwar in erheblichen Teilen großbürgerlich geprägt, aber Derendorf doch nicht! Entlang der Bahnschneise finden sich die alten Arbeiterviertel in Nachbarschaft zu den einstigen Arbeitsstätten, den ehemaligen Fabriken und Güterbahnhöfen. Auf dem Güterbahnhof Derendorf hat vor nicht allzu langer Zeit noch Rheinmetall seine Maschinengewehre verladen.


    Wenn ich darüber nachdenke, in welchen Stadtteilen etwas wie île attitude mit seinem Auftreten und immerhin sechs Geschossen nicht zu dick aufgetragen wäre, so fällt die Liste sehr kurz aus: Teile der Carlstadt (Königsallee, Rheinufer), Teile von Oberkassel, die Cecilienallee an der Engländerwiese in Golzheim - andere Gegenden sind entweder nicht bourgeois genug oder weit niedriger bebaut.

  • http://www.rp-online.de/public…-stadt/nachrichten/421824



    Ich finde ganz nebenbei angemerkt alles was da gebaut wird in Ordnung, auch wenn es teilweise nicht dahin passt. Aber damit setzt man Akzente und die Region entwickelt sich weiter - die Muensterstrasse z.B> ist ziemlich vergammelt und koennte auch eine Aufwertung vertragem anders weiter RIchtung Westen der Muensterstrasse Richtung Klever Strasse...

  • Laut Antenne Düsseldorf und NRZ haben die zukünftigen Bewohner des Quartiers dann bis 2020 eine Baustelle vor der Nase.


    Insgesamt finde ich das Projekt, das direkt vor meiner Haustür liegt, aber rundum gelungen.

  • Insgesamt finde ich das Projekt auch sehr gut - wenn man das Haar in der Suppe wirklich sucht, findet sich halt meistens irgendeins...


    Die Animation (RP-online, #33) der hohen Bürobauten an der Bahnstrecke finde ich auch sehr vielversprechend - wunderbar auch die Freiraumgestaltung mit der Allee und insgesamt 1200 Bäumen!

  • Noch ein paar Fakten:

    Endlich Klartext: Das Gesamtinvestitionsvolumen für das neue Viertel wird mit €750mio beziffert!


    Die Allee soll eine Breite von 60m besitzen!


    (NRZ)

  • Dreizehn Jahre erscheinen mir schon realistisch - die Bürobauten sind die einzige Unbekannte in den Planungen: Sie sollen halt an der neuen Entlastungsstraße entlang der (dann sechsgleisigen?) Bahntrasse liegen und sind u.U. schwer zu vermarkten...


    ...wenn der Büromarkt sich weiter so gut erholt, können die Büros aber auch sehr schnell verwirklicht werden. Es sind in Ddf aber schon enorm viele Büroprojekte in konkreter Planung und diese sind wohl weniger interessant als Sachen im Zentrum, im Hafen oder am Flughafen. Andererseits ist es schon repräsentativ an der neuen Allee...


    http://www.wz-newsline.de/sro.php?redid=151747

  • Die RP hat gestern noch einen interessanten Artikel veröffentlicht. Ein viertel der Fläche werden zum Park. Die "grüne Lunge" begrüße ich im übrigen sehr.

  • In der RP steht heute ein informativer Artikel zum Wohnungsbau im neuen "Quartier Central". Insgesamt hört sich das recht gut an. Aber das Wohnen dürfte dort für viele zu teuer sein.