Kurfürstliches Bonn Teil I und II

  • Herrje! Wenn ich gewußt hätte, was ich mit meiner Äußerung anrichte, hätte ich wohl besser die Klappe gehalten. Jetzt traut sich wahrscheinlich niemand mehr, etwas zum eigentlichen Thema zu sagen.



    lomolo
    was mich an dem gezeigten Gebäude stört: man sieht ihm seine Geschichte nicht mehr an. Ich beobachte mit einem gewissen Widerwillen, wie wenig Respekt oftmals bei der Modernisierung alter Bausubstanz der Geschichte des Gebäudes, seinen Qualitäten und der Leistung seiner Erbauer gezollt wird. Während heutige Architekten sich jede winzige Veränderung an ihren Gebäuden zur Genehmigung vorlegen lassen (im Schürmann-Bau ist sogar das Plakatieren! verboten), wird historische Bausubstanz und der sie schützende Denkmalschutz allzu oft nur als lästiges Hemmniss bei der Durchsetzung individueller Interessen verstanden. Gute Beispiele in Bonn dafür sind zum Beispiel das Geschäftshaus In der Sürst (Mambo), an dem nur noch ein fast höhnisch wirkender Abguss eines Ornaments von der Geschichte des Hauses zeugt. Der Rest ist viel Glas und steriler weißer Putz. Nicht viel anders ist das Resultat, das nach Umbau eines historischen Gebäudes am Dreieck zu „bewundern“ ist: nur noch sterile Ödnis zwischen schmucker gründerzeitlicher Pracht. In beiden Fällen fragt man sich, welche Funktion der Denkmalschutz eigentlich hat. Daß es auch anders geht, zeigt das Beispiel des sanierten Geschäftshauses in der Remigiusstraße, in dem sich Esprit niedergelassen hat.


    Ich habe leider den Eindruck, daß du dich mehr und mehr in die Reihe derer einreihst, die jeden Schnörkel zur architektonischen Großtat hochjubeln und pfui schreien, wenn ein Gebäude im zeitgenössischem Stil gebaut ist.


    Nein, derartiges Schwarz-Weiß-Denken lehne ich kategorisch ab. Wir haben in Bonn große Freiräume für „zeitgenössische“ Architektur, ganze Stadtteile bestehen fast nur daraus (Gronau, Hochkreuz, Beuel-Süd, äußere Nordstadt, weite Teile Plittersdorfs, Friesdorfs etc.pp.). Das ist völlig in Ordnung. Auf der anderen Seite gibt es schützenswerte Bereiche (Weststadt, innere Nordstadt, Südstadt, große Teile der Innenstadt, Combahnviertel usw.), wo gewachsene Strukturen und – glücklicherweise – viel wertvolle historische Bausubstanz erhalten sind. Beim Bauen dort erwarte ich von den betreffenden Architekten, daß sie besonders viel Sensibilität beweisen, ein Gespür für die Atmosphäre des Ortes entwickeln, sich einfühlen und eine entsprechende Architektur fabrizieren. Für billige Plastik-Architektur nach dem 0815-Prinzip und falsche Eitelkeiten („wir bauen modern“) darf kein Platz sein. Das heißt nicht, daß dort nicht auch „zeitgenössisch“ gebaut werden darf (mir gefällt z.B. der Ungers-Würfel neben der Hauptpost ganz gut – dort ist Schlichtheit angemessen), aber was spricht denn dagegen, Neubauten auch in einem angepaßten, traditionellen, urbanen Stil zu gestalten? Wieviele Neubauten der letzten Jahre in den genannten „historischen“ Stadtvierteln besitzen denn auch nur ein Minimum an Ornamentik? Da muß man richtig nachdenken. Stattdessen wird die Stadt mit trostlosen Kisten „verhübscht“, die sich auszeichnen durch rechte Winkel, monotone Rasterfassaden, jede Abwesenheit von Ornamentik, Staffelgeschosse, weiß oder grau als vorherrschende Farbgebung und überwiegend Büronutzung. Gebaute Langweiligkeit und Tristesse aus dem Baukasten. Wärme, Emotionalität, Urbanität, Lebendigkeit? Fehlanzeige! Verschärfend kommt dann noch eine Mischung aus Inkompetenz und Ignoranz der planenden Verwaltung in puncto Stadt- und Verkehrsplanung hinzu. Man denke nur an die Pläne für den Bahnhof oder zur Bebauung des Platzes vor der Oper.


    Zunächst einmal müssen wir festhalten, daß wir nicht wissen, wie der ursprüngliche Gründerzeitbau einmal aussah.


    Ich sprach in diesem Fall bewußt nicht von Rekonstruktion, sondern von Wiederannäherung. Es wäre Aufgabe des Architekten gewesen, wie ich es sagte, sich einzufühlen, die Geschichte des Gebäudes erlebbar zu machen, ohne eine Pseudo-Rekonstruktion zu vollführen (ohne entsprechende Quellen macht sowas wirklich keinen Sinn).


    Ja, auch die Gründerzeithäuser sind meist nach Katalog gebaut.


    Weiß ich. Aber es wurde Schönes (da besteht nun wirklich große Einigkeit) vervielfältigt und fast spricht dagegen, die Schönheit zu mehren?


    Schommer ist es gelungen, einen harmonisch und elegant wirkenden Baukörper zu entwickeln, der die relativ kleinen Gründerzeithäuser nicht beseite drückt und dennoch genügend repräsentativen Charakter besitzt um eine Brücke zum gegenüberliegenden Schloß zu bilden (ohne durch Monumentalität oder brutale Formen von ihm abzulenken). (...) Schau dir doch einfach mal eines jener Bürogebäude am Probsthof an, zu denen du den Schommerbau gesellen willst und danach genau eben dieses Gebäude an der Popp-Allee. Achte auf Details, auf die Anordnung der Fenster, die Geschosshöhenstaffelung, die pfiffige Art, wie er mit dem Fenster in der Spitze dem Gebäude etwas einmaliges gibt.


    So enthusiastisch sehe ich die Sache nicht. Abgesehen davon, daß Proportionen und Geschoßhöhen wohl mehr oder weniger fix waren, war eine zurückhaltende Proportionierung und Gestalt des Baukörpers an diesem Ort für mich eine Selbstverständlichkeit, der es keiner besonderen lobenden Erwähnung bedarf. Mir ist in dem Zusammenhang nicht ganz klar, was du mit „Brückenfunktion“ meinst? Für mich besteht die Funktion des Gebäudes v.a. darin, als Kopfbau der vielleicht architektonisch und städtebaulich bedeutensten Straße in Bonn Akzente zu setzen und da vermag der Bau aus meiner Sicht nur teilweise zu überzeugen (das von dir erwähnte Fenster geht zumindest in die richtige Richtung). Letztlich reichen die von dir genannten Details nicht aus, um das Gebäude wirklich deutlich von den Gewerbebauten am Probsthof abzurücken. Genau das ist, was ich am meisten kritisiere. Es fehlt mir die Inspiration, das Einfühlungsvermögen, stattdessen haben wir es mit einer leicht veredelten Version des Althergebrachten zu tun. Mich persönlich befriedigt das einfach nicht.


    Schlichtheit heißt nicht unbedingt billig und einfache Ästhetik. Braun-Geräte-Design ist auch schlicht - oberflächlich betrachtet.


    Am richtigen Ort, im richtigen Maß kann Schlichtheit etwas Großartiges sein (ich erwähnte bereits den Ungers-Würfel, der mir gut gefällt). Mich langweilt aber die monotone, standardmäßige Schlichheit, die Schlichtheit um ihrer selbst Willen. Schlichtheit, weißer Putz, es gibt für meinen Geschmack mittlerweile zu viel davon in Bonn: Stadthaus-Loggia, Sterntorhaus, Gerichtsneubau, um nur einige zu nennen.


    denn es ist ein Beispiel für gute moderne Architektur,


    Es gibt schlechtere moderne Architektur und der Zustand vor dem Umbau war nicht das Gelbe vom Ei. Darauf können wir uns verständigen. Nicht aber darauf, daß es sich hier um ein Beispiel guter Architektur handelt. Das sehe ich einfach anders und ich denke, wir sollten unsere unterschiedlichen Meinungen respektieren.

  • Echt schöne Häuser! Das Schloss Poppelsdorf un diese Stadthäuser...Auf dem Rückweg von Köln nach Berlin einen kleinen Abstecher nach Bonn gemcht und haben das alles dabei nicht gesehen - deswegen sind wir vielleicht auch schon nach ca. 1/2 Std. weitergefahren...

  • WOW! Ein echter Traum! SO muss eine Stadt aussehen!
    Die Kreuzberkapelle ist ja scharf! Etwas unproportional, aber trotzdem! Diese Heilige Stiege ist aber schon fast zu viel des Guten!

  • ;) Sicher, hier sind die absoluten Schokoladenseiten von Bonn gezeigt worden, aber sagen wir mal so herum: Welche Stadt hat keine Bausünden? Denn wenn es um die Touristenführer geht (Ich habe das z. B. in Braunschweig erlebt), kann man ja schlecht solche Gebäude á la Technisches Rathaus/ffm oder Römisch-Germanisches Museum/Köln nehmen, denn in diesem Fall muss die alte Architektur in Augenschein genommen werden. ;)

  • Da die Bildlinks nicht mehr funktionieren: Hier einige Bilder von mir:


    Innere Nordstadt / "Altstadt"







    Häuserzeilen/Häuser Südstadt











    Rheintreppen


    Universität / Hofgartenwiese / Akademischen Kunstmuseum



    Koblenzer Tor / Universität


    Uni-Gebäude Poppelsdorf



    Poppelsdorfer Schloss




  • ...und noch mehr:


    Häuser / Häuserzeilen Poppelsdorf/Musikerviertel



    Münsterplatz




    Marktplatz / Weitere Innenstadt




    Gelände LVR-Landeskliniken


    Godesberg (Rheinallee/Kurfürstenallee)






    (Bei Gelegenheit stell ich noch mehr Bilder dieser schönen Stadt online)