Mediaspree: Quartier am Postbahnhof

  • Rosa-Luxemburg-Stiftung

    Wandern die Kreuzstreben immer weiter gen Erdgeschoss?


    2016:



    © ARGE KIM NALLEWEG Architekten und César Trujillo Moya, Architect, Berlin


    2018:



    © Rosa-Luxemburg-Stiftung


    Heute:




  • Ich empfinde das grundsätzlich nicht als Nachteil. Wo ein Gebiet einem gemeinsamen Plan unterworfen wird, entsteht oft ein Stil. Die Hochhäuser werden alle in gleicher Höhe gebaut. Es kann monotone Sterilität entstehen. Großstadt ist aber Vielfalt.


    Stadtplaner können zwar gut Verschattungen und Abstandsflächen berechnen, haben aber bis jetzt oft Probleme Massenpsychologie und den menschlichen Faktor in große Pläne einzubeziehen. Das kann aber durch eine gestreute Vergabe mit eigenständigen Architekturkonzepten teilweise korrigiert werden

  • ^ Das ist ein Missverständnis. Es gab einen Masterplan, der Kubatur und Höhe der Gebäude festgelegt hat, und der wird jetzt auch umgesetzt. Worauf genau Bernau hinauswill, habe ich nicht verstanden. Er sagt, es wäre auch eine Möglichkeit gewesen, das Gelände ganz "dem Kapitalismus" zu überlassen. M.E. hat man genau das getan – mit durchwachsenem Ergebnis.


    Wandern die Kreuzstreben immer weiter gen Erdgeschoss?


    Auf jeden Fall scheint der Sockel des RLS-Gebäudes (und damit der gesamte Turm) um ein Stockwerk geschrumpft zu sein, was ich sehr schade finde. Ich hoffe mal, dass es dabei bleibt. Die Kreuze werden evtl. auf dem Boden vorgefertigt und anschließend nach oben gehievt werden. Noch ein Stockwerk weniger, wäre wirklich sehr ärgerlich.

  • Der zitierte eine Satz der Aussage des Planers verrät nicht, was an "Mehr" gewünscht wäre - mehr Funktionsmischung? Andere Anteile bestimmter Funktionen? Differenziertere Gestaltung? Wenn darüber was vom Stil des Quartiers erwähnt wird, klingt dies eher wie eine Vereinheitlichung. Ich habe mir die Fotos von den letzten Thread-Seiten angeschaut - weder sehe ich besonders störende Einerlei (es gibt schlimmere Quartiere) noch besonders viel Vielfalt. Diese Vielfalt würde ich mir (wie z.B. LukaTonio) auf jeden Fall wünschen.


    Einheitlicher Stil kann im Fall der üppig verzierten Fassaden wie die der KMA funktionieren aber nicht wenn die Architekturaprache (wie heute leider üblich, auch hier im Quartier) stark reduziert ist.


    Auf Sprüche wie "dem Kapitalismus nicht überlassen" (gemeint ist die weltweit bekannte Marktwirtschaft) versuche ich lieber nicht einzugehen. In einem Frankfurter Thread zum Projekt Four wurden mal Aussagen einer Architekturzeitschrift verspottet, das Quartier sei Ga-Ga weil es nicht die Probleme des gesamten Planeten löse (oder so ähnlich). Ohne Konkretisierung der Vorwürfe hier fällt mir schwer, sie als berechtigter zu sehen.

  • Der zitierte eine Satz der Aussage des Planers verrät nicht, was an "Mehr" gewünscht wäre - mehr Funktionsmischung?


    Welchen "Planer" meinen Sie? Herrn Bernau? Der ist Journalist und Architekturkritiker. Im übrigen müssen Sie sich nicht auf den "einen zitierten Satz" verlassen, sondern können das ganze Interview bequem nachhören.


    Auf Sprüche wie "dem Kapitalismus nicht überlassen" (gemeint ist die weltweit bekannte Marktwirtschaft) versuche ich lieber nicht einzugehen.


    Das ist auch besser so. Ich fürchte, es käme wenig Sinnvolles heraus. Z.B. schlug Herr Bernau als eine Möglichkeit vor, man hätte das Gebiet auch "ganz dem Kapitalismus überlassen" können – und so habe ich ihn paraphrasiert. Das "nicht" haben Sie dazugedichtet. Gemeint war: Den Investoren auf dem Areal völlig freie Hand zu lassen. That's it.


    (Erwähnt sei noch, dass Marktwirtschaft keineswegs die neutrale, "objektive" Bezeichnung ist, während Kapitalismus notwendig pejorativ wäre. Die wenig kritische angelsächsische Nationalökonomie spricht fast durchgehend von capitalism. Es ist eine bei Gegnern wie Befürwortern anerkannte Bezeichnug für die Wirtschaftsordnung, die sich seit dem 18. Jahrhundert weltweit durchgesetzt hat. Der Begriff "Marktwirtschaft" hat dagegen verengenden Charakter, weil er sich als Bild ausgehend vom Handel auf dem Wochenmarkt entwickelte und fast nur die Preisbildung im Blick hat. Weder Produktions- noch Akkumulationsprozesse werden mit dieser Metapher adäquat erfasst.)

  • Ich habe mir jetzt die Audiodatei angetan, doch sie besteht aus Floskeln der Sorte hätte mehr möglich sein können - ohne dass man diese Alternative klar erkennt. Es gibt zwei Verweise auf andere Städte - vage auf Kopenhagen und auf Amsterdam mit mehr Dichte - wenn das gemeint war, mehr Dichte und einige (weitere) dezente Hochpunkte hätte ich mir hier durchaus vorstellen können.


    Zum Anfang heisst es zumindest, es sei nicht so schlimm wie man es hätte vor 10-15 Jahren erwarten können.


    Ich bin besonders gespannt, was aus dem Altbau wird, der einige Postings darüber unter der Überschrift Rosa-Luxemburg-Stiftung gezeigt wurde (die Visualisierung des grauen Neubau-Klotzes finde ich öde) - ich glaube, es ist der Postbahnhof. Solche Altbauten kann man toll umnutzen - während des letzten Berliner Besuchs war ich z.B. begeistert, was aus dem Hamburger Bahnhof gemacht wurde. Keine Stadt kann sich jedoch unendlich viele Museen und Galerien für moderne Kunst leisten, manchmal muss man Kapital ran lassen - für Einkaufszentren, Markthallen, Hotels, Loftwohnungen. Laut Wikipedia gibt es Büros und Veranstaltungsräume darin, doch den Fotos nach könnte der Bau eine ordentliche Renovierung gebrauchen.
    Apropos Wohnungen - im Interview klang es, als ob mehr davon gewünscht wären, doch deutlich wurde dies nicht gesagt.

  • ^ Der nördliche Postbahnhof wird seit Jahren vom Reisedienstleister "Kayak" genutzt. Bilder aus dem Inneren findet man etwa hier. Eine Reinigung der Fassade wäre allerdings wünschenwert, der Platz hinter der Baugrube der RL-Stiftung wird hoffentlich nach Fertigestellung des Neubaus entwickelt.


    Der Stiftungsneubau wird nicht grau, sondern angelehnt an den Postbahnhof rötlich verkleidet.

  • ^ Ich hoffe, man entscheidet sich bei der Luxemburg-Stiftung für eine Verkleidung, die dem Postbahnhof entspricht. Auf den Visus sehen die Klinker heller aus, mehr in Richtung Blassrosa tendierend. Das wäre ein unangenehm bissiger Kontrast. Aber vielleicht täuscht das ja, weil die Visus farblich entsättigt sind.


    Keine Stadt kann sich jedoch unendlich viele Museen und Galerien für moderne Kunst leisten, manchmal muss man Kapital ran lassen - für Einkaufszentren, Markthallen, Hotels, Loftwohnungen.


    Ihre Ignoranz gegenüber den Berliner Verhältnissen ist bemerkenswert. Der komplette Bereich zwischen Ostbahnhof und Warschauer Straße (ein Areal von 27 Hektar) wird fast ausschließlich aus Hotels, Büros, Einkaufszentren, Parkhäusern, Event-Orten und Luxuswohnungen bestehen. Und Sie zeigen zielgenau auf den einzigen Bau in der ganzen Gegend, in dem noch ein Rest von Off-Kultur möglich wäre, und dekretieren: "Manchmal" müsse man auch das Kapital ranlassen. Ist das eigentlich Satire, oder meinen Sie das ernst?

  • ^ Kulturnutzung wie hier wäre städtebaulich nicht verkehrt, doch ob die Stadt sich noch eine Kulturinstitution leisten kann? Im Postbahnhof gibt es bereits Büros und Events. Ich ergoogelte etwa diese Webseite mit Fotos - demnach wurden im Inneren bereits einige Räume für Eventzwecke umgebaut - 2017. Das alles wirkt jedoch wie wirtschaftliche Initiative, nix Off-Kultur - in dieser Hinsicht dürfte also die Sache bereits gelaufen sein. Private Kunstgalerien wären in einigen Räumen ebenso denkbar.
    Und wenn wir bereits bei dem Vorbild sind - Kunst im öffentlichen Raum wäre natürlich ganz toll.


    Was oft gerne ausgeblendet wird: Unterhalt und Umbau der Altbauten kosten richtig Geld, irgendwoher muss es herkommen. Mir ist lieber, der Bau wird rechtzeitig gepflegt als dass irgendwann jemand ihn abreissen will, um noch so einen 0815-Klotz hinzustellen.


    Der Rosa-Luxemburg-Klotz kommt doch nicht von einem Investor sondern von einer linken Stiftung? Ohne wirtschaftliches Denken schafft diese eine denkbar uninspirierte Form - etwas Fantasie wäre besser gewesen.

  • ^ Der Hamburger Bahnhof und der Postbahnhof sind in keinster Hinsicht zu vergleichen, außer, dass es sich eben um ehemalige Bahnhofgebäude mit jedoch völlig unterschiedlicher historischer Nutzung handelt.


    Der prunkvolle, klassizistische Hamburger Bahnhof gehört dem Senat Berlin und beherbergt unter der Trägerschaft der Stiftung Preußischer Kulturbesitz eines der größten Museen für moderne und zeitgenössische Kunst in Deutschland. Inwiefern könnte und sollte er also "Vorbild" sein?


    Der Postbahnhof, der freilich als Baudenkmal unter Denkmalschutz steht, und daher ohnehin kein Kandidat für einen "Abriss" ist, gehört einem privaten Eigentümer, der sich auf denkmalgeschützte Industriearchitektur kapriziert (Uwe Fabich hat in den vergangegen Jahren unter anderem die Kreuzberger Erdmann-Höfe, den Wasserturm am Ostkreuz, das Funkhaus Nalepastraße und den Postbahnhof erworben) und diese - zumeist - als in der Nutzung gemischte Start-Up-, Wohn- und Kultur-/Veranstaltungsorte entwickelt. Die derzeitige Nutzung des Postbahnhofs als Eventort wird sich also vermutlich noch ändern.


    Die Kritik am Neubau der RL-Stiftung ist (bestenfalls) kurios. Soll es ein Lob der Investorenarchitektur werden? Eine allgemeine Kritik des Stiftungswesens? Und inwiefern entziehen sich denn ausgerechnet Stiftungen dem "wirtschaftlichen Denken"? Und woran lässt sich das an der Architektur ablesen? Oder muss man das "linke" der "linken Stiftung" derart betont lesen, dass der von Ihnen erwartete Reflex schon eingepreist werden muss?


    Der Entwurf ist aus einem Architekturwettbewerb hervorgegangen und kann sich durchaus sehen lassen.

  • Bau Lcfr vergleicht hier mal wieder Äpfel mit Birnen...


    Der Postbahnhof war bisher eine der wichtigsten Konzerthallen für Independent bzw. Alternative. Das scheint nun wohl auch ein Ende zu finden ...



    Es ist so wahnsinnig schade dass sich viele Berliner in meinem Bekanntenkreis in ihrer eigenen Stadt nicht mehr zuhause fühlen.


    Statt Alternative und Independent wird einem der "Entertainment Distrikt" vor die Nase gesetzt: Ein Viertel das alles ist ,nur nicht "entertaining".


    Der Neubau für die RLS hat mir in den ersten Visus sehr gefallen, in der neuen Version finde ich die Proportionen durch den niedrigeren Sockel irgendwie misslungen....

  • ^^ Vorbild, wenn man im Quartier im Altbau kulturelle Nutzung wünscht - ob zeitgenössische Kunst oder Off-Kultur, wie darüber angeregt. In jedem Fall müsste die Stadt das Gebäude kaufen und entweder selbst eine kulturelle Institution einrichten oder den Bau Künstlern bzw. Initiativen überlassen. Deswegen fragte ich darüber, ob die Stadt dafür Geld hat (meinem Wissen nach nicht, aber ich kann mich ja irren).


    Der andere Bahnhof in Berlin könnte in der Hinsicht Vorbild sein, dass die Fassaden nicht verhunzt wurden - Leuchten über dem Eingang kann man immer abnehmen. Im Inneren ist die historische Stahlkonstruktion sehr gut sichtbar - das ist schon besser als im Postbahnhof hier, wo den gefundenen Fotos nach im Inneren einige stilfremde Elemente eingebaut wurden. (Obwohl - die Prachttreppe hinter dem Tisch verändert zwar stark den Innenraum, aber die Wirkung finde ich recht gelungen, wie die Prachttreppen alter Paläste.) Und natürlich - die Kunstwerke im öffentlichen Raum, im Hof etwa, die es auch hier im Quartier geben könnte.


    Denkmalschutz alleine ist noch keine absolute Fortbestandsgarantie. Nehmen wir an, der Bahnhof wäre nicht privat genutzt, sondern würde einfach nur rumstehen, mit verschiedenen temporären Nutzungen die doch jahrelang bleiben und kein Geld für Renovierungen haben. Irgendwann kommt ein Investor, den nur die Fläche interessiert - und er beweist, dass Renovierung unwirtschaftlich ist bzw. nur kleine Teile erhalten werden können. In verschiedenen Städten wurden schon mal Denkmäler abgerissen (den Status kann man auch entziehen) bzw. massivst umgebaut - so, dass der Charme eh weg ist.
    Dann ist es wohl besser, wenn jemand das Gebäude nutzt, der vom Wirtschaften Geld hat und es in den Bau investieren kann.

  • Im Inneren ist die historische Stahlkonstruktion sehr gut sichtbar - das ist schon besser als im Postbahnhof hier, wo den gefundenen Fotos nach im Inneren einige stilfremde Elemente eingebaut wurden. (Obwohl - die Prachttreppe hinter dem Tisch verändert zwar stark den Innenraum, aber die Wirkung finde ich recht gelungen, wie die Prachttreppen alter Paläste.)


    Mir ist schleierhaft, von welcher Prachttreppe Sie sprechen, aber in den Gleishallen des Postbahnhofes sieht es so aus:
    https://discoveryartfair.com/w…ackkammer2-1120x600_c.jpg
    https://discoveryartfair.com/w…leishalle3-1120x600_c.jpg