Karl-Marx-Allee/Frankfurter Allee

  • Tacheles

    Wieso ist es völlig weltfremd, ein aus mehrfach geschilderten Gründen bedeutendes Ensemble der DDR-Moderne vor Zerstörung bewahren zu wollen? Mit derselben Argumentation könnte man auch fordern des Hansaviertel zur "Nachverdichtung" freizugeben und die dortigen Freiräume den Developern zum Fraß vorzuwerfen.


    Also ich finde das Hansaviertel wesentlich gelungener und erhaltenswerter als die Karl-Marx-Allee 2. Ich bin für den langfristigen Abriß der Plattenbauten dort. Dieser Abschnitt kann noch ein paar Jahrzehnte so im DDR-Style stehen bleiben und hat diesbezüblich auch noch seinen Wert.


    Wenn ich das Sagen hätte, würde ich die Stalinallee postmodern zum Alex fortführen. Das heißt, ich würde zum einen architektonisch auf die Stalinbauten bezug nehmen - das kann auch mit modernen Mitteln geschehen - und zum anderen die Gebäudesegmente sukzessive immer dichter an die Straße rücken bzw. schon relativ dicht an der Straße beginnen, sodaß eine Art Trichtereffekt zum Alex entsteht. Dies würde der Urbanisierung dieser Gegend gut tun und die Nachteile der eigentlichen Stalinallee ausgleichen, und würde letztere auch aufwerten. Einmal durch die städtebauliche und architektonische Fortführung und dann dadurch, daß nun die Stalinallee mit ihrer (problematischen) Weite etwas Besonderes wäre und nicht mehr ganz so totalitär und entrückt wirken würde. Es wäre eine Verbindung zum Alex da, eine normale dichte Innenstadt, sodaß die Weite ab dem Strausberger Platz eher ein positives Komplement wäre.


    Ich finde diese scholastische Lobhudelei auf den modernen Städtebau hier immer etwas skurril. Sicherlich gibt es auch soziale Aspekte und die sollen nicht unter den Tisch gekehrt werden. Ästhetisch ist die Gegend aber Schrott. Da wohnen nicht nur Leute, sondern da müssen tagtäglich auch Zehntausende lang. :)


    Um es mal so zu sagen: Man muß diese Gegend sogar noch ein paar Jahrzehnte so bewahren und ich bin gegen eine Nachverdichtung und nachträgliche Legitimierung und Fixierung dieses schrottigen Stadtbildes, aber in ein paar Jahrzehnten sollte dieser Schrott weg und der gesunde Menschenverstand siegen.


    Man kann nicht alles aufheben wollen, nur weil es mal einzigartig und präzedent war. Es gibt vieles, was einzigartig und erstmalig war. Es muß aber eben auch schön und städtebaulich sinnvoll sein.

  • Rotes Rathaus hat eine interessante Frage aufgeworfen, nämlich die, ob der industrialisierte Wohnungsbau zur Moderne dazugehört oder nicht. Ich würde allerdings die Meinung vertreten, dass die Industrialisierung des Wohnungsbaus mit den städtebaulichen und gesellschaftspolitischen Konzepten der Moderne eng verbunden ist. Beispielsweise war einer der Wegbereiter der Moderne, nämlich Walter Gropius, auch ein entschiedener Verfechter der Industrialisierung des Bauwesens. Schon 1913 hatte er erste Vorschläge für einen industriellen Wohnungsbau entwickelt.


    Daher würde ich eher die These vertreten, dass das Wohngebiet Karl-Marx-Allee 2. Bauabschnitt nicht trotz, sondern gerade wegen seiner industrieller Bauweise ein besonders prägnanter Vertreter der Ideen der Moderne darstellt.


    Dann wurde die Frage nach den Erfolgaussichten der Bewerbung gestellt. Dagmar Tille von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hatte hier zwei Negativfaktoren, aber auch zwei Positivfaktoren genannt. Negativ wäre, dass die Objekte in Europa liegen und Europa in der Welterbeliste schon überproportional vertreten ist. Negativ wäre auch, dass beide Objekte Kulturdenkmale sind, auch diese wären gegenüber den Naturdenkmalen überproportional vertreten. Positiv wäre aber, dass die Objekte der Nachkriegsmoderne angehören, diese wäre in der Welterbeliste noch unterrepräsentiert. Und positiv wäre auch, dass beide Objekte Wohngebiete sind. Auch diese wären in der Welterbeliste unterrepräsentiert. Demnach könnte man die Erfolgschancen auf rund 50 Prozent einschätzen.

  • Es ist schon irgendwie eine drollige Idee, eine Ansammlung von Plattenbauten als UNESCO-Weltkulturerbe deklarieren zu wollen, wie man sie doch wirklich zuhauf in den Vorstädten Osteuropas und Asiens, vom ehemaligen Ost-Berlin über Nowosibirsk bis hin nach Wladiwostok finden kann.

  • Zudem stellt der Wohnkomplex auch in bautechnischer Hinsicht eine Innovation dar. Es ist der erste Berliner Wohnkomplex, der in Plattenbauweise errichtet wurde. Die acht- und zehngeschossigen QP-Blöcke waren damals auch international wegweisend.


    Ich will ja nicht klugscheißen. Aber war nicht die Splanemann-Siedlung in Friedrichsfelde aus den 20ern oder 30ern die erste Plattenbausiedlung?


    Ich danke hier insbesondere Gast14Jan für seinen "naiven" Kommentar. Er spricht genau das an, was studierte Architekten wohl nie kapieren werden: Daß man die wundervolle Qualität der Karl-Marx-Allee 2 nicht immer in einem Buch über Architekturgeschichte nachschlagen kann, wenn man gerade in der Gegend ist und ihre unmittelbare Häßlichkeit empfinden kann.


    Was sagt ihr denn zu meinem absolut genialen Neubau-Vorschlag? Man könnte die einzelnen Etappen, die zu einer (nahezu) Blockrandbebauung Richtung Alex führen, auch an den früheren Plattenbauten orientieren und so eine Reminiszenz schaffen.


    Zitat von Konstantin

    Ich finde die Nachverdichtung des Hansaviertels ist diskussioswert. Hier gab es schon einmal einen Vorschlag des renommierten Büros Tobias Nöfer, im Jahr 1998!


    Von wo aus ist denn die verlinkte Perspektive auf der Grafik aufgenommen bzw. welche Stelle des Hansaviertels ist dort abgebildet? Ich meine auch nicht, daß das Hansaviertel unantastbar ist. Nur bietet es wesentlich mehr städtebauliche und ästhetische Qualität als die Karl-Marx-Allee 2 - wenn man das überhaupt in einem Satz zusammenschreiben kann. :)


    Ich bin zwar kein Hardcore-Fan von modernem Städtebau, aber so ein Hansaviertel kann man ruhig eins, zwei mal in einer Stadt wie Berlin bauen. Am störendsten und mißlungensten finde ich die beiden Bauten an der Altonaer Straße. Wohl von Corbusier und von Niemeyer. Die sind für mich verzichtbar, auch wenn jetzt wieder einige aufschreien werden. Jedenfalls sind die nicht der Bringer, auch wenn sie historisch etwas bedeuten.

  • Ich kann Abrissbirne hier nur voll und ganz zustimmen! Die Zuckerbäckerbauten sind meiner Ansicht nach eines UNESCO-Weltkulturerbe-Titels absolut würdig.


    Dagegen fällt meine Begeisterung für die sonstigen Plattenbauten eher gering aus.


    Mir ist auch nicht ganz klar, wie Urbanist bei diesem Nicknamen die Plattenbausiedlung östlich der Alexanderstraße verteidigen kann. In meinen Augen sind gerade diese Plattenbautsiedlungen der Urbanitätskiller schlecht hin.
    Wenn man nicht gerade dort wohnt, oder jemanden kennt, der dort wohnt, verläuft man sich wohl kaum dort hin.
    Keine Ladenzeilen, keine Gastronomie oder ähnliches. Die Gegend macht auf mich einen unurbanen, kühlen und provinziellen Vorstadt-Charakter aus. Hier bedarf es dringend einer Überarbeitung bzw. Ergänzung, soweit man diese Bauten erhalten will.

  • Lieber Klarenbach,


    ich kann mir nicht vorstellen - und es entspricht auch nicht der Satzung der UNESCO - dass Objekte nach einer Proporzreglegung Zuschläge bekommen (Europa vs. andere Kontinente oder so). Die UNESCO führt hier schließlich eine offene Sammlung, in die über Jahrzehnte noch viele weitere Güter aufgenommen werden können. Es geht doch um zwei Dinge:
    1. Würdigung herausragender Kultur- oder Naturdenkmäler und
    2. deren Schutz/Konservierung für möglichst alle Zeiten.
    Der zweite Punkt wird durch die Möglichkeit der Roten Liste und der Aberkennung als Sanktion für Zerstörung oder Verfall gewährt, weshalb eine konsequente Ahndung wichtig ist (siehe Dresden).
    Um aber den ersten Punkt zu gewährleisten - also eine Abgrezung gegenüber weniger Herausragendem, muss eine Qualitätsprüfung entlang nachvollziehbarer Kriterien erfolgen (siehe z.B. Wikipedia), denen der zweite BA der KMA nach meiner Einschätzung niemals entsprechen wird. Der erste BA und möglicherweise auch das Hansaviertel aber schon. Man sollte also die Chancen nicht durch übergeschnappte Ideen in den Wind schießen.


    Schon durch die Sanierungseingriffe in die Bausubstanz der Plattenbauten, hätten diese nach meiner Einschätzung eine Chance von 0% zum UNESCO-Erbe zu werden. Dieses anzunehmen weißt für mich darauf hin, dass Du Dich deutlich verannt hast. Möglichweise nimmst Du an, dass nur der Welterbestatus den Städtebau in diesem Gebiet, so wie er ist sichern kann. Da würde ich Dir recht geben. Ich bin überzeugt, dass es dort zu erheblichen Eingriffen kommen wird - früher oder später. Eben wegen der mangelhaften Qualität, der zentralen Lage und der enormen Abstandsflächen. Man muss aber unbedingt ein minderwertiges Sammelsurium mit Discountern etc. vermeiden und braucht eine gute Strategie.


    Ansonsten bedanke ich mich für die Informationen in Deinen Beiträgen hier im Forum, die meinen Blick auf die DDR-Baukultur durchaus verändert haben. :daumen:

  • Ich kann Abrissbirne hier nur voll und ganz zustimmen! Die Zuckerbäckerbauten sind meiner Ansicht nach eines UNESCO-Weltkulturerbe-Titels absolut würdig.



    Wenn man nicht gerade dort wohnt, oder jemanden kennt, der dort wohnt, verläuft man sich wohl kaum dort hin.
    Keine Ladenzeilen, keine Gastronomie oder ähnliches. Die Gegend macht l.


    Unsinn. Es gibt das Cafe Moskau, das Kino International und weitere Einrichtungen. Für mich sehr urban und keineswegs provinziell.

  • Ich bezweifel doch sehr, dass irgendjemand tatsächlich vorhat, die Plattenbauten an der Karl-Marx-Allee der UNESCO als erhaltenswertes Kulturerbe vorzuschlagen... Das sind QP64 Allerweltskisten, wie sie auch anderswo in der Stadt in Größenordnungen rumstehen. Anders verhält es sich natürlich mit den Bauten der Nationalen Bautradition - als Ausdruck einer sehr kurzen, aber stilistisch durchaus prägnanten Architekturform, sind sie als geschlossenes Ensemble in jeder Hinsicht schützenswert. Das umschließt auch die Straßenzüge der umliegenden Quartiere (Marchlewskistraße, Weidenweg etc).

  • Unsinn. Es gibt das Cafe Moskau, das Kino International und weitere Einrichtungen. Für mich sehr urban und keineswegs provinziell.


    Sicherlich gibt es diese Einrichtungen an der Karl-Marx-Allee, aber das übrige Viertel zwischen Alexanderstraße, Karl-Marx-Allee und Holzmarktstraße erscheint mir für die zentrale Lage doch ziemlich verschlafen, da es keine Läden, Geschäfte, etc. in den Erdgeschossen wie bei vielen Altbauviertel z.b. im Prenzlauer Berg gibt, eine ziemlich luftige Bauweise kommt noch hinzu, was nicht grundsätzlich verkehrt ist, aber hier in der Nähe vom Alexander Platz doch schon direkt den Eindruck vor Vorstadt vermittelt, wie ich finde.



    Quelle: Bingmap © Nokia / Microsoft Corporation

  • Naja, es ist sehr ruhig mit viel grün. Ein Problem wäre das aber doch nur wenn deswegen niemand dort wohnen wollen würde. Vielleicht könnte man eine Komplettbefragung der Einwohnerschaft machen um zu ergründen ob sie mehr Läden und Gastronomie in ihrer Straße wollen oder nicht.

  • Lieber Rotes Rathaus,


    Dein Beitrag macht mich einigermaßen ratlos, wenn ich mich auch über das Lob freue. Vor allem weiß ich nicht, woher Du die Meinung nimmst, dass ich mich "verrannt" hätte. Der Welterbeantrag entspringt ja nun nicht meiner Phantasie, sondern er ist eine Realität, und er kann auch im Netz eingesehen werden.


    http://netzwerk-baukultur.de/b…n-KMA-IBA1957-subm-dt.pdf


    In diesem Welterbeantrag ist ganz klar das Wohngebiet Karl-Marx-Allee 2. Bauabschnitt als Teil des Antrages vermerkt. Der Antrag ist also bereits gestellt und mir ist völlig unklar, wie Du zu Deinen Einschätzungen gelangst. In dem Antrag ist auch genau aufgelistet, welche Bedingungen der Operational Guidelines der UNESCO erfüllt werden.


    Natürlich ist mir klar, dass dieses Wohngebiet nicht jedem gefällt. Hier spielen auch persönliche Geschmäcker eine Rolle, und diese werden immer verschieden sein. Die bauhistorische Bedeutung dieser Gebiete ist allerdings eine völlig andere Frage. Die Frage nach der Beliebheit des Wohngebietes würde erst dann ein echtes Problem werden, wenn in diesem Wohngebiet niemand mehr wohnen will, wie Chandler schon angemerkt hat. Da hier aber keine Leerstandsprobleme herrschen, gibt es offenbar genug Bürger, die genau diese luftige, grüne Struktur mögen.


    Weiterhin finde ich es nicht sehr produktiv, wenn einige Nutzer immer wieder versuchen, in diesem Forum ideologische Schlachten zu schlagen. Letztendlich ist die Berliner Innenstadt doch groß genug für die unterschiedlichsten Strukturen: Für die Gebiete des Städtebaus der Moderne ebenso wie für vormoderne und nachmoderne Strukturen. Es wäre schön, wenn wir diese unterschiedlichen Sichtweisen und städtebaulichen Philosophien respektieren würden.


    In diesem Sinne wünsche ich allen Nutzern ein frohes Weihnachtsfest!

  • ^ interessanter Link, das hatte ich noch nicht gelesen. Mir fällt auf, wie unscharf die Definitionen sind. Was sind genau die Grenzen? Was gehört dazu und was nicht?
    Das wird nicht das letzte Wort sein. Die explzit genannten Gebäude (Haus des Lehrers, Kongersshalle, Cafe Moskau, Kino Int. und Kosmos, habe ich an anderer Stelle ausdrücklich gelobt). Das Problem ist das Sammelsurium dazwischen (haupsächlich genormte Plattenbauten). Die UNESCO wird den Antrag so entweder ablehnen oder beschneiden.


    Der Vermietungsgrad ist m.E. kein ausschließliches Kriterium der Qualität eines Quatiers. Da würden viele Slums sehr gut abschneiden. Dann schon eher der durchschnittliche Mietpreis.


    Lass bitte die Ideologiekeule. Ich nehme für mich in Anspruch weitgehend unideologisch auf die Berliner Architektur zu schauen. Wenn ich das ein oder andere Bauwerk der DDR entdecke, dass mir gefällt und welches ich als qualitativ hochwertig empfinde, so freue ich mich darüber und ich lerne dabei ständig dazu. Es macht die DDR als Staat aber nicht besser. Ich bin bestimmt kein Bewunderer Stalins, aber ein großer Freund des 1. BA der Karl-Marx-Allee.


    Auch ich wünsche allen frohe Weihnachten!


  • Der Vermietungsgrad ist m.E. kein ausschließliches Kriterium der Qualität eines Quatiers. Da würden viele Slums sehr gut abschneiden. Dann schon eher der durchschnittliche Mietpreis.


    Hmm, für den Eigentümer wird der Gewinn den die Wohnung abwirft das wichtigste Qualitätskriterium sein. Für den Mieter das Preis-Leistungsverhältnis.


    Den Einfluss der Architektur auf den Mietpreis von den anderen Einfluss-Faktoren wie Lage, Alter, Pflegezustand, Bau- und Renovierungskosten usw. abzugrenzen wird auch schwierig sein.


    Es soll und muss ja auch preiswerte Wohnungen geben. Strittig ist da wohl nur an welcher Stelle in der Stadt die stehen sollen.

  • Dass die KMA und das Hansaviertel auch unter der UNESCO-Rublik "Einzigartiges oder aussergewöhnliches Zeugnis (...) einer untergegangenen Kultur" laufen wusste ich nicht. Das sind ja neue Chancen.


    Sonst interessanter Link. Die Geschichtsumdeuter von der Linkspartei machen da den 17. Juni 1953, der fast der SED das Regieren gekostet hätte, wieder vom Volks- zum Arbeiteraufstand und plötzlich sind die publizistischen Auswirkungen des 17. Juni von nach wie vor überzeugten Kommunisten wie Anna Seghers auch Weltkulturerbe! Das passiert, wenn man Kommunisten die Weltgeschichtsschreibung überlässt - für jeden ein lesenswertes Dokument der Zeitgeschichte.

  • Karl-Marx-Allee 3

    Die Geschichtsumdeuter von der Linkspartei machen da den 17. Juni 1953, der fast der SED das Regieren gekostet hätte, wieder vom Volks- zum Arbeiteraufstand und plötzlich sind die publizistischen Auswirkungen des 17. Juni von nach wie vor überzeugten Kommunisten wie Anna Seghers auch Weltkulturerbe!


    Darf ich korrigieren?


    Die Geschichtsumdeuter von der Linkspartei machen da den 17. Juni 1953, der fast die SED das Regieren gekostet hätte, wieder vom Volks- zum Arbeiteraufstand


    Wenn mich etwas kostet, dann verlangt das den Akkusativ. Ich betätige mich mal als Rechtschreibpfleger, was man hier im Forum gerne öfter mal täte bei den vielen Fehlern.


    Kannst du den Teil mit Anna Seghers noch mal erläutern? Das ist mir zu kryptisch. Ein bißchen meine ich wohl es verstanden zu haben.


    Und hier noch mal ein Import aus meinem früheren Beitrag:

    Zitat von Konstantin

    Ich finde die Nachverdichtung des Hansaviertels ist diskussioswert. Hier gab es schon einmal einen Vorschlag des renommierten Büros Tobias Nöfer, im Jahr 1998!


    Von wo aus ist denn die verlinkte Perspektive auf der Grafik aufgenommen bzw. welche Stelle des Hansaviertels ist dort abgebildet? Ich meine auch nicht, daß das Hansaviertel unantastbar ist. Nur bietet es wesentlich mehr städtebauliche und ästhetische Qualität als die Karl-Marx-Allee 2 - wenn man das überhaupt in einem Satz zusammenschreiben kann.
    _________



    Was hält man hier von einem entfernten Totalabriß der Karl-Marx-Allee 2 und einer postmodernen modifizierten Fortführung der Stalinallee hin zum Alex? Das kann dann wirklich Weltkulturerbe werden. Und nicht eine rein technisch-historische Besonderheit, die hier hochstilisiert wird, aber leider städtebaulich und architektonisch völlig daneben ist.

  • Sorry für die Tippfehler.


    Die Perspektive des Büros Nöfer ist wohl vom Hansaplatz aus.


    Anna Seghers war eine glühende Stalinistin und führende Funktionärin der SED-Diktatur. Ihre schriftstellerische Rezeption des 17. Juni 1953, die als Chefin des DDR-Schriftstellerverbandes eine erhebliche poltische Komponente hatte, als Grund für die Eintragung der KMA in die UNESCO-Liste zu nennen ist mehr als zynisch.

  • Zu

    Der Vermietungsgrad ist m.E. kein ausschließliches Kriterium der Qualität eines Quatiers. Da würden viele Slums sehr gut abschneiden. Dann schon eher der durchschnittliche Mietpreis.


    und


    Hmm, für den Eigentümer wird der Gewinn den die Wohnung abwirft das wichtigste Qualitätskriterium sein. Für den Mieter das Preis-Leistungsverhältnis.


    Den Einfluss der Architektur auf den Mietpreis von den anderen Einfluss-Faktoren wie Lage, Alter, Pflegezustand, Bau- und Renovierungskosten usw. abzugrenzen wird auch schwierig sein.


    Ich sehe ehrlich gesagt keinen Widerspruch zwischen den Aussagen oder eine Widerlegung der ersten durch die zweite, sie ergänzen sich allenfalls. Natürlich haben Mieter bezüglich des Mietpreises völlig andere (entgegengesetzte) Interessen als Vermieter. Aber die Vermietungsquote und der Preis orientieren sich eben an Angebot und Nachfrage und dazu zählt u.a. auch die Qualität des Angebots (Chandler selbst nennt das Stichwort Preis-Leistung) und den gegebenen Alternativen. Wenn es kaum oder keine (bezahlbaren) Alternativen in ähnlicher Lage gibt, kann man bei entsprechender Nachfrage auch mit einer lausigen Wohnung pervers hohe Mieten abrufen (aus London z.B. habe ich diesbezüglich schon die krassesten Stories gehört). Von daher muss man solche Zahlen stets in einem logischen Zusammenhang (i.e. in Kombination mit weiteren Faktoren) interpretieren. Ich kenne das Argument niedrigen Leerstands ja schon als Pro-Plattenbauargument aus dem Plattenbau-Thread. Nur werden in manchen Städten auch weiterhin systematisch ähnliche oder gar völlig identische Plattenbauten abgerissen, die in Berlin (gerade hier im Stadtzentrum) erhalten und teils aufwändig saniert werden. Die "Qualität" des Angebots ist also auf den ersten Blick vergleichbar, die Nachfrage hingegen offenbar nicht. Im Zentrum Berlins kann man im Moment offenbar so ziemlich alles vermieten.


    Warum man ausgerechnet mitten in der Innenstadt ein Ensemble von ästhetisch eher mittelmäßigen Plattenbauten dauerhaft schützen sollte, hat sich mir trotz der angeführten Argumente immer noch nicht wirklich erschlossen. Sie können ja ruhig stehen bleiben so lange sie gut in Schuss und voll vermietet sind, aber sie irgendwann mit riesigem finanziellen Aufwand in Schuss halten wenn das wirtschaftlich keinen Sinn mehr macht und das dann eben auch über deutlich höhere Mieten wieder reinholen müssen??? Es mag ja durchaus sein, dass diese Bauten exemplarische Qualität besitzen, aber die besitzt letztlich fast jedes Gebäude in irgendeiner Form und es gibt doch noch genug ähnliche Gebäude am Stadtrand wo sie mE vom urbanen Konzept her besser hinpassen. Zudem gibt es mit der Frankfurter Alle und den von Rotem Rathaus angesprochenen Gebäuden doch genug schützenswertes aus der DDR-Moderne im unmittelbaren Umkreis. Man muss es doch nicht übertreiben und sich alle Entwicklungschancen auf lange Sicht verbauen.

  • @ Jan85


    Würdest du das Ensemble, denn in 30 Jahren abreißen wollen, so wie ich das gerne hätte?


    Ich finde ja auch, daß diese Plattenbauten einen gewissen exemplarischen Wert haben: technisch und staatspolitisch. Sie repräsentieren gut die DDR-Epoche.


    Darauf hat in 30 Jahren aber keiner mehr Bock, wenn die Bauten einfach fäkalienähnlich aussehen. Das hat dann was von Nekrophilie. Das Zeug hat seinen Wert, aber eben nur zeitlich begrenzt.


    Zitat von Konstantin

    Sorry für die Tippfehler.


    Versuch Dich nur rauszureden. Das war eben kein Tippfehler, sondern ein glasklarer Kasuslapsus. "Kosten" verlangt den Akkusativ, nicht den Dativ.


    Die Geschichtsumdeuter von der Linkspartei machen da den 17. Juni 1953, der fast die SED das Regieren gekostet hätte, wieder vom Volks- zum Arbeiteraufstand


    Da machen aber manchmal auch seriöse Printmedien Fehler.

  • Dem echten Berliner seine Kritik ist natürlich völlig richtig.


    Etwas Hilfe benötige ich hingegen bei der Exegese des Begriffes "fäkalienähnlich" in Zusammenhang mit Architektur. Und was Nämliche mit Nekrophilie zu tun hat weiss ich auch nicht.


    Aber zur Sache: Weiss jemand, wann über den KMA-Antrag abgestimmt wird?