Wenn man stereotype Ressentiments mag könnte man auch sagen: typisch SZ, mit ihrer "Schwabinger-SPD-Toskana-Sozis-Milieu" Attitüde; eigentlich selbst Establishment aber immer so "geerdet" rumtun.
Ich habe ehrlich gesagt an München immer sehr geschätzt, dass dort kulturelle Einrichtungen jenseits von schlabbriger Subkultur noch existieren. Ich finde, dass Kultur auch durchaus gewürdigt und zelebriert werden darf, indem man sich einmal etwas besseres anzieht, als einen Kapuzenpulli. In Berlin fehlt das vollkommen und wird immer als Spießigkeit usw. mißgedeutet (und wer will schon ein Spießer sein, so sind in Berlin alle gleich plakativ "unspießig" und sich der Ironie gar nicht bewusst, dass es in Berlin heutzutage wesentlich mehr "Punk" ist, in Abendgarderobe in ein Konzert zu gehen, als im "casual look", wie das in Berlin nun einmal Mainstream ist).
Auch unterschätzt man diese Menschen, wenn man implizit unterstellt, dass das nur oberflächliche Pfaue sind, die nur in Konzerte gehen um zu sehen und gesehen zu werden. Ich bin ja auch nicht frei von solchen Ressentiments aufgewachsen, gerade in Berlin wird einem latente Verachtung für alles Bürgerliche ja quasi von Kindesbeinen an eingeimpft. Aber das überraschendste Gespräch über experimentelle Klassik (Neuinterpretation) hatte ich mit einer Dame im fortgeschrittenen Alter mit hochtupierten Haaren und feinster Abendgarderobe als meine Begleitung gerade auf Toilette war und ich etwas verloren auf den Beginn einer Aufführung im Bayerischen Nationaltheater wartete. Die Dame wusste genau bescheid und bereist die Hotspots wie San Francisco und war wenige Monate vor unserem Gespräch in Detroit um dem zeitgenössischen Jazz nachzuspüren. Und sie ist keine "Zahnarztfrau" sondern sie und ihr Mann waren ganz normale Arbeitnehmer und sparen sich diese Kulturreisen vom Munde ab. Ganz normale Menschen also.
Das sind interessante, vielschichtige Charaktere - vielschichter als der typische Berliner "ich beweise meine Individualität indem ich mich besonders schnoddrig kleide und verhalte" Berufsjugendliche. Seid froh, dass ihr in München noch Menschen mit "Klasse" habt, die das auch offen zelebrieren. Die Welt ist schon vulgär genug. Und darum halte ich die Grundkritik, dass ein Konzertsaal in diesem "Werkbundviertel" zu banal und funktional geraten könnte, durchaus für einen zentralen Punkt. Es muss ja nicht so prunkvoll sein, wie das Bayerische Nationaltheater (naja - warum eigentlich nicht?), aber irgendwas dazwischen auf der einen Seite und einem Busbahnhof auf der anderen Seite darf es schon sein. Wenn am Ende nur eine Betonschachtel mit ein paar unmotivierten Glas- und Leuchtelementen an der Fassade rauskommt, wie man ja durchaus befürchten kann, dann ist das der großen kulturellen Tradition Münchens eigentlich nicht würdig.
Hätte man schon immer so gebaut, dann wäre das berühmte Zitat "München leuchtet" vermutlich nie ausgesprochen worden!