Dresden: Kulturpalast

  • Warum geben sich die Dresdner mit derart vielen Neubauten zufrieden?


    Die Dresdner geben sich nicht zufrieden, sie haben schlicht gesagt andere Sorgen als für eine originalgetreue Rekonstruktion des Neumarktes zu protestieren. Sie wären auch gar nicht dazu in der Lage, auch nur die Anbringung eines Gesimses zu beeinflussen. Das Sagen hat, wer das Geld hat, sonst wird gar nicht gebaut.


    Warschau erlitt furchtbare Zerstörungen während des letzten Krieges und man hat die Altstadt wieder aufgebaut! Historisch! Heute entdeckt man die Warschauer Altstadt auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes. Der einstige Charme ist in wesentlichen Teilen wieder vorhanden, ebenso wie in Breslau, Danzig etc.


    Die genannten Beispiele polnischer Städte sind unter Leitung der örtlichen Behörden und mit staatlicher Unterstützung (auch aus Deutschland) wieder erbaut worden, nicht mit Investorengeldern, die kommerziellen Interessen dienen.


    Es ist traurig, wie traditions- und einfallslos die Deutschen sind, die sich als Kulturvolk sehen wollen.


    Mal abgesehen davon, dass die Entscheidungsträger nicht die Deutschen sind, wie einfallsreich ist es, etwas zu bauen, was es schon gab? Und Kultur ist nicht, zerstörte Gebäude wieder aufzubauen. Gott sei Dank.

  • Ich weiß, dass der Beitrag, nicht von dir ist. Ich wollte mich auch nicht bei dir beschweren oder dich in irgendeiner Weise angreifen.
    Seine Grundaussage ist auch nicht falsch und die Zweifel durchaus berechtigt. Aber die Argumentation ist zu oberflächlich und unüberlegt, um sein Anliegen zu rechtfertigen. Ich fände es auch schön, wenn Dresden seine Altstadt wiederbekäme. Das wird aber nicht der Fall sein und dieser Tatsache muss man ins Auge blicken. Man kann um den Neumarkt herum Gebäudeensemble schaffen, um diesen in seiner ursprünglichen Form wieder herzustellen. Das war es dann aber auch. Um eine halbwegs glaubwürdige Altstadt zu rekonstruieren, müsste man den Bestand der Wilsdruffer Straße komplett entfernen, was nicht geschehen wird. Somit ist nicht mal mehr der Altmarkt wirkliche Altstadt. Abgesehen davon sollte man froh sein, dass am Neumarkt überhaupt etwas passiert. Hätte man Spenden gesammelt, um alles originalgetreu wiederherzustellen, wäre fünfzig Jahre lang nichts gebaut worden.

  • Zitat von TheBerliner

    [...] Hätte man Spenden gesammelt, um alles originalgetreu wieder herzustellen, wäre fünfzig Jahre lang nichts gebaut worden.


    Genau das ist der entscheidende Punkt, der in neueren Debatten und bei der Bewertung der jüngeren Entwicklungen immer wieder zu kurz kommt! :daumen:


    Die Leute hatten in den vergangenen 50 Jahren gerade auch in Dresden andere Probleme (Wiederaufbau, Wohnraum, ökonomische, aber auch ideologische Hemmnisse), um ihre Taten mit den heutigen Anforderungen messen lassen zu müssen.


    Nicht Unwesentliches von Dresdens Silhouette ist erhalten oder wieder aufgebaut. Auch die Schneidersche Fassung des Altmarktes bietet diesen Geist des Ortes. Ein vergleichbares Ensemble mit dieser barocken Spielart des "gemäßigten, kritischen" stalinistischen Bauens ist mir nicht bekannt. Und selbst der spätere, industriell vorgefertigte Massenwohnungsbau wurde in Dresden lange Zeit lokal projektiert, was für viele andere Regionen der DDR nicht unbedingt galt (das mag natürlich Leute mit wenig Sinn für die tatsächliche Geschichte und das Detail nicht sonderlich beeindrucken ;)). Es gibt also nach meiner Auffassung für Dresden sehr wohl einen genius loci - wenn auch nicht den bestimmten, der heute gerade "in Mode" ist!


    Ob der Gästebuch-Eintrag wirklich von einem 16jährigen stammt, weiß man nicht. Es spricht wohl auch nichts dagegen, dass dieser Fakt vom Autor manipuliert worden sein könnte. Schließlich will er/sie etwas bewirken, auf etwas aufmerksam machen. Da käme eine etwaige Überhöhung dieser Art gerade recht. Und das halte ich Alles in Allem auch für wahrscheinlicher, als dass der eine 16jährige, der über einen derartigen Duktus verfügt, zufällig an jenem Gästebuch vorbei kam. Sorry. (die anklingende Resignation und das kollektive Wir des Eintrags sprechen leider auch eher für einen Menschen weit jenseits der Jugend, in diesen jungen Jahren nimmt man seine gebaute Umwelt meist gerade erst bewußt wahr, bewerten tut man sie oft erst viel später; es sei denn, sie wird einem "vorbewertet")



    haithabu,


    Aldo Rossi war m. E. geradezu eine Gallionsfigur der Post-Modernisten. Deine verwendete Formulierung im Zusammenhang mit einem Zitat von ihm ist daher vermutlich gewagt :).



    Gruss
    AeG

  • Das ist schon klar, haithabu.


    Ich wollte nur auf den Widerspruch zu dieser Aussage hinweisen:


    Zitat von haithabu

    Ich bin nicht gegen die Postmoderne [...] Die Menschen sehnen sich aber nach ...


    Aber ich will nicht krümelkackerisch sein ;)

  • Wie sieht es denn nun eigentlich aus mit der Zukunft des Kulturpalastes? Seid ihr alle so schockiert, dass diese städtebauliche Totalkatastrophe nun auch noch saniert wird oder warum traut sich niemand mehr hier her? Sind die Umbaumaßnahmen bereits im Gange oder hat man sich letzendlich nun doch für die weitaus intelligentere Variante (sprich: Rückbau, klingt immer so schön harmlos) entschieden (was ich leider Gottes stark anzweifele)?


    Bei meinem Besuch des ansonsten überwiegend wunderschönen Dresdens war bislang keinerlei Bautätigkeit erkennbar, mal abgesehen davon, dass der frontal gegenüberliegende Altmarkt wegen der aktuellen Ausgrabungsarbeiten am alten Rathaus komplett brachlag.


    Ehrlich gesagt finde ich es durchaus tragisch, dass dieses Scheusal nun nicht durch den Kollhoff-Bau ersetzt wird, der wäre ein wirklicher Gewinn (und dabei verhältnismäßig unbedeutend kostenintensiver) für die Stadt Dresden gewesen und hätte diesem Ort wesentlich mehr Urbanität verliehen, meiner Meinung nach. Und das Argument, damit würde man die sozialistische Vergangenheit Dresdens (und ähnliches Gedöhns, das zu diesem Anlass gern von Verfechtern der DDR-'Baukunst' eingeworfen wird) verleugnen, gilt nicht, da wird es auch in 50 Jahren noch genug ansehnliche 'Denkmäler' geben, die uns diese schreckliche Zeit nicht vergessen lassen werden.


    Schöner wäre die geplante, lichtdurchflutete und zugleich klassische Galerie mit der Glaskuppel, den zahlreichen Einzelhandelsmöglichkeiten, dem Theater/Kabarett sowie weitergehenden Kulturangeboten, Büroraum, einem möglichen Kino (oder anderen Entertainment-Angebot wie bspw. eine Musical-Bühne) sowie Bars und sogar Wohnmöglichkeiten bzw. einem integrierten Hotel ohnehin gewesen, alleine schon wegen der Vielfältigkeit.
    Dazu mag nun jeder eine andere Auffassung haben, aber mal ehrlich: Was ist an einem derart prominenten, zentralen Standort schon mit einer 'einfachen Sanierung' getan? Meiner Meinung nach hilft diesem Bau (wie hier bereit jemand hinzufügte) nur ein 'einfacher' Abriss...


    Und zu was soll denn die geplante Sanierung taugen? Der Anstrich sieht doch noch frisch genug aus, reingehen will doch eh kaum jemand - die Dresdner, die ich kennengelernt habe, hassen allesamt diesen Bau und verteufeln die Stadtplaner für die geplante Sanierung! Und von einem Bekannten eines Tontechnikers des Kulturpalastes erfuhr ich ebenso keine Euphorie über dieses Gebäude, die Akustik scheint ein Graus zu sein, ebenso die Aufenthaltsqualität des Hörsaals (an der sich durch eine Sanierung nicht allzu viel ändern wird). Vielleicht nicht repräsentativ, aber schon irgendwie bezeichnend: Beim Aufenthalt am Lutherdenkmal des Neumarktes diskutierten zwei Amerikaner (nehme ich an) angeregt über den unästhetischen Bau. Der eine meinte abschließend nur: "Quite funny, those people are rebuilding so much historical space, while they seem to keep an eyesore for the tourists!" ;) [sinngemäß] Das spiegelt natürlich alles nur meine rein subjektive Meinung (teilweise leicht eingefärbt durch die anderer) wieder, aber ich denke, dass diese mit der von nicht wenigen Dresdnern weitgehend übereinstimmt und auch Außenstehende bei diesem Anblick nicht gerade vor Begeisterung platzen.

  • Des Weiteren interessant in diesem Zusammenhang: Studie zur Bebauung des Kulturpalastareals - von der Gesellschaft Historischer Neumarkt Dresden e.V.


    Auf jeden Fall sind in dieser Studie einige Vorschläge versammelt, die mit dem sanierten Kulturpalast alle Essig sind. Und erwartet hier irgendjemand eine gute (sprich: stadtbildaufwertende) Sanierung von diesem DDR-Monstrum? :nono:

  • Wie sieht es denn nun aus, Dresdner Gefährten? Hat man in der Zwischenzeit mit dem "wahnwitzig ambitionierten" Umbau des Kulturpalastes begonnen?

  • Eine stadtbildaufwertenden Sanierung? Machst Du Witze? Das wäre Disneyland! Das war hässlich geplant, und wenn man es verändert, verfälscht man die Geschichte!!!

  • Also, nachdem das Ding nun für 3,5 Mio € saniert wurde, um den Brandschutzanforderungen gerecht zu werden, glaube ich nicht daran, dass das Ding jemals dort wegkommt. Schade eigentlich, die geplante Passage hätte mir viel besser gefallen.
    Allerdings wirkt der Kulti auch wiederum nicht so schlecht. Abends macht er durch die Beleuchtung sogar einen leicht edlen Eindruck auf mich.
    Aus der Vogelperspektive gesehen ist das Teil aber trotzdem eine immense Störung für das Stadtbild.


    http://www.kulturpalast-dresden.de/

  • Der Kulturpalast soll einen modernen Konzertsaal erhalten in dem die Dresdner Philharmonie untergebracht ist. Umbau und Sanierung des aus DDR-Zeiten stammenden Gebäudes soll rund 65 Millionen Euro kosten. Ein Neubau mit gleicher Fläche und Nutzung würde nach ersten Schätzungen rund 104 Millionen Euro kosten. 2011 sollen die Bauarbeiten begonnen werden.


    Quelle: LVZ

  • In der Online Ausgabe der Sächsischen Zeitung ist heute zu lesen, dass neben dem Saal für die Dresdner Philharmonie mit 1800 Plätzen (heute 2400) auch die Städtische Zentralbibliothek untergebracht werden soll. Dem Kabarett Herkuleskeule sollen Räumlichkeiten angeboten werden.

  • ^^
    Ich habe damals auch die Entscheidung gegen die Kollhoff-Passage bedauert. Das hätte eine hervorragende Ergänzung der Fußwegeverbindung vom Hauptbahnhof über den Altmarkt bis auf die Neustädter Seite gegeben und einen Abzweig zum Neumarkt ermöglicht. Es hätte hervorragend zur Verdichtung der Innenstadt beigetragen und vom Baustil her eine Brücke geschlagen zwischen den 50er-Jahre-Bauten am Altmarkt und den Rekonstruktionen am Neumarkt.
    Aber diese Entscheidung ist wohl nicht mehr rückgängig zu machen. Diese Diskussion ist sozusagen gegessen.

  • Neuigkeiten zum Kulturpalast

    Der 1969 errichtete Kulturpalast steht nun unter Denkmalschutz. Zudem soll der auf 65 Mio Euro teure Umbau europaweit ausgeschrieben werden.


    http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=1950854


    Meiner Meinung nach ist der Kulturpalast kein schöner, aber ein würdiger Vertreter seiner Zeit, der leider am falschen Ort steht. Der Denkmalstatus geht sicher in Ordnung, aber wenn ich könnte, würde ich den Kubus in Richtung Prager Straße translozieren.

  • Meiner Meinung nach ist der Kulturpalast kein schöner, aber ein würdiger Vertreter seiner Zeit, der leider am falschen Ort steht. Der Denkmalstatus geht sicher in Ordnung, aber wenn ich könnte, würde ich den Kubus in Richtung Prager Straße translozieren.


    Genau so sehe ich das auch.

  • So wie der Kulturpalast im Moment aussieht, ist er einfach störend. Ich bin wirklich gespannt, ob es gelingt, eine Verbindung/Anbindung zum Neumarkt zu finden.

  • Weitere Informationen zum Umbauprojekt finden sich heute im Property-Magazine. Demnach


    • wird der Umbau europaweit ausgeschrieben
    • das Preisgericht wird Anfang 2009 zusammentreten
    • Vergabe des Planungsvertrages Mitte 2009
    • Fertigstellung 2014
    • Projektkosten rund 65 Millionen Euro, davon 30 Millionen Euro Zuschuss von Land und Bund
    • neuer Konzertsaal für die Philharmonie mit mindestens 1.900 Plätzen
    • Tagungen werden dort nicht mehr stattfinden
    • Städtische Bibliotheken und das Kabarett "Die Herkuleskeule" werden ebenfalls untergebracht
    • außerdem Gastronomie und ein Besucherzentrum der Stiftung Frauenkirche
  • gmp gewinnt Architekturwettbewerb

    Das Berliner Büro Gerkan, Marg und Partner (gmp) hat den Wettbewerb zum Umbau des Kulturpalastes gewonnen. Die Jury unter dem Vorsitz des Hamburger Professors Jörg Friedrich lobte den behutsamen Umgang von gmp mit dem denkmalgeschützten Gebäude. Die äußere Form des Kulturpalastes bleibt unverändert, lediglich die braunen Glasscheiben werden gegen durchsichtige eingetauscht und zusätzlich sollen ein paar neue Glasscheiben eingebaut werden.


    Ein völlig neues Aussehen hingegen bekommt der große Konzertsaal, der an die Form eines Weinberges erinnern soll. Der Entwurf hierfür wurde mit dem Büro Acoustic Design Ahnert (ADA) erarbeitet, wodurch sich die Akustik im Kulturpalastes (ein Hauptkritikpunkt bislang) deutlich verbessern soll.


    Quelle und weitere Infos KLICK


    Erste Entwürfe von gmp zum großen Konzertsaal:




    Bilder: gmp

  • Von innen ist der KP eigentlich ganz ordentlich! Sieht bestimmt richtig klasse aus, wenn es fertig ist. Auch die Aufteilung und Unterbringung von den anderen "Mitbewohnern" des Kulturpalastes (Bibliothek, Herkuleskeule...) finde ich gut. Bloß von außen wird mich der Kulturplalast wohl auch nach der Sanierung nicht überzeugen. Klar wurde man durch den Denkmalschutz stark eingeschränkt, doch finde ich die braunen Scheiben gegen durchsichtige einzutauschen einfach zu wenig. Da war mehr drinn. Schade!

  • Der 1969 errichtete Kulturpalast steht nun unter Denkmalschutz. Zudem soll der auf 65 Mio Euro teure Umbau europaweit ausgeschrieben werden.


    Denkmalschutz, es ist kaum zu glauben. :nono: Ein Gebäude, welches überall stehen könnte (woanders in Dresen wäre es ja kein Problem, genug Platz ist ja da), aber genau an diesem Ort ist dieser Bau so fehlplatziert, wie es fehlplatzierter nicht mehr geht.

  • Bei Kulturbauten oder öffentlichen Großbauten aus der DDR-Zeit besteht oft das Problem, dass bei Ihrer Errichtung gewachsene Stadtstrukturen bewusst zerstört wurden - ähnlich wie bei Kulturbauten aus den Siebzigern (Betonbrutalismus) im Westen. Wenn man heute aus den Fehlern der Vergangenheit lernt und urbane, historische Strukturen wieder herstellt, lassen sich diese Gebäude nur mit Problemen oder gar nicht in den historischen Kontext integrieren. So riegelt der Kulturpalast das kleinteilige Viertel um Schloss und Jüdenhof in Richtung Altmarkt ab und wirkt wie eine Barriere. Betrachtet man sich nur das Gebäude als Solitär, d.h. losgelöst von seiner Umgebung, könnte man es durchaus als prägnanten Kulturbau der damaligen Epoche bezeichnen. Und Denkmalschutz hat ja auch die Aufgabe, charakteristische Gebäude aus allen Bauepochen zu erhalten. Dies ist mit Stadtreparatur jedoch oft nicht in Einklang zu bringen, wenn diese Gebäude in zentralen historischen Bereichen der Stadt stehen und historische Strukturen überformen. Andere Beispiele: Palast der Republik in Berlin, Technisches Rathaus in Frankfurt am Main.