Neubebauung am Schinkelplatz/Werderscher Markt

  • ^Hätte man den weißen Marmor an den oberen Fenstern weggelassen, dann würde man sofort kritisieren, daß die Fassade zu langweilig sei. Betrachte den weißen Marmor doch einfach als zusätzliches Schmankerl.


    Und die Bleche unter den Fenstern stören mich nicht. Ich habe mir die Bleche unter den Fenstern lange angeguckt. Und sie wollen mich einfach nicht stören. :)


    Ich finde an diesem Gebäude immer mehr Gefallen.

  • Für Generationen der Architektenausbildung mag dieser Bau das Paradebeispiel dafür sein, wie man eine Nicht-90°-Ecke AUF KEINEN FALL löst.

  • ^ Es war vermutlich das Ziel von Moneo, die Ecksituation so zu lösen, wie es normalerweise NICHT gemacht wird.


    Bereits das Vorkriegsgebäude hat geradezu von dieser abgeschrägten Ecke gelebt. Die abgeschrägte Ecke war das charakteristische Merkmal der Bausituation an dieser Stelle. Und Moneo wollte wohl diese "Abgeschrägtheit" auf unkonventionelle Weise verarbeiten.


    Egal, wie die Geschmäcker sind: man kann dem Gebäude jedenfalls nicht vorwerfen, daß es langweilig wäre.

  • Ich kann der Kritik von Odysseus nur zustimmen. Mit dem abstoßenden Rathausneubau von Murcia hat der Architekt seine Unfähigkeit zum Bauen im historischen Umfeld zum ersten Mal bewiesen, mit dem neuesten Fremdkörper am Schinkelplatz/Werderschen Markt beweist er sie zum zweiten Mal. Doch zum Glück haben solche architektonischen Eintagsfliegen eine kurze Lebensdauer und werden nach wenigen Jahrzehnten abgerissen.

  • ^ Nun ja, das einzig Historische in diesem Umfeld (wo fängt "historisch" eigentlich an?) ist die Friedrichswerdersche Kirche. Alles andere wurde zwischen 1952 und 2017 errichtet. Das ist etwas völlig anderes als das Rathaus in Murcia, das an einem erhaltenen, barocken Marktplatz steht. Es macht sich dort gut, finde ich; aber das ist Geschmackssache.


    Keine Geschmackssache, sondern schlichte Tatsache ist es, dass die Umgebung um den Moneo-Bau in Berlin zwar auf dem überlieferten Stadtgrundriss basiert, nicht aber die im Krieg zerstörte Architektur nachbildet. Ein Vergleich mit Murcia ist deshalb unpassend.

  • Na, Architektenkind, so ganz in einem "erhaltenen, barocken Umweld steht die Rathauserweiterung in Murcia nicht. Rechts scheint mit was aus den 70ern zu stehen und ganz rechts eher Gründerzeit - in keinem Fall jedoch ein geschlossere Barockplatz.


    Ich persönlich finde, dass der Berliner Bau einfach schlechte Architektur ist. Zu groß, zu ungelenk, zu falschfarbig, zu plump um die Ecke.

  • ^ Rechts des Moneo-Baus in Murcia lugen die Siebzigerjahre um die Ecke, das stimmt (allerdings in einer stadtverträglichen Form). Aber die prägenden Gebäude des Platzes sind die Kathedrale und der Bischofspalast mit Fassaden aus dem 18. Jahrhundert. Gegenüber dem Palast mag auch spätes 19. Jahrhundert vertreten sein, da bin ich nicht sicher. Ist aber auch egal. Worauf ich hinauswollte, wird klar, wenn man sich Luftaufnahmen des Platzes in Murcia anschaut: Das hat mit der Situation in Berlin nischt zu tun.


    Zu Deiner Bewertung des Berliner Gebäudes: "Zu groß"? Nein. "Zu ungelenk"? Schwierig zu definieren – bin unentschlossen. "Zu falschfarbig"? Ja. "Zu plump um die Ecke"? Ich weiß nicht, was soll es bedeuten...

    Einmal editiert, zuletzt von Architektenkind () aus folgendem Grund: Grammatikfehler korrigiert

  • ^ Bisschen weniger Orange, bisschen mehr Ocker oder Beige. Oder auch Grau. Irgendwas dazwischen, halt: Wenn der Naturstein den Backstein der Kirche (und künftig vielleicht der Bauakademie) aufnimmt, dann sollte der Putz zwischen dem roten Stein und den grauweißen Fugen vermitteln. Ist aber, wie gesagt, Geschmackssache. Etwas Gedeckteres hätte mir besser gefallen.

  • Das Gebäude harmonisiert m. E. durchaus mit der Friedrichwerderschen Kirche, wie man auf dem vierten Foto von DerBe erkennen kann.
    Es bleibt abzuwarten, wie später die Bauakademie im Detail, besonders zum Werderschen Markt hin aussehen und wirken wird.


    Selbst bei einer wünschenswerten Vollrekonstruktion wird diese trotzdem nicht die Patina der Kirche haben und ein neues Geäude sein (saubere, gleichmäßige Ziegel, gerade und saubere Fugen, neue Fenster, keine Ausbesseurungen, moderne Technik, usw.).


    Vielleicht wird dann gerade die Kombination aus alt (Kirche), modern (Moneo-Bau) und neue Rekonstruktion (Bauakademie) das Ensemble am Werderschen Markt perfekt machen.

  • Ich kann der Kritik von Odysseus nur zustimmen. Mit dem abstoßenden Rathausneubau von Murcia hat der Architekt seine Unfähigkeit zum Bauen im historischen Umfeld zum ersten Mal bewiesen, mit dem neuesten Fremdkörper am Schinkelplatz/Werderschen Markt beweist er sie zum zweiten Mal. Doch zum Glück haben solche architektonischen Eintagsfliegen eine kurze Lebensdauer und werden nach wenigen Jahrzehnten abgerissen.


    Wer beweist hier wem was? - Doch nur dem geneigten Reko-Fan. Alle anderen setzen sich sachlich mit dem Bau auseinander.
    Der Baukörper passt sich hervorragend in das Umfeld ein. Die vermeintliche Brandwand, oder vermeintlich ungelöste Ecke, akzentuiert den Gebäudeteil zum Markt hin und gibt ihm ein fast eigenständigen Charakter. Gleichwohl sind die Übergänge fließend und der ganze Baukörper erscheint als Einheit. Das hat nichts mit billiger Sparakassenarchitektur zu tun. Das hat Moneo ausserordentlich gut gemacht.
    Kritisch wird von den meisten wohl die Farbgebung, der Putz an sich, die Fensterbleche, die Fensterrahmen im Sockel und die Nutzung betrachtet.
    Für mich gewinnt der Bau von Tag zu Tag mehr, er polarisiert und das ist ein gutes Zeichen.

  • DerBe: Selbst Lobeshymnen auf den Moneo-Bau singen, aber anderen fehlende Objektivität vorwerfen - das ist mal wieder typisch für Modernisten. Die meisten Menschen werden sich durch die ständige Wiederholung der inzwischen 100 Jahre alten Moderne in ihrer ablehnenden Haltung zu diesem Stil jedenfalls bestätigt fühlen.

  • @ Architektator
    Einspruch. es führt zu nichts, immer wieder auf Allgemeinpätze zu verweisen und zu undifferenziert zu verdammen. Die „Moderne“ würde ich nicht als Stil sondern als eine kulturhistorische Epoche beschreiben wollen. Wenn Du schon in 100-Jahresschritten denken willst. Ich selbst mag den Maneo-Bau überhaupt nicht, ähnlich wie Konstantin empfinde ich ihn als „nicht gelungene Architektur“. Der extreme Materialmix und das unausgegorene Hantieren mit Stilmitteln wie ausgeschnittenen Ecken und tiefen Fenstereinschnitten erzeugen bei mir Beunruhigung, die Farbwahl tut ihr Übriges. Auch wenn dies ein Vertreter der „Moderne“ sein soll und ich mich hier im Forum als „Modernist“ bezeichen lassen muss, bin ich dazu imstande diesen Bau nicht zu mögen. Ich mag Gebäude der 20er Jahre und der 70er Jahre des 20ten Jahrhunderts die ja alle der „Moderne“ zuzurechnen sind ich mag nicht die der 50er und 90er Jahre. Ähnlich geht es mir mit dem 19ten Jahrhundert. Ich mag die Architektur von 1800-1848 danach wird es mir zu eklektizistisch. Aber das sind subjektive geschmäcklerische Ansichten. Ich würde niemals eine ganze kulturhistorische Epoche in Grund und Boden verdammen, wie es hier immer wieder gemacht wird.


    @ Baukörper
    Ich hoffe, dass man bei einer Rekonstruktion der Bauakademie auch auf altes Ziegelmaterial zurückgreift, in dieser Hinsicht hat mich die Schauecke nämlich nicht überzeugt.

  • ^^ Ich beurteile das Gebäude und dabei sind mir die meisten Menschen ersteinmal egal. Ich singe keine Lobeshymnen und kritisiere den Bau ebenfalls, da wo es etwas zu kritisieren gibt. Ich habe selbstverständlich nicht die Wahrheit gepachtet. Und Sie so? - Nur allgemeines sinnloses Draufhauen auf die Moderne. Sonst nichts. Ich könnte jetzt sagen, so sind sie, die Reko-Willies. Ich lass das aber..

  • In Sachen Pauschalisierung geben sich der ein oder andere Modernist und "Reko-Willi" nicht sonderlich viel. Das zieht das Forum bedauerlicherweise ziemlich runter.


    Was den Moneo-Bau angeht kann ich da leider kein fließenden Übergang zwischen den einzelnen Gebäudemerkmalen entdecken.
    Der „Kniff“ mit der „Brandwand“ soll dem Gebäude wohl eine irgendwie geartete tektonische Wirkung verleihen. Für mich sieht das aber eher wie gewollt und nicht gekonnt aus. Sowas kommt m.E. bei modern gestalteten Fassaden mit hohem Glas- oder Sichtbetonanteil und/oder verschiedenen metallischen Materialien die sich idealerweise nicht dem Diktat einer begrenzten Traufhöhe unterwerfen müssen ganz gut rüber.
    Aber hier in Kombination mit diesem orangenen Putz und Standardraster wirkt es einfach nur billig.

  • Bester Bato, ich habe weder von Rekonstruktionen an diesem Ort gesprochen noch diese gefordert. Ich habe lediglich meine Meinung zu diesem Bau zum besten gegeben - was wohl der Zweck dieses Forums ist. Die Debatte kommt doch gut in Gang.


    Da jetzt irgendetwas hineinzuinterpretieren wie "Der „Kniff“ mit der „Brandwand“ soll dem Gebäude wohl eine irgendwie geartete tektonische Wirkung verleihen" (Bato) trägt auch nicht gerade dazu bei dem DAF einen intellektuellen Esprit zu verleihen - was soll an einer Brandwand "tektonisch" sein?


    Zudem kann ich an den Unterschied zwischen den Kritikpunkten "plump" (mein Ausdruck) und "billig" (Bato) zumindest in puncto Niveau nicht erkennen.


    Im übrigen bist es ja gerade Du, der pauschalisiert. Mit dem Begriff "Reko-Willi" unterstellst Du ja ich plädierte unterschiedslos für eine Reko. Dem ist nachweislich meiner Beiträge keineswegs so. Vielleicht demnächst meine Beiträge über die ersten drei Worte hinaus lesen - dann kommt man auch nicht auf solche "billigen" (Bato) Pauschalurteile. Du musst meine Meinung ja nicht teilen - schön wäre aber wenn man sich respektierte.


    Aber es geht ja wahrscheinlich eher darum Forianer zu finden, von denen man sich abgrenzen kann, um als strahlende Mitte zu glänzen. Wenn das dir hilft, Bato, stehe ich gern zur Verfügung.

  • Obwohl ich nicht sagen könnte, dass mir der Moneo-Bau besonders gefallen würde (die Farbe finde ich nach wie vor missglückt), hat das Gebäude etwas Inkommensurables, etwas, was sich dem (zumindest meinem) Verständnis entzieht. Das gilt z.B. für die "Minibrandwand" (Bato), von der ich weder sagen könnte, dass ich sie für geglückt, noch, dass ich sie für einen Unfall halten könnte, für einen Beweis mangelnder Könnerschaft.


    Dieses sich dem Verstand entziehende verleiht dem Bau etwas Künstlerisches im Sinne von: die Einbildungskraft und die Suche nach einem passenden Begriff Anregendes, ohne dass man zu einem Begriff gelangte. Ich finde das reizvoll, und zwar besonders dann, wenn ich es mit solchen Bauten vergleiche, wie sie in den vergangenen Jahren in Berlin im Übermaß entstanden sind und die uns rein gar nichts zu sehen und zu denken geben und weshalb wie hier auch keine Sekunde für sie verschwenden. Ist Moneo ein Meisterwerk? Vermutlich nicht. Eine Bereicherung qua Eigentümlichkeit? Sehr wohl.

    Was für Moneo gilt, gilt noch mehr, wenn man diesen Bau als Teil des Gebäudeensembles betrachtet, dem er angehört. Auch Schultes und Hemprich Tophof sind eigentümlch und daher herausfordernd. Die "flächigen Fassaden und tief nach innen wirkenden Loggien" (Baunetz) des Letztgenannten wirken auf das Auge herausfordernd, das Auge tut sich schwer, die Tiefe zu erfassen, und lassen sich übrigens, wie das gesamte Ensemble, fotografisch nicht gut festhalten, auch nicht leicht beschreiben.

  • Eine Rekonstruktion der Wohn- und Geschäftshäuser aus der Vorkriegszeit stand am Schinkelplatz/Werderschen Markt doch nie zur Debatte. Es ging hier immer darum, ob die Neubauten modern oder klassisch sein sollten - und da sind die Geschmäcker eben verschieden. Mir gefallen die modernen Entwürfe von Staab und Moneo nicht, da sie nicht zum historischen Umfeld passen. Die klassischen Entwürfe von Albers oder Nöfer hätten sich dagegen nahtlos zwischen Kommandantenhaus, Stadtschloss, Bauakademie und Friedrichswerderscher Kirche eingefügt.


    DerBe: Es wäre schön, wenn du andere aufgrund ihres Architekturgeschmacks nicht mehr als "Rekowillis" bezeichnen würdest - dich bezeichnen sie schließlich auch nicht als "Modernazi".

  • ^ Von "nahtloser Einfügung" kann gar keine Rede sein. Albers sagt mir überhaupt nicht zu. Die Auflösung des Blockes in vier einzelne "Stadtvillen" wird dem Schinkelplatz nicht gerecht. Und während die übrigen drei als Solitäre ganz interessant sind, finde ich den Kopfbau, an dessen Stelle nun der Moneo steht, ziemlich öde. Die Simse und die invertierte Kolossalordnung sollen wohl Anleihen an den Klassizismus darstellen. Auf mich wirken sie bemüht. Nöfer hat seinerseits gar keinen Entwurf für den Kopfbau vorgelegt (jedenfalls fehlt er hier). Bei den übrigen Entwürfen tritt seine patzschkehafte Seite zutage, die ich gar nicht mag – auch wenn mir Max & Moritz oder das TU-Gebäude in der Marchstraße gut gefallen.


    Auf den Staab lasse ich nichts kommen; meines Erachtens mit Abstand der beste Neubau in Mitte seit Jahren. Ob Du es glaubst oder nicht: Wenn ich daran vorbeigehe, geht mir jedesmal das Herz auf.