Leipzig: Adina-Hotel im ehemaligen Brühlpelzhaus (eröffnet)

  • Das irgendeine Architekturepoche getilgt wird, halte ich auch für völlig absurd. Die DDR Architektur ist in der Stadt angesichts des insgesamt historischen Kürze des Systems, welches im Gegensatz zur Kaiserzeit oder der Zeit bis zum Krieg auch eher durch wirtschaftlichen Niedergang und Einwohnerverlust gekennzeichnet war, deutlich überrepräsentiert. Logo, ein Erbe des Wiederaufbaus aber an der Situation ändert das nichts.


    Und mal ganz ehrlich, mir sind keinerlei Menschen bekannt die sich die Konservierung eines ähnlichen Zustands wie weiter vorne gezeigt, seis in Leipzig oder sonst wo, wünschen würden, mit dem Hintergedanke die "Tilgung" einer Epoche zu verhindern. Da gibt es weitaus architektonisch bedeutsamere Objekte um mit solchen Argumenten zu kommen.

  • vorab: das ganze ist eine phantom-debatte, da vom eingentümer ein abriss ja ganz offensichtlich nicht angestrebt wird.


    leider. denn um die argumente von leipzigso vom kopf auf die füße zu stellen:
    "genormte breiten und genormte hausfassaden" waren das ziel (oder zumindest der effekt) der ddr-stadtplanung. dies zu korrigieren, kann nichts verschlimmern und bestenfalls zu einer erheblichen aufwertung führen.


    das ist keine hoffnung, sondern erfahrung: man vergleiche nur das gelände des ehemaligen hotels "stadt leipzig" mit der jetzigen bebauung. oder wünscht sich jemand anstelle des motel one am nikolaikirchhof das ddr-interpelzgebäude zurück? wohl eher nicht. gleiches gilt für die höfe am brühl vs brühl-platten. und erst recht für die marktgalerie im vergleich zum ddr-messeamt.


    wobei das messeamt mit seinem flügeldach weitaus mehr qualität hatte, als das brühlpelzgebäude. doch auch beim messeamt war die einbindung in das historisch gewachsene stadtgefüge dermaßen bewusst negiert worden, dass der gewinn durch die nachwende-neubebauung weitaus schwerer wiegt als der verlust des 60er-jahre-baus.


    es geht also nicht etwa darum, ddr-architektur aus dem stadtbild zu tilgen. völlig zurecht wurde beispielsweise die hauptpost unter denkmalschutz gestellt und die fassade der blechbüchse (vollständig!) wiederaufgebaut. es geht vielmehr darum, das stadtbild weiter zu entwickeln und dabei erhaltenswertes zu bewahren.


    das strassenraster gehört meines erachtens dazu, das brühlpelz-gebäude nicht.


    doch wie schon gesagt: das alles steht derzeit nicht zur debatte.

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  • vorab: das ganze ist eine phantom-debatte, da vom eingentümer ein abriss ja ganz offensichtlich nicht angestrebt wird.


    Genau! Soweit so gut, sollte man meinen. Ich bin vielleicht etwas enttäuscht vom Forum. Ich hab' immer den Eindruck gehabt, dass sich gerade hier sehr für den Erhalt von Bausubstanz eingesetzt wird. Selbst die (glücklicherweise häufig vorkommende) Sanierung von absoluten Durchschnitts-Gründerzeitlern wird immer groß gefeiert. Schade finde ich nun, dass dabei offensichtlich auch nach ästhetischen Kriterien beurteilt wird, was erhaltenswert ist - und was nicht(klangprozessor: "Mal davon abgesehen ist dieses Gebäude - rein subjektiv betrachtet - einfach hässlich."). Ich finde hier wird mit zweierlei Maß gemessen. Für DDR-Architektur müssen wir, selbst wenn sie überdurchschnittlich ist (die Gründe hat LE Mon hist. dankenswerterweise angeführt!) immer neue schlüssige Argumente dafür liefern, warum man sie denn nicht lieber heute als morgen wegtilgen kann, während Durchschnitts-Historismus quasi per se erhaltenswert ist. Sinnvolle Argumente gab es zudem m.E. nach ausreichen: Das Gebäude ist intakt, es fällt nicht in sich zusammen. Es ist Teil eines Städtebaus, der heute nicht mehr aktuell ist, aber aufgrund seines architekturhistorischen Wertes bewahrt werden sollte. Der Aufwand in der Fassadengestaltung und auch die Konstruktionsweisen sind für die Entstehungszeit überdurchschnittlich. Das allein würde bei jedem Gründerzeitler locker ausreichen - nur seltsamerweise nicht bei DDR-Architektur?!


    Das Hauptargument für einen Abriss, also die städtebaulichen Passschwierigkeiten des Brühlpelz-Hauses wird auch nach der 10 Wiederholung nicht kräftiger. Um es nochmal zu betonen: Erhaltenswert ist nicht nur die Gestaltungsweise selbst, sondern auch der stadtplanerische Entwurf der mit der Anlage und bewussten Negierung historischer Raumkanten einherging. Erhaltenswert nicht, weil mir das besonders gefällt (darauf kommt es niemals an!), sondern weil er relevanter Teil der Baugeschichte Leipzigs ist, der sich auf diese Weise nicht nocheinmal wiederholt. Den Verweis auf andere DDR-Architektur in Leipzig oder andernorts, die es ja noch genug gäbe, kann ich auch nicht nachvollziehen. Der Verweis auf andere Bauten, die es noch gibt darf doch niemals(!) Kriterium dafür sein, ein spezielles Gebäude dem Abriss preis zu geben. Jedes Gebäude ist in seinem Kontext einzigartig, egal ob andernorts ähnlich gebaut wurde. (Soetwas gab es in jeder Bau-Epoche... prominentes Beispiel in Leipzig ist hier auch das Reichsgericht).

    Das sich schrittweise, jedenfalls in neueren Generationen, ein Sinneswandel in der Beurteilung von Nachkriegsarchitektur vollzieht zeigt sich vielleicht auch in diesem kurzen - aber ganz interessanten - Beitrag: http://jetzt.sueddeutsche.de/t…Die-Liebe-zum-Haesslichen

  • ich kann nicht nachvollziehen, wie man eine mit gewalt von oben herabgezwungende sitaution als bürger so hoch feiern kann? ih gesamt sachsen leidet die bevölkerung unter den veränderungen in ihren städten durch das ddr- regime. die wohlfühlatmosphäre ist für die menschen in chemnitz oder dresden (prager straße) trotz sanierungsversuchen gleich null. überall sehnt sich die breite masse diese "engen, verstaubten monotonen gassen" aus vorkriegszeiten herbei. jede stadt deutschlands beneidet uns um unsere zahlreichen "mittelmäßigen" sanierten gründerzeitviertel, tausende touristen kommen jedes jahr, um sich das in realität anschauen zu können.


    mit der fassade am richard-wagner platz, denke ich, schließt sich die argumentationskette sehr gut. hier wurde sich seitens der stadt bewusst pro ddr-architektur entschieden - zum erhalt des bau-kultur-erbes, auch im innerstädtischen bereich. niemand kann also behaupten, ddr-architektur würde stiefmütterlich behandelt werden. und es wurde schon x mal sehr gut aufgeführt, dass wir ganz andere erben der ddr im zentrum haben, die auch über die nächsten jahrzehnte erhalten werden. entweder man betreibt reperatur, dann aber konsequent, oder man lässt es bleiben. für eine gesamtwirkung an ddr-städtebau hätte man niemals die leipzig-information am sachsenplatz abreißen dürfen. so alleine ist der brühl-pelz nichts halbes und nichts ganzes, weder städtebaulich bringt es eine wirkliche botschaft rüber, noch ist es architektonisch etwas besonderes. wie bereits nachgewiesen.

  • @ aedificator: Genau desshalb halte ich es auch für sinnvoll Vorstädtische Plattenbauten zu erhalten, auch gern mal mit originalfassade. Das heißt natürlich nicht das man ganze Stadtteile in diesem Stil erhalten muss.

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  • ich kann nicht nachvollziehen, wie man eine mit gewalt von oben herabgezwungende sitaution als bürger so hoch feiern kann? ih gesamt sachsen leidet die bevölkerung unter den veränderungen in ihren städten durch das ddr- regime. die wohlfühlatmosphäre ist für die menschen in chemnitz oder dresden (prager straße) trotz sanierungsversuchen gleich null. überall sehnt sich die breite masse diese "engen, verstaubten monotonen gassen" aus vorkriegszeiten herbei. jede stadt deutschlands beneidet uns um unsere zahlreichen "mittelmäßigen" sanierten gründerzeitviertel, tausende touristen kommen jedes jahr, um sich das in realität anschauen zu können.


    mit der fassade am richard-wagner platz, denke ich, schließt sich die argumentationskette sehr gut. hier wurde sich seitens der stadt bewusst pro ddr-architektur entschieden - zum erhalt des bau-kultur-erbes, auch im innerstädtischen bereich. niemand kann also behaupten, ddr-architektur würde stiefmütterlich behandelt werden. und es wurde schon x mal sehr gut aufgeführt, dass wir ganz andere erben der ddr im zentrum haben, die auch über die nächsten jahrzehnte erhalten werden. entweder man betreibt reperatur, dann aber konsequent, oder man lässt es bleiben. für eine gesamtwirkung an ddr-städtebau hätte man niemals die leipzig-information am sachsenplatz abreißen dürfen. so alleine ist der brühl-pelz nichts halbes und nichts ganzes, weder städtebaulich bringt es eine wirkliche botschaft rüber, noch ist es architektonisch etwas besonderes. wie bereits nachgewiesen.


    Ähm einige Sachen:
    - Keiner (ich am allerwenigsten!) hatte sich über das tolle Erbe an historistischer Architektur beschwert. Doch auch dort gibt es eine Verhältnismäßigkeit von Durchschnitt bis Überdurchschnitt (auch wenn ich bei solchen Einteilungen Bauchschmerzen bekomme). Und zu Recht wird sich dennoch bemüht möglichst Umfassend das Bauerbe dieser Zeit zu erhalten. Gleiche Betrachtungsweise fordere ich hier auch für jüngere Nachkriegs-Architektur ein - und zwar bitte ohne ästhetische Verunglimpungen, sondern mit mehr Neutralität und Sachlichkeit.
    - Die DDR-Zeit war eine dunkle Epoche, nicht nur im Hinblick auf Freiheit und Selbstbestimmung. Doch das zu Bewerten steht uns hier gar nicht zu. Hier soll ja kein Monument zur Erinnerung an eine sozialistische Diktatur erhalten bleiben, sondern an ein modernes Stadtplanungskonzept, das so nicht nur in Osteuropa umgesetzt wurde, sondern Ausdruck einer architekturgeschichtlichen Epoche in globalem Ausmaß war. Das Brühlpelz-Haus ist in diesem Kontext quasi Teil einer regionale Variante.*
    - "so alleine ist der brühl-pelz nichts halbes und nichts ganzes, weder städtebaulich bringt es eine wirkliche botschaft rüber, noch ist es architektonisch etwas besonderes. wie bereits nachgewiesen." Das ist nicht nachgewiesen, sondern Deine Meinung. Das ist ein kleiner Unterschied, der insbesondere darin zutage tritt, dass ich anderer Meinung bin ;)
    - nochmal: ich finde es völlig irrelevant wieviel DDR-Architektur andernorts noch erhalten ist. Es geht hier um ein konkretes Gebäude. Es kann doch nicht darum gehen, nur einen kleinen repräsentativen Rest zu bewahren und alles andere als unwichtig abzustempeln und abzureißen?!
    - "ich kann nicht nachvollziehen, wie man eine mit gewalt von oben herabgezwungende sitaution als bürger so hoch feiern kann?" Und in allen anderen baugeschichtlichen Epochen hat man basisdemokratisch Stadtplanung und Architektur gemacht? Das ist doch nun wahrlich kein Argument!
    *Die natürlich keinesfalls - das will ich nicht unterstellen - politikfrei war und natürlich durch den Staatsapparant instrumentalisiert wurde.

  • ich kann nicht nachvollziehen, wie man eine mit gewalt von oben herabgezwungende sitaution als bürger so hoch feiern kann? ih gesamt sachsen leidet die bevölkerung unter den veränderungen in ihren städten durch das ddr- regime. die wohlfühlatmosphäre ist für die menschen in chemnitz oder dresden (prager straße) trotz sanierungsversuchen gleich null. überall sehnt sich die breite masse diese "engen, verstaubten monotonen gassen" aus vorkriegszeiten herbei. jede stadt deutschlands beneidet uns um unsere zahlreichen "mittelmäßigen" sanierten gründerzeitviertel, tausende touristen kommen jedes jahr, um sich das in realität anschauen zu können.


    Gibt es auch Belege für deine waghalsigen Behauptungen? Wäre nett!

  • Aber Gründerzeitler haben sich an den Straßenkanten der Vorgänger orientiert.


    1. Wieso ist das "objektiv" ein Argument für den Erhalt eines Gebäude?
    2. Ich glaube kaum, das bspw. das Walstraßenviertel oder die Neustadt oder Volkmarsdorf oder die Südvorstadt schon vor der gründerzeitlichen Bebauung im Schachbrettmuster angelegt waren?


    Außerdem hat man in der Historismusphase auch keine Rücksicht auf Vorgängerbebauung genommen, oder warum gibt es in Leipzig kaum noch eine mittelalterliche Bebauung?


    Hier wird scheinbar objektiv eine Epoche glorifiziert und alte Straßenmuster als gottgegeben hingenommen. Wo ist der Drang zur Abwechslung, zum Bruch, zum Neuen? Kein Wunder das die "großen Leipziger" alle früher oder später ausgewandert sind. "Am Ende kommen die Touristen!"

  • aedificator: es reicht nicht nicht, bis zum Erbrechen zu Wiederholen, dass du anderer Meinung bist, man muss sie auch begründen, idealerweise ein wenig stringenter, als Einerseits zu fordern, nicht nur repräsentative und architektonisch wertvolle Bauten zu Erhalten und andererseits der Behauptung zu widersprechen, es handele sich hier um Dutzendware.


    Gärtner: es braucht m.E. keine strengwissenschaftliche Untersuchung, um zumindest einen Teilzusammenhang zwischen Leipzigs Gründerzeitbaubestand,dem dadurch vorhandenen günstigen Wohnraum und dem gegenwärtigen Wachstum zu erkennen. Was die Leipziger Wohnviertel mit der Nichteignung der Innenstadt als umfassendes Architekturmuseum zu tun haben, erschließt ich mir allerdings weiterhin nicht.

  • Die hier angestellten Vergleiche zwischen der gründerzeitlichen Überformung und der DDR Stadtplanung sind meiner Ansicht nacht völlig unpassend. Dass die Gründerzeit und auch die Jahrzehnte darüber hinaus wenig Rücksicht auf das historische Bauerbe nahm ist hinlänglich bekannt. Aber wie ich weiter oben schon angedeutet habe, standen diese Planung unter dem Vorzeichen des explosiven Bevölkerungswachstums. Und wie wir wissen waren die Wohnbedingunen trotz des massiv forcierten Wohnungsbaus alles andere als angenehm. Logischerweise verschwendete dabei niemand einen Gedanken daran den dörflichen Charakter der Vororte irgendwie zu erhalten. Zumal damals und das vergisst man gerne, der historische Bestand auch in Leipzig noch nicht durch den Bombenkrieg arg limitiert wurde. Die DDR krempelte das Stadtbild trotz wirtschaftlicher Stagnation wenn nicht gar Niedergang, deutlich um. Das hat es so vorher nicht gegeben.


    Um auf den konkreten Fall zurück zu kommen. Das Gebäude ist nach meiner Betrachtung nicht von so einer besonderen architektonischen Qualität als das es den, offensichtlich vorhanden, städtebaulichen Missstand damit rechtfertigen könnte.

  • aedificator: es reicht nicht nicht, bis zum Erbrechen zu Wiederholen, dass du anderer Meinung bist, man muss sie auch begründen, idealerweise ein wenig stringenter, als Einerseits zu fordern, nicht nur repräsentative und architektonisch wertvolle Bauten zu Erhalten und andererseits der Behauptung zu widersprechen, es handele sich hier um Dutzendware.


    Ich formuliere jetzt so freundlich, wie es noch geht. Meiner Meinung nach wurde inzwischen ausreichend begründet, weshalb das Brühlpelz-Haus nicht zwingend abgerissen werden sollte. Ich wiederhole es aber gern nocheinmal, weil es offensichtlich gern (und bewusst) ignoriert wird: "Das Gebäude ist intakt, es fällt nicht in sich zusammen. Es ist Teil eines Städtebaus, der heute nicht mehr aktuell ist, aber aufgrund seines architekturhistorischen Wertes bewahrt werden sollte. Der Aufwand in der Fassadengestaltung und auch die Konstruktionsweisen sind für die Entstehungszeit überdurchschnittlich. Das allein würde bei jedem Gründerzeitler locker ausreichen - nur seltsamerweise nicht bei DDR-Architektur?!"
    Was wurde bisher dagegen gehalten? Also welche Gründe sprechen für einen Abriss? Ich fasse kurz zusammen, sollte ich etwas vergessen, darf gern ergänzt werden:
    - Es widerspricht heutigen städtebaulichen Ansprüchen
    - Es ist "hässlich".*
    - Es gibt noch genügend andere "Platten".*
    - Es ist zu hoch.*
    - Der Flachbau daneben lässt einen Blick auf die (unschöne) Hofsituation zu.
    Kannst Du ansatzweise nachvollziehen, dass man zunehmend genervt reagiert, insbesondere bei den mit * gekennzeichneten "Argumenten"?
    Was für mich am entscheidensten ist - und so, und nicht anders muss hier doch der Diskurs funktionieren: Keiner der aufgezählten Gründe ist für mich hinreichend zwingend dafür, dass das Gebäude abgerissen werden muss.


    Und zum Schluss: Ich sehe keinen Widerspruch darin zu fordern, dass auch Durchschnittsarchitektur erhalten bleiben sollte und der Aussage, dass es sich hier eben nicht um Durchschnittsarchitektur handelt. Das eine muss mit dem anderen nichts zu tun haben. Vielmehr darf man diese beiden Aussagen wie folgt verstehen: Ich kann langsam nicht mehr hören, dass ein Argument für den Abriss sein soll, dass es sich um eine "Platte" wie jede andere handelt - das ist einfach unwahr! - Und selbst wenn, wäre das auch noch kein zwingender Grund, der einen Abriss rechtfertigen würde.

  • ^Du vergisst das Argument, dass sich dieses Gebäude an dieser Stelle einfach nicht einfügt, und das unterscheidet es erheblich von Gründerzeitlern, vom Rathaus oder vom BVerwG. Alle genannten Gebäude sind, wenn man so will natürlich gewachsen. Sie sind als Folge einer wachsenden Stadt natürlich entstanden und haben sich dabei bestehende Gegebenheiten eingefunden. Dieses Gebäude ist in Folge von Krieg und Zerstörung und einem daraus folgenden, sehr fraglichen Stadtplanungskonzept entstanden. Es steht bewusst in keinem Kontext zur umliegenden Bebauung sondern wirkt wie ein Fremdkörper das den Bruch mit der umliegenden Bebauung sucht. Das allein ist natürlich kein Abriss-Argument, denn Gebäude die einen starken Kontrast zur umliegenden Bebauung schaffen gibt es zuhauf, direkt nebenan ja auch mit dem Bildermuseum. Doch das in Kombination mit der profanen und banalen Gestaltung des Gebäudes und seiner, von dir so schön genannten "Durchschnittlichkeit" machen das Gebäude absolut entbehrlich. Und das hat nichts mit Geschichtsverklärung, Polemik oder purer DDR-Abneigung zu tun, sondern mit einer rein objektiven Abwägung von Für und Wider.

  • Dann mal andersrum gefragt, welcher Grund wäre denn für dich "hinreichend zwingend" das Gebäude abzureissen? Offensichtlich lässt es sich ja auch nicht mir nichts dir nichts einer Nutzung zuführen, sonst wäre die Diskussion ja gar nicht erst aufgekommen. Btw. sollte der Plattenbau irgendeine gestalterische Bedeutsamkeit aufweisen, erwarte ich eigentlich, dass der Denkmalschutz Regungen zeigt. Das scheint bisher nicht der Fall gewesen zu sein. Bis dahin bleibt das Gebäude für mich eine gewöhnliche Platte. Genauso wie Gründerzeithäuser schlicht Gründerzeithäuser sind und nicht per se Denkmäler.

  • ^
    Man Ey! Es wurde schon hinreichend erläutert, dass es KEIN PLATTENBAU ist. Das Brühlpelz-Haus ist in Stahlbetonsklettbauweise errichtet! Sich diesen Unterschied zu merken kann doch nicht so schwer sein?! Aber offenbar machst Du Deine Einschätzung sowieso nur an äußeren ästhetischen Gesichtspunkten fest. Wenn dem so ist, dann kannst Du es genauso tun wie klangprozessor und sagen, dass Du das Gebäude hässlich findest. Das erspart Dir das Suchen nach Pseudoargumenten.

  • Natürlich mach ich meine Einschätzung an "äußeren ästhetischen Gesichtspunkten fest", woran denn sonst? Auch ein Gebäude in Stahlbetonskelettbauweise ist für diese Zeit nix besonderes und heute erst recht nicht, so what?

  • Auf den Bildern gefällt mir der Bau.Er ist klar strukturiert,für einen DDR Bau überdurchschnittlich gestaltet,vor allem die Giebelseite.Und er weitet die doch recht enge Straße angenehm auf.


    Ein schönes Beispiel moderner Architektur der frühen 70er Jahre.Den abreissen zu wollen,wie es hier einige gern sehen würden,empfinde ich fast schon als reaktionäre Forderung.Solch klar strukturierten Gebäude mit Ecken und Kanten,schöner Linienführung, sollte man IMHO nicht ohne Not über Bord werfen.


    Es fällt mir auch überhaupt kein einziger Grund ein warum das Gebäude dort unpassend sein sollte.Wozu soll es sich in Dimension und Lage an den Nachbargebäuden ausrichten ? Solche markanten Eckgebäude sind geradezu
    prädestiniert,den ortsüblichen Bebauungsrahmen aufzusprengen.


    Was käme denn anschliessend dahin ? Wahrscheinlich einer der üblichen Gebäuderiegel mit drei verschiedenen Fassaden um Kleinteiligkeit vorzugaukeln.

  • aedificator: vielleicht solltest du nicht gleichzeitig mit dem Rauchen aufhören und Diskussionen im DAF anzetteln, das wirkt dann weniger dünnhäutig. Ich habe jedenfalls langsam ein wenig das Gefühl, du willst dich aufregen, hat doch ausser Saxonia und Wolfsheim in einer Andeutung hier niemand explizit behauptet, es handele sich hier um einen Plattenbau und du schiesst dich darauf ein, anstatt auf die Anmerkung einzugehen, es handele sich hier um ein typenbauähnliches Gebäude ohne besondere gestalterische Eigenleistung. Der Unterschied dürfte dir bekannt sein. Es reicht eben nicht, zu behaupten, ebendieses Gebäude habe eine für die Erbauungszeit aufwändige und überdurchschnittliche Fassadengestaltung und Konstruktionsweise. Wenn dem so ist, worin genau besteht diese Besonderheit? Worin besteht beispielsweise der Unterschied zum zu gleicher Zeit und in gleicher Bauweise entstandenen Interhotel Unter den Linden - Abgesehen von der Anzahl der Etagen? Wieso findet sich in einschlägiger Literatur kaum etwas zu diesem ganz besonderen Gebäude? Wieso steht das Gebäude nicht unter Denkmalschutz, obwohl andere Einzelgebäude und Emsembles dieser Zeit in Leipzig durchaus diesen Schutz geniessen? Und vor allem: was davon bleibt übrig, wenn die von der Stadtbau vorgesehene Sanierung erfolgt?


    Niemand hat im Übrigen behauptet, das Gebäude müsse abgerissen werden. Ich persönlich habe es mir lediglich gewünscht - was du mir hoffentlich zugestehen wirst. Ich habe auch ausgeführt, dass ein dann folgender Neubau nicht die derzeitige Kubatur sondern eine dem ursprünglichen Straßenverlauf entsprechende aufweisen würde, weil dies die städtebaulichen Leitlinien der Stadt Leipzig bedingen. Du bist weiterhin nicht darauf eingegangen, warum die kleine Leipziger Innenstadt als Architekturmuseum auch für Mittelmaß fungieren soll. Nicht nur ebendieses Mittelmaß, sondern weitaus wertvollere Gebäude sind im Lauf der Zeit in Leipzig Neubauten zum Opfer gefallen. Wieso soll da ausgerechnet für ein Gebäudeensemble eine künstliche Ausnahme gemacht werden, dessen Erbauer folgendes Zitat von sich gab:


    Galt manche Ruine vor 15 Jahren aus ökonomischen Erwägungen noch als erhaltenswert und manches im Trümmerfeld stehengebliebene Bauwerk als unantastbar, so setzte sich seitdem die Erkenntnis durch, daß großzügige städtebauliche Konzeptionen, wie sie Gegenwart und Zukunft von uns fordern, oft nicht ohne Eingriff in solche durch Zufall erhaltengebliebene Altbausubstanz zu verwirklichen sind; das gilt selbst für die Beseitigung von Einzelbauten stadt- oder kulturhistorischer Bedeutung.


    (Zitat aus "Gebaute DDR - Über Stadtplaner, Architekten und die Macht." - Flier, 1998)


    Kleist: da das Gebäude aus den 60ern stammt, kann es sich wohl kaum um ein schönes Beispiel moderner Architektur der 70er handeln. War wohl doch zu austauschbar ;)

    4 Mal editiert, zuletzt von DaseBLN ()

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    Da habe ich mich in der Tat reizen lassen. Aber wenn eine Diskussion (vielleicht sogar vorsätzlich) mit falschen Behauptungen ad absurdum geführt wird, dann vergeht der anfängliche Spaß am gegenseitigen Austausch.

    Wenn dem so ist, worin genau besteht diese Besonderheit? Worin besteht beispielsweise der Unterschied zum zu gleicher Zeit und in gleicher Bauweise entstandenen Interhotel Unter den Linden - Abgesehen von der Anzahl der Etagen?


    Ich verstehe Deine Frage nicht. Ich fühle mich schon fast veräppelt. Ich habe nirgends behauptet, das Brühlpelz-Haus wäre bis auf den letzten Kiesel im Beton ein absolutes Unikum. Natürlich finden sich die Konstruktionsweise und auch gestalterische Elemente nicht nur ausschließlich an diesem einen Gebäude. Jede Stilepoche zeichnet sich ja nun einmal gerade auch dadurch aus, dass es Ähnlichkeiten in Konzeption, Material, Konstruktion und Gestaltungsmitteln gibt. Muss man das wirklich erklären? Das Brühlpelz-Hochhaus ist Teil einer Architekturgeschichte (logisch!), was natürlich auch bedeutet, dass es Kontinuitäten zu zeitgleicher Architektur der Region gibt… und als solches finde ich es erhaltenswert. Und weil ich die Frage schon förmlich lesen kann: Ja, das steht in keinem Widerspruch zu meiner Aussage, es handelt sich um ein überdurchschnittliches Stück Architektur. Zur Bauzeit hätte es durchaus die Möglichkeit gegeben standardisierter und kostengünstiger einen 11-geschossigen Riegel zu bauen, etwa in Plattenbauweise. Man hat sich aber offenbar bewusst dagegen entschieden. Weiterhin hat man nicht ausschließlich Wert auf Funktionalität gelegt (auch wenn das ein entscheidendes Kriterium gewesen sein mag (man muss sich nur einfache die Struktur im Inneren anschauen) sondern auch auf die Außenwirkung. Die Kachelbänder sind aufwändig und kleinteilig, auch die Fensterfront des Treppenhauses ist viel großflächiger als unbedingt nötig. Für die Eingangssituation hätte es gleichfalls einfachere Lösungen gegeben. Den städtebaulichen Kontext des Sachsenplatzes erwähne ich nur noch – darüber wurde genug geschrieben. Was will ich damit sagen: Überdurchschnittlichkeit drückt sich hier durch einen nicht funktional begründbaren und nicht standardisierten Mehraufwand in architektonischer Gestaltung aus. Mag es andere, zeitgleiche Beispiele von DDR-Architektur geben, auf die das gleichermaßen zutrifft? Mit Sicherheit – und mit Sicherheit auch nicht wenige. Macht das einen Unterschied? Meiner Meinung nach nicht.
    Ich denke wir hatten hierbei ein Missverständnis. Ich dachte, das Folgende wäre grundsätzlich klar gewesen, vielleicht aber auch nicht: Ich bin nicht der Meinung, dass ausschließlich die architektonische Spitze, sozusagen die herausragenden Sonderstücke und Prachtbauten der DDR-Architektur erhaltenswert sind, sonder auch jene Bauten, bei denen kleiner Brötchen gebacken wurden. Erhaltenswert ist auch nicht nur das, was sich vollends unterscheidet, sondern auch das, was sich ähnelt, also einen Eindruck zeitgenössischen Stils vermittelt.

    Du bist weiterhin nicht darauf eingegangen, warum die kleine Leipziger Innenstadt als Architekturmuseum auch für Mittelmaß fungieren soll. Nicht nur ebendieses Mittelmaß, sondern weitaus wertvollere Gebäude sind im Lauf der Zeit in Leipzig Neubauten zum Opfer gefallen. Wieso soll da ausgerechnet für ein Gebäudeensemble eine künstliche Ausnahme gemacht werden


    Keine Ausnahme! Es wird doch endlich Zeit für einen grundsätzlichen Sinneswandel, bevor es zu spät ist. Natürlich wurde schon zu viel gute und beachtenswerte Substanz aus der ostdeutschen Nachkriegszeit abgerissen. Durchschnittliche Architektur dieser Zeit fällt auch Reihenweise entweder dem Abrissbagger oder der Unkenntlichmachung durch Sanierung zum Opfer. Was fehlt ist eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit dieser architekturhistorischen Epoche – weggehend von der Reduzierung auf einige wenige besondere Exemplare. Auch unsere kleine Innenstadt verkraftet die Existenz mehrerer Bauten dieser Zeit, da mache ich mir keine Sorgen. Sie soll dabei auch nicht als Museum fungieren sondern einfach nur sein, was sie nun einmal ist: Eine Stadt mit reichhaltiger Architekturgeschichte, voller Brüche mit verschiedenen Baustilen und Bautypen. Dazu gehören doch auch selbstverständlich die Bauten der DDR-Zeit, mit all ihren Konflikten und Problemen – und zwar nicht nur die Wenigen, die -von wem auch immer- als nicht stören gesehen werden.
    Und aus dieser Hoffnung heraus erklärt sich auch der Drang zum Diskurs, der aus Deinem Wunsch nach einem Abriss des Brühlpelz-Hochhauses entstand.