Bezahlbares Wohnen in der Stadt - ein Auslaufmodell?
...man keine konsistente übergreifende Stadtplanung hat und punktuell den Investoren für maximalen Profit das Feld bestellt...
Wenn ich so was lese kommts mir echt hoch.Dieses Antiinvestorengeplapper in dieser Stadt nervt. Wer soll denn in dieser mit 62.000.000.000 € verschuldeten Stadt noch Wohnungen bauen? Der Senat? Die Wohnungsbaugesellschaften?
libero: hast du das aus der Fibel 'Mein erster Klassenkampf' abgeschrieben?
Mann mann Mann, Leute. Ihr reagiert strukturkonservativer als Nimbys. Und merkt es wahrscheinlich selbst nicht mal. Ich hab nichts gegen Investoren. Ich hab nichts gegen Neues, ich hab nichts gegen Veränderung. Ich hab was dagegen, dass es keine "konsistente, übergreifende" Stadtplanung gibt und viel zu viel Aufmerksamkeit gelegt wird, den Investoren das Feld für "maximalen Profit" zu bestellen.
A) Investoren: Der Begriff wird ja hier auch direkt mit "Kapital" im Sinne von "Geld" gleichgesetzt. Was schon mal falsch ist. Investieren in Wohnungsbau sollten zumindest nicht nur die, die Geld mehren, also monetäre Rendite erwirtschaften wollen, sondern auch andere immaterielle Werte einer Wertschöpfung zuführen wollen. Das bedeutet, Investoren - und die werden viel zu wenig gesucht und gefunden - sind auch die, die in der Stadt zeitgemäß, nachhaltig und lebenswert wohnen wollen. Also Bürger, die Wohneigentum in der Stadt schaffen. Die müssen zumeist zur Zeit ins hochpreisigen Segment ausweichen und Eigentum von eben Investoren erwerben. Mit erheblichem Aufschlag, was sich nicht jeder leisten kann oder will.
B) Sozialer Wohnungsbau (Senat) und Genossenschaften: Maximaler Profit für Investoren ergibt sich aus Gewerbebauten, Hotels und hochpreisigem Wohnraum. Wenn es - wie "Ostkreuzblog" ja richtiger Weise feststellt - keine Investoren für das untere Preissegment gibt, kann man das hinnehmen oder eben kritisieren. Nach einer aktuellen Studie im Auftrag von BFW - Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen e.V. BDB - Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel e.V. DGfM - Deutsche Gesellschaft für Mauerwerksbau e.V. DMB - Deutscher Mieterbund e.V. GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. IG BAU - Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt ZDB - Zentralverband Deutsches Baugewerbe, hat das durchaus System und Gründe, die ich hier mal zitieren möchte --> http://www.regiokontext.de veröffentlicht im Februar 2013!
Zitat von Studie 'Strategien für bezahlbares Wohnen in der Stadt'Alles anzeigen
Warum entsteht – trotz Bedarf – kaum Geschosswohnungsbau, v.a. Mietwohnungen im unteren und mittleren Preissegment? Typische Investoren für diese Art von Wohnungsbau sind in den letzten Jahren und Jahrzehnten weggebrochen.
− Genossenschaften: Der Zweck von Wohnungs-Genossenschaften ist die Versorgung ihrer Mit- glieder mit preisgünstigem Wohnraum. Unter dieser Aufgabenstellung haben die deutschen Genossenschaften in der Vergangenheit einen wichtigen Beitrag zum flächendeckenden Aufbau und Erhalt von bezahlbarem Wohnraum geleistet. Gleichwohl haben etliche Genossenschaften ihre Neubauaktivitäten in den letzten Jahren stark zurückgefahren und – wie andere Marktakteure auch – die Modernisierung vordringlich in den Blick genommen. Anreize für Neubau sind vielfach nicht gegeben, sofern nicht strukturelle Bestandsdefizite beseitigt werden (z.B. altersgerecht). Zudem verfügen die Genossenschaften in der Regel kaum über Grundstücksreserven. Vor diesem Hintergrund halten sich viele Genossenschaften unter angespannten urbanen Marktbedingungen mit Neubau eher zurück.
− öffentliche Arbeitgeber (Bahn, Post, Behörden, Kommunen etc.); diese haben sich überwiegend aus der Wohnungsversorgung ihrer Mitarbeiter zurückgezogen. Die entsprechenden Wohnungsbestände wurden meist privatisiert und sind somit für eine aktive Wohnungspolitik nicht mehr verfügbar.
− Großunternehmen, Versicherungen: Auch diese traditionelle Bauherren haben sich im Zuge der Konzentration auf das Kerngeschäft in den letzten Jahren und Jahrzehnten sukzessive von ihren Wohnungsbeständen getrennt –auch deshalb, weil in den überwiegend entspannten Wohnungsmärkten seit den 1980er Jahren kein Bedarf mehr bestand, die eigene Belegschaft bei der Versorgung mit Wohnraum zu unterstützen (auch nicht in den akuten Bedarfsphasen Anfang der 1990er Jahre). Mit der Privatisierung dieser Bestände ist gerade in Städten ein nennenswerter Beitrag zu bezahlbarem Wohnraum verloren gegangen. Gleichwohl ist ein gewisser Gegentrend zu verzeichnen: Versicherungen beginnen Wohnungsinvestments wieder verstärkt als Asset- Klasse wahrzunehmen und investieren zum Teil wieder gezielt in Wohnungsbau als langfristige Kapitalanlage. Hier ist allerdings anzumerken, dass Versicherungen von den meisten Förder- mittelprogrammen nicht erreicht werden, weil sie nicht kreditfinanziert investieren dürfen.
− altersvorsorgeorientierte Einzelbauherren: Der private Mietshausbesitzer ist eigentlich ein klassischer Investor am Wohnungsmarkt. Der Marktanteil dieser Eigentümergruppe ist bis heute immens: 37% aller vermieteten Wohnen im Geschosswohnungsbau in Deutschland gehören privaten Kleinanbietern (vgl. Abbildung 15). Gleichwohl geht dieser Anteil kontinuierlich zurück. Flächenhaft ist zu beobachten, dass diese Klientel (oder ihre Erben) gar nicht mehr neu baut und sich oftmals von ihren Objekten trennt. Das Bauen und Bewirtschaften von Mietwohnungsobjekten, das vormals eine typisches Element der Altersvorsorge gerade für den (selbständigen) Mittelstand war, ist in den letzten Jahren unattraktiv geworden. Alternativen etwa am Kapitalmarkt waren ungleich attraktiver und weniger aufwändig.
− In den zurückliegenden Jahren wurden größere Wohnungsbestände der öffentlichen Hand (von Bund, Ländern und in Einzelfällen auch von Kommunen) an Investoren verkauft. Zudem sind die kommunalen Wohnungsunternehmen unterschiedlichen Einschränkungen und Zwängen unterworfen: Hier sind Bestandsentwicklung und die energetische Anpassung zu leisten, gleichzeitig gibt es vielfach klare Rendite-Erfordernisse seitens der kommunalen Eigentümer. Das engt die Spielräume für zusätzlichen Neubau erheblich ein.
ERGO: Die aktuelle Investorenausrichtung "renditeorierentiertes Großkapital" im gehobenen Preissegement bestellt das Feld für 43% des Marktes. 57% des Marktbedarfs gehen verloren, 37% Einzelbauherren werden weder aktiviert noch wird es Ihnen einfach gemacht und das geht schon mit Parzellierung los*. EuroCity und Mediaspree sind Ergebnisse dieser "Strategie". Ich halte das - es darf gestattet sein - für falsch. Wer das als "Klassenkampf" oder "Antiinvestorengeplapper" wertet, ist nicht ernst zu nehmen.
*Anmerkung Parzellierung: Günstige Parzellierung imho auf mittlerem und unteren Preisniveau für mehrgeschossigen Wohnungsbau im urbanen Stadtzentrum (Eigentum und Vermietung Einzelbauherren) ist das Mehrparteien-Wohnhaus in kleineren Parzellen a la Spandauer Vorstadt und Prenzlauer Berg und nicht Friedrichswerder Townhouses (einerseits) oder Hackesches Quartier/Domaquaree (andererseits). Im Klosterviertel versucht mans ja anscheinend teilweise genau so... Und Luisenstadt wird hoffentlich Richtung Kreuzberg diese Ausrichtung aufnehmen. Das hätte Mediaspree in einer Toplage zwischen Friedrichshain und Kreuzberg, nahe Mitte, Top-Anbindung Ostbahnhof und zukünftiger schneller Verbindung zum Flughafen sowie Wasserlage richtig gut getan. Und es hätte auch der Heidestraße gut getan. In beiden Fällen nicht flächendeckend, sondern teilweise, bitte - Also Mediaspree von nord nach Süd kleinparzelligerer werdender Blockrand - Heidestraße von Süd nach Nord entsprechend.