Dresden: Postplatz - Planung und Bebauung


  • "anders" sicherlich, von "gut" oder "besser" würde ich da aber nicht reden. Fragwürdige Neuinterpretation von Gründerzeit. Mich erinnert das an die Versuche der DDR in den 80ern, in Norddeutschland mit Platte die alten Giebelhäuser "nachzuempfinden".

  • Diese Architektur benutzt eine ortsnahe, traditionelle Formensprache und fügt sich angenehm in die Umgebung und den Blockrand ein.
    Was will man mehr? Nicht jedes Bauwerk muss ein außergewöhnliches Kunstwerk sein.
    Etwas mehr Tradition, Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Historie eines Ortes und der Bevölkerung, die sich das ganze dann jeden Tag anschauen muss, würden der Architektur durchaus gut tun.


    Hier zwei Bilder vom Rest dieses Blockrandes (Bergmannstraße) -->




    Ich finde das Problem wurde hier durchaus elegant gelöst. Wie hätte denn hier die "moderne" Lösung ausgesehen? Mehr "Kontraste"?

  • Auch kleine freistehende Gebäude können problemlos einen Laden beherbergen, warum denn nicht, früher ging es doch auch?
    Das Haus Merkur ist zudem durchaus recht groß, das wird auf den Bildern vielleicht nicht ersichtlich, hier hätten leicht mehrere Geschäfte Platz gefunden.


    Tja, und nun hat stattdessen ein einzelnes großes Geschäft Platz gefunden. Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, worauf Du hinaus willst.

  • Tja, und nun hat stattdessen ein einzelnes großes Geschäft Platz gefunden. Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, worauf Du hinaus willst.


    Das hatte ich beim ersten Mal übersehen, Asche über mein Haupt. Nichtsdestotrotz kann man die Erdgeschosszone meiner Meinung nach nur schwerlich als geglückt bezeichnen.
    Und außerdem: warum nur ein einziges großes Geschäft?
    Hier wurde im kleinen der Fehler der Stadt wiederholt riesige Grundstücke an einige wenige Investoren zu vergeben, anstatt die Gebiete kleinteilig aufzuteilen.
    Auf dem Gebiet des Haus Merkur hätten locker mehrere Läden Platz gefunden:
    ein Schneider, eine Bäckerei, eine Fleischerei, ein Delikatessenladen, eine kleine Werkstatt, ein Restaurant, ein Zeitschriftenladen, eine Galerie, etc.
    Abwechslung und Lebendigkeit sind Merkmale der klassischen europäischen Innenstadt, und nicht gigantische Monoläden die ganze Erdgeschosszonen einnehmen.

  • Diese Architektur benutzt eine ortsnahe, traditionelle Formensprache und fügt sich angenehm in die Umgebung und den Blockrand ein.
    Was will man mehr? Nicht jedes Bauwerk muss ein außergewöhnliches Kunstwerk sein.


    Nun, ich sehe es z.B. ganz gern, dass Architektur auch ihre eigene Zeit abbildet.



    Etwas mehr Tradition, Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Historie eines Ortes und der Bevölkerung, die sich das ganze dann jeden Tag anschauen muss, würden der Architektur durchaus gut tun.


    Genau; und gegenüber dem Teil der Bevölkerung, der Fake-Historismus nicht mag, muss man natürlich kein Verantwortungsbewusstsein zeigen.



    Hier ein Bild vom Rest dieses Blockrandes (Bergmannstraße) -->



    Ich finde das Problem wurde hier durchaus elegant gelöst. Wie hätte denn hier die "moderne" Lösung ausgesehen? Mehr "Kontraste"?


    Ja, natürlich. Das ist nämlich der Normalzustand im städtischen Bauen. Dass ganze Stadtgebiete zur gleichen Zeit im gleichen Stil gebaut werden (und danach dann für alle Zeit so bleiben), ist eher ungewöhnlich.


  • Auf dem Gebiet des Haus Merkur hätten locker mehrere Läden Platz gefunden:
    ein Schneider, eine Bäckerei, eine Fleischerei, ein Delikatessenladen, eine kleine Werkstatt, ein Restaurant, ein Zeitschriftenladen, eine Galerie, etc.
    Abwechslung und Lebendigkeit sind Merkmale der klassischen europäischen Innenstadt, und nicht gigantische Monoläden die ganze Erdgeschosszonen einnehmen.


    Ah ja, und die Fleischerei, Bäckerei, das Restaurant usw. haben dann ihre eigentlichen Arbeitsräume (Backstube, Küche usw.) bitte wo? Das Haus Merkur hat keine Rückseite und keinen Innenhof!
    Für eine gastronomische Nutzung hätte die Erdgeschosszone von vornherein ganz anders konzipiert werden müssen.
    Darüber, dass in unmittelbarere Nähe all das bereits vorhanden ist, will ich mal gar nicht reden.


  • Ja, natürlich. Das ist nämlich der Normalzustand im städtischen Bauen. Dass ganze Stadtgebiete zur gleichen Zeit im gleichen Stil gebaut werden (und danach dann für alle Zeit so bleiben), ist eher ungewöhnlich.


    Dass gesamte Stadtgebiete im mehr oder wenigen gleichen Stil gebaut wurden war in Deutschland im späten 19. Jhd. und frühen 20. Jhd. durchaus der Normalfall, ungewöhnlich war daran nichts. Man sehe sich nur historische Aufnahmen der Blockrandbebauung an. In Dresden seien hier beispielsweise die Johannstadt, die Pirnaische Vorstadt oder Striesen gennant, diese Viertel wurden im späten 19. Jahrhundert in wenigen Jahren in einem recht einheitlichen Stil mehr oder weniger aus dem Boden gestampft. Rückblickend eine wahrlich beachtliche Leistung, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass dort nur wenige Jahre vorher teilweise bis auf spärliche dörfliche Bebauung oft nichts existierte! Auch später entstanden in Dresden, nachdem der Bauboom des späten 19. Jhd. abgeklungen war, ganze Viertel im mehr oder weniger gleichen Stil, wie etwa bei den Genossenschaftsbauten und dem sozialen Wohnungsbau der 20er und 30er Jahre oder in der Gartenstadt Hellerau.


    Hier nur als zwei Beispiele mal zuerst eine historische Aufnahme aus der Johannstadt, damals ein Arbeiterviertel mit Blockrandbebauung und eine Aufnahme aus Striesen, damals ein Viertel des Bürgertums. Diese Gebiete entstand innerhalb weniger Jahre/Jahrzehnte in einem recht einheitlichen historisierenden Stil. Entstanden sind angenehme, menschliche Gesamtensemble. Was war daran so falsch? Warum dieser Zwang der modernen Architektur, das Rad ständig neu zu erfinden?
    Auf dem ersten Bild steht, bis auf die Kirchenruine, leider nichts mehr.




    --> https://fotothek.slub-dresden.…_hauptkatalog_0305877.jpg




    --> https://fotothek.slub-dresden.…_hauptkatalog_0305774.jpg


    --> https://fotothek.slub-dresden.…_hauptkatalog_0305822.jpg


    Ansonsten bin ich durchaus der Meinung, dass sich verschiedene Zeitschichten im Stadtbild abbilden sollten, das gehört zu einer authentischen Stadt natürlich dazu und ich würde dieses Argument auch im Falle Dresden gelten lassen, wenn die großflächigen Zerstörungen das Ergebnis einer natürlichen Entwicklung, einer natürlichen Evolution gewesen wären. Stattdessen wurde aber in Form des Bombenkrieges von außen, widernatürlich und brutal, gegen den Willen der Bürger in das Stadtbild eingegriffen. Es handelt sich um keine Entwicklung die von Dresden ausging bzw. als natürliches Ergebnis der Stadtentwicklung erfolgte. Oder hätten die Dresdner auch ohne Krieg 70% ihrer Stadt abgeräumt? Fraglich ... Warum sollten die Dresdner diese "Brüche" dann "würdigen"?


  • Dann sag doch mal bitte, wie es gemacht werden soll? Wenn die Alternative CG und CTR heißt, dann nein danke. Dann ertrage ich lieber "Fake-Historismus".

  • Dass gesamte Stadtgebiete im mehr oder wenigen gleichen Stil gebaut wurden war in Deutschland im späten 19. Jhd. und frühen 20. Jhd. durchaus der Normalfall, ungewöhnlich war daran nichts.


    Freilich ist das ungewöhnlich; die Stadtentwicklung begann ja nicht erst im 19. Jhd. Bei älteren Stadtteilen ist das auch gut zu beobachten, z.B. in der Friedrichstadt oder auch in Teilen der Neustadt. Da hat man auch nicht unbedingt versucht, sich an den Stil des 18. Jhd. anzupassen.



    Ansonsten bin ich durchaus der Meinung, dass sich verschiedene Zeitschichten im Stadtbild abbilden sollten, das gehört zu einer authentischen Stadt natürlich dazu und ich würde dieses Argument auch im Falle Dresden gelten lassen, wenn die großflächigen Zerstörungen das Ergebnis einer natürlichen Entwicklung, einer natürlichen Evolution gewesen wären. Stattdessen wurde aber in Form des Bombenkrieges von außen, widernatürlich und brutal, gegen den Willen der Bürger in das Stadtbild eingegriffen. Es handelt sich um keine Entwicklung die von Dresden ausging bzw. als natürliches Ergebnis der Stadtentwicklung erfolgte. Oder hätten die Dresdner auch ohne Krieg 70% ihrer Stadt abgeräumt? Fraglich ... Warum sollten die Dresdner diese "Brüche" dann "würdigen"?


    Wodurch die Brüche enstanden sind, ist doch erst mal egal. In anderen Städten sind das dann eben Erdbeben oder Großfeuer.
    Schon in den 20er und 30er Jahren hätte (und hat!) man bei Lückenbebauungen anders gebaut als in diesem Entwurf.

  • Freilich ist das ungewöhnlich; die Stadtentwicklung begann ja nicht erst im 19. Jhd.


    Natürlich ist mir klar, dass die recht kleinen deutschen Altstädte mit mittelalterlichem Kern das Ergebnis einer natürlichen Entwicklung sind und sich hier mehrere Stile überlagerten: Romanik, Gotik, Renaissance, Barock, Historismus, etc. Sie haben es aber als "ungewöhnlich" bezeichnet, dass ganze Stadtgebiete in einem einzigen Stil entstehen und bewahrt werden, obwohl genau das in Deutschland durchaus noch vor wenigen Jahrzehnten der Normalfall war. Darauf bezog ich mich, denn in Anbetracht der Tatsache, dass im 19. Jhd. und frühen 20. Jhd. in den deutschen Städten kilometerweit Vorstädte nach Gestaltungsvorschriften in einem recht einheitlichen Stil aus dem Boden gestampft wurden, kann man diese Entwicklung wohl nur schwerlich als "ungewöhnlich" bezeichnen. Abrisse und Neubauten erfolgten in diesen Viertel dann auch eher selten, denn die historistische Bebauung war ja "neu" bzw. zum Zeitpunkt der Zerstörung 1944/45 meist nur 30 bis höchstens 50/60 Jahre alt. Wenn in diesen Vierteln dann in der Vorkriegszeit, in den 20ern und 30ern, "Neubauten" hinzukamen, so haben diese aber meist versucht sich in diese vorgefundene historistische Umgebung einzufügen um das Gesamtensemble nicht zu stören. Die Lust am "Bruch" und "Kontrast" nahm erst in der Nachkriegszeit an Fahrt auf!


    Davon abgesehen habe ich aber nichts dagegen, wenn sich verschiedene Zeitschichten und Stile in einem Viertel abzeichnen, im Gegenteil! Das ist Merkmal einer lebendigen Stadt. Nur sollte die Neubebauung dem Ort gerecht werden, hochwertig ausgeführt werden und eine gewisse architektonische Qualität besitzen. Und daran hapert es eben heutzutage hinten und vorne, womit wir wieder beim Postplatz wären; ein besseres Beispiel gibt es doch nicht für das Scheitern des modernen Städtebaus! Inwieweit profitiert der normale Dresdner hier von den "Brüchen" und "Kontrasten" die er an diesem Platz erfahren darf? Selbst einem Freund moderner Architektur muss doch auffallen, dass diese Bauten in jeder Hinsicht misslungen sind?

    3 Mal editiert, zuletzt von Dresdner ()

  • Natürlich ist mir klar, dass die recht kleinen deutschen Altstädte mit mittelalterlichem Kern das Ergebnis einer natürlichen Entwicklung sind und sich hier mehrere Stile überlagerten: Romanik, Gotik, Renaissance, Barock, Historismus, etc. Sie haben es aber als "ungewöhnlich" bezeichnet, dass ganze Stadtgebiete in einem einzigen Stil entstehen und bewahrt werden, obwohl genau das in Deutschland durchaus noch vor wenigen Jahrzehnten der Normalfall war. Darauf bezog ich mich, denn in Anbetracht der Tatsache, dass im 19. Jhd. und frühen 20. Jhd. in den deutschen Städten kilometerweit Vorstädte nach Gestaltungsvorschriften in einem recht einheitlichen Stil aus dem Boden gestampft wurden, kann man diese Entwicklung wohl nur schwerlich als "ungewöhnlich" bezeichnen.


    Doch, natürlich kann man das. Bezogen auf jahrhundertelange Prozesse, in denen ständige Abrisse, Neubauten, Überformungen usw. üblich waren, ist diese Entwicklung in der Tat ungewöhnlich; das ist eine Erscheinung der letzten ca. 120 Jahre. Davor ist man mit Bausubstanz in der Regel wenig zimperlich umgegangen; selbst während der Gründerzeit ist ja genügend historisch wertvolle Substanz verschwunden. Es ist auch kein Naturgesetz, dass Bauten des Historismus für alle Ewigkeit stehenbleiben müssen.
    Ich behaupte mal, dass es ohne die Kriegszerstörungen auch zu einem Verlust an Bausubstanz des Historismus gekommen wäre.



    Abrisse und Neubauten erfolgten in diesen Viertel dann auch eher selten, denn die historistische Bebauung war ja "neu" bzw. zum Zeitpunkt der Zerstörung 1944/45 meist nur 30 bis höchstens 50 Jahre alt.


    Abrisse erfolgten teilweise recht fix, wenn denn ein neueres und als wichtiger erachtetes Gebäude dort hinsollte. Wir hatten hier im Forum z.B. mal einen Gründerzeitler, der an der Stelle des Schauspielhauses stand; wenn ich mich erinnere, für ca. 10 Jahre.
    Bereits in den 20er Jahren kam es teilweise zu recht deutlichen Umgestaltungen an den Bauten des Historismus; insbesondere bei der Entfernung von Verzierungen und dergleichen.



    Wenn in diesen Vierteln dann in der Vorkriegszeit, in den 20ern und 30ern, "Neubauten" hinzukamen, so haben diese aber meist versucht sich in diese vorgefundene historistische Umgebung einzufügen um das Gesamtensemble nicht zu stören. Die Lust am "Bruch" und "Kontrast" nahm erst in der Nachkriegszeit an Fahrt auf!


    Das stimmt so einfach nicht; und für entsprechende Beispiele empfehle ich mal die Gehestr. in Pieschen nebst ihren Anschlüssen zu den Nebenstraßen. Da lässt sich sehr gut der Übergang von vergleichsweise üppig gestaltetem Historismus zu Bauten der Moderne beobachten. Oder vielleicht mal die Moritzburger Str.
    Wir empfinden das heute nicht mehr so stark, weil diese teilweise sehr unterschiedlichen Gebäude heute alle bereits die Patina einer vergangenen Zeit tragen; aber damals wurde das ganz ähnlich als Bruch empfunden.


    Um mal aus der Revue "Es liegt in der Luft" von 1928 zu zitieren:


    Fort mit Schnörkel, Stuck und Schaden
    Glatt baut man die Hausfassaden
    Nächstens baut man Häuser bloß
    Ganz und gar fassadenlos


    Das ist also nicht wirklich neu...

  • All die von Ihnen genannten "Brüche" sind bei weitem nicht so radikal wie die Stadtumbrüche und Neubauten die dann in der Nachkriegszeit erfolgten, sie vergleichen hier Äpfel mit Birnen bzw. Sie versuchen mit auch schon in der Vorkriegszeit erfolgten Entwicklungen den abrupten Schnitt nach 1945 zu rechtfertigen bzw. zu beschönigen und das ganze in eine Art "Traditionslinie" zu stellen.


    Nochmals: ich habe das Gefühl, dass wir etwas aneinander vorbei schreiben. Ich habe nichts gegen moderne Architektur an sich, sie muss halt nur hochwertig sein. Und genau das ist eben allzu oft, und leider auch am Postplatz, einfach nicht der Fall, um mal einen den Schwenk zum Thema vorzunehmen. Ich glaube nur eine Minderheit der Dresdner hätte etwas gegen interessante, ästhetisch gelungene "Brüche" in einem Straßenbild, wenn es sich um ansprechende Architektur handeln würde. Davon kann aber am Postplatz leider keine Rede sein. Mal ganz davon abgesehen, dass sich die Frage stellt, warum hier überhaupt "Brüche" sichtbar werden sollten und inwieweit dass den Dresdner Bürgern nützt? Wo ist hier ganz konkret der viel gepriesene "Fortschritt"? Eine Verbesserung zum DDR-Zustand kann ich ehrlich gesagt nur schwerlich erkennen, von der Vorkriegsbebauung ganz zu schweigen. Dabei beziehe ich mich nicht nur auf die ästhetische Wirkung, die traditionelle Formensprache, der Vorkriegsbebauung, sondern auch auf die soziale Struktur der Vorkriegsarchitektur (verschiedene Funktionen, Durchmischung, Blockrand mit Innenhöfen, etc.).


    Jeder hier im Forum kennt doch die Vorkriegsbilder vom Postplatz. Wie kann man in Anbetracht dieser Bilder den aktuellen Zustand als gelungen verteidigen? Haben wir denn jeden Anspruch aufgegeben? Es wäre schon viel gewonnen, wenn sich die modernen Architekten, selber oft in Altbauten und in Gründerzeitvierteln lebend (hm ...), einmal ehrlich machen würden und auf das unsägliche PR-Sprech zur Verteidigung ihrer Auftragsarbeiten verzichten würden. Dann hätten wir zumindest eine ehrliche Debatte. Nur eine verschwindend geringe Minderheit der heutigen Architekten wäre doch nach einem Aufenthalt in einer erhaltenen europäischen Großstadt (Prag, Kopenhagen, Rom, Wien und Budapest mit Abstrichen, etc.) ernsthaft der Überzeugung, dass die städtebaulichen Projekte der Nachkriegszeit in Deutschland, in Dresden beispielsweise die Prager Straße oder der Postplatz, gefälliger, hochwertiger und angenehmer sind als die Plätze und Viertel in diesen erhaltenen Städten! An dieser Unehrlichkeit krankt die Debatte seit Jahrzehnten. Das zumindest kann man den Traditionalisten übrigens nicht vorwerfen, diese Leute debattieren wenigstens ehrlich.


    Und was "Heute baut man Häuser bloß" angeht: entstuckte Blockrandbebauung wie in Kreuzberg oder klassisches Bauhaus aus den 20ern würde ich mit Kusshand vorziehen, es wäre alles besser als diese völlig einfallslosen und menschenfeindlichen Bauten mit denen die Dresdner nun am Postplatz gestraft sind! Ich bezweifele, dass die Reformer der 20er vom heutigen Postplatz begeistert gewesen wären. Davon abgesehen: "Fort mit Schnörkel, Stuck und Schaden / Glatt baut man die Hausfassaden", all das ist ja bei den 50er-Jahre-Bauten an der Wallstraße schon der Fall! Aber offenbar ist selbst dieser reduzierte Traditionalismus schon zuviel. Bau- oder Fassadenschmuck ist hier überhaupt nicht mehr vorhanden, aber trotzdem handelt es sich, durch die Befolgung einiger Grundregeln (Proportionen, Materialwahl und Verarbeitung) um recht gefällige Architektur. Nur darum geht es: menschliche, angenehme und lebenswerte Architektur und Quartiere. Keiner, auch ich nicht, fordert eine Rückkehr zum Protz des Wilhelminismus. Schon mit wenigen Mitteln wäre viel erreicht. Die Rezepte sind bekannt, die Lösungen sind offensichtlich und trotzdem tut sich nichts und es werden altbekannte Fehler wiederholt - das ist das frustrierende!


    Und es geht ja besser, dazu reicht in Sachsen nur der Blick nach Leipzig! Ich weiß nicht woran es liegt, ob die Stadtverwaltung dort strenger ist und den Investoren mehr auf die Finger schaut, aber viele der Neubauten in Leipzig fügen sich deutlich besser in der Innenstadt ein als in Dresden, wobei in Leipzig die gesamte Bandbreite vorhanden ist: recht traditionelle Neubauten und auch völlig modernes, aber es funktioniert eben einigermaßen. Natürlich kommt hinzu, dass sich in Leipzig die Architekten durch die weitgehend erhaltene Umgebungsbebauung in der Innenstadt einem Anpassungsdruck ausgesetzt sehen. In Dresden wird hingegen in der innenstädtischen Pampa mitten in der Wüste gebaut, da kann man als Architekt natürlich jede Rücksicht fahren lassen und richtig klotzen. Wozu das führt dürfen die Dresdner auf der Prager Straße und jetzt am Postplatz "bestaunen" ... eine Architektur ohne Rücksicht auf die Geschichte, den Ort oder die Menschen, die Bürger vor Ort sind hier in den Augen der Investorenfirmen nichts weiter als Verfügungsmasse die zu konsumieren und sich ansonsten nicht allzugange aufzuhalten hat.


    Hier ist ein wohlwollendes Urteil nur schwer möglich. Die moderne Architektur in der Dresdner Innenstadt ist in jeder Hinsicht (ästhetisch, städtebaulich und sozial) ein Zeugnis des Scheiterns. Null Aufenthaltsqualität, keinerlei Ortsbezug, oft überzogene Dimensionen und zu guter Letzt auch noch eine minderwertige Verarbeitung. Vielleicht führt die Fertigstellung des Postplatzes endlich zu einem Umdenken, aber ich bezweifele es. Wenn die Prager Straße schon nicht genügend Schockwirkung entfalten konnte, dann wird das beim Postplatz auch nicht der Fall sein. Die Dresdner haben größtenteils resigniert und nehmen diese Entwicklungen nur noch achselzuckend zur Kenntnis.

    8 Mal editiert, zuletzt von Dresdner ()

  • Haus am Schauspielgarten - Revitalis AG


    Blick von der Straße Am Queckbrunnen auf den Übergang vom Stadthaus zum Neubau. Für die Einfahrten sind ein paar Straßenbäume gefallen.


  • ^^Im Fall Postplatz kann ich viele Kritikpunkte nachvollziehen. Insbesondere die CTR/Baywobau und CG-Bauten empfinde ich auch als eine verpasste Chance. Was mich aber ebenso stört sind undifferenzierte Rundumschläge und das Runtermachen zeitgenössischen Bauens per se. Ich bin mir nicht mal sicher, ob - abgesehen von der verbesserungswürdigen Architektur - am Postplatz nicht sogar ganz annehmbare Stadträume entstehen. Bereits das halbfertige Haus am Postplatz gibt dem Platz einen wohltuenden Rahmen. Das Gebäude selbst empfinde ich mit seinen großen Schaufenstern, diversen Geschäften, mit der Klinkerfassade, den abgerundeten Ecken und der charakteristischen Uhr als recht gelungen (vorausgesetzt es kommt so wie auf den Visualisierungen). Selbst die Wallstraße, obwohl zu breit geraten, könnte sich zur belebten Einkaufsmeile entwickeln und diesen Teil des Zentrums jenseits der autarken Altmarktgalerie gehörig beleben. Der Funktionsgewinn könnte die miserable Architektur ein Stück weit aufwiegen.
    Ebenfalls nicht nachvollziehen kann ich die Sehnsucht nach dem alten Postplatz. Auf den Vorkriegsaufnahmen erkenne ich eine ziemlich verbaute Platzanlage mit keineswegs nur repräsentativer Architektur. Um das eklektizistische Telegrafenamt mit seinen schwülstigen Türmen ist es z.B. nicht wirklich schade.

  • Das Haus am Postplatz ist noch am besten, weil es mal kein Quader geworden ist und verglichen mit den Nachbarn zumindest ansatzweise klassische Proportionen gewählt wurden. Wenn überhaupt macht das Haus am Postplatz nur noch deutlicher wie öde die zeitgenössische Ära des Klotzes ist. Typischer Vertreter: der SAP Würfel gegenüber, der bei regnerischem Wetter übrigens jetzt schon abrissreif aussieht.

  • Merkur 2/3


    ein kleines Update zu den Baywobau/CTR Projekten.
    Der Blick ist jeweils vom Merkur 1 über den Tiefgaragenbau des Merkur 3 zum Merkur 2.





    Beim Merkur 3 beginnt man teilweise schon mit dem 1.UG. ÜBrigens ssoll hier ein weiterer Supermarkt einziehen(noch ein REWE? :D).


    Beim Merkur 2 werden gerade überall diese goldenen Verblendungen montiert, das was ich sehen konnte, sah es nicht minderwertig aus. Trotzdem blebt es nur ein moderner Plattenbau...

  • ^ die Verblendungen scheinen nur Messingimitat ergo Sprühfarbe auf Blech zu sein.


    Großschaustelle Postplatz heute (ausser CG-OPD)


    Blick von der Altmarkt-Galerie-Ecke auf DVB-Schmetterling und Fay-Haus am Postplatz


    Nun zum benachbarten Wallhalla Zwo:
    Ich mag auf den ersten Blick diese Verblendungen nicht - sie sind ja wie vorgeschraubte Kulissen auf geschlossenem Putzbau und mit Luftspalt dahinter.
    Das wirkt seltsam - auch wenn man es später nicht so merken wird. Das sah man zuletzt schon am roten CG-Kübel - und dort sieht man es sogar dauerhaft,
    aber dazu mal später mehr. Zu dieser hier neuerlichen architektonischen Gestaltungsmachart muß man sich sicherlich erst ein Urteil bilden.
    Zumindest ist es tatsächlich 'Verblendung' eines schlichten Körpers darunter - quasi ein Kleidungsaccessoir wie ein Schal.


    Überall sind nun diese Vorhangkonstruktionen angeschraubt, teils werden wohl auch die Balkonnischen verblendend überdeckt - wie zuvor schon am CG-Kübel befürchtet und eingetreten.


    Kante zur Wallstrasse von Süd


    Blick von der Marienstrasse auf Wallhall Zwo. Und siehe da, doch zwei Platanten schon weniger, nämlich hier im Bild die Sandfläche unten. :mad:


    Nochmal der 3.BA mit der Baugrube



    Promenadenring-West 1.BA - Längststeine sind auf der Südhälfte verlegt.

    ^ wozu sind diese Nischen seitlich in den Steinen? Vermute, das wird Beleuchtung, Wahnsinn. :master:



    Abriss Fernmeldeamt - update






  • Da muss ich gleich noch einmal einhaken. Kommen die Bäume neben den Wall-Projekten an der Marienstraße wieder hin? Beim 2. BA wurden ja alle gefällt beim 3. BA stehen ja noch ein paar.