Karl-Marx-Allee/Frankfurter Allee

  • @ Aeg: Pardon für den DDR Schlager: Du hast recht!
    Es gibt aber einen berühmten Klaus Dieter Nakzynski!
    Dieser nannte sich aber später Klaus Kinski!

  • So, nun von mir auch mal nen kleiner fotografischer Beitrag. Am 8.9 war Wowereit am Boxhagner Platz und hat mit der lokalen SPD um Wähler geworben, am Abend war im Rahmen dessen im südlichen "Frankfurter Tor"-Turm ne Art Festbuffet.. hab das über nen Kumpel erfahren, also sind wir hin.. aber es war wohl doch sehr privat... man fuhr mit dem Fahrstuhl nach ganz oben.. an den Wohnungen vorbei.. dann musste man ein kleines Stück Treppe laufen und kam an eine verschlossene Tür, ich klingelte und mri machte die Spitzenkanditatin der SPD in Fhain/KBerg die Türe auf und wunderte sich warum diese zu war.. *g*.. dann gings nochmal Wendetreppenhinauf.. immer höher.. ganz oben (dort wo die großen Fenster sind) war eine kleine Fotogalerie, ein paar Stühle und eine kleine Theke.. dort gings auch raus auf das Rondell und man hatte eine schöne Sicht auf Berlin...


    Richtung Westen:



    Richtung Osten:


  • Alte Königsstadt/Karl-Marx-Allee

    In der Berliner Zeitung wird der Abschied von Stimmanns Plänen für die Königsstadt verkündet. Der Senat erkenne den "Wert der sozialistischen Moderne an". Die lockere Wohnbebauung zwischen Strausberger Platz und Alexanderplatz solle nur behutsam ergänzt werden.


    Für mich ein Armutszeugnis. Stimmanns verdienste sind gar nicht hoch genug einzuschätzen und was dort als Wert der Moderne erhalten werden soll ist überwiegend eine genormte Bauweise, die auf wirtschaftliche Not und Geistlosigkeit zurückgeht. 90% aller ästhetisch interessierten Menschen werden das Gebiet schleunigst wieder verlassen, weil die Aufenthaltsqualität null ist.


    Neben Ostalgie ist m. E. das mangelnde Investoreninterresse der Hauptgrund für den Schwenk. Außerdem ist hier möglicherweise Hopfen und Malz verloren, da man nicht in großem Stil Abreißen kann und eine sinnvolle Ergänzung gar nicht möglich ist.


    Geben wir also die Königsstadt zu gunsten von W. Ulbricht und Anhängern auf.


    Aber Bitte Berlin: halte Dich sonst an Stimmanns Pläne. Der Mann ist über alle Unkenrufe erhaben - Ein großer Städtebauer und planender Politiker, der Stadtwunden geheilt und viel Schlimmes verhindert hat.


    Hier der Link:


    http://www.berliner-zeitung.de…ts,10809148,11341598.html

  • ^Das klingt für ich auch so als ob es an attraktiven Investoren mangelt. Die beschriebene "behutsame" Bebauung ist im Grunde genommen keine Bebauung. Damit hält man sich das Areal frei. Ansonsten ist der Artikel in der Berliner Zeitung durch und durch ideologisch. Die Stadtrand-Plattenbau-Moderne kann in Marzahn in ausreichendem Umfang bewundert werden, in der Stadtmitte hat sie nichts zu suchen.

  • Das klingt für ich auch so als ob es an attraktiven Investoren mangelt.


    Der Eindruck drängte sich mir auch auf. Es mangelt ja auch an Interessenten für die einst geplante Hochhaus-Skyline. "Turn liabilities into assets", diesen Leitspruch von Public Relations hat man in Berlin so sehr verinnerlicht, dass man es wohl selbst glaubt. Die DDR Moderne hat indes solch tiefe Spuren im Angesicht Berlins hinterlassen, diese könnten gar nicht ausgemerzt werden selbst wenn man es noch so versuchte. Diesen also unter besonderen Schutz zu stellen erscheint mir geradezu bizzar wenn gleichzeitig, als ob wir in den 50ern wären, im Jahre 2011 die in deutlich geringerer Zahl erhaltenen Gründerzeitbauten "entstuckt" werden um Wärmedämmung aufzutragen. Die Prioritäten bezüglich Denkmalschutz und Erhalt von baulichen Zeugnissen früherer Zeiten sind da auf den Kopf gestellt.

  • Eine gute Entscheidung!


    Die Stimmann'schen Planung für diese Gegend waren einfach sehr unausgegoren. An sich wollte man zum Vorkriegsstraßenraster zurück (finde ich prinzipiell begrüßenswert), alles Bestehende abreißen konnte und durfte man nicht. Also hat man in den Plänen einfach irgendwelche schiefen Volumina und Gebäudekanten an den DDR-Bestand angeklebt, um die Vergangenheit irgendwie anzudeuten. Nunja.


    Den jetzt beschlossenen Ansatz "partielle Nachverdichtung im Einklang mit dem Bestand" (siehe Plan in der Berliner Zeitung) ist zum einen wesentlich harmonischer und zum anderen auch realistischer. Es ist ja auch so, dass man andere innerstädtische Flächen (Molkenmarkt etc.) tatsächlich dicht und kompakt neubebaut.

  • Alte Königsstadt/Karl-Marx-Allee

    "Markante Gebäude sind das Haus des Lehrers, das Kino International und das Café Moskau. Denkmalschutz für weitere Häuser ist geplant."


    Die drei erwähnten Gebäude sind tatsächlich architektonisch interessant und erhaltenswert. Das war es in diesm Gebiet dann aber auch.
    Mit dem Verweis auf den östlichen Stadtrand muss ich Dir voll zustimmen. Bei der Bebauung ist der einzig nachvollziehbare Gedanke Wohnraum zu schaffen auf einfachste Art. Ansonsten handelt es sich um gezielte Stadtzerstörung aus Hass auf die Bauweise des alten Berlins. Ganz im Gegensatz zur Karl-Marx-Allee ab dem Strausberger-Platz, die unzweifelhaft als Denkmal geschützt werden soll.

  • damar
    Du hast natürlich recht.


    Ich schätze an Stimmann dass er ein Stadtplaner alter Schule war und nicht einfach ein "Projektentwickler". Städtebau muss auch irgendwie das Ökonomische berücksichtigen, aber das tut die Immowirtschaft im Zusammenspiel dann schon ausreichend unter dem Strich. Rein urbanistische Leitlinien zu formulieren, ein Ideal, an was man versucht so nahe wie möglich heranzukommen, das hat gerade Berlin bis zur wenigen Jahren sehr ausgezeichnet und wohl auch die heutige Popularität begründet. Das ist nun Vergangenheit, man ist dazu übergegangen den Bestand zu verwalten und gestaltet nicht mehr. So empfinde ich es zumindest. Meine Güte, selbst die in der DDR formulierten Ideale anzustreben fände ich noch positiver. Denn diese wurden ja nie umgesetzt, blieben auf halbem Wege aus Geld- und Rohstoffmangel stecken.


    Ansonsten handelt es sich um gezielte Stadtzerstörung aus Hass auf die Bauweise des alten Berlins.


    War das aber nicht auch im ehemaligen Berlin (West) der Fall? Blockrandbebauung, Traufhöhen, Hinterhöfe etc. galten in der Nachkriegszeit doch in beiden Teilen der Stadt als reaktionär, überholt und so schnell wie möglich abzureißen und durch alleinstehende Geschossbauten in Stahlbeton zu ersetzen. In Berlin (West) hatte man nur mehr Geld zur Verfügung, so dass keine Plattenbauwüsten entstanden sondern jeder Betonblock wenigstens individuell geplant und gebaut wurde.

  • Es mangelt nicht nur an Investoren


    Geben wir also die Königsstadt zu gunsten von W. Ulbricht und Anhängern auf.


    Schlimm, schlimm, schlimm....dieser Straßenzug zwischen Strausberger Platz und Alexanderplatz ist einer der grausamsten der Stadt. Mit den alten DDR Pavillons, Café Moskau und Kino International kann man sich noch anfreunden...mit der Gestalt der Straße jedoch nicht.


    Steht genau dieser Abschnitt doch für den großen militärischen Aufmarschplatz der letzten Menschenverachtenden Deutschen Diktatur. Die Straße ist an dieser Stelle so breit wie eine Landebahn für Flugzeuge. Man könnte hier so schön eine Mittelpromenade mit Cafés und Bäumen zum flanieren anlegen. Das wäre Sache des Senats und hat nix mit Investoren zu tun, der Senat gibt die Rahmenbedingungen vor die nun in der Sackgasse der Ostalgie enden.


    Lernt man denn nicht aus den Nachteilen der Karl-Marx-Allee (Stalinbauten)?
    Auch hier, viel zu breit, zu laut, 0 Aufenthaltsqualität und deshalb keine Läden und nur wenig Gastronomie.


    Meine Oma hat in der Frankfurter Allee bis zur totalen Ausbombung gelebt, wenn sie aus ihrer Kindheit und von der Frankfurter Allee berichtet, dann kann man nur neidisch werden.


  • Geben wir also die Königsstadt zu gunsten von W. Ulbricht und Anhängern auf.


    Schlimm, schlimm, schlimm... Schon mal daran gedacht, dass es Menschen gibt die dort gerne wohnen ohne gleich W. Ulbricht Fan zu sein?


    Für mich ist das auch nicht gerade eine besonders schöne Wohngegend; nur was sind die Alternativen? Ein großflächiger Abriss erscheint mir angesichts der hohen Bevölkerung in diesem Viertel illusorisch. Neubauten in die Lücken zu quetschen macht für mich auch keinen Sinn.
    Nichts desto trotz sind ja Entwicklungen zu verzeichnen. Das Areal am Haus der Statistik wird neu beplant und dürfte bald zu einer deutlichen Aufwertung des Viertels führen.
    Insofern nochmal meine Frage an dich Rotes Rathaus; welche Alternativen/Ideen/Verbesserungsvorschläge schlägst du konkret vor?

  • Mich verwundert immer wieder dieser aggressive Ton gegenüber der Nachkriegsmoderne in diesem Forum.
    Stimmans Vorgaben sind für Viertel wie die Friedrichsvorstadt wirklich ein Segen. Aber im Unterschied zu dem Gebiet östlich des Alexanderplatzes ist dort die Straßenführung der Vorkriegszeit und ein Teil des historischen Baubestandes überliefert. Auf was genau will man sich an der Karl-Marx-Allee berufen?


    Die DDR-Moderne ist inzwischen selbst historisch. Wer den kompletten Abriß fordert, verhält sich nicht anders als die Städtebauer der Nachkriegszeit, welche die Gründerzeitgebieten abräumten, nämlich arrogant und ignorant gegenüber den Entwicklungen der vergangenen 60(!) Jahre.Gerade die Gegenüberstellung zwei völlig unterschiedlicher Ansätze des Städtebaus in einer Straße ist hier doch sehr spannend. Daher steht das Gebiet übrigens auch als Ensemble unter Schutz.


    Nur weil einigen das Teilstück zwischen Strausberger Platz und Frankfurter Tor subjektiv besser gefällt, legitimiert das doch nicht die nachträgliche Anpassung á la Stalinallee!!!
    Auch die Karl-Marx-Allee hat sowohl gestalterische als auch soziale Qualtitäten: zentrumsnahes Wohnen in aufgelockerter Bauweise - das wird von den Bewohnern sehr geschätzt!


    Natürlich kann und soll nicht alles erhalten werden und natürlich sollte man auch städtebauliche Schwächen beheben dürfen. Nur was mich ärgert, ist diese pauschale Veruteilung einer bestimmten Epoche. Ohne sich eingehend mit der Geschichte und der Architektur befasst zu haben, wird unüberlegt die Vernichtung gefordert.


    Rotes Rathaus: Das KI und das Café Moskau sind städtebaulich nur mit dem umliegenden Wohngebiet zu verstehen. Wenn du den Rest abreißt und diese kulturellen Mittelpunkte erhältst, reißt du sie völlig aus dem Zusammenhang.
    Vertical: Warum sollte die sozialistische Moderne keinen Platz in Berlin-Mitte haben? Immerhin war der Ostteil mal Hauptstadt der DDR. Warum wollen manche dies auf Teufel komm raus verleugnen? Ja, es war eine Diktatur und selbstverständlich kein System, dem man eine Träne nachweinen muss, aber wenn ich alles, was daran erinnert, vernichte, dann verleugne ich die Geschichte. Und es wurde in Mitte schon genug vernichtet: Palast der Republik, Ahornplatt, Außenministerium, gerade das ehemalige Bauministerium, demnächst das Haus der Statistik...bald kommt das Stadtschloss und alle Wunden sind geschlossen, oder wie? Ein grotesker Umgang mit der Geschichte :nono:


    Es gab eine ähnliche Diskussion bereits neulich über die Umgestaltung des Ernst-Reuter-Platzes. Bevor man diese herausragenden Zeugnisse der Nachkriegsmoderne ohne Not vernichtet, sollte man sich erstmal den immer noch zahlreichen Brachflächen wie am Hbf. oder Entwicklungsbereichen wie am Molkenmarkt zuwenden. Gerade hier sehe ich die Gefahr, dass die Fehler der Vergangenheit wiederholt werden.


    Was würde denn passieren, wenn man die Karl-Marx-Allee, um die sich Investoren nicht gerade reißen, nach heutigen Maßstäben umbauen würde? (Bezahlbares) Wohnen wäre dort kaum noch möglich. Mit großer Sicherheit würde dort eine Blockrandbebauung aus MotelOne, Ramadan-Hotel und Jugenherbergen enstehen, aufgelockert durch ein Einkaufszentrum mit großen Parkflächen. Wie das ganze in der Realität aussehen würde kann, jeder in der unmittelbaren Umbebung bestaunen: "Die Mitte" mit Saturn, Alexa, das im Bau befindliche Alexanderplatz Parkside-Hotel...


    @Bato: Ich wäre gern optimistischer, aber ehrlich gesagt, glaube ich nicht, dass die Neubebauung an der Stelle des Hauses der Statistik die Gegend architektonisch und nachaltig bereichern wird...


  • Vertical: Warum sollte die sozialistische Moderne keinen Platz in Berlin-Mitte haben? Immerhin war der Ostteil mal Hauptstadt der DDR. Warum wollen manche dies auf Teufel komm raus verleugnen? Ja, es war eine Diktatur und selbstverständlich kein System, dem man eine Träne nachweinen muss, aber wenn ich alles, was daran erinnert, vernichte, dann verleugne ich die Geschichte. Und es wurde in Mitte schon genug vernichtet: Palast der Republik, Ahornplatt, Außenministerium, gerade das ehemalige Bauministerium, demnächst das Haus der Statistik...bald kommt das Stadtschloss und alle Wunden sind geschlossen, oder wie? Ein grotesker Umgang mit der Geschichte :mono:


    Wenn man so rangeht, dann kannst du vor "sozialistische Moderne" gleich noch das national setzen.


    Es wird doch wohl in einer Metropole wie Berlin erlaubt sein ständig das Gegenwärtige zu hinterfragen und zu verändern. Wer das nicht macht bleibt stehen.


    Diese potthässlichen 11-Geschosser haben weder was mit "sozialistischer Moderne" noch mit aufgelockerter Wohnumgebung zu tun. Es sind reine Zweckbauten wie man sie auch eine Diktatur davor baute. Diese Gebäude (Zweckbauten) sind Inbegriff der Gleichmacherei die für eine Diktatur unabkömmlich ist um das Individuum gleich zu schalten. Die Zeiten sind aber vorbei. Menschen wollen sich mit ihren Konsumgütern und alles was sie umgibt individuell identifizieren, so wie es vor den Diktaturen schon üblich war. In den 11ern auf diesem Abschnitt leben noch viele Erstmieter. Vor knapp über 20 Jahren haben sie noch regelmäßig die roten Fahnen aus dem Fenster gehängt. Die Straße wirkt in ihrer Bebauung nur deshalb so großzügig und "aufgelockert" weil man der Meinung war dem Westteil der Stadt jedes Jahr aufs neue zeigen zu müssen was für Waffen man im Schrank hat. Das hat nun wirklich nichts mit Moderne und weisser Friedenstaube zu tun wie es einem immer verkauft wurde.
    Schaut hier und hier


    Das alles ist aber vorbei.


    Warum bilden sich Kieze immer da wo alte Bebauung aus der Gründerzeit vorhanden ist? Weil diese Häuser nie von der Stange kommen und kamen.
    In Plattenbausiedlungen gibt es keine Kieze, egal ob in Ost oder West.
    Dieser Bereich hat wirklich null Aufenthaltsqualität und wird sich nie zu einem Kiez entwickeln. Der U-Bahnhof Schillingstraße, mitten in der Stadt, wird so häufig wenn nicht sogar weniger frequentiert, wie der U-Bahnhof Louis-Lewin Straße ganz am Rande der Stadt. Das ist doch grotesk und zeigt wie tot die Gegend ist. Was ist daran erhaltenswert?


    Lediglich die Nähe zur City macht das Wohnen attraktiv. Die Zeit wird zeigen wie begehrt die Häuser dann wirklich sind. Wenn dort keiner mehr wohnen will dann wird auch hier irgendwann konsequenter Weise der Abrissbagger vor der Tür stehen. Diese Wohnklötze an dieser Stelle schnell noch unter Schutz, vielleicht sogar unter Denkmalschutz zu stellen ist für mich der Ausdruck echter Ostalgie und dem Nachjammern einer vermeintlich "besseren Zeit".


    Berlin hat an dieser Stelle bessere verdient. Jedem sei mal der Blick in die historischen Luftaufnahmen in Google Earth empfohlen (Einstellung 3/1945). Dann sieht man was Berlin an dieser Stelle durch die hier hochangepriesen Nachkriegsmoderne wirklich verloren hat.

    Einmal editiert, zuletzt von Ostkreuzblog () aus folgendem Grund: Zwei Youtube Links hinzugefügt

  • Nur weil einigen das Teilstück zwischen Strausberger Platz und Frankfurter Tor subjektiv besser gefällt (...)


    "Nur"? Genau das ist doch der Punkt! Und vor lauter Relativierungen a lá das sei halt eh alles "subjektiv" reden wir aneinander vorbei. Wir sind eine demokratische Gesellschaft und das ist der Hauptunterschied zu den Großmannsplänen der DDR aber auch der Kaiserzeit. Es wird keine Zeit mehr kommen da das Gesicht einer Stadt nach einem bestimmten Stil und einer bestimmten Denke umgeplant wird (hoffentlich).


    In einer Demokratie entscheidet aber die Mehrheit aller "subjektiven" Meinungen. Und darum ist genau das der Kern der Sache, zu diskutieren um herauszufinden was die Mehrheit eigentlich will. Um daran den Städtebau zu orientieren. Wie gesagt, aktuell findet eine öffentliche Städtebaudebatte einfach nicht statt. Die Auguren, Architekten und Stadtplaner, krallen sich eifersüchtig an ihrem bisherigen Primat fest und kanzeln jede Mitsprache von Laien, denen Fachtermini und Habitus fehlen, ab.


    Und wenn die Mehrheit am Ende einer sachlichen Debatte recht klar zu der Meinung gelangt, gerne auch anhand einzelner Plangebiete per Volksabstimmung festzustellen, dass beispielsweise die DDR Moderne eine Sackgasse war die man sukzessive umplanen muss dann muss das gemacht werden! Das Primat über die Stadt haben nicht Planer, Architekten oder Denkmalschützer sondern die Bürger, der Souverän. Und darum ist die "subjektive" Meinung sogar ganz besonders entscheidend.


    Freilich wird alleine durch die Kraft des Faktischen beinahe jeder aktuell stehende Plattenbau solange erhalten bleiben, bis es unwirtschaftlich wäre seinen Stahlbeton weiter zu erhalten und zu sanieren (im Gegensatz zu vorindustriellen Bauweisen sind Stahlbetongebäude durch Sanierungen nicht über Jahrhunderte zu erhalten, bauphysikalisch unmöglich). Aber bis dann Ersatzbedarf besteht, Neubauten notwendig werden weil der Bestand zu marode geworden ist, bis dahin muss die Debatte gelaufen und zu einem belastbaren Ergebnis gekommen sein.


    Warum bilden sich Kieze immer da wo alte Bebauung aus der Gründerzeit vorhanden ist? Weil diese Häuser nie von der Stange kommen und kamen.
    In Plattenbausiedlungen gibt es keine Kieze, egal ob in Ost oder West.
    Dieser Bereich hat wirklich null Aufenthaltsqualität und wird sich nie zu einem Kiez entwickeln. Der U-Bahnhof Schillingstraße, mitten in der Stadt, wird so häufig wenn nicht sogar weniger frequentiert, wie der U-Bahnhof Louis-Lewin Straße ganz am Rande der Stadt. Das ist doch grotesk und zeigt wie tot die Gegend ist. Was ist daran erhaltenswert?


    War übrigens offen erklärtes Ziel des DDR Städtebaus in Berlin. Eine radikale Dezentralisierung der Stadt, weg von einer Metropole hin zu etwas in der Art des Ruhrgebietes (nur noch viel kleinteiliger). Darum hat man gerade im Zentrum solche Stadtrandbebauung gewählt, mit zweckmäßigen billigen Wohnblöcken vom Fliesband und lieblosen weiten offenen Flächen. Da sollte niemand flanieren können und Kieze sollte es auch nicht geben, höchstens "Hausgemeinschaften" die man zur sozialen Kontrolle in den sonst unbeherrschbar anonymen Großsiedlungen benötigte (und natürlich im Rahmen des allgemeinen Spitzelsystemes). Eine These ist auch dass der Aufstand am 17. Juni dazu geführt hat dass kleinteiliges/"enges" Straßenleben zukünftig vermindert werden sollte, um schwer kontrollierbare Menschenansammlungen und spontane Aufwiegelungen zu vermeiden. Die Leute sollten sich in der räumlichen Weite verlieren (und, was auch immer ein Motiv von autoritären Systemen ist, "klein" und machtlos fühlen). Die DDR Moderne war, auf der Metaebene hinter konkreten Stilelementen und Bautechniken, eine hochgradig politische Architektur.

  • Ich möchte nicht zu polemisch werden. Es geht hier ja wohl um Städtebau und nicht um die "Menschen die dort wohnen". Das ist ein Totschlagargument, welches nicht weiterführt, da sich Städte weiterentwickeln während Menschen geboren werden und sterben, umziehen und ihre Meinungen ändern.


    Wer das Areal kennt und sich gelegentlich mit Architektur beschäftigt wird kaum bestreiten, das hier das bauliche Zeugnis einer Mangelwirtschaft zu sehen ist. Die baugleichen Platten werden teils im großen Stil abgerissen.


    Zu behaupten das es sich hierbei um ein erhaltenswertes baugeschichtliches Zeugnis handelt, welches über Deutschland hiwausweist ist eine sehr platte Art aus der Not eine Tugend zu machen. Dies ist Unsinn. Mit dem ERP kann die Situation auf Grund der baulichen Qualität nicht verglichen werde.


    Vorschläge:
    1. Wenn es die Alternative heist: status quo oder minderwertiger Wildwuchs (Baumärkte, Aldis etc.) bin ich für den status quo. Mit der Perspektive späterer Lösungen.


    2. Unbedingt sollte der Straßenzug Karl-Marx-Allee aufgewertet werden. Ich würde sie wie die neu gebaute Alexanderstraße verlängern. Es bleiben jedoch die riesigen Abstandsflächen an den Seiten. Im Grunde muss eine Bebauung davor gesetzt werden.


    3. Bevorzugen würde ich eine langfristig angelegte radikale Abrisslösung mit sukzessivem Wohnungsneubau. Möglicherweise Genossenschaftlich organisiert. Problem: zu viele Flächen in Berlin bei zu wenigen Interessenten.

  • Japher:
    Zum einen ist die DDR-Moderne rund um die Karl-Marx-Allee vom Charakter her keine innerstädtische sondern eine Stadtrandbebauung. Es ist eine reine Wohnsiedlung ohne Nutzungsdurchmischung. Keine nennenswerten Geschäfte, kaum Gastronomie, keine Kulturstätten, keine Plätze - nichts was die Gegend für Nicht-Anwohner attraktiv machen würde. Innerstädtische Bebauung muss mehr bieten als Wohnscheiben und Parkplätze.
    Zum anderen besteht der größte Teil von Mitte aus DDR-Moderne:
    Alexanderplatz, Leipziger Str, Fischerkiez, das Gebiet um den Fernsehturm, Alexanderstraße, Platz der Vereinten Nationen, Grunerstr. Karl-Liebknecht-Str, Holzmarktstr. ...
    Ich sehe keinen bauhistorischen Grund ausgerechnet das Gebiet um die Karl-Marx-Allee unter Denkmalschutz zu stellen. Das würde lediglich auf städtebaulichen Stillstand hinauslaufen.

  • ^ Es gab bzw. gibt die Kulturstätten Café Moskau, Kino International, Kino Kosmos, die stalinistische Bebauung hat zusätzlich Gastronomie und Einzelhandel im Erdgeschoss. Der architektonische Wert der vorderen Karl-Marx-Allee ist zwar tatsächlich eher gering, ich halte den städtebaulichen Charakter dieser Aufmarschstraße, den es außerhalb der Sowjetunion m.E. selbst in den anderen Hauptstädten des Warschauer Pakts in der Form nicht gab, für unbedingt erhaltenswert. Gerade die Weite und damit die Negierung des Individuums gibt einen recht deutlichen Einblick in die damalige Zeit - gerade auch im Vergleich zur stalinistischen Karl-Marx-Allee ab dem Strausberger Platz. Aus diesem Grund sollte die Straße hier keinesfalls eingeengt werden. Dahinter kann dann nach meinem Dafürhaltenaber gern neu gestaltet und verdichtet werden, die dortige Vorstadtatmosphäre mit Kaufhallen, Kindergärten etc. lässt in der Tat zu wünschen übrig.


    Es geht hier ja wohl um Städtebau und nicht um die "Menschen die dort wohnen". Das ist ein Totschlagargument, welches nicht weiterführt, da sich Städte weiterentwickeln während Menschen geboren werden und sterben, umziehen und ihre Meinungen ändern.


    Man baut aber nicht um luftleeren Raum oder auf der Modelleisenbahn, sondern in einer bewohnten Stadt. Entsprechend ist das Ganze ein Fakt, der bei Neugestaltungsplänen zu beachten ist und kein Totschlagsargument ohne Substanz.

  • Ich verstehe die Aufregung der Moderne-Kritiker nicht ganz. Die Aussage war doch nicht, dass das Gebiet für immer so konserviert werden soll, wie es jetzt ist. Es soll nur eben behutsam entwickelt und ergänzt werden. Die behutsame Entwicklung ist aus gutem Grund inzwischen state-of-the-art der Stadtentwicklung. Wenn man im 19. und 20. Jahrhundert schon so vorgegangen wäre, dann müssten wir uns heute wesentlich weniger über den Verlust wertvoller Substanz beklagen - wobei die wirtschaftlichen und sozialen Zwänge damals natürlich ganz andere waren.


    Stimmanns verdienste sind gar nicht hoch genug einzuschätzen


    Das kann ich überhaupt nicht nahvollziehen. Stimmanm war besessen von einer völlig unausgereiften Idee (die im Ansatz vielleicht gar nicht schlecht war). Das Ergebnis kann man beispielsweise auf der Fischerinsel bewundern, wo mit dem Ahornblatt ein zu Recht denkmalgeschütztes Gebäude einem Höchstmass an Banalität und Langeweile weichen musste. Gewonnen wurde dort rein gar nichts. Dieser Ort ist heute nur noch ein Denkmal Stimmanns verfehlter Städtebaupolitik.

  • Vom Sozialismus lernen heißt siegen lernen!

    Es gab bzw. gibt die Kulturstätten Café Moskau, Kino International, Kino Kosmos, die stalinistische Bebauung hat zusätzlich Gastronomie und Einzelhandel im Erdgeschoss. Der architektonische Wert der vorderen Karl-Marx-Allee ist zwar tatsächlich eher gering, ich halte den städtebaulichen Charakter dieser Aufmarschstraße, den es außerhalb der Sowjetunion m.E. selbst in den anderen Hauptstädten des Warschauer Pakts in der Form nicht gab, für unbedingt erhaltenswert. Gerade die Weite und damit die Negierung des Individuums gibt einen recht deutlichen Einblick in die damalige Zeit - gerade auch im Vergleich zur stalinistischen Karl-Marx-Allee ab dem Strausberger Platz. Aus diesem Grund sollte die Straße hier keinesfalls eingeengt werden. Dahinter kann dann nach meinem Dafürhaltenaber gern neu gestaltet und verdichtet werden, die dortige Vorstadtatmosphäre mit Kaufhallen, Kindergärten etc. lässt in der Tat zu wünschen übrig.


    Interessante Diskussion.


    Über die Strecke zwischen Alex und Strausberger Platz habe ich auch schon oft nachgedacht.


    Ich bin aber nicht der Meinung von Dase. Natürlich sind deine Argumente nicht falsch. Ich bin auch gegen einen Brutalo-Abriß der DDR-Moderne, der genauso eine Vergewaltigung darstellen würde wie der sozialistische Städtebau.


    Wir erhalten alte Gebäude aber, schlicht weil sie schön sind. Und nicht weil wir denken, ach wir brauchen noch was ausm Absolutismus, aus der und der Zeit usw.


    Wir sollten meiner Meinung nach behutsam und respektvoll mit der DDR-Architektur umgehen. Das meiste ist aber nicht von dauerhaftem Wert. Das heißt, auch dieses Stück der Karl-Marx-Allee sollte irgendwann plattgemacht werden. Aber wir sollten uns damit eben noch lange Zeit lassen.


    Dann hast du deinen DDR-Effekt - solange die DDR und die Sowjetzeit unserer Zeit noch etwas sagen. Irgendwann ist es einfach nur noch Schrott und fertig.


    Ich bin der Meinung, daß die DDR-Architektur langsam und rücksichtsvoll sterben sollte. Also in 20 Jahren oder später müssen diese Plattenbauten weg.


    Dann ist der Alex fertig und man kann über dieses Stück nachdenken. Diese Architektur wird uns dann nicht mehr viel sagen.


    Ich wäre dafür, die Stalinallee postmodern-ironisch bis zum Alex weiterzubauen und in zwei bis drei Stufen zum Alex hin zu einer Blockrandbebauung zu kommen.


    Man stelle sich mal den Blick auf den Alex vom Strausberger Platz vor.


    Das waren so meine Phantasien zu diesem Stück. Da könnte man sich tolle Architektur ausdenken, die mit der Stalin-Ästhetik spielt und trotzdem heutigen Bedürfnissen gerecht wird.


    Ganz allgemein muß man halt rücksichtsvoll die Stadt verändern. Lieber zu langsam als zu schnell. Also die Plattenbau-Strecke soll ruhig noch 20 Jahre so stehen bleiben. Dann sagt uns dieses Stück nicht mehr viel.

  • Dat is eigentlich eine Tautologie, weil die Ironie ein Kernbestandteil postmodernen Denkens ist.


    Ironie heißt: Mit Brechungen arbeiten, ein Thema nicht stupide durchziehen.


    Ansonsten möchte ich, daß mein Vorschlag gelobt wird, weil ich ihn nämlich toll finde.


    Man kann die Stalinallee sozusagen nicht unkommentiert lassen, sondern muß sich darauf beziehen. Ich würde zum Beispiel sehr ähnlich historisierend weiterbauen und nach der ersten Stufe (Verengung zur Straße hin) ein kraß modernes Stück einbauen und dann historisierend weiterbauen.


    Das nennt man postmodern. Und ironisch. Ey.


    Aus meiner Sicht kann man da gar nichts anderes machen. Es zwingt sich geradzu auf.


    Allerdings steht das erst in 20 Jahren auf der Tagesordnung. Wir sollten uns in Berlin einfach mal ein bißchen mehr Zeit lassen und wirklich Gute Sachen entwickeln und reifen lassen.


    Die Stadt muß sich natürlich und organisch entwickeln.


    Ein absoluter Reinfall ist z.B. das Einheitsdenkmal am Schloß. So etwas passiert, wenn man die Dinge sich nicht natürlich entwickeln läßt, sondern herbeizwingt.