Der Römer - Frankfurts Rathaus

  • Geiz ist nicht geil

    Das Problem ist, dass der Ball schon viel zu oft flach gehalten wird. Genau solche grausamen Ergebnisse kommen dann raus. Aus denselben Erwägungen bloß keinen Cent zu viel auszugeben, wurden auch die längst überfälligen „Langer Franz“ und „Kleiner Cohn“ auf die lange Bank geschoben. Das Dach der Paulskirche ist ebenso ein Trauerspiel. Die Hoffnung, dass sich hier was tut, ist längst aufgegeben. Lieber die hart erarbeiteten Gelder artig und brav nach Hoyerswerda und Bremerhaven transferieren oder ins längst nicht mehr so abgehängte Nordhessen. Wie sähen heute die Rathäuser-Dächer von München oder Hamburg aus, wenn mit derselben "Geiz ist Geil"-Mentalität vorgegangen wäre?

  • Wirklich 2,2 Millionen? Für - banal formuliert - die Erneuerung eines Flachdachs? Oder sind da zumindest die Fassadenarbeiten auch mit drin?


    So antwortete der Magistrat auf eine Anfrage:

    Link zu Parlis


    Das Problem ist, dass der Ball schon viel zu oft flach gehalten wird


    Ball flach halten bezog sich auf die Behauptung, das Flachdach stünde auch noch unter Denkmalschutz...


    Deinen restlichen Beitrag finde sich eigentlich zu grenzwertig, als das ich darauf reagieren möchte, aber jeder kann ja in diesem Land seine eigene Meinung haben, was das wichtigste Problem aktuell ist...

  • siefert, erstmal finde ich es ja mutig, sich als Insider bzw. daran Beteiligter (?) hier sozusagen in die Höhle des Löwen zu trauen. Auch wenn es hier überdurchschnittlich viele Leute mit irgendwelchen Berührungspunkten mit der Baubranche geben dürfte, die deiner Argumentation durchaus folgen können. Und klar, die finanzielle Lage der Stadt ist ebenfalls kein Geheimnis, ich werde daran beruflich ebenfalls fast jeden Tag erinnert, aber wir sind weit von den Verhältnissen vieler Städte im Ruhrpott oder gar Berlins entfernt.


    Was Golden Age indirekt und völlig zu Recht anspricht: das Rathaus ist immer auch ein Aushängeschild der Stadt, der Stadtverwaltung und in der Bürgerstadt Frankfurt am Main, die nie unter weltlicher oder geistlicher Herrschaft stand, letztlich auch ihrer Bürger selbst. Natürlich sind 18 Millionen Euro viel Geld, aber sollten die es der Stadt nicht wert sein? Warum kein Aufruf zu einer Spendenkampagne mit ein paar schönen Visualisierungen? Ich glaube nicht, dass diese Investion einen Shitstorm in der Presse ausgelöst hätte, im Gegensatz zu manch anderem fragwürdigen Posten im Etat.


    Das jetzige Dach kommt als geschmacklose Nachkriegslösung mit ihrem zeittypischen impliziten Bestreben daher, die damals verhassten Bauleistungen des Historismus auch noch des letzten Funkens an Ästhetik zu berauben – man beachte etwa die scharfen Ecken zu den Runderkern hin, furchtbar. Wenigstens das hätte man ja mal verblenden können. Dagegen ist die Aufstockung des Südbaus, von der manche noch nicht mal etwas wissen, geradezu ein Bauwunder.

  • Die Herstellung der Dachlandschaft des historischen Rathauses (inklusive der beiden Türme) ist längst überfällig. Die Summe von EUR 19 Mio ist hoch, aber notwendig. Eine Debatte ist unnötig. In anderen Städten war man bereit das Notwendige für das Erbe der Stadt zu leisten. So - wie Golden Age richtig ausführt - geschehen in Hamburg, Berlin, Leipzig und München. Die Investition in stadteigene Immobilien erhöht das Vermögen der Stadt und kann auch mit Fremdkapital finanziert werden. Ausserdem würden sich für dieses Projekt auch Mäzene finden lassen.

  • Wahrscheinlich würden sich auch die Bürger beteiligen - ähnlich wie man es bei der Frauenkirche in Dresden gemacht hat. Man könnte auch an eine freiwillige Abgabe, nach dem Motta "von jedem verkauften Produkt geht 1 € an", denken. Das ist ja auch Werbung. Bei bestimmten Produkten, etwa Souvenirs, ginge das bestimmt. Immerhin einige Millionen ließen sich so sammeln, wenn man das über 1 - 2 Jahre macht.

  • Es steht jedem hier frei, eine derartige Spendenkampagne ins Leben zu rufen. Für die Rekonstruktion der Dächer des "Langen Franz" und des "Kleinen Cohn" idealerweise (da nicht gerade frisch saniert). Freilich ist das sehr viel unbequemer als "man müsste", "man sollte" oder "es würden sich bestimmt zahlreiche Spender finden". Aber es geht.


    Damit bitte zurück zum Bauprojekt. Sollte zum letzten Thema noch etwas zu bemerken sein, dann bitte in der Lounge.

  • Schmittchen, du weißt aber auch ganz genau, dass eine solche Kampagne eine wesentlich größere Reichweite hätte, wenn sie von der Politik ausginge als von ein paar Leuten, die sich dann von den üblichen Verdächtigen (BDA, Werkbund, Denkmalschützer mit Ruinenfetisch etc.) wieder als übelriechende, apfelweingurgelnde Schurken in einem Fachwerkhäuschen diffamiert sehen dürften. Der offizielle Aufruf an die Bevölkerung in der Ära Schwarz, in Privatbesitz befindliche Teile der Altstadt zu melden, auch wenn dieser mit vergleichsweise geringen Kosten verbunden war, war auch ein großer Erfolg, der zeigt, dass in der Bevölkerung eine große Verbundenheit da ist.

  • Kleiner Cohn

    Der Rathausturm "Kleiner Cohn" an der Ecke Buch-/Limpurgergasse ist eingerüstet, ebenso wie der nördlich anschließende Gebäudeflügel bis unmittelbar vor den "Langen Franz" und der östliche bis vor die Einfahrt zum westlichsten Innenhof. Auf die seit Ewigkeiten dringend gewünschte und zwischenzeitlich auch mal geplante Rekonstruktion darf man wohl nicht hoffen. Bleibt abzuwarten, ob nur die Fassade in Schuss gebracht, oder auch das verschieferte Notdach erneuert wird.





    Zur Erinnerung: So sah der "Kleine Cohn" ursprünglich aus (rechts am Rand):



    Quelle: http://www.zeno.org - Contumax GmbH & Co. KG (gemeinfreie Lizenz)


    Eine weitere historische Aufnahme hatte Beggi hier hochgeladen, mit einer Erläuterung zur Geschichte des Turms im folgenden Beitrag von RMA. Eine Aufnahme des aktuellen Zustands findet sich auch in jenem Beitrag von Schmittchen.


    -Bilder soweit nicht anders gekennzeichnet von mir-

    Einmal editiert, zuletzt von Robbi () aus folgendem Grund: Bild ergänzt

  • Kleiner Cohn

    Der von epizentrum entdeckte Specht hat das Dach wohl für schlecht befunden. Mittlerweile wurde der alte Schiefer entfernt und Dachpappe o.ä. aufgebracht.



    -Bild von mir-

  • Kleiner Cohn

    ^ Wie Robbi schon berichtete, ist die Dachoberfläche des "Kleinen Cohn" mit neuen Bahnen abgedichtet worden. Es handelt sich dabei um diffusionsoffene Schalungsbahnen von DELTA. Falls dies kein Zwischenzustand sein soll, werden darüber die neuen Schieferplatten gedeckt. Somit schwindet wieder einmal die Hoffnung auf die Herstellung einer Dachform wie vor dem Krieg.


    Schräg von oben:


  • Römerkeller/Ratskeller

    Die sehr attraktiven gotischen Gewölbe im Römer werden voraussichtlich umgebaut. Heute gab die Stadt =25579935"]bekannt, dass die bisher unter anderem im Römerkeller untergebrachte Kantine der Stadtverwaltung (Foto1/Foto2) Ende Januar 2015 geschlossen wird. Es sind Kapazitäten für 1.200 Essen pro Tag vorhanden, nachgefragt werden nur 200. Das führt zu einer Unterdeckung in Höhe von 2,1 Millionen Euro nur für Personal und Betrieb und einem Zuschussbedarf von 17 Euro (!) pro Essen. Die Stadt möchte nun ein neues Konzept für die Räume entwickeln. Anzunehmen, dass dabei privat betriebene gastronomische Nutzung für die ausgedehnten Keller anvisiert wird.

  • Dächer der Rathaustürme

    Der 2006 gegründete Neue Brückenbauverein unter Vorsitz von Christoph Mäckler will sich demnächst um die Rekonstruktion der beiden immer noch mit Notdächern versehenen Rathaustürme "Langer Franz" und "Kleiner Cohn" kümmern (reichlich Fotos und Info dazu in diesem Thread). Die Türme "wurden in Erinnerung an die früheren Brückentürme der Alten Brücke gebaut, die somit im Gedächtnis der Frankfurter sehr präsent waren" zitiert die FNP den Architekten.


    Es ist ja nicht so, dass es in den letzten Jahren nicht viele Bekenntnisse dieser Art gab. Leider blieben sie alle folgenlos. Doch wäre eine Rekonstruktion der Turmdächer von entscheidender Bedeutung für die Silhouette der Altstadt, auch hat sich der Neue Brückenbauverein bisher durch Tatkraft ausgezeichnet und überhaupt: die Hoffnung stirbt zuletzt, hehe.

  • ^ Es würde mich sehr freuen, sollten Mäckler und Co. hier konkret tätig werden. Meine Zusage von 2011 gilt. Siehe in den dortigen Vor- und Folgebeiträgen auch Bestandsbilder und die Diskussion um die Rekonstruktion der Türme.

  • Ich drücke die Daumen, daß Mäckler zumindest diesen 'Brückenturm' realisieren darf. Wenn ich mir den früheren Turmabschluß des Langen Franz vor der Hochhauskulisse vorstelle... Es wäre eine tolle Bereicherung in der Stadtkrone.

  • Das wäre so genial!
    Seit Jahren freuen wir uns auf diese Rekonstruktion und jedes Mal, wenn ich durch die Altstadt oder über den Main gehe, komme ich nicht umhin, mit dem Blick an den gestutzten Türmen hängen zu bleiben.
    Historischer Ersatz für die Notdächer der beiden Rathaustürme sowie der Gebäude, die am Bahnhofsvorplatz links und rechts der Kaiserstraße stehen...bescheidener Aufwand würde eine Wirkung schaffen, die - ganz ohne Übertreibung - Millionen Menschen positiv in's Auge fallen würde! Ich wäre sofort mit einer Spende dabei.

  • Es ist mir bis heute ein Rätsel, warum es eine Stadt sechzig Jahre nach dem Krieg nicht geschafft hat, diese verhältnismäßig kleine kosmetische Maßnahme umzusetzen. Wenn man bedenkt, wie viel Geld anderen Ortes versenkt wird, sollte es eigentlich Aufgabe der Stadt sein, sein historisches Erbe in so markanter Lage wieder in einen würdigen Zustand zu versetzen.


    Es sagt viel über den Zustand der Gesellschaft aus, dass man dies bis jetzt unterlassen hat. Schön ist allerdings, dass sich jetzt nun endlich in der Bevölkerung Bewegung zeigt, die dies selbst in die Hand nehmen will. Ich hoffe nur man lässt die Leute dann auch, wenn das Geld da ist.


    In Köln z.B. werden solche Zustände auch gern mal schnell noch unter Denkmalschutz gestellt, als herausragendes Beispiel für die Leistungen des Wiederaufbaus. Ich hoffe, Frankfurt bleibt dies erspart. Die Sanierung des Flachdachs ist schon ein Nackenschlag genug.

  • Rund um den Rathausplatz gehört alles wieder original aufgebaut. Alles andere ist Flickwerk und Stümperei. Wieso will das bei den Verantwortlichen keiner verstehen!?


    In vielen anderen Städten hat man es nach dem Krieg gemacht und heute wissen die wenigen die es erlebt haben oft nicht mehr was original ist und was wieder aufgebaut wurde. In Wien ist es an vielen Orten in der Innenstadt auch so. Nicht umsonst kommen die vielen Touristen nach Wien.


    Neubauten sind austauschbar und nicht regional typisch. Also weg am Römer mit den Nachkriegsbauten. Nur die alten Originale befriedigen auf Dauer!

  • Ich schließe mich meinen Vorrednern an, sollte es endlich zu der Reko der Rathaustürme kommen, würde ich mich selbstredend mit einer Spende beteiligen.

  • Es ist mir bis heute ein Rätsel, warum es eine Stadt sechzig Jahre nach dem Krieg nicht geschafft hat, diese verhältnismäßig kleine kosmetische Maßnahme umzusetzen.


    Ich kann es dir sagen. Die Entscheider haben immer wieder andere Dinge, für die sie den Stadthaushalt enorm in die Miesen getrieben haben, wichtiger gefunden als ein Bauvorhaben, das allenfalls schön aussieht, aber absolut keinen Nutzeffekt hat. Das scheint mir ein klassischer Fall für eine bürgerliche Stiftung zu sein.

  • Vorrangig wäre für mich die Öffnung der Arkaden an der Bethmannstraße zur dessen Belebung. Dann klappt das auch besser mit der Gastronomie im Rathauskeller.


    Dann kann man von mir aus die Türme angehen.