Historisches Museum - Sanierung und Neubau (realisiert)

  • Mäckler gefällt mir nicht so gut, wie der erstplatzierte Beitrag. Zwar ist die Fassade kleinteiliger, das ganze ähnelt aber stark den standart-knuddel-mich-Gebäuden im Nikolaiviertel. Im Modell sieht das ganz gut aus, in der Realität wirken solche monotonen Reihungen - auch wenn es nur max. 4 Klone nebeneinander sind - nicht weniger massiv, als glatte Wände. Die "Kanonenlöcher", die im erstplatzierten Entwurf ja nur im obersten Geschoss als eine Reihe von Fenstern vorkommen bilden bei Mäckler eine ganze Fassade hin zum Fahrtor. Man vergleiche mal - in einem Entwurf sehr dezent im obersten Stockwerk und ganz passend, weil sie der Wand irgendwie einen Abschluss geben, im anderen betonen sie die Masse der glatten Wand noch. Öffentliche Plätze hat Mäckler auch nicht vorgesehen, wenn ich das richtig sehe.


    Städtebaulich finde ich den erstplatzierten Entwurf besser als den zweiten. Der erste reagiert besser auf den Leonhardkirchhof, der zweite bildet da nicht wirklich einen geschlossenen, eigenständigen Platz, sondern eher einen der stark am Römer dranhängt. Muss jeder für sich entscheiden, was er lieber mag, beides kann ich nachvollziehen.
    Diese komische Restfläche im osten, also die Baulücke zwischen Museum und dem nächsten Haus in der Saalgasse haben glaube ich alle Entwürfe - sieht für mich so aus, da alle bündig mit dem Altbau abschließen. Ich würde sagen, dass da das Grundstück zu Ende war, und es eben am Nachbarn liegt, da was zu bauen.


    Chewbacca hat irgendwo schon recht, aber gerade das ist der Job des Architekten. Auflagen machen nicht den tollen Entwurf kaputt, sie sind einfach das schwierigere Rätsel.

  • Eine Teilbebauung des Pauplatzes halte ich grundsätzlich für eine sehr überelegenswerte Sache.
    Hierbei muß man aber ganz sicher berüchsichtigen, dass vor dem Krieg die Berliner Str. ja noch gar nicht existierte und daher heute ein Baukörper zu Begrenzung des Platzes und Abschottung zur Berliner hin längs platziert sein sollte, anders als vor der Zerstörung.


    Ob allerdings dort genug Platz für das Museum wäre ist die Frage.
    Einmal mehr wird deutlich wie dringend ein Gesamtkonzept für die Altstadt benötigt wird!

  • Der zweitplatzierte Entwurf erweitert aus meiner Sicht den Römer, während der erstplatzierte Entwurf einen weiteren, eigenständigen platz schafft. Und das sind an dieser Achse einfach zu viele Plätze.Vom eisernen Steg bis zur Paulskirche nur Platz an Platz.


    Ich finde diese Nord-Süd-Fussgängerhauptachse braucht einfach Führung und starke Verweise auf die Ost-West Durchwegungen (Krönungsweg, Saalgasse).


    Die städtebaulichen Probleme der Innenstadt, insbesondere der Altstadt sind meines Erachtens im ungünstigen Straßennetz begründet. Der heutige Krönungsweg ist für den Touri eine Art Dom-Sackgasse, Das Gebiet südlich der Schirn faktisch tot. Das neue historische Museum ist ein "Gelenk" im Wegesystem und sollte diese Funktion auch wahrnehmen.


    Zur Alten-Börse: Die stünde direkt östlich der Paulskirche. Halte ich auch nicht für so gut. Wieder Städtebau: Wie präsentiert sich der Weg von der Hauptwache zum Römer? Da ist der Paulsplatz in seiner heutigen Form ziemlich optimal.
    Aber der Innenraum der Börse hatte schon was her gemacht. Nettes Bild davon bei Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Paulsplatz_(Frankfurt)

  • Irgendwie begeistert mich keiner der Entwürfe, noch am ehesten die beiden mit der Teil-Reko. Gerade die seinerzeit moderne Architektursprache hat das Historische Museum an diesem Standort m. E. so unattraktiv gemacht, wahrlich zu einem Fremdkörper. Wieso alte Fehler wiederholen?


    Der Saalhof verdient mehr Respekt und ebenso die Nicolaikirche. Beide dürften durch einen Neubau nicht abgewertet werden. Vielmehr muss bei einem Neubau m. E. die großartige Chance genutzt werden, die historischen Gebäude in einen Kontext zu setzen. Durch "Plattenbau" aus den 70ern wird zumindest kein spannender, erlebbarer Raum geschaffen. Ich habe teilweise den Eindruck, die Architekten waren noch nie vor Ort. Auch sollte die Sichtachse Fahrtor zwischen Main und Römerberg aufgewertet werden.


    Der enttäuschende Ausgang des Wettbewerbsverfahrens sollte zum Nachdenken bei der Stadt anregen. Ich habe hier noch niemanden gehört, der in Begeisterungsstürme verfallen wäre.


    Mein Vorschlag: In sich gehen, durchaus darüber nachdenken, ob ein Alternativstandort hier vielleicht doch mehr Sinn macht und die Teil-Reko nicht abschreiben, trotz des jetzigen Siegers. Die Teil-Reko wäre für das Museum auch von Nutzen, hier könnte man das Leben und Wohnen im alten Frankfurt zeigen. Wenn schon ein Alternativstandort, dann m. E. nur innerhalb der Wallanlagen - das Historische Museum gehört in die Innenstadt.

  • mik:


    Ein eigenständiger Platz würde doch aber gerade diese ost-west-Achsen stärken, eine Erweiterung des Römers zieht die Fussgängerströme wieder in Richtung nord und süd. Eine Art "Erweiterung des Römers nach Süden" würde das von Dir genannte Problem der fehlenden ost-west-Verbindungen und die dadurch eintretende "Stille" südlich des Domes (im Westen auch?) noch verstärken. Der zweitplatzierte Entwurf zeigt imo kaum einen Verweis auf die Saalgasse, geschweige denn Richtung des Leonhardskirchhofes. Durch den höheren nördlichen Gebäudeteil macht er die Saalgasse sogar zu. Die Gerichtetheit des erstplatzierten Entwurfes stärkt die ost-west-Verbindung eher, die symmetrische Fasseade zum Leonhardskirchhof gibt diesem besonderes Gewicht

  • P r e s s e m i t t e i l u n g 06.02.2008



    Siegerentwurf des Architektenwettbewerbes Historisches Museum geht am Thema vorbei.
    Kein „Straßenbahndepot“ in der Altstadt. Bürger sollten jetzt mitdiskutieren.



    Das AltstadtForum zeigt sich enttäuscht darüber, dass der Siegerentwurf des Stuttgarter Architektenbüros Lederer in keinster Weise dem Wunsch nach einer harmonischen Einbettung in den Dom-Römer- Bereich entspricht. Der historische Grundriss wurde Grund weg ignoriert. Die Architekten haben sich sogar bewusst davon entfernt.
    Bereits auf dem letzten AltstadtForum am 29. Oktober 2007 hatten Architekten und Planer den Vorschlag einer Rekonstruktion des alten Saalhofes gemacht und überzeugende Darstellungen vorgelegt. Dies sollte auch als Anregung und Dialogplattform für den Wettbewerb gedacht sein. Doch leider hat sich der Stuttgarter Siegerentwurf darüber komplett hinweggesetzt und die Arbeit der fachkundigen Frankfurter Bürgerinnen und Bürger in keiner Weise gewürdigt.


    Auch die Formensprache ist unglücklich: Der massive Gebäudekörper erscheint wie ein Sarkophag. Von oben erinnert er an ein Straßenbahndepot.


    Ein Grund für dieses fatale Wettbewerbsergebnis ist sicherlich die Leitung der Jury. Prof. Fingerhut ist eine klare Fehlbesetzung. Hatte er noch beim letzten Dom-Römer – Ausschuss zugestanden, daß er die Verhältnisse in der Frankfurter Altstadt „nicht so gut kenne“ und den historischen Wiederaufbau als „Disneyland“ verunglimpft. Das ist umso bedauerlicher, als vom 23. bis zum 25. Januar 08. an der angesehenen ETH Zürich die bislang weltweit größte Fachtagung zum Thema Rekonstruktionen unter Architekten, Stadtplanern und Kunsthistorikern stattfand (http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/termine/id=8529). In diesem hochrangig besetzen Symposion wurde erstmals eingeräumt, dass es in der Baugeschichte schon immer Rekonstruktionen gab und dass sich Architekten nun angstfrei verstärkt wieder mit dieser Bauform beschäftigen sollten.


    Das AltstadtForum wird sich auf seiner nächsten Veranstaltung noch einmal eingehend mit dem Thema Historisches Museum beschäftigen und konstruktiv Verbesserungsvorschläge unterbreiten. Günter Possmann mahnt: „Wir hoffen, dass der bislang gelungene Dialog zwischen Bürgerschaft, Ämtern und Politik in der Altstadtfrage auch auf das neue historische Museum erweitert wird.“
    Das AltstadtForum macht aber noch einmal deutlich, daß es sich bei der Forderung weiterer Rekonstruktion lediglich auf den Dom-Römer-Bereich konzentriert und dass dieser Bereich auch nicht ausgeweitet werden sollte. Dazu zählt aber auch und gerade auch das Areal des Historischen Museums“.


    Anlage: Bildquelle Jörg Ott




    und ein heute erschienener Artikel in der Neuen Presse:


    http://www.rhein-main.net/sixc…2_news_article&id=4305921


    Bitte auch noch mehr Leserbriefe schreiben. Der Protest darf nicht abreißen!

  • Den Wiederaufbau historischer Gebäude habe er als „Disneyland“ verunglimpft.


    Furchtbar! Ich kann dieses Disneyland-"Argument" nicht mehr hören! Wieder urspürnglich aufgebaute polnische Altstädte, ich denke da zum Beispiel an Posen, werden schließlich auch nicht als Disneyland bezeichnet. Soweit ich weiß, ist das meiste der Mainzer Innenstadt auch zerbombt und wiederaufgebaut worden. Sagt da jemand Disneyland drüber? Disneyland...mit eines der dämlichsten "Argumente", die man hier hervorbringen kann! :mad:

  • Also ich muss schon sagen: bei den vorliegenden Entwürfen reiht sich ja eine Katastrophe an die nächste. Mal eine kleinere, mal eine größere. Auch wenn ich anfangs skeptisch war, was das Glasdach bei dem Entwurf vom Altstadt-Forum angeht - nachdem was ich jetzt gesehen habe, ziehe ich meine Kritik komplett zurück. Die vollständige Rekonstruktion dieser Ecke ist die einzige dauerhafte Lösung; andernfalls wird nur ein "modernes" Monstrum durch ein anderes ersetzt, wo man sich in wenigen Jahrzehnten wieder fragen wird: wie konnte das bloß passieren?


    Ich hoffe, dass die Medien unsere Diskussion hier im Forum auch weiterhin verfolgen.

  • Von allen vorgelegten Entwürfen überzeugt der des Altstadt-Forums in der Tat am meisten. Mit ein bißchen architektonischer Kreativität ließe er sich weiterentwickeln und optimieren.


    Die Aussage des Jury-Vorsitzenden, er würde sich mit der städtebaulichen Situation nicht so gut auskennen, lässt ja wohl den Schluss zu, dass er es nicht für nötig erachtet hat, sich mit der Materie intensiv auseinanderzusetzen. Das muss man sich mal vorstellen. Man stelle sich vor, ein Richter urteilte, ohne den Fall gut zu kennen, gewissermaßen nach Gefühl. Wo kommen wir denn da hin?


    Bananenrepublik?


    Und diese Disneyland-Polemik ist doch wirklich nur dumm. Würde man den Gänsemarkt auf dem Berliner Schlossplatz aufbauen wollen oder das Hohenzollernschloss auf dem Römer, dann wäre das zu kritisieren, aber wer fordert das denn hier?

  • Ich bin auch dafür das man eine konsequente Linie in der Altstadt-Gestaltung verfolgt! Das ist alles nur eine halbherzige Lösung. Entweder richtig modern oder richtig alt. Wobei die Bezeichnung Altstadt schon genug gesagt sein sollte.


    Gerade als ein Fan der Moderne möchte ich wissen ob ein heutiger Architekt möchte das es in 200 Jahren nichts mehr von ihm in baulicher Form gibt. Auch möchte ich das diese Hetze gegen neue Architektur unterbleibt. Jeder meint seine Meinung gepachtet zu haben, wie der Wahlversager Roland Koch. Er spricht halt für die schweigende Mehrheit. Es braucht auch niemand beleidigt zu sein, bloß weil man Beton versiegeln kann. Na und, alles schreitet technisch voran, dazu brauche ich nicht die alten Lösungen. Von mir aus trotzdem eine Altstadt für Touristen und erlebte Geschichte. Mehr aber auch nicht.

  • Wo ist der Unterschied zwischen Disneyland und einer rekonstruierten Altstadt?


    Beides sind Kunstobjekte, die ein gesellschaftliches Idealbild präsentieren. Ein Stück heile Welt. Gerade die Rekonstruktion wirkt dabei in besonderem Maße geschichtsverklärend, da sie einerseits den zweiten Weltkrieg, andererseits auch die gesellschaftlichen Entwicklungen der Nachkriegsjahrzehnte ausblendet.


    Disneyland-Polemik bezieht sich also nicht nur auf die Funktion als Touristenghetto, sondern auf eine bestimmte Vorstellung von Idealstadt - ähnlich den damaligen Vorstellungen eines Walt Disney.


    Ich will damit nur sagen, dass dieses Argument auch seine Begründung hat. Es muss genauso klar sein, dass auch der euphemistische Ausdruck "Stadtreparatur" eine Negativbewertung des Vorausgegangenen impliziert, da alles Vorausgegangene die Folge gesellschaftlicher Entwicklungen war:
    - nüchterne, moderne Bescheidenheit der 50 und 60er, Betonutopie der 70er, Architekturzitate der 80er als Reaktion auf die 70er...
    Die Entwicklungen und historischen Einflüsse bilden dabei ein komplexes Netzwerk, welches komplett ehrlich historisch ist.
    Eine Reko von Vorkriegsbauten würde alles das über den Haufen werfen. Als hätten diese Entwicklungen nie Stattgefunden oder wäre ein kompletter Fehltritt gewesen. Da sich die moderne Architektur ja auch in der BRD entwickelt hat, liegt dann auch gleich das "Undemokratisch-Argument" nahe, wenn man Architektur im Netzwerk historischer Entwicklungen bewertet, wobei ich das hier jetzt nicht noch breit kaue.
    Die Reko steht jedenfalls auf dem Standpunkt, dass sich die zeitgenössische Architektur so entwickelt hat, dass sie zumindest für diesen Ort nicht angemessen ist. (Was ironischer Weise impliziert, dass dieser Ort für unsere Zeit wohl nicht angemessen ist?)


    Wie dem auch sei, ich will hier nicht die Reko bewerten. Ich kann dass Disneyland-Argument irgendwie schlucken und auf dem Standpunkt stehen, dass die Altstadt eben ein Kunstobjekt und keine lebendige, vollwertige Stadt ist und finde das auch nicht schlecht.
    Fußgängerzonen sind ja schließlich genauso ein Kunstprodukt - schließen sie doch das Auto, als prägnantestes Element unserer Zeit, einfach aus.


    Jedoch kann man das "Disneyland-Argument" auch nicht ganz vom Tisch wischen. Und gerade bei einem historischen Museum (hab ich ja schon mal gesagt) spielt doch irgendwo eine gnadenlose Geschichtsehrlichkeit eine wichtige Rolle?!
    Persönlich bin ich da ziemlich unentschieden, kann also irgendwo beide Seiten verstehen, argumentiere aber eher für die Moderne, da sie hier etwas unterrepräsentiert ist.

  • Da hast du aber tief in die ideologische Phrasenkiste gegriffen.
    Die Moderne unterrepräsentiert in Frankfurt / in der Altstadt/ am Römer??? Sorry, dann warst du aber schon mindestens 60 Jahre nicht mehr in Frankfurt... :nono:
    Gibt wohl kaum eine andere Stadt wo auch das historische Zentrum so gnadenlos zugestellt ist mit (zu 90% minderwertigen) Nachkriegsbauten wie Frankfurt, sogar Hannover hat noch mehr Altstadt als Frankfurt.


    Allgemein kann ich deinem Beitrag diesmal (ausnahmsweise) nicht im Geringsten zustimmen.
    Diesen Disneyland-Quatsch und "Geschichtsehrlichkeit" kann ich einfach nicht mehr hören, durch ständig wieder auftauen wird der Mist auch nicht wahrer, und ich hab echt keinen Bock nochmal darüber zu diskutieren.
    "Stadtreparatur" wurde anfangs übrigens nicht von Reko-Anhängern sondern von Architekten und Politikern geprägt, und damit haben sie sogar recht. Denn positiv ist das zerrütete Erscheinungsbild dieser Kraterlandschaft am Technischen Rathaus oder eben des Historischen Museums nicht im Geringsten. Da braucht man schon einen sehr abstrakten Sinn für Ästhetik wie ihn wahrscheinlich höchstens 2% der Weltbevölkerung haben. Die Entwicklung dort nach dem Krieg als Fehlentwicklung zu titulieren ist mehr als angebracht.
    Und die Rekonstruktion von ein paar Gebäuden würde gar nichts "über den Haufen werfen". Selbst in 100 Jahren noch wird die Stadt voll sein von Kriegswunden und abertausenden mehr oder weniger gelungenen Gebäuden der Zeit von 1945 - 2000. Oder was willst du? Soll an jedem einzelnen Gebäude oder Häuserzeile der komplette Verlauf der Geschichte von 1945 bis heute ablesbar sein? OMG...
    Und wo bitte spiegelt denn "moderne Architektur" gesellschaftliche Entwicklungen wieder? Die Architektur hat sich doch immer mehr vom Volk also der Gesellschaft entfernt, das Technische Rathaus stand vor seiner Erbauung schon massiv in der Kritik, wurde aber von besserwissenden Politikern und Architekten gegen den Willen des Volkes durchgedrückt, und selten steckte die zeitgenössische Architektur in einer ähnlichen Krise wie heutzutage. Hier vorzuwerfen Rekos würden gesellschaftliche Entwicklungen ausblenden und dann der Ansicht sein "modern" zu Bauen hingegen würde diese widerspiegeln ist schon ziemlich paradox.


    Die Altstadt wird auch nie eine vollwertige Stadt sein, soll sie auch gar nicht, zumal sie eh nur ein Teil einer Stadt ist und gerade das TR-Areal noch nichtmal Fußballfeldgröße erreicht. Obs ein Touristenghetto wird oder nicht hängt auch so gut wie gar nicht von der Architektur sondern von der Nutzung ab, und das gegenwärtige Konzept fürs TR-Areal lässt da durchaus Grund zur Hoffnung dass es eben kein Touri-Ghetto wird.


    Man sollte vielleicht auch mal Klarheit schaffen bei der Begriffsverwendung "zeitgenössische / moderne Architektur". "Die Moderne" gibts ja sowieso nicht so konkret, da gibts grauslige Sachen wie den Betonbrutalismus der 70er, dann die alten 20er Jahre-Sachen genannt Bauhaus oder "klassische Moderne" (sicher ein essentieller Teil der deutschen Städte aber nun auch nicht so umwerfend dass man am Riedberg gerade diesen Baustil in einigen Gebieten vorschreiben müsste) und auch viele spannende Sachen wie Dekonstruktivismus und die Verwendung von organischen Formen, Postmoderne die durchaus Potential hatte (das mit Abstand hochwertigste Nachkriegs-Gebäude an der Hauptwache auch nach Allianz-Umbau ist dieser postmoderne Bau am Eingang zum Steinweg) aber definitiv auch mehr oder weniger traditionelles Bauen. Kommt halt immer drauf an welche konkrete Spielart an welcher Stelle der Stadt zur Anwendung kommt.

  • Außerdem besagt ja mik damit indirekt, daß man, wenn schon, alte Gebäude abreißen darf, aber die Nachkriegsmoderne besonders erhaltenswert sei, da sie ja am Ende einer langen Entwicklung stehe. Das heißt, für noch neuere Gebäude darf man nur überholte alte Gebäude abreißen, keine der Moderne, weil diese zumindest nicht geschichtgsverklärend ist. Wenn das mal nicht ideologisch ist.

  • Gerade die Rekonstruktion wirkt dabei in besonderem Maße geschichtsverklärend, da sie einerseits den zweiten Weltkrieg, andererseits auch die gesellschaftlichen Entwicklungen der Nachkriegsjahrzehnte ausblendet.


    War der Wiederaufbau nicht genauso geschichtsverklärend und -leugnend? Der Frankfurter Wiederaufbau setzte sich über die tradierten Parzellen- und Straßengrenzen hinweg, sprengte die historische Maßstäblichkeit und ignorierte die traditionellen Bauformen der Altstadt (z.B. Technisches Rathaus). Die Wiederbebauung vieler Teile der Frankfurter Altstadt geschah doch genau vor dem gleichen geistigem Hintergrund wie die heutigen Rekonstruktionsbestrebungen, nämlich der Negativbewertung der bisherigen (bau-)geschichtlichen Entwicklung.


    Damals gefielen die kleinen, engen Fachwerkhäuser nicht, entsprachen nicht den Anforderungen der Moderne und erinnerten an eine Vergangenheit, die man nur zu gern verdrängen wollte. Heute dagegen werden die Nachkriegsgebäude und ihr Umfeld dem Wunsch nach historischen Identifikationspunkten und einladenden öffentlichen Räumen nicht gerecht, den viele Menschen verspüren.

  • Ich meinte mit "Moderne unterrepräsentiert" die aktuellen Meinungen hier im Forum. Sry, da war ich missverständlich.
    Ich musste einfach mal das Disneylandargument etwas erläutern, da eben jegliches kritische Argument zur Reko hier als "Mist" einfach abgetan wird.
    Macht man es sich sehr einfach, aus heutiger Sicht einfach alles was einem aus den letzten 50 Jahren nicht gefällt als Fehler zu bezeichnen? Dass die heutige Altstadt nicht harmonisch oder schön ist, sieht wohl jeder so. Dass sind nicht mal 2%, die das schön finden.


    Jedoch gibt es Gründe, dass es heute so ist. Und selbst wenn die moderne Architektur von der Masse der Gesellschaft entfremdet ist, so ist dies doch auch wieder historisches Spiegelbild. Praktisch kann man doch an allen Nachkriegsbauten am Römer sehr schön den jeweiligen Zeitgeist ablesen... Aber darum geht es nicht. Ein 20. Jhd. Architektur-Museumsdorf muss sich nicht am Römer befinden. :D Ich will also nicht das überall irgendein Verlauf ablesbar ist. Ich versuche nur mal alle Seiten des Themas zu beleuchten.


    Mein Argument bezog sich sowieso auf die direkte zeitgenössische Architektur als Weiterentwicklung der Moderne. Ein "moderner" Entwurf würde für eine Kontinuität stehen, während eine Reko eher einen Bruch in der bisherigen Entwicklung darstellt. Die Idee, die ich angedacht habe, war, dass in einem modernen Gebäude, als kontinuierliche Weiterentwicklung aller vorangegangene Bauepochen deren "Genius" mit enthalten wäre, während die Reko viele, viele Jahre Entwicklung einfach ausklammert.
    (Persönlich finde ich, dass man diesen Unterschied schon sehr anschaulich im Vergleich zwischen Schirn und Ostzeile erfahren kann.)
    Wobei das jetzt nicht mal wertend gemeint ist, schließlich halte ich die Schirn für schlimmer als das TR !


    Noch mal zum Disneyland: Wenn ich also einen Bruch in der Kontinuität habe, also vielleicht 300 oder mehr Jahre Architekturgeschichte weitestgehend ausklammere, dann schaffe ich dort doch ein verklärtes Idealbild. Das ist etwas anderes, als wenn ich diese 300 Jahre berücksichtige und einen ähnlichen, aber modernen, gemütlichen Touri-Ghetto Idealbild-Ort schaffe?!


    Ich finde an dieser Argumentation ist was dran. Allerdings zu wenig um gegen die immensen Vorteile einer Altstadt-Reko auf dem TR Areal bestehen zu können.
    Jedoch genug um ein paar Überlegungen bei einem Kulturbau wert zu sein. Mehr will ich dazu gar nicht sagen.


    @ damar:
    Nö, Geschichtsverleugnend ist was anderes. Die 50er und 60er haben die Geschichte aktiv mit alle ihren Konsequenzen gelebt. Nichts bleibt für die Ewigkeit und ich wollte auch nicht die 70er unter Generaldenkmalschutz stellen.


  • Noch mal zum Disneyland: Wenn ich also einen Bruch in der Kontinuität habe, also vielleicht 300 oder mehr Jahre Architekturgeschichte weitestgehend ausklammere, dann schaffe ich dort doch ein verklärtes Idealbild. Das ist etwas anderes, als wenn ich diese 300 Jahre berücksichtige und einen ähnlichen, aber modernen, gemütlichen Touri-Ghetto Idealbild-Ort schaffe?!


    Ich finde an dieser Argumentation ist was dran. Allerdings zu wenig um gegen die immensen Vorteile einer Altstadt-Reko auf dem TR Areal bestehen zu können.
    Jedoch genug um ein paar Überlegungen bei einem Kulturbau wert zu sein. Mehr will ich dazu gar nicht sagen.


    Kann ich nachvollziehen bzw. sehe ich sehr ähnlich. :) Die Krux ist doch aber, dass die Architekten nicht in der Lage sind einen Ort zu schaffen, der die Historie berücksichtigt, dabei so attraktiv ist, wie man es sich von einer Altstadt wünscht und auch noch "modern". Diese Aufgabe ist (in einem Gebäue) nicht zu bewältigen. Deswegen Rekonstruktionen in der Altstadt und qualitätvolle moderne Architektur statt Gelsenkirchner Barock in den Neubaugebieten.

  • Zuallererst war es doch die Moderne die damals (erst architektonisch das Bauhaus in den 20ern und dann ganz krass der Wiederaufbau in den 50ern in Städten wie eben auch Frankfurt) mit sämtlicher Geschichte gebrochen hat. Hier endlich mal zurückzusteuern ist nur legitim und sogar auch wünschenswert, sei es durch traditionelleres Bauen oder eben auch durch Rekos. Hängt in der konkreten Ausprägung dann halt immer auch von Ort und Nutzung ab. Das UEC mit Putten und Satteldach statt dieser ausgedehnten Grünfläche beispielsweise käme für mich einem Supergau gleich, dort will ich gar nichts Historisierendes. Auch in der City West oder an der Hanauer brauch ich nicht unbedingt traditionelle Bauformen (was aber nicht heißt, dass ich dort einfallslose 70er-Jahre-style Fassaden gutheißen kann ;) ), andersrum aber haben Flachdächer und dekonstruktivistische oder die eher kleinteilige Parzellenstruktur der Umgebung sprengende Egoismen zumindest an den wenigen Stellen wo die Stadt noch historische Bausubstanz vorweisen kann (also südlich der Berliner Straße oder in den Gründerzeitvierteln) in der Regel nicht das Geringste verloren.


    Ich brauch übrigens überhaupt keine Touri-Ghettos, weder "zeitgenössisch" noch historisierend. Sondern zuallererst soll für die aktuellen (und auch zukünftigen) Frankfurter gebaut werden, und da gehört eine (möglichst funktionierende) Altstadt einfach auch dazu, erst recht bei der historischen Bedeutung Frankfurts. Dass gerade solche Orte die Leute dann auch stolz ihren Gästen zeigen bzw von selbst zur Touristen-Attraktion werden oder auch helfen den eher angeschlagenen Ruf einer Stadt aufzupolieren (davon kann ja gerade Frankfurt auch ein Lied singen, gerade innerhalb Deutschlands ist die Stadt ja immer noch als kalt und hässlich verschrien, was sich natürlich auch nicht gerade in Tourismus- und noch wichtiger Zuzugsattraktivität auswirkt), kann das ja nur von Vorteil sein.

  • Also ehrlich gesagt verstehe ich nicht, warum man diese Diskussion immer unter ideologischen Prämissen führen muss.


    Als damals der Berliner Reichstag gebaut wurde, verlangten gerade die Sozialdemokraten ein möglichst prachtvolles Gebäude, das den Vergleich mit den Schlössern der alten Herrscher nicht scheuen brauchte. Man empfand das als Ausdruck des Selbstbewusstseins der Demokraten gegen den Machtanspruch der Monarchie. Heute wird anders argumentiert: ein demokratischer Bau muss transparent und aus Glas sein, bloß nicht zu repräsentativ.


    Natürlich kann man argumentieren, dass wir in einer Konsum- und Wegwerfgesellschaft leben und dann halt auch eine Wegwerf-Architektur akzeptieren müssen, gewissermaßen als Spiegelbild unserer Gesellschaft. Ich empfinde so eine Argumentation als zynisch.


    Außerdem sollte man Disneland nicht zuviel der Ehre angedeihen lassen. Walt Disney war nun kein Philosoph und verkauft auch keinen visioniären Gesellschaftsentwurf. Disneyland ist und bleibt ein Vergnügungspark, mehr nicht.


    Warum kann man die Gestaltung der Altstadt nicht auch mal ästhetisch diskutieren. In der heutigen Ausgabe der FAS wird Herbert von Karajan zitiert:


    "Die Menschheit hungert nach Schönheit und Liebe"


    Er hat die meisten Platten verkauft, wird aber vom Establishment bis heute oft kritisiert, angegeriffen und herabgwürdigt.


    Ich meine, in der heutigen Architektur Szene ähnliche Konfliktlinien erkennen zu können ........

  • Grafiken von heute, zu sehen in der BILD-Frankfurt, bezgl. Neubau Historisches Museum, unterlegt mit einer Telefonaktion, wo man für seinen Favoriten abstimmen kann.
    Die Historische Variante (links die Nikolaikirche):