Nationalsozialistische Architektur


  • Für mich ist das, wie bereits geschrieben, schon durch die städtebauliche Wirkung der bekannten Nazibauten widerlegt. Und natürlich durch den sozialistischen Städtebau.


    Die städtebauliche Wirkung lässt sich doch nur anhand der Vorbebauung beurteilen und hier kann ich bei Bauten wie Münze, Luftfahrtministerium, Reichsbank (um nur einige aus dem Berliner Stadtgebiet zu nennen) keine überragende Traditionspflege erkennen. Im Gegenteil - dafür wurden über Jahrhunderte gewachsene Strukturen der Berliner Altstadt vernichtet. Zumal die genannten Bauwerke bekanntermaßen nur ein kleiner Vorgeschmack dessen war, was nach dem Krieg kommen sollte. Da
    Dass uns das Ganze heute wertiger und ästhetischer als die Mehrzahl der Nachkriegskisten erscheint, liegt einfach auch an deren Funktion und Anspruch. Nazibauten waren in erster Linie repräsentativ und viel weniger funktionell.

  • Ich orientiere mich eher an der Staatsideologie, an der Abwertung der vergangenen Gesellschaftsformationen. Das gab es so bei den Nazis nicht. Die haben sich ja positiv auf's erste und zweite Reich bezogen.


    Du orientierst dich also eher an der Staatsideologie der Nazis?! Was war die Staatsideologie im 3. Reich? Vernichtung unwerten lebens, Vernichtung anderdenkender Menschen, Vernichtung Homosexueller etc. Wie kannst du diese Staatsideologie enrsthaft verteidigen, und als besser darstellen, als die Ideologien der Kommunisten? Ist für dich das Halten an traditionellen Bauweisen wichtiger? Auch wenn du jetzt wieder schreibst, ich sei ein linker Gutmensch, meine Empörung hat NICHTS mit einer Linksorientierung zu tun. Auch wenn es dir nicht passt: Ich bin weder links noch ein Anhänger der Kommunisten! Bitte erspare uns eine Anwort, da du ja sowieso nur wieder über irgendwelche linken Gutmenschen philosophieren wirst und versuchst, das 3. Reich schön zu reden! Denn mit diesen Aussagen TUST du genau das! Auch wenn es von dir (hoffentlich) nicht so gemeint ist.


    Der Stalinismus war halt nur eine Mode.


    Solche Aussagen widern mich an! Sorry!
    Millionen Menschen wurden unter Stalin ermordet! Millionen Menschen wurden verfolgt, inhaftiert, gefoltert, getötet! Die Menschenrechte wurden mit Füßen getreten, die Würde von andersdenkenden Menschen missachtet! Und du redest von einer Mode???? Schäme dich!

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  • Guten Tag, DAF

    Guten Tag, wertes Forum. Ich bin ein Architekturstudent aus Charlottenburg und Spandau im schönen Westberlin. Normalerweise lese ich hier nur sehr interessiert mit, aber zu einigen Themen, die ich hier gestern und heute durchgeschmökert habe, muss ich doch etwas sagen. In jedem Fall freue ich mich, an Bord zu sein.


    Zum Thema Nationalsozialismus und Architektur:


    Die hier geäußerten persönlichen und fachlichen Meinungen finde ich auf jeder Ebene etwas befremdlich, zumal es eigentlich garnicht um Architektur geht. Stattdessen werden die Verbrechen verschiedener Vertreter (!) politischer Ideologien mit dem Wesen dieser Ideologien und dann, im noch falscheren Rückschluss, mit dem Wesen der zur jeweiligen Zeit auftretenden Architektur gemein gemacht.
    Kurz und bündig: Ja, die Nazis waren Verbrecher und Mörder. Die Kommunisten auch. Gut. Beide hielten sich außerdem für große Ideologen. Die Kommunisten waren das sicher. Die Nazis... waren sehr begeisterungsfähig. Lasst es mich vorsichtig formulieren. Der Nationalsozialismus ist das große Schreckgespenst aller Deutschen und hat die absolute Katastrophe Deutschlands durchgeführt. Aber die Nazis als ideologische Strömung waren nicht annähernd so ideologisch konsistent oder im Schaffen konsequent, wie sie es dargestellt haben. Das sollte einem eigentlich schon der Name National-Sozialismus sagen. Wenn man diese beiden Ideologien sich überschneiden lässt, bleiben als Gemeinsamkeit Materialismus und Machtfreude in überbordender Gewalttätigkeit und trotz aller bedeutungsschwangeren Inszenierungen ist die gesamte Naziideologie auch nicht mehr als das.
    Verabschieden wir uns also bitte von dem Mythos einer eigenständigen Kultur des Ganzen. Für die Kommunisten gilt im Übrigen das gleiche. Der Marxismus ist eine wissenschaftliche Analyse des kapitalistischen Systems. Und folgerichtig spielen Marxisten und alle, die sich von ihnen ableiten das gleiche Spiel wie Nationalisten, Liberale oder eben auch Nazis... nur eben besser. So jedenfalls ihre Hoffnung.


    Es gibt also, imho, keine inherenten Unterschiede im Menschenbild zwischen den großen Ideologien. Und deshalb gibt es auch keine fundamentalen Unterschiede in der Architektur, die sich auf die Ideologien zuordnen ließen. Ein kleiner Abriss:
    In der späten Kaiserzeit war quasi ganz Europa und Nordamerika von lokalen Spielarten Beaux-Arts-mäßiger Architektur geprägt, die eine gesellschaftliche Kontinuität suggerierte, als eine wirtschaftliche Revolution in Wirklichkeit bereits das ganze Leben verändert hatte. Gegen die Kombination aus pompöser, gefühlt unzeitgemäßer Darstellung und elenden sozialen Zuständen richtete sich eine Empörung, die in der Architektur ihren Niederschlag in grundsätzlich zwei entgegengesetzten Polen fand:


    1. Der Abkehr von der modernen industriellen Gesellschaft und 2. Die Integration aller Tätigkeit in die Anforderungen der Wirtschaftsmaschine.


    Die Beispiele des ersten kennt jeder, dazu gehören formale Experimente wie Jugendstil, Arts-and-Crafts usw, aber auch Gartenstadtbewegung und andere mehr. Für den zweiten Pol stehen die Grundgedanken der aufkommenden Moderne, deren erste Sprösslinge vorallem verkehrsfokussierte Städtebauüberlegungen wie der Gedanke der Bandstadt sind. Dazu kommen später erste formalistische und technologische Experimente, die auf die kommende Klassische Moderne verweisen. ABER, und das ist wirklich wichtig, keine dieser Gegenbewegungen ist ansich politisch gewesen, im Sinne der ideologischen Teilungen des 20. Jahrhunderts. Sie alle stellten eine Ablehnung der Dekadenz der Herrschenden und der Verelendung der Arbeiter dar und wollten vorallem die generelle Entfremdung des Menschen von seiner Arbeit und der Menschen voneinander beheben. Entweder eben durch Rückbesinnung oder Verändern des Menschen.


    Dementsprechend konnte sich lange keine Strömung, ob liberal, marxistisch, faschistisch, zu einem einheitlichen baulichen Ausdruck durchringen. Nach der Oktoberrevolution gelangten viele Modernisten und Avantgardisten an Möglichkeiten baulichen Ausdrucks, weil sich das Zarenreich so streng klassisch (im weiteren Sinne) gezeigt hatte. Dasselbe in den folgenden Jahren in Italien und Spanien. Auch in Deutschland kam das so, aber da die Nazis wiederum eine Konterrevolution darstellen wollten, entlehnten sie in Staatsbauten klassizistische Architektur. Das eben nicht wegen ideologischer Nähe zum eigentlichen Klassizismus, sondern weil die Republik die Moderne versucht hatte. Gleichzeitig waren die Nazis als Halbfaschisten, und das heißt nach Mussolini Korporationisten, gegenüber der industriemäßigen Rationalisierung aller Lebensbereiche gegenüber sehr offen. So findet man die ersten ernsten Entwürfe für den Bau der autogerechten Stadt in den Schubladen des Stabs Speer. In der Sowjetunion liefen einige Jahre vielversprechende und international rezipierte moderne Experimente, die dann von Stalin abgewürgt wurden, weil er, so wie Hitler, ein romantisches Herz für klassische Formen hatte. In den USA war man insgesamt offen, und experimentierte ohne Revolution. In Frankreich wurden Abwandlungen des Beaux-Arts-Stil widerum als nationale Strömung betrachtet und vor dem Hintergrund sehr konservativen Nationalismus' weit in die 50er Jahre rezipiert.


    So entsteht des scheinbar widersprüchliche Bild, dass der Faschismus teilweise hochmodern baute, die Sowjets erst avantgardistisch und dann plötzlich in einer Variante des Eklektizismus, während in Deutschland die Heimattümeler alle Arten vernakulärer Spitz- und Walmdächer bauten, Blut- und Bodenideologen ironischerweise klassizistisch und aus beiden Lagern Architekten insgeheim schon modernistisch planten. Dazu kommt, dass jede dieser Architekturströmungen international war und eben auch ein unpolitisches Modegeschehen darstellte. Viele der besonders "nazihaften" Gebäude, ich denke da ans Messegebäude und das Olympiastadium sind Planungen der Weimarer Republik und zum Beispiel die Bebauung des Trocadéro in Paris sieht auf den ersten Blick ideologisch höchst verdächtig aus.
    Nach dem Krieg wurde der Klassizismus zur autoritären Architektur umgedeutet und durch so gut wie alle Mitarbeiter Speers mit demokratischer Architektur ersetzt. Vermutlich hatten sie alle spontan ihre Fehler eingesehen...
    In der DDR begann man mit dem Versuch eine Architektur der nationalen Identität mit den Grundwerten des Sozialismus zu schaffen (einige sehr interessante Beispiele, des Frankfurter Tor ist nur eins) bis auf einmal Stalin starb und mit Chrustschow der Rationalisierungsgedanke unter anderem zu einer Umstellung auf (eben noch als formalistisch und kapitalistisch abgewertete) moderne Architektur führte. Der International Style und alle modernen Spielarten setzten sich in der Folge des zweiten Weltkriegs in allen westlichen Ländern durch und wurde von angeblichen geläuterten Nazis, entstalinisierten Kommunisten, grenzwertig faschistoiden Amerikanern und einfach nur gewinnorientierten Unternehmern gleichermaßen flexibel gehandhabt.


    Quod erat demonstrandum, wer am Stil den Geist erkennt, geht besser mal ins Studium. Beim letzten Mal hat er gepennt.


    Das heißt natürlich nicht, dass die Nazis nicht ganz besonders geschmacklos in der Ausführung waren, und die avisierten Größen sagen sicherlich einiges aus. Aber es gibt genauso solche Klopper auch in demokratischen Ländern und auch im Großdeutschen Reich dachten viele nur im Umfang von Dörfern. Deshalb lasst uns die Reichskanzlei unter künstlerischen Gesichtspunkten betrachten und -vermutlich- zu dem Schluss kommen, dass wir sie nie sehr vermisst haben.


    Mit lieben Grüßen,
    Milan, der jetzt hofft, dass er nicht gleich zu dick aufgetragen hat. Aber es schrieb sich glatt von alleine

    Einmal editiert, zuletzt von Milan ()

  • ^
    Die meisten architektonischen Strömungen treten mit leichtem Zeitversatz in allen Ländern auf. Auf Grund der ereignisreichen Jahre des letzten Jahrhunderts je nach Regierungsform und Ideologie mal stärker ausgeprägt, mal weniger, mal längere Zeit, mal kürzere. Das steht, denke ich, außer Frage.


    Bezüglich der klaren Unterteilung Architektur vs. politische Ideologie:


    Die hier geäußerten persönlichen und fachlichen Meinungen finde ich auf jeder Ebene etwas befremdlich, zumal es eigentlich garnicht um Architektur geht. Stattdessen werden die Verbrechen verschiedener Vertreter (!) politischer Ideologien mit dem Wesen dieser Ideologien und dann, im noch falscheren Rückschluss, mit dem Wesen der zur jeweiligen Zeit auftretenden Architektur gemein gemacht.


    Die These ist in meinen Augen viel zu kurz gegriffen. Eine rein architektonische Betrachtung reicht eben nicht aus, sowie das

    Hitler ein romantisches Herz für klassische Formen hatte

    die dahinter stehende ideologische Idee vollkommen außer acht lässt. (btw. was denn nun eigentlich, Romantik oder Klassik?)


    Das ideale Menschenbild Hitlers Nationalsozialismus ist kleinbürgerlich, ja bäuerlich (Exkurs: vgl. auch das angestrebte Wehrbauerntum im Bereich der Sowjetunion nach dem Endsieg). Der zunehmenden Verstädterung mit großen Wohnsiedlungen stand Hitler immer ablehnend gegenüber, schließlich waren die Mietskasernen die Brutstätte des Kommunismus. Aus rein ideologischen Gründen sollte daher die frisch errichtete Papageien-Siedlung (Onkel Toms Hütte) sogar abgerissen werden, was letzendlich auf Grund der Wohnungsknappheit nicht geschah. Das moderne Ensemble mit Flachdächern ("arabisch", "palästinensisch", "geringwertig südländisch") wurde durch die sehr dörfliche, der nationalsozialistischen Ideologie konforme, heutige Waldsiedlung Krumme Lanke (früher SS Kameradschaftssiedlung) ergänzt. Natürlich mit Spitzdach ("höherwertig nordisch-heimatlich", siehe "Zehlendorfer Dächerstreit"). Auch etliche Straßennahmen der Siedlung sind klar ideolgisch geprägt gewesen : "Ahnenzeile", "Treuepfad", sowie der noch heute erhaltene Name "Im Kinderland".


    Zudem kommt auch noch ein kriegswirtschaftlicher Aspekt hinzu. Beispielsweise ist das Hitlerjugend-Heim im Volkspark Rehberge als Fachwerkbau mit Ziegelgedecktem Walmdach errichtet worden. Das heimatlich wirkende, landschaftsgebundene Gebäude wurde 1937 als Musterbau für HJ-Heime konzipiert. Bewusst wurde das Gebäude als Fachwerkbau errichtet, da Stahl und Eisen für kriegswichtige Zwecke gespart werden sollten.


    Wie kann man da schon bei recht zweckmäßigen Wohn- und Sozialbauten nur architektonisch argumentieren und den politischen, ideologischen Aspekt außer Acht lassen?! Die repräsentativen Gebäude kommen ja erst noch:




    [..] aus beiden Lagern Architekten insgeheim schon modernistisch planten



    So entsteht des scheinbar widersprüchliche Bild, dass der Faschismus teilweise hochmodern baute. [..] Viele der besonders "nazihaften" Gebäude, ich denke da ans Messegebäude und das Olympiastadium sind Planungen der Weimarer Republik


    Zur Weimarer Zeit wurde ja bereits modern gebaut. Das moderne Bauen hatte jedoch mit Anbruch der nationalsozialistischen Herrschaft ein Ende gefunden. Angefangene Bauten wurden noch fertiggstellt bzw. auch teilweise der neuen Ideologie angepasst. Offizielle hochmoderne Bauten aus der Zeit des Faschismus kenne ich nicht. Wenn mit hochmodern die Bauweise gemeint ist, dann gibt es natürlich hochmoderne Bauten. (Die Wehrmacht zog ja auch mit hochmodernen Waffen in der Krieg, und nicht romantisch mit Schwert und Morgenstern.) Die das Vorfeld vom Flughafen Tempelhof überspannende Tragkonstruktion aus Stahl ist an sich äußerst filigran. Der Ideologie entsprechend wird das Gebäude aber mit einer massiven Fassade verkleidet und durch die zahlreichen monumentalen Treppenhaustürme ergänzt. Bauweise modern, gewünschter zu erzielender Eindruck: monumental.


    Ebenso wurde die moderne Betonbauweise des Olympiastadions versteckt. Da die Entwürfe in Hitlers Augen natürlich nicht monumental genug waren, wurde das Stadion als Kompromiss zumindest mit Steinplatten verkleidet. Die ursprüngliche moderne Gestalltung kommt beim Reichssportfeld trotzdem noch zum Tragen, ebenso wie beim Messegelände. Beide Gebäudeensemble sehe ich eher als sachlich, zurückhaltend an, denn als >>besonders "nazihaft"<<. Wie schon richtig beschrieben sind beide Gebäude Planungen der Weimaren Zeit, in denen der nationalsozialistische Geist auch niemals voll zum Tragen kommen kann. Dieser offenbart sich vollends in den Planungen für das "Deutsche Stadion", der "Kongresshalle" oder dem "Marsfeld" in Nürnberg. Dort sind die dem nationalsozialistischen Selbstverständniss entsprechenden Dimensionen und Architekturen zu finden.


    Fertiggestellt von den "finalen nationalsozialistischen repräsentativen Bauten" (Reichsparteitaggelände in Nürnberg, Welthauptstadt Germania in Berlin) wurde im Grunde keines. Lediglich das "Haus des Fremdenverkehres" als Verwaltungsbau am "Runden Platz" in der "Germania"-Planung. Alle anderen Gebäude waren Verwaltungsgebäude, die aber nicht die Relevanz in der Selbstpräsentation des NS einnehmen sollten. Zum Teil noch aus der Weimaren Zeit geerbt, oder noch starke Einflüsse aus dieser. Dort dann von NS-Architektur zu sprechen finde ich schwierig, da die Bauten im Grunde nur eine Übergangszeit bis hin zu Germania darstellen.


    Das relevanteste Übergangsgebäude war sicher die Neue Reichskanzlei, da diese schon den Weg zeigt, wohin die Reise gehen sollte. Endlose Flure, große Säale, Skulpturen gestählter Körper, kriegerischer Heldentaten, treue Aufopferung für das Volk. Dazu Fackelschein, schwarz uniformierte Ehrenwachen der SS, Hitlers Prätorianer Garde. Soldatische Abbilder der überlegenen deutschen Rasse, Einstimmung auf die zu bringenden Opfer im Krieg. Die Demonstration von Macht, Stärke, Überlegenheit. Gegenüber Untergebenen und ausländischen Repräsentanten.


    Deshalb lasst uns die Reichskanzlei unter künstlerischen Gesichtspunkten betrachten

    Die Architektur der RK kann nicht unabhängig von der Funktion betrachtet werden, da eben die Funktion der Repräsentation und Einschüchterung solche Architektur erfordert. Genauso albern wäre es, von der rotationssymmetrischen Ästhetik des Hakenkreuzes als Symbol zu sprechen und dabei dessen Bedeutung im NS auszublenden.




    Das heißt natürlich nicht, dass die Nazis nicht ganz besonders geschmacklos in der Ausführung waren, und die avisierten Größen sagen sicherlich einiges aus. Aber es gibt genauso solche Klopper auch in demokratischen Ländern


    Das geplante Deutsche Stadion in Nürnberg wäre so ein >>Klopper<<. Schon der Blick auf die geplante Kapazität von über 400.000 Zuschauern zeigt die Dimension auf. (Höhe > 80m, Fläche ca. 550m x 450m). Ausführung der Fassade selbstredend aus Marmor, klassische, antike Formen. Und wofür das ganze, für Olympische Spiele? Nein, natürlich nicht. Der deutsche Herrenmensch duelliert sich sportlich nicht mehr mit minderwertigen anderen Rassen, weswegen es eigene Deutsche Spiele im Deutschen Stadion geben wird. Wie die olympische Spiele, nur größer, nur für Herrenmenschen. Das Stadion genau solch ein "Klopper wie in demokratischen Ländern". Jaaaa, wohl kaum. Nur der Rassentheoretische Hintergrund und die NS-Weltreichspläne ermöglichen Überhaupt solche Architektur. Und das Gebäude ist nur ein Beispiel dafür.


    Aber die ganzen geplante Gebäude dienen einem Zweck, wie ihn die Neue RK im kleinen schon erfüllt: Machtdemonstration, Überlegenheit der arischen Rasse. Vorbild Hitlers waren die Kirchen und Dome des Mittelalters. Der ungebildete Bauer vom Lande kommt zum ersten Mal in die Stadt und blickt zu den Türmen der Kirchen empor. Bisher kannte er ein- bis zweistöckige Holzhäuser, Scheunen, Ställe. Doch nun sieht er steinerne Türme, die bis in den Himmel ragen, betritt den Dom, sieht das farbige Licht durch die Glasfenster fallen und erkennt, diese Religion ist die seine, die im Stande ist, solche Werke zu erschaffen, in der muss Gottes Gnade allgegenwärtig sein. Und nun kommt der Deutsche Bauer vom Lande in die Welthauptstadt Germania, angereist mit der 3m-Spur Eisenbahn, ensteigt am Südbahnhof dem Zug, tritt auf den Vorplatz mit hunderten erbeuteten Geschützen des Weltkrieges, durchschreitet den Gigantischen Triumpfbogen mit den eingemeißelten Namen aller gefallenen deutschen Soldaten, und pilgert die 100 Meter breite Nord-Süd-Achse entlang gen Großer Halle. Aus der Weite leuchtet im Glanz der Sonne auf der Kuppel der goldene Reichsadler, in dessen Fängen die Weltkugel ruht. Und dann betritt er durch gigantischen Säulen diese 300 Meter hohen Halle (HALLE, nicht Turm!!!), in der sich 150.000 Menschen versammeln können. Dann weis er, zu welchem Volk er gehört, welches Volk das Seine ist, dass in der Lage ist solche gigantischen Bauwerke für die Ewigkeit zu errichten. Ein Volk, welches jeder anderen Rasse überlegen ist.
    Und der minderwertige Arbeitssklave der nach Germania geführt wird weis, wer sein Herr, sein Gott, sein Führer ist.


    Mag zwar das Reich Tausend Jahre überdauern, irgendwann wird es untergehen. Das war selbst Hitler klar. Und darum sind für die Monumentalbauten Sollbruchstellen geplant gewesen, sodass diese beim Zusammenbruch eine epische Ruinenlandschaft ergeben. Und in tausenden von Jahren werden die nachfolgenden Zivilisationen darauf schauen und erfürchtig innehalten, wie wir heute von den Pyramiden in Ägypten stehen. Sie werden die deutsche Zivilisation bewundern, deren Begründer Adolf Hitler war.
    Amen



    Quod erat demonstrandum, wer am Stil den Geist erkennt, geht besser mal ins Studium. Beim letzten Mal hat er gepennt.


    Wer studiert und glaubt, damit die Welt erklären zu können, guckt besser mal über den Tellerrand hinaus.




    Um etwaigen Missverständnissen vorzubeugen: Die beabsichtigte Wirkung der Architektur beschreibe ich recht euphorisch, um ihre Funktion im Rahmen der NS-Ideologie zu betonen. Als fiktiver Erzähler vertrete ich zum Teil auch diese Ideologie und verwende deren propagandistische Stilmittel. Diese Textpassagen sind nicht deutlich von der neutraler Beschreibung getrennt.
    Als Autor des Textes möchte ich klarstellen, dass ich die menschernverachtende NS-Ideologie ablehne.

  • Das moderne Ensemble mit Flachdächern ("arabisch", "palästinensisch", "geringwertig südländisch") wurde durch die sehr dörfliche, der nationalsozialistischen Ideologie konforme, heutige Waldsiedlung Krumme Lanke (früher SS Kameradschaftssiedlung) ergänzt. Natürlich mit Spitzdach ("höherwertig nordisch-heimatlich", siehe "Zehlendorfer Dächerstreit").


    Da die Dachneigung oft geradezu zum Glaubensbekenntnis wird, bevor wieder Legenden entstehen - die Bauten des 1936-1941 errichteten Flughafens von Germania wurden mit Flachdächern errichtet, wie man auf dem Foto oben rechts in der Wikipedia sieht. Beispiele der Bauten mit Flachdächern aus dieser Zeit gibt es weit mehr.

  • Der Flughafen wurde unter Einflussnahme der Luftwaffe errichtet. in dieser komplett neu geschaffenen "organisation" war man sehr zukunfts und technikorientiert, auch und gerade was Flughafenbauten anging (sowie Hangars und Betriebseinrichtungen)


    Kunstgeschichtler sprechen daher auch von einer "Luftwaffenmoderne innerhalb des nationalsozialistischen neoklassizissmusses". Kein Witz!


    Nur so als ergänzung..... ;)


    Siedlungsbauten mussten natürlich "völkisch" errichtet werden.....
    (wobei ja die "untermenschen aus dem Osten" auch im tiefsten sibirien in häusern mit satteldach leben....aber gut , die nazis sind nunmal nicht logisch....)

  • ^ OK, dann noch ein Beispiel fernab des Luftwaffenwesens - dieses Wohnhaus in Leverkusen wurde für 'nördisch-arische Übermenschen' mit 'palästinensich-arabischem' Flachdach errichtet, im Stil der völkisch-heimatlichen Moderne natürlich. Das zweite Foto unskaliert, damit man das Jahr 1936 ablesen kann, durch die fünf olympische Kreise zusätzlich bestätigt. Es gibt noch mehr Beispiele, keinesfalls der Luftwaffenbauten.


    Was für Jammerschade übrigens, dass Mussolini nicht auf Anbiederungen LeCorbusiers einging, für die Faschisten was zu bauen - die Legendenbildung wäre dann schwieriger und 99% der Legitimation der heutigen Moderne bliebe uns erspart. In irgend einer TV-Reportage habe ich mal Adolf H. auf der Sofa im Stil der völkischen Moderne gesehen - das Foto wurde als Beleg gezeigt, dass ihm der Stil durchaus zusagte, er hielt nur die Bauhaus-Herren für politisch suspekt. (Was u.U. LeCorbusier hätte mit seinem Einsatz und Begeisterung ändern können.)

    Einmal editiert, zuletzt von Bau-Lcfr ()

  • 1936 waren die Nazis 3 Jahre lang an der Macht und schlicht und ergreifend in einer (architektonischen) Konsolidierungsphase.


    Das heisst, das speziell in den Anfangsjahren errichtete gebäude oftmals noch nicht 100% dem entsprachen, wo man eigentlich hinwollte. Und auch noch nicht allle Architekten komplett auf Linie gebracht waren. Bestes Beispiel: Mies van der Rohe hat noch 1937 versucht, eine naziversion seines berühmten Barcelona Pavilions für die Weltausstellung in Paris einzureichen...ohne Satteldach, dafür mit viel Hakenkreuzen und Fahnenmasten. Irgendwann hat er dann gemerkt, dass das nichts mehr wird und ist endgültig ausgewandert.


    In sofern ist es sinnvoller, die planungen anzusehen, die für Germania, München, Linz , die ganzen siedlungen im Ostraum angestrebt waren, wenn man wissen wollte, wohin die reise gehen sollte.


    In sofern spiegelt die tatsächliche, gebaute nazi architektur auch ein bisschen den selbstfindungsprozess der nazis während sie an der macht waren wieder.


    Mein Kunstgeschichte Prof. formulierte es mal so: "In den Anfangsjahren war noch etwas vernunft zu erkennen, die sich dann aber mehr und mehr verflüchtigete, und der ideologie platz machte".

  • Mies van der Rohe hat noch 1937 versucht, eine naziversion seines berühmten Barcelona Pavilions für die Weltausstellung in Paris einzureichen...ohne Satteldach, dafür mit viel Hakenkreuzen und Fahnenmasten. Irgendwann hat er dann gemerkt, dass das nichts mehr wird und ist endgültig ausgewandert.


    Spätestens damit müsste die Legende von der Moderne, die mit der Nazi-Gestaltung bricht, endgültig vorbei sein. Hätten sich Mies van der Rohe und LeCorbusier nur durchgesetzt so wie sie es ja wollten, wären jetzt Flachdächer verpönt und fast nur Häuser mit Satteldächern und Fachwerk errichtet - so wie es derzeit vorwiegend durch die Legende begründet umgekehrt läuft?

  • irgend was hast du da falsch verstanden....Die Moderne wird ja deshalb gefeiert, weil sie von den Nazis ja so verhasst war, das sie sich eben nicht durchsetzen konnte.


    Architektur ist eben poltik, und nicht einfach nur design/gestaltung.


    Die Nazis haben das meisste gehasst, worfür die architektonsiche moderne stand, speziell den gesellschaftlichen ansatz. Und deshalb wurde sie von den Nazis als Symbol genommen und bekämpft. Und deshalb wird sie heute umgekehrt gefeiert.

  • Ob sie verhasst war, oder warum auch immer sich nicht vollständig durchgesetzt hat, könnte man lange diskutieren - nach vielen Quellen sind einige Elemente in die offizielle Gestaltung durchaus eingeflossen, mit einer Prise Klassizismus dazu. In der Wikipedia ist viel von der "moderaten Moderne für Wohn- und Verwaltungsbauten", "Funktionalismus für Kasernen, Heeresbauten und Industrieverwaltungsbauten", "versachlichten Funktionalismus für Sportbauten und Stadien", "Neuer Sachlichkeit für Technik-, Industrie- und Fabrikbauten" die Rede - sogar viel öfter als vom Klassizismus oder Heimatschutzstil.


    Relevant müsste sein, dass die prominenten Vertreter der Moderne durchaus versucht haben, ebendiese zur offiziellen Gestaltung zu machen. Da scheint der gesellschaftliche Ansatz die Herrschaften rein gar nicht gestört zu haben. Sie jetzt zu feiern ist ungefähr so, als wenn man etwa Ernst Röhm zum Widerständler oder NS-Opfer verklären möchte nur weil er nach einer Phase des aktiven Mitlaufens irgendwann mal unter die Räder gekommen ist.

  • Ein Merkmal des Nationalsozialismusses ist ja, das er sich aus allem, was er so vorfand das herausgenommen hat, was er im Moment am besten verwursten konnte.


    Erst durch diesen Ideenklau ist aus diesem dilettantischen Haufen, der sich nach dem WK1 an münchner biertischen traf jene Monstrosität geworden, die in wir kennen.


    Was sagt es jetzt über die Moderne, wenn bestimmte Nazi Architekten einige Elemente für sich vereinnahmten?


    Irgendwo habe ich mal ein Zitat gelesen..." Mauern tragen keine Schuld"...Menschen tragen Schuld.
    Und ja....es wird einigen vertretern der Moderne, allen voran Le Corbusier immer wieder vorgeworfen, totalitäre Ansätze zu verfolgen.


    Aber es geht ja um den Kern einer Bewegung---nicht um einzelne Randgestalten oder Sonderfälle....und da waren die Moderne und die Nazi Architektur eben Feuer und Wasser...auch wenn es an manchen Stellen formale überlagerungen gab und die Nazis Stilemente "geklaut" haben, wenn es ihnen gerade passte.

  • Was sagt es jetzt über die Moderne, wenn bestimmte Nazi Architekten einige Elemente für sich vereinnahmten?


    Wie Du darüber geschrieben hast, "Mies van der Rohe hat noch 1937 versucht, eine naziversion seines berühmten Barcelona Pavilions für die Weltausstellung in Paris einzureichen...ohne Satteldach, dafür mit viel Hakenkreuzen und Fahnenmasten". Was unterscheidet ihn von den, wie Du bezeichnest, Nazi-Architekten? Dass ein anderer den Zuschlag bekommt und er nicht. Die Gründe dürften genauso zufällig und uns verborgen sein wie wieso sich Himmler im Machtkampf gegen Röhm durchsetzte und nicht umgekehrt. Am gesellschaftlichen Weltbild oder angeblich unvereinbaren Werten kann es unmöglich liegen, dann hätte MvdR keine Bewerbung abgegeben, wovon ihn die Werte abgehalten hätten.


    Es handelt sich auch nicht um einzelne Randgestalten oder Sonderfälle, sondern die am meisten gefeierten Architekten der Moderne.


    Mauern tragen keine Schuld"...Menschen tragen Schuld.


    Tja, dann ist die Architektur wohl doch nicht so politisch. Wenn der Sachlichkeit und dem Funktionalismus nicht vorgeworfen wird, in gewisser Zeit verwendet zu werden, verbieten sich ähnliche Vorwürfe gegenüber jedem anderen Stil.

  • Bekannt sind ja generell nur Architekten die es geschafft haben Großaufträge zu ergattern und sich zu diesem Zweck den Mächtigen und Reichen andienten. Wer das nun jeweils schaffte und schafft und wer nicht wird wohl von vielerlei Zufällen abhängig sein. Zur NS-Zeit genügte es ja die falschen Freunde zu haben oder familiär irgendwie mit Juden zu tun zu haben um in Ungnade zu fallen. Muss ja gar nicht wirklich mit politischen Ansichten zu tun haben.


    Das Berliner Meisteratelier für Architektur an der Akademie der Künste wurde bis zur Machtübernahme der Nazis von Hans Poelzig geleitet der dann durch Peter Behrens ersetzt wurde.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Poelzig
    https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Behrens


    Vielleicht hat Poelzig mehr oder bekanntere Flachdächer entworfen als Behrens. Müsste man Mal zählen. Viele der bekannten Bauten von Behrens sehen relativ klassisch aus und haben Walmdächer. Er hat auch die Inschrift "dem deutschen Volke" am Reichstagsgebäude entworfen. Gefertigt wurde sie von den jüdischen Bronzegießern Albert und Siegfried Loevy deren Familien es dementsprechend schwer mit den Nazis hatten. http://www.spiegel.de/einestages/reichstag-a-948325.html
    Im Büro von Behrens wiederum arbeiteten zeitweise auch Walter Gropius, Ludwig Mies van der Rohe und Le Corbusier.


    (Edit: nach Hinweis von ulgemax, dass ich die Personen verwchselt hatte.)


    Berühmte Architekten des Backsteinexpressionismus waren etwa Fritz Höger und die Gebrüder Gerson die die jetzt zum Weltkulturerbe zählenden Kontorhäuser in Hamburg entwarfen. Während Höger versuchte auch für die Nationalsozialisten Großbauten zu entwerfen aber deren Geschmack nicht traf mussten die Gersons auswandern weil sie jüdisch waren. Es ist wohl letztlich von Zufällen abhängig welche Architekten die Gunst der Mächtigen finden bzw. sich mit ihnen gut stellen können/wollen/müssen und welche nicht.

    9 Mal editiert, zuletzt von Chandler ()

  • Da die Dachneigung oft geradezu zum Glaubensbekenntnis wird, bevor wieder Legenden entstehen - die Bauten des 1936-1941 errichteten Flughafens von Germania wurden mit Flachdächern errichtet, wie man auf dem Foto oben rechts in der Wikipedia sieht. Beispiele der Bauten mit Flachdächern aus dieser Zeit gibt es weit mehr.


    Wie schon von anderen bemerkt, ging es bei der Dachformdiskussion eher um Wohnbebauung.
    Vom >>Flughafen von Germania<< zu sprechen ist nur bedingt richtig. Tempelhof sollte letztendlich nur der Regierungsflughafen sein. Für Reisende waren außerhalb des Berliner Autobahnringes an den Schnittpunkten mit der Nord-Süd- bzw. Ost-West-Achse Flughäfen geplant. Also insgesamt 4 Flughäfen. Der südliche Flughafen hätte bei Rangsdorf gelegen, ca. 10km südwestlich vom heutigen BER-Standort.



    bezüglich der Andienung von Architekten


    Zu Beginn versuchten die etablierten Architekten noch Projekte zu ergattern und haben es ja zum Teil auch geschafft. Das waren dann aber, verglichen mit Germania etc., keine übermäßig repräsentativen oder ideologiedarstellenden Gebäude. Für die Germania- und Reichsparteitagsgeländeplanung suchte Hitler dann einen jungen begabten Architekten, den er nach seinen Vorstellungen beeinflussen und formen konnte. Hitler selbst war ja im Grunde ein verkappter Künstler mit eigenen Ideen, die Speer dann ausgearbeitet hat. Gestandene Architekten mit großartigen eigenen Vorstellungen hatten da eh keine Chance.

  • Chandler: Fritz Höger war weder Jude, noch musste er emigrieren. Höger war bekennender Nationalsozialist, Mitglied im Kampfbund Deutscher Architekten und Ingenieure, ab 1934 Professor an der Nordischen Kunsthochschule in Bremerhaven. Verwechselst Du ihn vielleicht mit seinem 1933 nach Palästina ausgewanderten Mitarbeiter Ossip Klarwein?

  • ^^
    Shit, ich werde alt und das Gedächtnis lässt nach.


    Du hast völlig Recht. Der NDR schreibt, dass Hoeger auch in Berlin bauen wollte und den Kontakt zu Hitler suchte aber nicht dessen Geschmack traf.
    https://www.ndr.de/kultur/gesc…-Backstein,hoeger102.html


    Ich meinte eigentlich Oskar Gerson der zusammen mit Höger den Sprinkenhof und vorher den Messberghof entworfen hatte und dann in die USA emigrierte. Hatte das alles mal nachgelesen als ich die Kontorhäuser bestaunte. Die gehören ja nun auch zum Weltkulturerbe.


    Naja, jedenfalls passt es irgendwie zu meiner These, dass es doch von vielen Zufällen abhängt ob ein Architekt jeweils den Zugang zu den Reichen und Mächtigen findet und Großbauten entwerfen darf.