Gentrifizierung in Berlin

  • Gentrifizierung in Berlin

    ^ solche bezahlbaren Orte gibt es doch massenhaft. Sie sind die absolute Normalität, teures ist eher die Ausnahme in der Berliner Innenstadt. Es gibt in Berlin eine verbreitete Anspruchshaltung, dass an exklusiven Orten die Preise niedrig zu sein haben. Wer glaubt am Gendarmenmarkt für 10 € p.P. im Restaurant essen gehen zu müssen, der wird enttäuscht werden.


    Mir gefällt die Argumentation von Gatriel sehr gut, weil er m.E. das Wesentliche erkennt und herausarbeitet. Jobs und Steuermehreinnahmen vs. verweilen im "arm aber sexy" Modus. Die Stadt Berlin sollte nicht ihre gesamten zur Verfügung stehenden Flächen an Investoren verkaufen, aber solche Areale wie das HdS auf jeden Fall. An diesen Ort gehört Wirtschaftstätigkeit und nicht "Wünsch Dir was".
    Ich bin gegen den Verkauf von städtischem Wohneigentum, aber an diesem Ort sollte IMHO nichts Subventioniertes entstehen. Ich sehe auch keinen Grund, dort "billige" Mietwohnungen zu bauen. Die können in Ahrensfelde, Buckow, Buch gebaut werden.


    Ich weiß nicht, wie man ernsthaft von Pariser oder Londoner Verhältnissen träumen kann (sofern man nicht Gatriel heißt und mit Gentrifizierung sein täglich Brot verdient): Selbst Leute mit fettem Bankergehalt können sich dort in den zentralen Lagen nur noch ein paar Quadratmeter Wohnfläche leisten, weil die Mieten völlig absurde Dimensionen erreicht haben. Das macht Innenstädte vielleicht lukrativ für Investoren, lebenswert macht es sie nicht. Und günstige Wohnungen in die Vorstädte zu verlagern, fördert die Ghetto-Bildung - mit allen sozialen Folgen, die man in Paris und London so wunderbar beobachten kann.


    Es ist faszinierend, dass hier und andernorts so viele Leute Positionen vertreten, die ihren eigenen Interessen entgegenstehen. "Berlin muss endlich wie London werden" heißt doch für die allermeisten Berliner innerhalb des S-Bahn-Rings nichts als "Ich will mir in zehn Jahren meine eigene Wohnung nicht mehr leisten können". Man könnte auch sagen: "Hauptsache die reichen Leute verdienen weiter anständig Geld, auch wenn es zu meinem Schaden ist, denn a) sind Mieten, die ich mir leisten kann, Sozialismus und b) hat der Markt immer recht." Das ist Ideologie-Gläubigkeit in Reinform, auch wenn der Neo-Liberalismus es so gründlich geschafft hat, sich als anti-ideologische Wahrheitslehre zu tarnen...


    (Und, nein, ich verlange nicht, am Gendarmenmarkt zu wohnen oder im Borchardt ein Mittagsmenu zu Sozialhilfepreisen zu bekommen.)

  • Man begeht zudem einen Denkfehler, wenn man Bemühungen um eine gewisse soziale Durchmischung und Nutzungsvielfalt einseitig als wirtschaftsfeindlich darstellt. Von alternativen Orten wie dem Tacheles hat Berlin Mitte enorm profitiert, nicht zuletzt auch ökonomisch. Auch hier könnte die ganze Gegend von der Anwesenheit von Künstlern profitieren. (Gerne hätte ich geschrieben: "von Künstlern und Flüchtlingen", aber das wäre vielleicht doch etwas zu optimistisch gewesen.)

  • Architektenkind


    Das Problem, im Endeffekt ist du glaubst deine Meinung für was Berlin ist -- ist wichtiger als was der Freie Markt glaubt es it.


    100 Jahre in der Vergangenheit Berlin was unglaublich teuer. Im vergleich zu München, London oder Zurich -- Berlin war #2 in ganz Europa, nur hinter Paris. Das Idee das Berlin sollte "arme und sexy" bleiben ist Schwachsinn.


    Es tut mir leid, ich weiß dass ich ein bisschen vulgar bin -- aber es stimmt aber so. Viele ehemalige Ost-Berliner glauben Berlin war besser ca., 1989. Ich bin zu genug "Bürger Dialogues" in Berlin gewesen, dass viele Leute *wirklich* das glaubt.


    Die Zukunft Berlins ist nicht "arme und sexy," sondern das "Silicon Valley von Europa" und das "Beste Stadt für Startups in Europa" und der politische Hauptstadt Nord-Europa. Die Leute, die zu jeder Burger Dialogue kommen, und wollen jeder Projekt stoppen -- diese Leute wohnen nicht in 2015. Sie wohnen in 1982. Es ist wirklich traurig.


    Gentrifizierung bedeutet nur ein dreckige Stadtteil nehmen, und es schöner machen. Ganz klar die Preise für Wohnung wird (nach der Gentrifizierung) noch hoch steigen, aber ist das ein schlechtes Ding? Wenn es gibt ein schlechtes Stadtviertel -- und niemand "Gentrifiziert" es -- es wird immer schlimmer und immer schlimmer, bis es ein echter Ghetto ist.

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    "Der freie Markt regelt alles, alles alles..."
    Das ist schön gemeint und hat eine gewisse anarchische Sexyness, aber dennoch erzeugt es auch die bekannten Probleme wie Ghettoisierung etc.
    Ich bezahle Steuern an meinen Staat, dass er u.a. Dinge lenkt und dafür sorgt, dass es der beste Staat der Welt wird (um es mit Pathos auszudrücken).


    Mir leuchtet nicht ein, warum es am Gendarmenmarkt keine Sozialwohnungen geben soll. Ich will jetzt da keine Sozialwohnungen hinbauen, aber warum soll man sich aus dem Kopf schlagen? Nur weil es das "Zentrum" ist? Was bedeutet das? Soll das ein Privileg sein, sich dort aufzuhalten? Klingt mir alles zu viel nach feuchten Männerträumen.


    BTW: seid das Tacheless geschlossen ist, leidet die Gastronomie in jener Ecke unter empfindlichen Umsatzeinbußen.
    Mal abgesehen davon, dass die Ecke dadurch an fühlbarer Urbanität (in anderen Worten: Leben) verloren hat.

  • @ Gatriel: Das ist ein ganz einseitiger und daher falscher Begriff von Gentrifizierung. Am Anfang steht eben NICHT nur Armut und Dreck, sondern eine spezifische Faszination und Lebendigkeit. Und nach erfolgter Gentrifizierung ist der entsprechende Stadtteil nicht nur schön, sauber und reich, sondern auch homegener und langweiliger, weil viele Menschen, die zur Vitalität des Stadtteils beitrugen, sich die Preise nicht mehr leisten können. Mit dieser einseitigen Feier der Gentrifizierung ist daher niemandem geholfen, nicht einmal jene Gentrifizierern, die in ein solches Stadtteil wegen der spezifischen Mischung und Lebendigkei gezogen sind und sich nach erfolgter Gentrifizierung in der situierten Gepflegtheit und bürgerlichen Homogenität langweilen und der armen aber geilen Vergangenheit leise nachtrauern.

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    Ich bezahle Steuern an meinen Staat, dass er u.a. Dinge lenkt und dafür sorgt, dass es der beste Staat der Welt wird (um es mit Pathos auszudrücken).


    Ein Denkfehler. Es ist vollkommen unabhängig von oder gar von der Höhe deiner entrichteten Steuern, warum also überhaupt erwähnen? Niemand ist mehr Staat als du, niemand ist mehr Stimme als du, niemand vergibt mehr Macht als du, niemand hat mehr Rechte als du. Andere Behauptungen sind mit unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung nicht vereinbar.


    Gatriel liegt mit dem Markt begrenzt richtig, aber er überschätzt das Potential dieser Stadt gnadenlos. Er überschätzt vor allem den Alexanderplatz, das Umfeld gibt einfach nichts her. Natürlich müssen auch Luxuswohnungen gebaut werden, sonst erhöht sich der Druck auf die mittleren Einkommen, was natürlich an die untersten Einkommen weitergeleitet wird. Luxuswohnungen regulieren sich im gewissen Grad von selbst.


    Solange Bedarf besteht ist es natürlich die Aufgabe der Stadt, an die passenden Orte zu lenken oder für den entsprechenden gewünschten Mix zu sorgen. Ein, wie auch immer geartetes Vorrecht nur durch Kapital besteht aber schlicht nicht. Die Aufgabe der Stadt ist es für ausnahmslos alle Bewohner zu sorgen, denn die sind der EINZIG wahre Auftraggeber, sie sie SIND die Stadt. Wenn die Stadt also mit Investoren verhandelt, dann macht sie dies NUR im Auftrag der gesamten Bevölkerung und somit auch der Sozialhilfeempfänger und auch der ultra-roten Hausbesetzer.


    Vor allem aber unterschätzt er unseren, in der Gesellschaft fest verankerten, Willen zur sozialen Gerechtigkeit und auch unsere Skepsis gegenüber entfesselten Kapitalismus und sogar teilweise gegen reiche Personen. Mit diesem Mix war Deutschland, trotz aller gegebenen Widrigkeiten, seit 60 Jahren permanent in den Top 3-4 Nationen der Welt positioniert (die DDR ignoriere ich hier). Eine Position, die es in den letzte 150 Jahren sogar auf noch höheren Rängen, auch unter anderen politischen Umständen, immer inne hatte. Und auch in diesen früheren Zeiten, selbst in den finstersten, wurden teils bahnbrechend neue soziale Ideen und Gesetze hervorgebracht.


    Gatriel versteht Deutschland nicht. So wie Walmart Deutschland nicht verstanden hat und bei uns mit wehenden Fahnen unterging.

  • Also wenn das alles schon "entfesselter Kapitalismus" ist, dass war von Euch noch niemand in London, den USA oder Singapur.

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    Nein, das ist natürlich kein „entfesselter Kapitalismus“, aber was Gatriel prinzipiell fordert ist freie Fahrt für jeden, der das Geld hat – sprich Geld regiert die Welt. Also das Gegenteil einer Demokratie. Genau genommen sind solche Forderungen grenzwertig verfassungsfeindlich. Solche Personen gehören unter Beobachtung gestellt.

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    Mir leuchtet nicht ein, warum es am Gendarmenmarkt keine Sozialwohnungen geben soll. Ich will jetzt da keine Sozialwohnungen hinbauen, aber warum soll man sich aus dem Kopf schlagen? Nur weil es das "Zentrum" ist? Was bedeutet das? Soll das ein Privileg sein, sich dort aufzuhalten? Klingt mir alles zu viel nach feuchten Männerträumen.


    Ummm........ ja?


    Hat man ein Recht in Beverly Hills oder Malibu Kalifornien zu wohnen? Hat man ein Recht an das Upper East Side in New York, South Kensington in London oder i.d.N.v. Leopard Straße in München zu wohnen?


    NEIN! Man hat kein Recht in ein besonders Stadtteil zu wohnen. Wenn du es sich leisten kann -- super! Wenn nicht, ok, es gibt viele viele viele andere Stadtvierteln in Berlin wo man wohnen kann.


    Ich verstehe man hat ein Recht ein Dach über sein Kopf in Deutschland zu haben. Jedoch, man hat keinen Recht in der beliebste Stadtvierteln zu wohnen. Ich verdiene sehr gut hier in FFM, aber ich habe keinen Recht in Westend-Süd, Sachsenhausen-Nord oder Bad Homburger Innenstadt zu wohnen. Ich kann es *noch nicht* leisten. Das heißt, ich muss irgendwo anders wohnen -- und weißt du was -- das ist voll in Ordnung. Ich bin nicht neidisch, traurig, genervt, or angepisst, dass ich da nicht wohnen kann. Es ist wie die Welt umdreht. Es ist ein Ziel (aber ich habe gar kein Boch in FFM für immer zu Bleiben. Ich mag Berliner Vorstadt & Nauener Vorstadt in Potsdam ganz gern.)


    2-5% von ein Projekt kann soziale Wohnungen sein, und die Investor kann noch Gewinn machen. Wenn es mehr als 2-5% ist -- *normalerweise* das Projekt lohnt sich nicht mehr. Wenn Berlin sagt "alle neune Wohnung-Projeckte muss 3,5% soziale Wohnung haben" -- kein Problem. Investoren weißt dass ist ein "cost of doing bussines" in Deutschland. Wenn die Linke oder die Grüne in Berlin wollen 30%, 50% oder Privat-Finanzed 100% Soziale Wohnungen -- die Politikern (und wer immer glaubt das auch) sind einfach high. Es wird nie passieren, und falls nicht der Stadt die soziale Wohnunen selber finanzieren -- was ist da jetzt bleibt da wie es jetzt steht.


    Bzgl. dein Männertraumen -- das ist wie es ist in jeder 1. Welt Hauptstadt der Welt. Wenn du willst, dass alle die Leute gleich sind -- du kannst nach 1) Nord Korea 2) Moldova 3) Kuba order 4) Venezuela ziehen.


    Ich bin persönlich der Meinung, Berlin sollte Millärden in Studenten Wohnung investeren wo es "hip" bleiben soll, und soziale Wohnunen für Familien wo Families bleiben soll. Soziale Wohnung bedeutet nicht nur "arme Leute."


    Viele arme Leute in der mitte der Stadt bringt der Stadt nichts, es hilft die Arme nicht, und hilft der Wirtschaft nicht.


    @ Hausschwamm


    Vielleicht ich "verstehe" Deutschland nicht. Ich habe diese Gespräche über "sollen wir das hässliche/abrissreife Gebäude schutzen für alternative Künstlern & Zuwanderer) nicht mit Leute in Stuttgart, München, Nürnberg, Frankfurt, Hamburg, Düsseldorf, Köln, Worms, usw., usf., Leipzig, Dresden, Halle & Rostock sind auch einfacher als Berlin. Nur in Berlin.


    Was ich 100% verstehe ist in Berlin ... es gibt Leute, die wirklich der DDR vermissen. Die sind stoltz auch alle die "Karl Marx" Straßen (NVM wie viele Leute sind umgebracht für seine Traum von Sozialismus), die Plattenbau & die USSR Kreigs Denkmale überall.


    Geld regiert die Welt. Punkt. Du musst das nicht mögen, aber das sich verändert nichts. Ein Land, wo Eigentumsrechte immer respektiert ist, ist ein freies Land. Demokratie ist nicht mit freiheit gleichbedeutend. Es muss eine Mischung zwischen Demokratie und Eigentumsrechte sein.


    Ich bin der Meinung, die Mischung zwischen die zwei ist besser z.B., in München als in Berlin. Es gibt mehr soziale Wohnungen pro Kopf in München als in Berlin. Warum?


    Wenn es Verhandlungen zwischen ein Investor z.B., und der Stadt München, die Münchener Politikern wollen 5% soziale Wohnungen, ein ökologisches nachhaltiges Gebäude und das ist fast alles. Die Verhandlungen sind relative einfach. Wir bekommen unsere Baugenehmigung und alles sind froh. Die Investoren machen Gewinn, die Stadt bekommt Steuergeld und mehr Wohnungen sind auf dem Markt gelegt.


    In Berlin, wegen Leute (und die Idiotenpolitikern die sie gewählt haben) wie oben beschrieben -- die Verhandlungen sind fast immer ein riesen Krieg. Die größer das Projekt, die größer der Streit. Warum? Politikern in Berlin -- sie wohnen jetzt in 2015, aber denken noch in eine 1982-Denkweise. Meine Mandanten sind nicht da, nur fast kostenlose Wohnunen für die arme und Zuwanderer aufzubauen. Die sind da Geld zu machen. Was ist jetzt passiert z.B., mit der HdS ist nur Wahnsinn.


    Wenn neue Wohnungen gebaut sind -- und in der Markt gelegt Angebot steigt und der Durchschnitts Preis geht nach unten. Das ist ja gut für alle!


    Warum ist das so schwer für viele von ehemalige Ost-Berlinern zu verstehen?


  • … Geld regiert die Welt. Punkt. Du musst das nicht mögen, aber das sich verändert nichts. Ein Land, wo Eigentumsrechte immer respektiert ist, ist ein freies Land. Demokratie ist nicht mit freiheit gleichbedeutend. Es muss eine Mischung zwischen Demokratie und Eigentumsrechte sein.


    Dann mal willkommen in Deutschland.
    Artikel 14 Absatz 2 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland:
    Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.


    https://de.wikipedia.org/wiki/…lichtigkeit_des_Eigentums


    Der (unfassbar stinkreichen) Familie eines Freundes haben sie in den 50ern sogar fast eine ganze Straße in der Innenstadt enteignet um dort eine Fußgängerzone anzulegen.

  • n.b. Jemand mit Geld hat tendenziell mehr Rechte als jemand ohne.


    Da wir uns hier immer mehr vom Thread-Thema entfernen werde ich die Beiträge später in einen geeigneten Thread verschieben.

  • n.b. Jemand mit Geld hat tendenziell mehr Rechte als jemand ohne.


    Welche denn? Kannst du ein einziges Beispiel nennen? Das ist wohl eher gefühlt, aber nicht real. Wir haben 2x eine Immobilie vermietet, das ist wirklich das letzte, was ich jemanden empfehlen kann. In Deutschland wird grundsätzlich der (oft auch nur vermeintlich) Schwächere geschützt.


    Schon mal nach einem Einbruch, bei dem der Täter ermittelt wurde, bei der Staatsanwaltschaft angerufen und angefragt was denn nun wäre und was du machen sollst? Dann erlebst du wie sogar die Kriminellen geschützt werden, weil kaum sind sie erwischt, sind sie ja die Schwachen.



    Da wir uns hier immer mehr vom Thread-Thema entfernen werde ich die Beiträge später in einen geeigneten Thread verschieben.


    Was wohl besser wäre.


  • Hat man ein Recht in Beverly Hills oder Malibu Kalifornien zu wohnen? Hat man ein Recht an das Upper East Side in New York, South Kensington in London oder i.d.N.v. Leopard Straße in München zu wohnen?


    Es geht hier nicht um ein Recht zu haben irgendwo zu wohnen, sondern es geht darum, Städte so zu planen, dass keine Ghettos entstehen. Funktioniert vielerorts wunderbar. Verstehe nicht, warum Arme nicht in der Innenstadt wohnen sollten.
    Armenviertel hat man in der Vergangenheit immer wieder abgerissen.


    Und nein, ich bin weder Ost-Berliner, noch Linker.

  • Welche denn?


    Na diese:

    Hat man ein Recht in Beverly Hills oder Malibu Kalifornien zu wohnen? Hat man ein Recht an das Upper East Side in New York, South Kensington in London oder i.d.N.v. Leopard Straße in München zu wohnen?


    NEIN! Man hat kein Recht in ein besonders Stadtteil zu wohnen. Wenn du es sich leisten kann -- super! Wenn nicht, ok, es gibt viele viele viele andere Stadtvierteln in Berlin wo man wohnen kann.

  • ... Berlin hat von Kriegsende bis Mitte der 2000er Jahre eine Gentrifizierunfg nach unten durchgemacht. Seiner Wirtschaftskraft und Dynamik beraubt wurde und wird es durchgefüttert vom Rest des Landes. Unattraktiv für Leistungsorientierte aber umso attraktiver für "sozial Schwache" aller Coleur. Daraus bildet sich noch heute eine spezielle Gemengelage. Durch die niedrigen Mieten konnten und können auch Dauerarbeitslose wenige Meter vom Zentrum entfernt wohnen. Siehe südliche Friedrichstraße, Tiergarten - Süd usw. . UM das Zentrum liegt von drei Seiten ein "Armutsgürtel". Das ist nicht schlecht per se, aber es hilft der Stadt nicht weiter. Eine attraktive Stadt schafft Bedingungen unter denen Wirtschaftstätigkeit und Einnahmen florieren.


    Die Berliner erwarten wie selbstverständlich ein volles Kulturprogramm, einen funktionierenden öffentlichen Nahverkehr usw. Das alles kann sich die Stadt aber eigentlich nicht aus eigener Kraft leisten. Deswegen ist es sinnvoll Leistungsanreize zu setzen. Und deswegen ist es m.E. sinnvoll, dauerhaft unproduktive arbeitsfähige Leute nicht dieselben Privilegien zu verschaffen, wie produktiven arbeitsfähigen Einwohnern.
    Verhältnisse wie in London möchte auch keiner, obwohl in einer sieben Millionen Stadt sicher nicht nur Spitzenverdiener wohnen.


    Berlin muss sich nach oben gentrifizieren, sonst droht einigen Stadtgebieten das Schicksal amerikansicher Großstädte wie Baltimore, wo zentrumsnahe Gebiete nur noch für Hartgesottene als Wohnort in Frage kommen.



    Die Gentrifizierung der letzten Jahre hat sich absolut positiv für Berlin bemerkbar gemacht. Berlin hat sich aufgefüllt mit jungen Leuten, internationalem Flair und das Essen / Einkaufsangebot in den einzelnen Stadtteilen ist heute viel besser als noch vor 15 Jahren.


    Einen Ausverkauf des Sozialen sehe ich auch nicht. Berlin ist voll mit Sozialwohnungen in Bestlagen. Die sollen auch bei städtischen Trägern bleiben, damit die Stadt einen gewissen Spielraum behält. Es geht mir nicht um die Verdrängung von Armut, sondern um die Bekämpfung dergleichen.

  • Was hat das mit erweiterten Rechten zu tun? Sich etwas leisten zu können, oder zu wollen, und ein Anrecht auf etwas, das sind doch fundamental unterschiedliche Dinge. Wenn auf einer Insel alle Grundstücke verkauft sind, dann hilft mir Geld auch nicht weiter. Es sei denn, ich bin bereit einen absurd überteuerten Preis zu bezahlen und überzeuge einen Besitzer dadurch zu verkaufen, das wäre dann das Recht auf Geldverschwendung. Aber das steht jedem zu.

  • Eine attraktive Stadt schafft Bedingungen unter denen Wirtschaftstätigkeit und Einnahmen florieren.


    Die Berliner erwarten wie selbstverständlich ein volles Kulturprogramm, einen funktionierenden öffentlichen Nahverkehr usw. Das alles kann sich die Stadt aber eigentlich nicht aus eigener Kraft leisten. Deswegen ist es sinnvoll Leistungsanreize zu setzen.


    Wie sehen solche "Leistungsanreize" denn aus? In einer Republik die sich trotz lauem Wirtschaftswachstum dem Spardiktat verschrieben hat, um Primärüberschüsse zu erzielen, wird es logischerweise auch weiterhin Arbeitslosigkeit, niedriges Wirtschaftswachstum und eine zunehmende Kluft zwischen Arm und Reich geben.



    Und deswegen ist es m.E. sinnvoll, dauerhaft unproduktive arbeitsfähige Leute nicht dieselben Privilegien zu verschaffen, wie produktiven arbeitsfähigen Einwohnern.


    Sinnvoll wäre es, "unproduktiven" Menschen die Möglichkeit zu geben "produktiv" zu werden, bzw. Geld zu verdienen. Ohne staatliche- oder ausländsche Investitionen ist dies in der jetzigen Situation jedoch nicht zu realisieren.
    Haben diese zwei Gruppen derzeit dieselben "Privilegien"? Wohl kaum.




    Berlin muss sich nach oben gentrifizieren, sonst droht einigen Stadtgebieten das Schicksal amerikansicher Großstädte wie Baltimore, wo zentrumsnahe Gebiete nur noch für Hartgesottene als Wohnort in Frage kommen.



    Die Gentrifizierung der letzten Jahre hat sich absolut positiv für Berlin bemerkbar gemacht. Berlin hat sich aufgefüllt mit jungen Leuten, internationalem Flair und das Essen / Einkaufsangebot in den einzelnen Stadtteilen ist heute viel besser als noch vor 15 Jahren.


    Durch Gentrifizierng wird das Armutsproblem aber nicht gelöst. Umgekehrt ist es jedoch so, das sich Berlin wie von dir beschrieben entwickeln kann, ohne jedoch einkommensschwache Menschen zu verdrängen. Das eine schließt das andere nicht aus. Aber dafür sind schlichtweg Investitionen notwendig. Der Markt regelt da gar nichts.

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  • Berlin hat sich aufgefüllt mit jungen Leuten, internationalem Flair


    ... da sind aber genau die Leute seit Mitte 2000er gekommen, die eben kein Geld dauerhaft nach Berlin bringen. Nichts oder unterdurchschnittlich verdienende Twens, die allenfalls den dicken Geldbeutel der Eltern mitbringen; EU-Ausländer aus strukturschwachen Regionen, die sich ausbeuten lassen bis sie als Sozialfälle scheitern.

  • Es ist ein berliner Spezifikum dieser Debatte, dass sich häufig zwei Lager gegenüberstehen, die Dinge für sich als eine Art "natürliches Recht" reklamieren. Die einen sagen, ich habe das größere Einkommen, ich habe dieses und jene Ansprüche ("verdient"). Die anderen sagen, ich bin Staatsbürger, ich habe deswegen diese und jene Ansprüche ("Grundrecht"). Beides sind im Kern egoistische Erwartungshaltungen und der eine ist mir nicht automatisch irgendwie "sympathischer", nur weil er weniger auf dem Konto hat. Genau diese Voreingenommenheit bestimmt diese Debatte aber (und nein, Leute mit wenig Geld sind keine schlechteren Menschen - aber auch keine besseren, keine moralischeren usw.).


    JEDER hat das Recht, um seinen Platz an der Sonne zu kämpfen. Ja, daher müssen kleine Einkommen auch ihre Chancen haben. Aber eben nicht bevorzugt oder gar nur (mancher wünscht sich ja Kieze, die sich ausschließlich aus sozial Schwachen und "Lebenskünstlern" rekrutieren als Optimum; das ist auch nicht weniger deprimierend als sog. "Reichenghettos").


    Vielfalt in jeglicher Hinsicht - wenn das mal als Diskussionsgrundlage anerkannt würde, dann wären wir einen entscheidenden Schritt weiter. Statt Konfrontation nämlich Suche nach Kompromissen und konkreten Lösungen, weg vom "Schwaben raus"-Kinderniveau.


    Außerdem sei gesagt, dass der Begriff Gentrifizierung in weiten Teilen unangebracht ist. Berlin verkam eben durch die Teilung ganz schön. Der Osten "proletarisierte", der Westen wurde Anlaufstelle für Wehrdienstverweigerer, Aussteiger, Anarchos, "Langzeitstudenten" über 30 und sonstige "Misfits" aus ganz Westdeutschland. Die Mittelschicht wurde dort dünner als irgendwo sonst in der Bundesrepublik. Vieles, was als Gentrifizierung bezeichnet wird, ist auch einfach nur eine Normalisierung der Verhältnisse, nach dem Ende dieser für die Stadt ja auch alles andere als gesunden Situation von Teilung und Einkesselung des Westteils (und den entsprechenden Push Faktoren bzgl. Mittelschicht, Akademikern usw. und den entsprechenden Pull Faktoren für jene, die eher von staatlichen Transfers, Gelegenheitsarbeiten, usw. lebten).


    In Kiezen, in denen schon vor 100 Jahren eher Professoren als Studenten wohnten und die in den Nachkriegsjahrzehnten häufig billigsten Wohnraum in seitdem unsanierten Gründerzeithäusern mit hohen Stuckdecken boten, ziehen jetzt halt wieder gutverdienende Akademiker ein. Eine Rückkehr von Bevölkerungsgruppen, die zur Blütezeit Berlins (in der Industrialisierung bis zu den goldenen 1920ern) mindestens ebenso angestammt waren, wie sozial Schwache, eher umgekehrt, denn Berlin war bis zu Krieg und Teilung im Vergleich zum restlichen Deutschland das genaue Gegenteil vom heutigen ökonomischen Zustand, sozusagen ein "Geberland" und die Berliner nahmen in anderen Ecken Deutschlands jene Rolle der neiderregenden "Hassfiguren", mit besserer Bildung und höherem Einkommen und entsprechendem Selbstbewusstsein, ein, die man heute zB "den Schwaben" zuspricht. In Büchern von Tucholsky, ungewollt ein Chronist dieses bürgerlicheren Berlin, findet man viel darüber und kann nur zu dem Schluß kommen, dass diese Gentrifizierung - abgesehen von Exzessen - eine Rückkehr Berlins zu seinem eigentlichen selbst ist, nachdem die Fremd- und Gewaltherrschaft über diese Stadt 1990 endete. Kein Wandel läuft ohne Härten ab, diese abzufedern, da hat die Politik in Berlin grandios versagt. Also letztlich eine politische Debatte und keine über Stadtplanung.

  • Dann mal willkommen in Deutschland.
    Artikel 14 Absatz 2 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland:
    Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.


    https://de.wikipedia.org/wiki/…lichtigkeit_des_Eigentums


    Der (unfassbar stinkreichen) Familie eines Freundes haben sie in den 50ern sogar fast eine ganze Straße in der Innenstadt enteignet um dort eine Fußgängerzone anzulegen.


    Was bedeutet "dienen" eigentlich?


    Wie kann der HdS als Flüchtlingsheim oder "alternativ Künstler Kommune" mich "dienen?" Ich bin auf jeden Fall ein Teil der "Allgemeinheit" ... oder?


    Das Schwert schneidet in beide Richtungen.


    Ich könnte den schlagenden Beweis einfacher für die Gentrifizierung Berlins liefer als du gegen es könntest.


    Genau so wie Berlin is besser Heute als in 1995 -- es wird besser in 2035 als es Heute ist. Du kannst uns nicht stoppen. Du kannst uns nur pausen schenken.