Boulevard West | Europacity

  • Die Morgenpost berichtet, dass der Wettbewerb für die letzten Mischgebiete des Quartiers Heidestraße entschieden wurde. Insgesamt drei Preisträger entwickeln vier Komplexe.


    Zu den Gewinnern gehören die Büros Gerkan, Marg und Partner (gmp), Collignon Architektur und Design sowie Robertneun Architekten.


    Während Senatsbaudirektorin Regula Lüscher "die Vielfalt der Entwürfe im Wettbewerb" lobt, schwant mir beim Anblick der Visualisierungen Böses. Viereckige Kisten bzw. Riegel im einheitlich langweiligen Look ohne Besonderheiten. Einzig die Fassadenmaterialien könnten eventuell etwas herausreißen (helle Ziegel und Messing bei gmp). Die Betonfertigteile von Robertneun erinnern mich aber eher an die Banlieues von Paris. Lüscher geht dennoch von einem lebendigen Quartier aus. 630 Mietwohnungen entstehen, jede vierte davon öffentlich gefördert. Im EG soll Geschäfte und Dienstleister einziehen.


    https://www.morgenpost.de/berl…Europacity-vollendet.html

  • Mischgebiete MI 1, MI 2 und MI 3

    Im letzten von vier Wettbewerbsverfahren hat die Jury über die Planung entschieden.
    - Drei erste Preise für gmp Architekten, Collignon Architekten sowie
    ROBERTNEUN Architekten
    - Westlich der Heidestraße entstehen vier Gebäudekomplexe mit
    Wohneinheiten und kleinteiligen Gewerbeflächen
    - Der Baustart ist für Anfang 2019 vorgesehen
    Quellen:
    http://www.stadtentwicklung.be…h_1709/nachricht6432.html
    http://quartier-heidestrasse.com/index.php?id=39&L=0
    --> http://quartier-heidestrasse.com/index.php?id=37


    Meinungen dazu aus anderen Threads:


    - nebst verlinktem "Morgenpost"-Artikel: http://www.deutsches-architekt…hp?p=579612&postcount=139
    - nebst verlinktem "Tagesspiegel"-Artikel: http://www.deutsches-architekt…hp?p=579617&postcount=182


    Nicht nur für den Überblick:

    Das Problem dieser Laubengänge ist, dass sie nur das EG umfassen. Entlang der Leipziger Straße zeigt sich, dass eingeschossige Laubengänge gedrückt wirken und zweigeschossige großzüging.


    In dieser Animation über das Viertel sieht man ab Sekunde 27 in dem "Phantasiegebäude" sogar eine zweistöckigen Laubengang. Das wirkt - auch abends - viel einladender.

  • Petition

    Was halten die Mitglieder des Forums von einer Petition für eine andere Architektur, weg vom Lüscher Stil, mehr Sozialbauwohnungen mit Qualitätsanspruch....

  • Im Tagesspiegel wird das Wettbewerbsergebnis ebenfalls mit sarkastischen Untertönen kommentiert:


    Unter der Überschrift "Die Klotz-Stadt nördlich vom Hauptbahnhof" wird die Frage aufgeworfen, ob so die Antwort auf die architektonischen Fragen des 21. Jahrhunderts aussehe bzw.: "Ist das wirklich neuzeitliche Architektur in ihrer höchsten Form?".


    Frau Lüscher versteht die Frage nicht :lach:. Hier werde schließlich die hochgelobte Dimension der Gründerzeitquartiere gebaut (sic!).


    Die Wettbewerbsgewinner äußern sogar selbst Kritik. Die Fesseln des Bebauungsplans hätten eben doch gezerrt. Es habe „wenig Spielraum“ gegeben, weshalb man etwa „nicht mit Einschnitten“ (in die Blöcke) habe arbeiten können.


    Der Tagesspiegel meint, dass an der Heidestraße eine ähnliche Monotonie wie bei den steinernden Kisten südlich des Hauptbahnhofs drohe. Auch dort hatte die Bauverwaltung ein Loblied auf den Berliner Block angestimmt. Jetzt, wo die steinernen Häuser stehen, mache sich Ernüchterung breit: zu „hard“ der „rock“.


    http://www.tagesspiegel.de/ber…auptbahnhof/20398854.html


    Besonders lesenswert sind auch die Kommentare der Leser unterhalb des Artikels. Ein Loblied auf die Entwürfe und Lüschers Planung klingt wahrscheinlich anders.


    Wenn's nicht so traurig wäre, könnte man sich totlachen...

  • Wir sollten nicht aufgrund der Fassaden schließen, dass sich dahinter guter (Gründerzeitfassaden) oder schlechter (moderne Rasterfassaden) Wohnraum befindet.


    Ich bin Jahrelang in einem wunderschönen Wohnhaus an der Hauptstraße in Schöneberg ein und aus gegeangen. Für ein paar Tage war es immer schön in den riesigen Zimmern mit über drei Metern Raumhöhe mit stuckverzierten
    Decken. Aber: Heizen war schwierig, nur die Zimmer zur Straße waren hell aber dafür laut. Die Küche und das riesige Wohnzimmer zum Innenhof waren dunkel. Und die Zimmer im Nebentrakt waren mehr hoch als breit.
    Natürlich finden wir wohl alle solche Häuser schöner, aber selbst wenn wir die Mühen z.B. fehlender Aufzüge in Kauf nehmen, spätestens nach der ersten Betriebskostenabrechnung würde vielen der Spaß vergehen.


    Im Übrgen sind leider viele Zeitungsberichte über Architektur ähnlich gestrickt. Sie kritisieren die Fassadengestaltung und Wirkung nach außen und schließen daher auf schlechten Wohnraum. :nono:

  • ^ Zum Wohnraum gehört ja immer auch die Umgebung. Man lebt ja nunmal nicht ausschließlich in der Wohnung und schaut auch mal hin und wieder aus dem Fenster.

  • Schön, dass jetzt wenigstens ein Ende absehbar ist. Dieser Prozess der Vorstellung von Wettbewerbsergebnissen zehrt wirklich an den Nerven. Jetzt müssen wir nur noch ertragen, wie der ganze vorgestellte Mist Realität wird. Das wird noch hart genug. Leider gibt es ja noch weitere Brachflächen in Berlin...

  • Krass, wie breit diese Fassaden sind. Das sind echt Mega Schuhkartons. Ich glaube aber, dass Lüscher das klasse findet, das muss man akzeptieren. Andere Politiker scheinen gar keinen eigenen Geschmack zu haben.


    Zum Glück ist hier im schönen Friedrichshain schon fast alles zugebaut:daumen:.


    Wann kommt endlich die Neopostmoderne ???

  • Vollkommen richtig.
    Perfekt wären natürlich schöne Häuser mit tollen Wohnungen zu sozialen Preisen, zentral gelegen in wunderschöner Umgebung, mit ausschließlich sympatischen Nachbarn. :master:

  • ^ Wenn du glaubst, dass das mit den sozialen Preisen hauptsächlich an den paar Euro für eine ansehnliche Fassade scheitert, liegst du leider falsch. Nur weil ein Haus nach sozialistischer Apokalypse ausschaut, heißt das noch nicht, dass du dort umsonst eine Wohnung bekommst.


  • Besonders lesenswert sind auch die Kommentare der Leser unterhalb des Artikels. Ein Loblied auf die Entwürfe und Lüschers Planung klingt wahrscheinlich anders.


    Das ist ein übles Lüscher-Bashing was dort zu lesen ist. Das möchte man nicht beim Frühstücksmüsli lesen müssen. Dagegen sind die Kommentare in diesem Forum regelrecht gesittet.

    Trotzdem wundert man sich wie es seitens der SBD Lüscher zu dieser fast schizophren abweichenden Beurteilung der Entwicklung in der Europa-City kommen kann. Das muss mit einer Berufsdeformation zu tun haben.

    Es ist natürlich komfortabel über eine Personifizierung des Übels zu verfügen, aber die Frage ist ob der von so vielen herbeigesehnte Rückzug an die Limmat viel ändern wird. Denn die Ursachen für die höchst unbefriedigende Entwicklung des Städtebaus und der Architektur in Berlin sind komplexer und hängen nur zum Teil vom Agieren der SBD-in ab. Der Blick in andere deutsche Großstädte zeigt vergleichbare Tendenzen.


    Aus der internationalen Perspektive betrachtet ist es schon fast eine Anomalie, dass es in den ersten fünfzehn Jahren nach der Wende in Berlin gelungen ist sich vorübergehend vom Trend zur „Dubaisierung“ abzukoppeln.

  • Ob Frau Lüscher nun "an die Limmat" geht, doch noch irgendwo im deutschsprachrigen Raum die von ihr gewünschte Professur erhält oder in Berlin wohnen bleibt st doch einerlei: entscheidend ist der Abgabe des Amtes als Senatsbaudirektorin. Gerade das "Europaviertel" hat sie ganz dezidiert zu ihrem Projekt gemacht und sich in Städtebau und Architektuktur nachhaltig persönlich eingebracht. So nimmt es nicht Wunder, dass sie für die Lüscher-City auch einstehen muss.


    Herausgekommen ist ein Quartier, dass genauso blutleer und künstlich daher komt wie das gleichnamige Viertel in Zürich oder viele andere Neubauareale Europas, z. B. Rotterdamm. Kubisch, orthogonal, technoide Rasterfassade. Freiflächen in Beton, Beton und Beton. Unbespielte EG-Zonen, Tiefgaragenschlünde > 10 Meter. Vom Städtebau her jede Straße in ihrer Führung und Form vorhersehbar wie die Verspätung bei der Deutschen Bahn. Das Künstlerische, dass eine der wesentlichen Säulen der Stadtbaukunst darstellt, ist im Betonzuschlagstoff versunken.


    Obwohl es überall in Europa schon anders geht, ist Regula Lüscher in der Ästhetik der Nuller-Jahre stehen geblieben und mag sich nicht weiterentwickeln. Da ist es kein Wunder, dass die Kritik so harsch ausfällt.

  • ^ Wech, wie Chevy Chase in Christmas Vacation sagt - die Frau ist fort und was sie sonst noch anstellen mag, ist das Problem der Leute dort. Ich hebe mir die auf der Seite davor verlinkten Entwürfe (wieder) angeschaut - etwa hier kann man dem Foyer etwas Großzügigkeit abgewinnen, wenn man sich sehr bemüht. Die Außenanblicke sind zum Verzweifeln - weder interessante Form noch interessante Farbigkeit. Wieviel Schuld Frau L. am Desaster auch tragen mag, dringender scheint mir die Frage, ob man da noch etwas nachbessern kann.


    So oft lese ich, am Standort der Rekonstruktion X hätte sooooo ein Wunderwerk der Moderne entstehen können - dann hat man hier einen zentralen exponierten Standort und es kommen nur uninspirierte 0815-Blöcke raus.

  • Ich glaube, dass das Gebiet überbewertet wird und nicht für ,,architektonische Wunderwerke" taugt. Es liegt eingeklemmt zwischen drei Verkehrswegen (Bahn - Bundesstraße - Kanal) und jenseits des Hauptbahnhofs.
    Für eine komplette Neuplanung in dieser Lage ermöglicht das, was bislang zu sehen ist, immerhin die Vorgabe, ein intensiv genutztes Mischgebiet zu werden.
    Es bleibt zu hoffen, dass bei der Detailplanung der einzelnen Gebäude noch der eine oder andere Akzent gesetzt wird.

  • Weiss eigentlich jemand was auf diesem Gebiet vor dem 2. Weltkrieg stand. Manchmal gibt die Stadtplanung des 19. Jahrhunderts ganz guten Aufschluss was auf welchem Gebiet Sinn machte und was nicht.


    Nach dem Krieg und durch die Mauer war die ganze Stadt ja mehr oder weniger im Chaoszustand.

  • ^... ich kann dir verraten was direkt vor dem Krieg dort geplant war. In Fortführung der Großen Nord-Süd-Achse von Albert Speers Planung die Errichtung eines 2 km langen Wasserbeckens an dessen nördlichem Ende der neue Nordbahnhof geplant war, dessen südliches Ende die Große Halle bildete und an der westlichen Seite war ein riesiger Neubau für das Berliner Rathaus geplant. Zuvor war das Gebiet Rangierfläche des Güterbahnhofs bis hin zum Westhafen.


    hier eine Detailansicht von Norden gesehen in Richtung Süden am rekonstruierten Modell:


    https://de.wikipedia.org/wiki/…auptstadt_germania_07.jpg

    3 Mal editiert, zuletzt von Camondo ()

  • Ich glaube, dass das Gebiet überbewertet wird und nicht für ,,architektonische Wunderwerke" taugt.


    Wie soll denn ein Areal gelegen sein, damit man dort vernünftige Bauten errichten kann? Die Londoner Bauten am Albert Embankment sind zwischen die Themse, die verkehrsreiche Straße und eine verkehrsreiche Bahnlinie eingezwängt (und sie wirken bisserl besser als die Kästen, die ich hier auf den Visualisierungen sehe). Auf dem benachbarten ehemaligen Industriegebiet Nine Elms entstehen Wolkenkratzer und die neue US-Botschaft.


    Der Düsseldorfer Medienhafen mit den Gehry-Bauten (ebenso interessantere als die Dinger hier) ist ehemaliger Industriehafen, dessen Rest nur wenige 100 Meter weiter existiert. Da ist die Lage in Berlin verglichen damit luxuriös.


    Wollen wir noch die Hamburger HafenCity nicht vergessen (frischere Bilder als in der Wikipedia) - einstiges Industriegebiet, wo etwas interessantere Bauten entstehen konnten als die Visualisierungen hier.


    Der Duisburger Innenhafen, eingezwängt zwischen eine Autobahn und den Kanal, einige Bauten interessanter als die hier - erreicht mit Immobilienpreisen einer Revierstadt, weit unter den Berliner Möglichkeiten.


    Und überhaupt - normalerweise werden überall die Lagen am Wasser nicht als Einschränkung gesehen, sondern sind gerade besonders begehrt. Dass die Lage des HBf zentral ist, muss man sich vielleicht noch gewöhnen, aber langsam entwickelt sich da was - man kann sie unmöglich genauso als Niemandsland begreifen wie kurz nach dem Mauerfall.

    Einmal editiert, zuletzt von Bau-Lcfr ()

  • Danke Camondo - wobei ich mich wohl hätte besser ausdrücken sollen: Nicht vor dem 2. Weltkrieg sondern auch vor 1933. Die Nazi-Regierung war zu sozialistisch geprägt und ideologisch um das als "natürliche Stadtentwicklung zu sehen".


    Wirklich interessant würde ich finden was vor 1933 dort war bzw. dort geplant war.

  • Die Frage von UrbanFreak war ja nach der Bebauung VOR den NS-Umgestaltungen. Hier stand der Lehrter- und der Nordbahnhof und das Areal war Bahngelände.



    (C) akg-images

  • @ Bau-Lcfr:
    Wie ich schon andeutete: Natürlich ginge es besser! Aber in dem Areal werden schließlich viel mehr Gebäude stehen als in den Beispielen aus den anderen Städten. Z.B. sind am Düsseldorfer Medienhafen auch nur drei herausragende Häuser entstanden und wahrscheinlich wurde aber über diese und die meisten anderen Gebäude dort genauso kontrovers diskutiert, wie jetzt hier.
    Und ich bleibe dabei: Es wird ein Areal zwischen mehrspuriger Bahntrasse und mehrspuriger Bundesstrasse und einem unbedeutenden Kanal sein. Und nicht der Rhein, die Elbe oder gar die Themse. Dafür ist die Planung ganz gut.