Sanierung Staatsoper

  • Zumindest war ich einer der Interviewer in der Umfrage und diese wurde tatsächlich vollkommen neutral gestellt - ohne Tränen bzgl. des Altbaus und der wertfreien Möglichkeiten, einen "völlig neuen, modernen Saal" zu errichten.


    Viele Angerufene wussten über die Problematik bescheid und die, die davon erst in Kenntnis gesetzt werden mussten, stimmten meist spontan für den Erhalt des jetzigen Saales.

  • "20 Prozent hätten angegeben, im vergangenen Jahr mindestens eine Aufführung in der Staatsoper besucht zu haben. Diese Zahl hat die Stiftung Oper in Berlin stutzig gemacht, (...). Denn wären 20 Prozent der Berliner 2007 mindestens einmal in der Staatsoper gewesen, hätte diese über 600 000 Besucher gehabt."


    Ja, 20% der Berliner! Aber es waren doch nur 20% der befragten Berliner, also grad mal 200...


    AeG
    Den Ostalgikern wäre bei dem Wort DDR bestimmt das Herz aufgegangen ;).


    Welchen Sommerhit meinste denn?

  • Na dann kann die Studie ja nicht repräsentativ gewesen sein. Lief die Umfrage telefonisch ab? Das ist heute schon arg verzerrend, denn der Trend geht immer mehr weg vom Telefonbuch-Eintrag. Bestimmte Bevölkerungsschichten kann man damit schon gar nicht mehr genügend erreichen. Oder wurde vor Ort befragt, etwa direkt unter den Linden? Das dürfte das Ergebnis wegen des hohen Anteils an Flaneuren mit besonderer Affinität zu historischen Umgebungen auch beeinflussen. Ich dachte auch immer, professionelle Umfragen beinhalten mehrere geschickte Fragegestellungen, unter anderem auch solche die helfen, die grundsätzliche Ehrlichkeit des Interviewten bei bestimmten Aussagen zu erfahren?


    Ben, die Liste ist online noch immer abrufbar (war sie jedenfalls vor kurzem noch). Ich meine, es war irgendwas mit Blue (Dadi Dadadei oder so ;)). Bei den Ostsalgikern hast Du natürlich recht. Da würde sogar die Faschismus-Keule u. U. versagen. Aber die sind ja schon in den Kampf um den Palast eingespannt worden. Gleichzeitig für Palast und Oper zu protestieren, dürfte selbst denen argumentativ schwer fallen :).

  • Warum sollten 200 Personen nicht repräsentativ sein? Stichproben mit 30 Personen können bei einer einfachen ja/nein Frage bereits völlig ausreichend sein. Wenn man unterstellt, dass bestimmte Personenkreise (welche und wieso) überrepräsentiert sind, klingt dies auch eher nach Verschwörungstheorie. Die Fragestellung sollte nur "geschickt" am Thema vorbei gehen, wenn man keine ehrlichen Antworten erwarten würde, wie bei Ausländerfeindlichkeit oder ähnlichem.


    Interessant ist auch, dass niemand mehr von Akkustik spricht. Veilleicht merkt man, dass mehr Hall auch mehr Probleme bringt, insbesondere bei älteren Opernstücken, die musikalisch feingliedriger sind. In Paris gibt es deshalb eine Arbeitseilung zwischen der Opéra Garnier und der Opéra Bastille, dies kann man auch gut auf Berlin und seine drei Opern übertragen.


    Stattdessen muss nun die "faschistische Architektur der DDR" als Begründung herhalten :D Deshalb hat man in Westberlin auch eine Oper mit demokratischen legitimierten Sichtbeton gebaut... :lach:

  • Du hast die Ironie beim Thema "faschistische Architektur" nicht erkannt, nehme ich an. "Herhalten" muss hier gar nichts. Das sollte nur heißen, nichts ist so einfach manipulierbar wie Volkes Meinung.

    Und dass die Befragung nicht repräsentativ sein kann, ergibt sich aus dem zitierten Mißverhältnis zwischen der Hochrechnung in der Antworten und den tatsächlichen Besucherzahlen. Falls die Umfrage statistisch gesehen aber doch wasserfest wäre, spräche das für eine leichte Wahrnehmungsverzerrung oder mangelnde Wahrheitstreue unter den Befragten. Andere Vorschläge? Eine "Verschwörungstheorie" kann ich nicht erkennen. Oder gibt die Staatsoper vielleicht falsche Besucherzahlen an? ;)

  • Na dann kann die Studie ja nicht repräsentativ gewesen sein. Lief die Umfrage telefonisch ab? Das ist heute schon arg verzerrend, denn der Trend geht immer mehr weg vom Telefonbuch-Eintrag. Bestimmte Bevölkerungsschichten kann man damit schon gar nicht mehr genügend erreichen.



    Will darauf jetzt gar nicht zu sehr eingehen, weil OT, aber nur so viel: Ja, die Umfrage lief telefonisch ab und nein, solche Umfragen werden NICHT nach dem Telefonbuch durchgeführt, sondern per Zufallsbetrieb und davon dann auch noch mal bei jedem Anruf (nicht jeder, der rangeht, wird befragt). Das Ergebnis wird auch ausgewertet nach bestimmten Gesichtspunkten wie Alter, Geschlecht etc., es sind also noch sicher weitere Informationen verfügbar. Möglicherweise wurde bei der niedrigen Zahl der Angerufenen auch auf die "Durchschnittsberliner" hochgerechnet, sollten z.B. zufällig mehr Frauen als Männer befragt werden, so wird auch nicht einfach das Ergebnis übernommen, sondern in etwa im Verhältnis 1:1 gewichtet.


    Telefonumfragen haben zwar den Nachteil, dass sie auch nicht die "Wahrheit" wiedergeben können, letztlich sind sie mE jedoch Straßen- oder schriftlichen Umfragen insofern stark überlegen, als dass sie über ein Zufallsprinzip verfügen und nicht nur diejenigen mitmachen, die an solchen gesellschaftlichen Fragen sowieso interessiert sind.
    Deshalb auch mein Einwand, dass die Reaktion bei fast allen Angerufenen sofort für den Erhalt des Saales war bis hin zur Empörung, dass man den alten Saal abreißen wolle. Die Frage nach dem letzten Opernbesuch war definitiv drin und bezog sich auf "die letzten 12 Monate", es ist denke ich möglich, dass viele hier auch vor 2, 3 Jahren in der Oper waren und dieses intuitiv mit reingebracht haben - wobei ich hier schon einen Unterschied machen würde zwischen der Aussage "soll erhalten bleiben" und "ich war in der Oper" - beides ist subjektiv, ersteres jedoch weniger falsch als das zweite, da man sich hier nicht irren kann, sondern nur eine Meinung abgibt.


    So, sorry für den kleinen Exkurs. :)

  • Heißt "nach dem Zufallsprinzip", dass beliebige Nummernkombinationen gewählt wurden, auch solche, die nicht im Telefonbuch zu finden sind? Ich kenne nämlich kaum noch Leute in meiner Generation, die dort überhaupt mit ihren Privatnummern verzeichnet sind. Nach meiner Beobachtung stehen dort vor allem die älteren Semester drin, die das so gewohnt sind, oder eben ein paar sehr sorglose jüngere Leute.

    Man kann natürlich argumentieren, 60 Prozent der Befragten (!) hätten unwissentlich grob falsche Angaben gemacht. Aber findest Du das naheliegend? Die Staatsoper ist schließlich auch kein typischer Touristenmagnet, den man alle paar Jahre mal "aus Langeweile" aufsucht. Entweder man ist Opernfan, oder nicht. Zumal, viele der Karten werden mittlerweile über Abodienste an den Mann/ die Frau gebracht. Sorry, aber ich fände es viel naheliegender, dass der eine oder andere die von Dir angesprochene Empörung über den Umbau mit der so implizierten "Kompetenz" oder der Stilisierung zum "Opfer" Nachdruck verleihen wollte.

    Wenn Du in die Sache involviert warst, dann weißt Du vielleicht sogar, weshalb diese Frage gestellt wurde? Um die Diskreditierung kann es ja nicht gegangen sein. Das hätte man mit spezifischeren Fragen besser lösen können (z. B.: was gesehen und wann?, oder: was gefällt genau?).

  • Das ganze ist in der Regel eine geschichtete Stichprobe. Das Alter wird mit registriert. Wenn man anteilig zu wenig junge Menschen erwischt in der SP (weil die nur noch Handys haben), dann gewichtet man ihren Anteil höher, so dass der Anteil wieder dem Gesamtverhältnis der Bevölkerung entspricht.

  • anonym,

    nein, ich kritisiere nicht die historischen Bauten. Das ist ein Mißverständnis. Bin schließlich selbst für den Erhalt des Paulick-Saales! Ich kritisiere aber die geballte Dämlichkeit, die immer dann zu Tage tritt, wenn es Leute nicht dabei belassen können, eine Meinung zu haben, sondern sie auf Teufel komm' raus mit allen sinnigen und unsinnigen Methoden und Argumenten als die einzig Wahre verkaufen wollen. Genau so kritisiere ich das unreflektierte Bejubeln von modernen Bauten. Nur bietet sich das in diesem Umfeld weit seltener an. Dein Kommentar hat daher das Thema weit verfehlt. Wenn ich genau so undifferenziert wie Du urteilen würde, wäre Deine Äußerung eine tolle Vorlage, um den Historismus-Geschädigten pauschal jegliche Kompetenz abzusprechen. Mache ich aber nicht, ich bleibe beim jeweiligen Thema. Ääätsch! :)

  • Da hab ich jetzt spontan Lust bekommen mich offiziell als Historismus-Geschädigten zu bezeichnen. (Genauso wie unser guter Prinzregent Luitpold oder für die Preussen hier im Berlin-Forum, sowas soll's geben, unser guter alter Fritz ;) .)

  • Ach so? Und ich hätte schwören können, der Historismus war zu Zeiten des alten Fritz noch gar nicht geboren. Meinst Du "geschädigt" im Sinne von verfallen (so wie ich oben) oder im Sinne von angewidert, so wie Luitpold (eher direkt durch Ludwigs Eskapaden) oder Friedrich (eher indirekt durch allgemeine Bescheidenheit)? :D

  • Der Fritz ist mir zu schnell über die Tastatur gegangen, den nehm ich daher zurück und erstetz ihn zB. mit dem "alten" Willi.
    Unser Prinzregent war allerdings meines Wissens ein großer Fan der Antike (die wiederum meines Wissens einen großen Teil des so umfangreichen Historismus ausmacht).


    Der hochverehrte Ludwig mag zwar der bekannteste (und verrückteste) Historimusfan der Vergangenheit sein - aber nur das schillernde Beispiel. Die Stilrichtung (wenn man sie so bezeichnen kann) vom Aufgreifen vergangener Stile war zu dessen Zeit allgemein sehr populär. Und wird im Moment wieder im kleinen Umfang aus dem Repertoire gezogen in unseren Gefielden (in anderen hat sich die Mode gänzlich gehalten).

  • Naja, antike Vorbilder zu verehren und ggf. weiterzuentwickeln oder dem bedingungslosen Luxus zu frönen, indem man sich aus den auffälligsten Elementen der einzelnen Epochen pompöse Stückwerke bastelt, deren Hülle oft in keiner Relation mehr zum Inhalt steht, sind m. E. schon zwei verschiedene paar Schuhe :).

    Ich weiß nicht viel von Luitpold, aber nach dem, was ich bisher so aufgeschnappt habe, ist er nicht mit Ludwig vergleichbar. Hier mal eben ein Auszug aus dem Wikipedia-Artikel:

    Im Laufe seiner fünfundzwanzigjährigen Regentschaft verstand es der Prinzregent durch Bescheidenheit, Tüchtigkeit und Volkstümlichkeit, das anfängliche Unbehagen seiner Untertanen zu überwinden. Diese Prinzregentenjahre wurden schließlich zu einem goldenen Zeitalter Bayerns, auch wenn man dem weltfremden, verschwenderischen König Ludwig II. weiterhin nachtrauerte – was in einer folkloristischen nostalgischen Weise bis heute geschieht.

    Ich hoffe, Dein Auswechsel-Kontingent ist noch nicht erschöpft. ;)

  • Lange nicht ;)
    Doch ich möcht's mal dabei belassen.


    Allerdings hab ich's zum Anstoß genommen mich durch Wikipedia etwas zu bilden bzw. belehren. Dort liest man zwar z.B. unter selbigem Artikel: "Für die Natur, den Wald und die Berge schwärmte Luitpold wie seine Brüder für Kunst und Hellenismus", jedoch ebenso "Der deutsche Jugendstil erhielt in München ab 1896 seinen Namen."(Wikipedia) Was auch immer das bedeuten mag.
    Klickt man sich zum Artikel für Jugendstil durch so erhält man die Aussage: "Äußerlich kennzeichnende Teile oder Elemente des Jugendstils sind dekorativ geschwungene Linien sowie flächenhafte florale Ornamente und die Aufgabe von Symmetrien. Bei solchen formalen Klassifizierungen darf allerdings nicht übersehen werden, dass der Jugendstil keineswegs eine so geschlossene Bewegung war, wie die Bezeichnung 'Jugendstil' heute bei uns den Anschein erwecken mag. Es handelt sich um eine Reihe von teilweise auch sehr divergierenden Strömungen innerhalb Europas, die sich allenfalls in der Abkehr vom Historismus wirklich 'einig' waren, also der Ablehnung der bis dato gängigen Praxis der Nachahmung historisch überlieferter Formvorbilder." (Wikipedia).


    Das war mir bisher nicht bewusst. Der Jugendstil sollte dir daher sehr nahe stehen (zumindest dessen Philosphie). ;)

  • Die Umsetzung des Siegerentwurfs von Klaus Roth scheint vom Tisch zu sein. Laut Presseberichten will Wowi morgen in einer Presseerklärung bekannt geben, daß er sich heute mit Kulturstaatsminister Bernd Naumann darauf geeinigt habe den Saal von Paulick denkmalgerecht sanieren zu lassen.


    Festspiele.de


    Irgendwie hab ich persönlich das Gefühl, daß wir uns alle über einen akustisch fantastischen Saal hätten freuen können, wenn nur Herr Roth seinen Geltungsdrang etwas gezügelt und sich in Sachen Dekor an die Vorgaben gehalten hätte.

  • Irgendwie habe ich das Gefühl, dass diese ganze Sanierung in die Hose geht, weil einige Politiker sich populistisch in Szene setzen. Die meisten Leute, die sich so über den Umbau mokieren, haben doch wohl nie ein Opernhaus von innen gesehen!

  • War ja auch Zeit, man könnte jetzt zum Beispiel den zweitplatzierten Entwurf vom gmp nehmen, dort findet findet man eine wesentlich bessere Balance.

  • Meine Vermutung geht eher in die Richtung, diejenigen die sich mokieren waren wahrscheinlich zu oft in der Semperoper.

  • Dass der Vergleich Semperoper - Staatsoper gewaltig hinkt, sollten diejenigen, die ihre Augen nicht nur zum oberflächlichen Vergleichen, sondern auch zum Belesen nutzen, mittlerweile begriffen haben.


    Was denn für ein Geltungsdrang? Der Entwurf Roths hat die Jury unter allen eingereichten Arbeiten am ehesten überzeugt. Dass er seine Variante im Anschluss verteidigt, ist sein gutes Recht! Ich werte das eher als Tugend. Sonst könnte es nämlich schnell heißen: Hauptsache gewonnen, egal was kommen mag! Siehe Foster und andere, die manchmal nur des Namens wegen siegen und in Fällen besonderer Dreißtigkeit später - statt des eigenen Entwurfes - den eines unterlegenen Teilnehmers umsetzen. Ist Dir so etwas lieber? Wenn sich jemand profilieren wollte, dann warens Majoritäten innerhalb der Jury. Aber auch das tangiert den Bereich der Verschwörungsfantasien.