Leipzig: Areal Deutrichs Hof

  • Leipzig: Areal Deutrichs Hof

    Deutrichs Hof


    Wie die LVZ heute in ihrer Printausgabe berichtet, hat ein unbenannter deutscher Investor einen Großteil des Areals des ehemaligen Deutrich's Hof vom Bund erworben. Konkret handelt es sich dabei um die heutige Parkplatzfläche hinter dem Motel One mit einer Gesamtgröße von 2350 m². Auf seinen Wunsch hin sei der Kaufvertrag aber so gestaltet worden, dass dem Investor viel Zeit für die Projektentwicklung bleibt. Vorher müsste aufgrund der Vorgabe der Stadt, alte Baufluchten wiederherzustellen, noch eine kleinere Flächere am Fußwegrand der Reichsstraße von der Stadt erwerben. Die Baulücke im Schumachergässchen gehört momentan nicht zum Grundstück, da sie einer Firme aus Niedersachsen gehöre, es ist also unklar, ob diese Lückenschließung auch im Rahmen dieses Projekts erfolgen würde. Die LVZ hat wohl mit dem Investor gesprochen, dieser könne sich gestalterisch eine Anlehnung ans Original vorstellen. Das verwundert ein wenig, ich war bisher der Meinung, die Stadt bestünde hier auf eine weitestgehende Fassadenrekonstruktion. Vom 1968 abgerissenen Original sind noch Teile des Erdgeschosses, u.A. ein Portal, erhalten und sollen in jedem Fall integriert werden.


    Reichsstraße 14


    Zwischen Deutrichs Hof und LWB-Blöcken befindet sich das 1700 m² große Grundstück Reichsstraße 14, dass der Jewish Claims Conference gehört oder gehörte. Dort prüft jetzt die Stadtbau AG, einen Neubau zu errichten, befindet sich dazu laut eigener Aussage aber noch in einem sehr frühen Stadium. Laut LVZ plante der Vorbesitzer dort, ein sechsgeschossiges Geschäftshaus mit vier- bis fünfgeschossigem Parkhaus im Innenhof zu bauen. Hoffen wir, dass für die Stadtbau ein öffentliches Parkhaus an dieser Stelle keine Rolle mehr spielt.

    2 Mal editiert, zuletzt von DaseBLN ()

  • Gibt es dazu irgendeine Weiterentwicklung? Weiß jemand wem das Grundstück "Deutrichs Hof" gehört? Ist ja nicht zu fassen, dass da nichts passiert.

  • Noch vor einem Jahr hieß es hierzu in der LVZ:


    „Die gesamte Fläche mehrerer Grundstücke befindet sich in Privateigentum.

    Für das unmittelbar an das LWB-Gebäude angrenzende Grundstück Reichsstraße 14 ist eine Planung zur Wiederbebauung in Vorbereitung.

    Für den überwiegenden Teil des unbebauten Areals (befestigter Parkplatz, Reichsstraße 10 und 12)

    liegen der Stadt jedoch bisher keine konkreten Überlegungen des dortigen Eigentümers vor.

    Auch hier ist eine Wiederbebauung wünschenswert, da [...] das Stadtbild an dieser Stelle empfindlich gestört ist.“

    PressReader


    In der Deutschen Fotothek sieht man, wie's mal aussah.

    "Weitgehende Fassadenrekonstruktion" fügt sich m.E. nicht an dieser Stelle, selbst eine Anlehnung ans Original wird schwierig.

    Die Gestaltung wird eine Herausforderung.

  • Es handelt sich um zwei Grundstücke, ein schmales, direkt neben dem Plattenbau, für das es sehr konkrete Planungen für gewerbliche Nutzung gibt. Das größere Grundstück neben dem Riquet ist kompliziert. Dieses hat wohl (laut Gerüchten) vor einige Jahren die Bundesanstalt für Immobilienangelegenheiten an einem Leipziger Architekten verkauft, der aber nie den Kaufpreis bezahlt hat. Da er aber die Strafzinsen zahlt, wird oder kann der Kauf nicht rückabgewickelt werden, betreibt dafür lieber den Parkplatz auf der Fläche..

  • Das Problem sehe ich grundsätzlich darin, dass Stadt und LWB sich mal zur Zukunft der Reichsstraßenplatten äußern müssten. Um - wie eigentlich mal festgelegt - den Blockrand wieder auf Vorkriegsniveau herzustellen, kann man nämlich auch das schmale Grundstück nicht sinnvoll komplett im Blockrand bebauen, da es direkt an die Platte angrenzt.


    Zum anderen Grundstück - ich kann mir nicht vorstellen, dass es keine weiteren rechtlichen oder andere Mittel gibt, falls die Lage tatsächlich so sein sollte wie geschildert. Vielleicht könnte man die Nutzung als kostenpflichtigen Parkplatz untersagen - oder ist das rechtlich nicht möglich?

  • Gibt es denn Pläne was mit dem Plattenbau an der Reichsstraße passieren soll? Dieser steht ja der gesamten Entwicklung des Quartiers im Weg, verhindert die Heranführung der Bebauung an die historische Straßenbreite und verschenkt dazu noch irre viel wertvollen Platz, der bebaut werden könnte.

  • Bezüglich des Plattenbaus gibt es wohl momentan einen motivierten Denkmalpfleger , der einen Denkschutz für die LWB-Platte durchsetzen möchte. Aus meiner Sicht ein Schlag ins Gesicht für alle Bemühungen, in diesem Umfeld wieder kleinteilige Stadtreparatur zu ermöglichen - vor der Platzverschwendung ganz zu schweigen. Der Neubau wird in der Front tatsächlich bis vor zum Gehweg, also der alten Bauflucht gezogen werden. Nach links zum Plattenbau und rechts zum noch freien Grundstück, kommen dann voraussichtlich wunderschöne Brandwände.


    Zum Parkplatz sollte man sich vielleicht das ehem. Burgplatzloch zum Vorbild nehmen - erst als die Stadtverwaltung richtig Druck gemacht hat, kam Bewegung in die Geschichte.

  • Ein Erhalt des Plattenbaues wäre echt eine Katastrophe, die städtebaulich das gesamte Quartier als Torso zurück lassen würde. Muss es fernab der individuellen Gewichtung des Einzelbaus nicht auch eine Abwägung geben, welche Folgen ein Erhalt städtebaulich bedeuten würde?


    Ich bin manchmal einfach nur ratlos, wie man anhand einer solchen Denke im Bereich des Denkmalschutzes und dem Architektursektor generell überhaupt noch mal zu einem urbanen Städtebau zurückfinden will. Manchmal denke ich mir, was wäre, wenn es die aktuellen Stadtstrukturen nicht schon geben würde, sondern man der heutigen Generation von Entscheidern die Verantwortung für den Bau ganzer Städte anvertrauen wurde. Eine Orgie aus Würfeln, Dämpappe, Flach- und Staffeldächern in wahlweise Weiß, Grau und Beige wäre zu erwarten.


    Ich habe mir das Areal eben mal auf Google-Maps angesehen. Wie man hier allein städtebaulich auf die Idee kommen kann, die Platte zu erhalten, ist mir schleiderhaft. Letztlich wird es vermutlich das Kapital irgendwann erledigen, weil der Baugrund direkt in der City in der Boomtown Leipzig auf Dauer viel zu wertvoll sein wird, als dass man ihn derart verschenkt. Nur dann ist man als Stadt wieder der Getriebene anstatt jetzt selbst mit zu bestimmen, wie dieser zentrale Teil der Innenstadt mal aussehen soll. Man lernt teils einfach nicht dazu.

  • Man kann nur hoffen, dass der betreffende Denkmalpfleger sein Augenmerk lieber auf von Abriss oder Ersatzvornahme betroffene Denkmale aus der Vorkriegszeit richtet - oder auf wirklich bedeutende Bauten. Die Reichsstraßenplatte ist nun wirklich kein besonderes Bauwerk. Dem Pinguinblock kann man das sicher zugestehen, aber doch nicht einem popeligen Zeilenbau, von dem es vermutlich Tausende gibt. Die DDR ist außerdem in der Innenstadt durch viele Bauten ausreichend vertreten, sodass das Argument in meinen Augen auch nicht zählt.

  • Das würde den Rückbau auf den histor. überlieferten, leicht verschwenkten Straßenverlauf der Reichsstraße vor ein paar Jahren ad absurdum führen und die katastrophale städtebauliche Situation manifestieren. Wie Birte richtig anmerkte stellt die Platte architektonisch nichts besonderes dar und es gibt im Zentrum bereits eine Vielzahl an weit bedeutenderen Bauten aus DDR-Zeit, die zurecht unter Schutz gestellt sind.


    Ende der 90er sollte das Areal um Deutrichs Hof übrigens mit vier etwa gleichgroßen Einzelgebäuden, die sich um ein Passagenkreuz gruppieren, bebaut werden. Eine der beiden Passagen hätte die Nikolai- mit der Reichsstraße, die andere das Schuhmachergäßchen mit einem Kinokomplex (8 Säle für 2000 Besucher) verbunden. Die Wiederherstellung der Fassade von Deutrichs Hof war vorgesehen und die Fassade des angrenzenden Neubaus hätte den verschwenkten Straßenverlauf nachgezeichnet. Für die Planung damals verantwortlich war gmp, die auch die Neue Messe geplant haben.

  • ^ die Stadt beabsichtig nicht, die etwas aufgelassen Reichsstraße wieder zu verengen. Dem im Wege steht aber kein Neubau. Es kann also theoretisch ein Neubau von Deutrichs Hof dann abgewinkelt der jetzigen Situation hin zum ehemaligen Brühl-Pelz gehen. Was, meines Erachtens, nicht so schlimm ist. Das wird auch bei einer zukünftigen Wiederherstellung von Böttcher- und Salzgässchen so passieren. Auch hier wird die Stadt nicht die sehr schmale Flucht der Vorkriegsbebauung aufgreifen sondern etwas mehr Platz lassen. Auch das ist nicht Negativ sondern eine städtebaulich gesunde bzw verträgliche Neuinterpretation.



    Eine generelle städtebaulich Katastrophe sind beide architektonisch nicht-relevanten DDR-Blöcke zwischen Reichsstraße und Markt aber bisher. Diese sollten unbedingt irgendwann von der LWB verkauft und für das Geld wesentlich mehr Wohnungen an anderer Stelle errichtet werden. Im jetzigen Kontext und Duktus von zu wenigen neuen Sozialwohnungen wahrscheinlich eher schwierig. Auch werden sich dann wieder Pseudo-Architekturkenner um einen Erhalt dieser sterbenden Schwäne aufblasen.


    Ich hoffe, dass diese unsägliche Situation direkt im Wohnzimmer der Stadt, bald in der Geschichte verschwindet. Alles andere wäre absolut unverständlich und vor allem provinziell.

  • Aus städtebaulicher Sicht ist es nicht falsch, die "Reichsstraßenplatte" zu erhalten, erinnert und mahnt sie doch an die damaligen Umbrüche in der Leipziger Innenstadt.


    Das Brühlpelz-Hochhaus hätte man genauso abbrechen können und von dort an bis zum Deutrichs Hof eine kleinteilige Neubebauung errichten können. Nun harmonieren aber beide DDR-Bauten an der Reichsstraße noch.

  • Zwei Thesen:

    - Das Wiederherstellen alter (oder nahezu alter) Baukanten allein sorgt nicht für Urbanität. Beweis: Die IBIS-Hotels gegenüber.

    - Urbanität hängt nicht zwingend an historischen Baukanten und nicht zwingend an altgrundstückskleinen Gebäudebreiten. Beweis: Grimmaische Str., Das heutige Unigebäude ist nicht kleinteilig, die Grimmaische Str. davor jedoch gut urban.


    So gesehen ist es aus meiner Sicht wichtiger, die Bauvolumina von exDeutrichs Hof zu schaffen, dabei gern ohne Rücksicht des Rücksprungs der Wohnplatte Reichsstraße.

  • ^^ Sorry, aber das verstehe ich nicht - das Gelände der Reichsstraßenplatte war doch vorher (nach vollständiger Kriegszerstörung) eine Brache, oder täusche ich mich? An die Umbrüche und den Wiederaufbau erinnern andere Gebäude, dafür braucht es den Vorstadtflair verbreitenden Riegel meiner Ansicht nach nicht.


    ^ Natürlich hat die Bebauung der (Teil-)Grundstücke von ehem. Deutrichs/Amtmanns/Löhrs Hof eine höhere Priorität als die Zukunft der Platte - Mir ging es zunächst einmal darum, dass die städtebauliche Intention (alter Blockrand vs. Nachkriegsblockrand) geklärt ist. Das scheint ja laut User Markkleeberger geschehen zu sein und man legt sich zumindest für diese Grundstücke auf den alten Blockrand fest. Damit kann es ja nur verhältnismäßig kleinteilig werden und der Blockrand wird in Zukunft zumindest bis zur Platte wieder hergestellt werden - was die unglückliche Positionierung derselben noch stärker betonen wird.

    Aufgeweiteter Straßenraum kann übrigens meiner Ansicht nach durchaus die Entstehung von Urbanität behindern.

  • ^ Ich vermute mal, DAvE meinte den Wiederaufbau nach sozialistischen Idealen rund um den damit entstandenen Sachsenplatz, dessen letzte Reste der Reichsstraßenriegel und Brühlpelz sind. Mithin also weniger die architektonische, sondern eher die städtebauliche Umsetzung.


    Als sub-/un- oder antiruban empfinde ich die jetzige aufgeweitete Reichsstraße gar nicht mal unbedingt, insbesondere die Nutzung am Böttchergässchen als Erweiterung des Weihnachtsmarktes oder den Kinderspielplatz, der sonst im Zentrum wohl kaum stattfinden würde. Was die Lebendigkeit betrifft, fehlt diese doch eher aufgrund der nichtvorhandenen straßenseitigen Erdgeschossnutzung der Museumsrandbebauung, während die erwähnten DDR-Gebäude größtenteils über eine gastronomische Erdgeschossnutzung samt großer (in einer verengten Reichsstraße nicht mehr möglichen) Freisitze verfügen.


    Zurück zum Deutrichs Hof: die Bebauung des Areals kann m.E. erfolgen, völlig ohne die Zukunft des Reichsstraßenblocks in Frage zu stellen. Selbst bei einer strikten vollständigen Bebauung der (verkleinerten) Blockrandgrenzen sprechen wir hier von einem Überstand gegenüber dem Gebäude von vielleicht 4 Metern. Die Wunde hier ist m.E. nicht dieser Block, sondern ganz eindeutig die Parkplatzbrache samt abartiger Rückseite des Motel Ones, insofern wird man das Thema nach erfolgter Schließung ebendieser Wunde vielleicht wieder etwas anders betrachten.

  • ^ Am südlichen Ende des Blocks mögen die 4 Meter stimmen - weiter nördlich ist die Differenz deutlich größer. Das gibt Dir aber umso mehr recht, was den Wiederaufbau von Deutrichs Hof betrifft. Dieser unsäglich Parkplatz ist da das weitaus größere Manko.


    Meines Erachtens ist das größte Problem mithin das Areal um Leos Brasserie mit den Rückseiten der Nikolaistraßenhäuser.


    Insgesamt bin ich hin- und hergerissen, da auch der Stadtraum aus DDR-Zeiten erhaltenswerte Züge hat. Aber: des Gesamtkonzept ist nie vollendet worden und mit der Umgestaltung von Sachsenplatz und Brühl-Bebauung ist nur noch ein trauriger Rest vorhanden. Einen erhaltenswerten DDR-Stadtraum gibt es ergo gar nicht mehr.

  • ^ streng genommen gibt es von der früheren Barock-Bebauung nur noch Reste... Ein Aufwiegen mit der DDR-Bauhistorie wäre eine Wertung, die nicht sinnvoll ist. Beide (und weitere) Epochen haben im Zentrum ihren Platz.

  • "(...) Das verwundert ein wenig, ich war bisher der Meinung, die Stadt bestünde hier auf eine weitestgehende Fassadenrekonstruktion. Vom 1968 abgerissenen Original sind noch Teile des Erdgeschosses, u.A. ein Portal, erhalten und sollen in jedem Fall integriert werden."

    Gibt es denn bezüglich dieser angeblich erhaltenen Fassadenteile aktuelle Informationen? Lagert diese die Stadt ein?

  • ^ Am südlichen Ende des Blocks mögen die 4 Meter stimmen - weiter nördlich ist die Differenz deutlich größer.

    Mir ging es eigentlich nur den weiter oben mehrfach erwähnten Versatz am direkten Übergang zwischen Lückenbebauung und Reichsstraßenriegel. Die Differenz am nördlichen Ende ist ja kein Bug, sondern ein Feature ;)


    Meines Erachtens ist das größte Problem mithin das Areal um Leos Brasserie mit den Rückseiten der Nikolaistraßenhäuser.

    Da geh' ich mit. Eine bessere Durchgängigkeit zur Nikolaistraße unter Wiederherstellung ehemaliger Passagenverbindungen wäre schon wünschenswert, und durchaus auch sofort unter Erhaltung des Blockes möglich.


    ^ Einen erhaltenswerten DDR-Stadtraum gibt es ergo gar nicht mehr.

    Naja, das Konzept Riegel / Querriegel mit Treppe zum Höhenversatz ist ja ein recht typisches im sozialistischen Städtebau und findet sich, gern kombiniert mit zwei handtaschentragenden "Fräuleins" im Vordergrund in gefühlt jedem zweiten 70er/80er-Jahre Bildband. Ich empfinde das hier schon noch als DDR-Stadtraum, vielleicht nicht den wahnsinning Einmalig-Ungewöhnlichen, aber nun auch keinesfalls einen, der sofort und um jeden Preis beseitigt werden muss.