Südliche Friedrichstadt (Kreuzberg) | Kleinere Projekte

  • Welche "Heterogenität" ist denn gemeint, wenn in den Obergeschossen in Eigentums- oder eigentumswohnungsgleichen Wohnungen gewohnt und im Erdgeschoss Gewerbe, teils ggf. mit Sozialbezug, angesiedelt wird?


    Das ist doch wirklich nichts Ungewöhnliches in Berlin. Mir scheint es hier seitens der Grünen-Mehrheit im Bezirk eher um gezielte Protektion des eigenen Wählerklientels zu gehen - Eigentum schaffen auf kosten des Steuerzahlers.

  • Ich kann Konstantin nur zustimmen. Das scheint Klientel-Politik. Schade ist, dass bei solchen Ansätzen also Folge von zig Abstimmungsrunden womöglich schon ein gemeinsamer Nenner herauskommt - aber eben meist die kleinste. Selten setzen städtisch auf diese Art getriebene Projekte wirklich Impulse. Meist dienen sie der Versorgung von Leuten, die am "freien Markt" zu schlecht sind, um unterzukommen. Impulse kommen fast immer aus Disruptionen und Extremen - seien es unternehmerische wie Google oder politische wie dem Mauerfall. Und fast nie aus dieser Sorte politisch-korrekter Verquasungen. Ich erwarte daher nicht, dass von dem Projekt grossartige Wirkungen auf das städtebaulich und sozial geschundene Umfeld ausgehen.

  • Frei nach Proudhon / Schmitt: "Wer Vielfalt sagt, will betrügen." Die sehr ausgeprägte Klientel-Politik der Kreuzberger Grünen (grundsätzlich natürlich der meisten Politiker) wird einem doch beinahe täglich ins Gesicht gedrückt.

  • Die Sprache in der Broschüre ist nicht nur gewöhnungsbedürftig, sondern klingt nun mal wie Bullshit-Bingo (die gelegentlichen Einblecke in dieses Millieu lassen mich immer wieder erschaudern ob ihrer Geistlosigkeit). Daher meine Frage, was man sich unter einem Kreativzentrum vorstellen soll oder warum man dies mit Steuergeldern fördern sollte.

  • taz Neubau in der Friedrichstraße 20-22

    Die taz Verlagsgenossenschaft hat nun einen Ideen-und Realisierungswettbewerb für den geplanten Neubau eines Verlagsgebäudes ausgelobt.


    Kurzer Auszug aus der Wettbewerbsauslobung: "Gegenstand des Wettbewerbs ist der Neubau eines Redaktions- und Verlagsgebäudes der taz.die tageszeitung in Berlin Friedrichshain-Kreuzberg, Friedrichstraße 20-22 mit einer geplanten Nutzfläche von ca. 5.800 m². Die Ausloberin erwartet Entwürfe mit hoher ästhetischer und funktionaler Qualität, die das Image der taz und das besondere Standortprofil als zukünftiges Kreativzentrum gestalterisch umsetzen. Es werden hohe Anforderungen an die architektonische Ausdruckskraft unter Berücksichtigung der innerstädtischen und städtebaulichen Situation, an die Qualität, Flexibilität und Funktionsfähigkeit der Innenräume und Arbeitsplätze, die energetische Optimierung des Gebäudes, den ökologischen Wert der verwendeten Materialien und an eine wirtschaftliche Konzeption und Planung gestellt. Das Bauvorhaben soll bis Mitte 2017 fertig gestellt werden."


    Quelle: http://www.baunetz.de/wettbewe…fuer_die_taz_3483143.html

  • Der Neubau ist Teil eines Kreativquartierts, dessen Mitte die Erweiterung des judischen Museums bildet.


    Vielleicht sollte man den Thread umbenennen, da ein Drittel der Beiträge in diesem Strang ohnehin vom Quatier handeln und der Umbau eher, nunja, mäßig interessant geworden ist.

  • Die taz erklärt ihren "GenossInnen" mal, warum sie sich den Neubau überhaupt leisten kann und klopft sich bei der Gelegenheit natürlich selbst bißchen auf die Schulter. Offenbar steht es um den Verlag finanziell gar nicht mal so schlecht. http://blogs.taz.de/hausblog/2…sich-ein-neues-haus-baut/
    (Stellt sich mir nur noch die Frage, warum die taz dann nicht in der Lage ist, ihren Volontären den selber bei jeder Gelegenheit propagierten Mindestlohn zu gönnen. Als linksalternatives Blatt nimmt man da ja ziemlich leichtfertig böse Zungen wenn nicht gar Hohn der politischen Gegner in Kauf.)


    Die Projektbeschreibung. Offenbar möchte man sich am sowjetischen Konstruktivismus der 20er und 30er Jahre orientieren. Gezeigt werden 2 Entwürfe für das Redaktionsgebäude der Leningrader Prawda aus dem Jahr 1924.

    Zum Straßennamenstreit bitte in diesem Thread weiterdiskutieren.
    Bato

  • Die Shortlist der teilnehmenden Büros für den Neubau des TAZ Gebäudes ist veröffentlicht worden. Bis auf BIG sind es eher kleine bis mittlere Büros. Klick

  • ^
    An sich finde ich es sehr wohltuend mal nicht die immer gleichen größeren Büros im Teilnehmerfeld zu sehen. Hier können auch mal die kleineren zeigen was sie drauf haben. Ein Blick über die Werke der dort verlinkten Büros lässt eher auf kantige, wenig spektakuläre Entwürfe schließen. Fast das genaue Gegenteil vom Springer-Wettbewerb ;)

  • Danke für die - wenn auch sehr dünne - Meldung :rolleyes:


    Hier ein paar mehr Bilder:


    Modell



    Außenperspektive



    Innenperspektive



    (C) E2A / Piet Eckert und Wim Eckert / Architekten ETH BSA SIA AG


    Die Architekten über die Fassade:

    Die architektonische Gestalt des neuen Hauses für die taz erinnert an den Moskauer „Schabolowka“-Radioturm von Wladimir G. Schuchow aus den frühen 1920er Jahren, dessen Struktur, als Netz ausgebildet, mit möglichst wenig Material maximale Tragfähigkeit erreichte. Der Moskauer Radioturm steht nicht nur für die Fortschrittlichkeit und Leistungsfähigkeit der jungen Sowjetunion und für die „Überwindung des Alten und Schweren“ (Jule Reuter in Museumsjournal 2/2012), sondern auch als Sinnbild eines Tragsystems, in dem jedes Element die gleiche Wichtigkeit hat. Das Netz ist eine Struktur, in der alle Teile gleichviel zu leisten haben und nur zusammen Stabilität erreichen. Es ist ein System ohne Hierarchie. Die architektonische Anmutung des neuen Hauses für die taz wird so Struktur und Sinnbild der Organisation zugleich.
    Die Taillierung im Grundriss durch den Hof und den Rücksprung erlaubt es der Tragstruktur, sich als dünnes Netz an der Peripherie des Hauses abzubilden und dadurch im Inneren auf zusätzliche aussteifende Strukturen zu verzichten. Lediglich entlang der zukünftigen Brandwand wird eine Serviceschicht etabliert, welche die Nebennutzungen und die Aufzugsanlagen aufnimmt.


    Ab nächstes Jahr soll mit den Bauarbeiten begonnen werden. Fertigstellung den rund 20m€ teuren Baus und Aufnahme der Redaktionsarbeit ist für 2017 vorgesehen.

  • Danke für die Meldung über den Neubau der TAZ. Ich dachte immer das linke Boulevardblatt sei stets kurz vor der Pleite, der Finanzier ist dann wohl ein anderer.


    Referenzen zu anderen Gebäuden sind immer ein heikles Thema. Hier schreibt die TAZ selbst: "Bezüge vom Konstruktivismus über sowjetischen Radioturm bis zum spacigen Club Berghain". Abgesehen davon, dass ich Berghain-Bezüge nicht erkennen kann (Berghain-Fassade) scheinen mir die Bezüge zu einem Netz fragwürdig, da die Netzstruktur nicht gleichmäßig über das Haus gezogen werden soll. Es findet eine klare Zonierung zwischen Sockel, Mittelteil und Oberteil statt, der diese Assoziationen ziemlich verwässert.


    Vom Bezug her hätte die TAZ auch den Bezug zu den Schwedler-Kuppeln herstellen können, aber das war offenkundig zu wenig revolutionär.


    Ob das Land Berlin durch die verbilligte Vergabe des Grundstücks unbedingt die TAZ subventionieren muss, die als linke Boulevardzeitung sicher kreativ ist, ob sie jedoch Staatssubventionen verdient sei einmal dahingestellt. Stolz städtebauliche Bezüge zu Architekturikonen der frühen Sowjetzeit, mithin zu einem totalitären politischen System des vorsätzlichen politischen Mordes herzustellen, können hier mitmaßlicherweise nicht den Ausschlag gegegben haben. Vielleicht hat Berlin ja noch ein subventioniertes Areal für Axel Springer überig?

  • Mich machen die Bilder neugierig, diese fachwerkartige Netzstruktur fällt aus dem Rahmen dessen, was in den letzten Jahren in Berlin gebaut wurde. Mir gefallen auch die Asymmetrien im Sockelteil.


    @ Konstantin: Du bist doch sonst kein Freund von politisch motivierten Diskreditierungen vergangener architektonischer Leistungen, dachte ich. Und nun ausgerechnet aus deinen Tasten diese alberne reductio ad Stalinum... Nur zur Erinnerung: Wladimir Grigorjewitsch Schuchow wirkte ganz überwiegend zu Zarenzeiten, er war zum Zeitpunkt der Oktoberrevolution 74.

  • Den Bezug zum Berghain muss man wohl im inneren und nicht an der Fassade suchen. Wie auf Bild 3 dominieren im Berghain Beton und weite. Vielleicht ist das damit gemeint, wobei ich mir nur schwer vorstellen kann das die "normalen" Büroräume auch etwas von weite haben werden ;)

  • ^^Nix Stalinum. Wenn überhaupt Uljanowum vulgo Leninum - das Ding ist aus den 1920ern.
    Den Begriff mit der "albernen Reduktion" merke ich mir für den Fall, wenn ich mal wieder einen Mussolinibau schön gefunden habe und die Gemeinde hier über mich herfällt.

    2 Mal editiert, zuletzt von Konstantin ()

  • ^Ja, eben, im Fall von Bauten aus dem Faschismus oder der NS-Zeit gilt das gleiche.
    Ad Stalinum bewusst gewählt, weil für die turbulenten und avantgardistischen Jahre unmittelbar nach der Oktoberrevolution die Rede von einem Totalitarismus m.E. noch keinen Sinn ergibt.
    Schuchow war zum Zeitpunkt der Oktoberrevolution 74 Jahre alt.

  • Irgendwie schon witzig, dass taz und Springer fast gleichzeitig neue Gebäude errichten. Mir gefällt der taz-Bau zumindest auf den Visualisierungen recht gut. Wie ElleDeBe schon schreibt, fällt die Fassade aus dem üblichen Raster. Bei der realen Wirkung wird es aber die üblichen Abstriche geben. Was die ganzen architektonischen und symbolischen Bezüge angeht, muss man das mE nicht allzu Ernst nehmen - wobei so ein Verlag ja in der Tat wie ein Netzwerk funktioniert.

  • Gar nicht schlecht, gaaar nicht schlecht - da hat der beste Entwurf gewonnen! Sehr schick das Netz und das rot ganz oben, das Ganze hat was Expressionistisches. Auch innen (soweit das 1 Bild zulässt zu sagen) überzeugend, vornehm und großzügig. Ich bin ehrlich verwundert über so viel konservative Repräsentation seitens der taz (Glückwunsch dazu!), ich hätte eher eine Ökoarchitektur mit Vertikalbepflanzung, einen kastigen Langweiler, der in den üblichen "Dialog" mit der Umgebung tritt oder gleich was völlig Dekonstruktivistisches erwartet.
    Die Verbindung zu dem Radioturm sehe ich allerdings gestalterisch nicht wirklich. Dann könnte man auch Bezug auf die Londoner "Gurke" genommen haben, was ebenso entfernt wäre. Aber seis drum. Dass man Bezug nehmen möchte auf einen Bau der frühen Sowjetmoderne, kratzt mich nicht im geringsten, solange es schlicht und einfach gut aussieht. Was der Architekt sicher nicht wusste (die taz sollte es wohl), ist dass man aus dem Gebäude direkt in die Hedemannstraße blicken kann, wo Göbbels in seiner Zeit als Berliner Gauleiter der NSDAP seinen Sitz hatte, um das rote Berlin vor der NS-Machtergreifung aufzumischen. Hätte man auch noch schön in die Story zum Haus mit hineinpacken können ;)In meinen Augen ist das Gebäude tausend mal schöner als Springers Protz-Glaskasten in Planung. Die Grünfläche an der Blumenmarkthalle/ jüdisches Museum wird nach und nach richtig gut gefasst. Fehlt nicht mehr viel zum echten Aufenthaltsort.

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