Wilhelmstraße - Plattenbaumoderne vs Neubebauung

  • da fand ich die Platte irgendwie "echter" - nicht so heile-Welt-spießbürgerlich...


    das muss man jetzt aber nicht verstehen... was heile Welt - spießbürgerlicheres als gerade diese Platten gab es doch in der DDR wirklich nicht.

  • Mhm - ich finde den dargestellten Entwurf ziemlich banal...


    Aber wie schon im Thread zum Hauptbahnhof steht, muss man wohl damit klarkommen, dass das meiste, was errichtet wird einfach bloß Hintergrundrauschen sein will für die Highlight-Solitäre... - gut - das Gebäude wird aber wohl ziemlich kitschig - und das als Hintergrund für das Holocaust-Mahnmahl... - da fand ich die Platte irgendwie "echter" - nicht so heile-Welt-spießbürgerlich...


    Die ganze Luxus-Platte ist Inbegriff des DDR-Spießbürgertums, da diese privilegierten Wohnungen fast ausnahmslos an verdiente Genossen und Parteikader vergeben wurden.


    Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob dieses Schicksal nicht alle Platten in Mitte ereilt. Zumeist mindere Bauqualität, schlechter bzw. unzureichender Wohnungszuschnitt weil eben auf DDR-Lebenswelt ausgerichtet. Ein Investor kann so ein Objekt kaum marktgängig machen, um entsprechend höhere Miete reinzuholen. Da bleibt dann wohl in letzter Konsequenz aus Investorensicht nur der Abriss.

  • Kurz vor dem Mauerfall wurde die ganze Gegend noch zugeklotzt mit dieser Einheitsplatte für privilegierte Staatsträger. Das gemeine Volk war hier in Mauernähe gar nicht tragbar. Miefiger geht’s wirklich nicht mehr. Mit dem Projekt kommen ein wenig Fantasie und Farbe in diese trostlose Gegend und es ist eine angemessene Verbeugung vor der bedeutsamen Geschichte der Wilhelmstraße.

  • ... ein IMHO furchtbarer Entwurf, da ist mir der Bestands Plattenbau symphatischer.


    Weder die Fassaden noch die Fenstergestaltung finde ich akzeptabel. Das ist Altherrenarchitektur und m.E. noch nicht einmal besonders gelungene. Daumen runter.


    Symphatisch?


    Wohl eher sympathisch. Kann man sich leicht über Pathos merken. Da kommt's her. Ist ja klar, daß die bildungsfernen Schichten solch einen Plattenbau toll finden. :)


    Aber mal im Ernst. Diese Zuschreibungen, die du lieferst, wirken auf mich etwas unkonkret und nebulös.


    Oder anders ausgedrückt: Altherrenarchitektur ist richtig geil. Mehr davon. Ich finde den Patzschke jedenfalls superduper.

  • Nicht das ich die Plattenbauten auf Dauer irgendwie erhaltenswert fände. Aber dieser Patzschketrumm verursacht bei mir Augenkrebs. Ein Monster, das in seiner Maßstäblichkeit nichts in der Wilhelmstr zu suchen hat. Eigentlich nirgends. Es sind tatsächlich feuchte Altherrenträume eines spießig, konservativen Patzschkeschisses. Auch die Anschlüsse an der rückwärtig gelegenen Bebauung sind mehr als fragwürdig.

    Einmal editiert, zuletzt von DerBe ()

  • Das ist Altherrenarchitektur und m.E. noch nicht einmal besonders gelungene.


    Aus dem gleichen Thread (ein paar Fotos folgten):


    Vieles würde ich als "Alltagsmoderne" bezeichnen wollen.


    Die Wahl ist also zwischen der Alltagsmoderne und der Alltagspostmoderne - wenn man dem Entwurf bessere Qualitäten abspricht. Vielleicht hätte die Postmoderne kleinteiliger ausfallen können, aber andererseits - umso mehr sollte man die Kleinteiligkeit in der einstigen Altstadt ca. einen Kilometer weiter östlich anstreben. Dort wollten einige Leute großstädtische Massstäblichkeit haben - dann wird diese halt hier verwirklicht, im nicht unbedingt ganz kleinteilig geprägten Teil der Innenstadt.

  • Gut gekontert. Wieso wollen denn jetzt einige Modernisten die einstmalige Kleinteiligkeit zumindest auf der Ostseite wiederhaben oder als vorbildlich darstellen? Ich weiß nicht genau, wie die Wilhelmstraße früher aussah. Mir scheint, im Westen kleinteilig, im Osten größere Prachtbauten. Sieht man ja zum Teil heute noch. Wie dem auch sei. Offenbar finden die Modernisten jetzt historisch korrekte Proportionen geil. :)


    Überhaupt ist jetzt die Historie das Maß aller Dinge. Okay, der Patzschke ist schon bombastisch. Er könnte aber auch gut eine neue Sehenswürdigkeit werden wie das Adlon. Es paßt einfach in die Ecke und zum neuen Berlin. Mir wird richtig warm ums Herz. Denn damit wird auch die ästhetische Voraussetzung für fesche moderne Entwürfe geschaffen. Das scheinen mir die Modernisten immer wieder zu vergessen.


    Aber das kann auch eine Fehleinschätzung von mir sein, denn manche Modernisten wollen wohl die ganze Stadt kontrastlos mit Moderne zubauen und finden das schön.

  • Verrätst Du uns auch, Echter Berliner, wo Du bei einer in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Straße wie der Wilhelmstraße den östlichen vom westlichen Teil abgrenzt? :confused:

  • Also, ich würde mal auf die Straßenseiten tippen. Wobei es sich da genau umgekehrt verhält. Die Westseite war durch Adelspalais bebaut, deren Gärten bis zur Akziesemauer entlang der Stresemannstraße reichten. Die Ostseite war meist mit normalen, parzellelierten Gebäuden bebaut. Allerdings gab es auch hier Ausnahmen am Wilhelmplatz. In späterer preußischer Zeit wurden die Palais zunehmend zu den führenden Staatsministerien, bzw. Amtssitzen, welche dann nach der Reichseinigung zu den Reichsstellen wurden.


    http://upload.wikimedia.org/wi…sschnitt_Grieben_1904.jpg

  • Architektenkind


    Die Strassenseiten sind gemeint. Die östliche Seite an der der Patzschke Entwurf angesiedelt ist war vor dem Krieg auch großteiliger bebaut, hier zum Beispiel das Reichsjustizministerium, glaube ich.
    Die westliche Seite war hingegen lockerer teils mit dreiflügeligen Barockpalais bebaut wie zum Beispiel Reichspräsidentenpalais, Reichkanzlerpalais etc.
    Tomov war schneller.. :) doppelt hält besser!

  • Verrätst Du uns auch, Echter Berliner, wo Du bei einer in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Straße wie der Wilhelmstraße den östlichen vom westlichen Teil abgrenzt? :confused:


    Da ist es wieder, das etwas suboptimale Rezeptionsniveau in diesem Forum. :)


    Ich denke, wir alle sollten uns bemühen, den größtmöglichen Sinn in den Postings anderer zu unterstellen und nicht vorschnell irgendetwas Unsinniges hineininterpretieren. Meine persönliche Friedensinitiative für das Krisengebiet DAF.


    Aus meinem Innenleben: Ich kannte noch ein Bild vom Außenamt auf der Westseite, auch vom Reichspräsidentenpalais. Die Reichskanzlei war ja auch dort in südlicher Richtung. Von der Westseite hatte ich in der Tat den großspurig bebauten Wilhelmplatz in Erinnerung. Nördlich des jetzigen Entwurfs steht ebenfalls ein großzügiger Bau.


    Heute kommt in der Gegend noch die britische Botschaft dazu. Also, was soll's. Kann an dem Patzschke nun wirklich nichts finden, außer diesen ziemlich suboptimalen Ministeriumsbau südlich davon. So ein bißchen Pittiplatsch-Moderne.


    So ein Bombastbau kann doch super wirken, wenn dann südlich dezenter weitergebaut würde. Es muß doch nun nicht alles gleichförmig bebaut werden. Der Bombastbau könnte eben in Zukunft symbolhaft für den Beginn der Linden stehen, wenn man von Süden kommt. Die Gegend ist sowieso für die nächsten 30 Jahre Krisengebiet, wenn man sich den Wildwuchs und die Makulatur dort mal anschaut.

  • ^ Is' ja gut. Ich war schwer von Begriff, bin von daher maxima culpa und krieche bereitwillig auf Knien. Unterstellen wollte ich aber gar nichts, und als Beispiel für Leute, die nicht lesen können, möchte ich auch nicht herhalten. Zumal ich zu diesem Thema gerade von einem Typen, der offensichtlich nicht lesen kann, rotbewertet wurde. Ich dachte einfach, Du wärst in der Straße verrutscht, o.k? Tut mir leid!


    Ansonsten ist mir die Entwicklung der Wilhelmstraße relativ egal – solange es niemand wagt, die Tschechische Botschaft anzutasten, finde ich, es gibt dringendere Baustellen in Berlin. Die Edelplatten in dieser Ecke sind jedenfalls gar nicht sooo hässlich, und Patzschke will eher eine postmoderne Persiflage auf die Marx-Allee dort errichten, als eine angemessene Reminiszenz an die Vorkriegs-Bebauung. Wenn er baut, wäre das aber auch kein Desaster, sondern alles in allem ein ganz lustiges Bezugs-Karussel, das in der nördlichen Wilhelmstraße entstünde.


    An dieser Stelle ein Hinweis: Bewertungen müssen unseren Regeln entsprechend ohne Namensnennung begründet werden. Wer meint, er habe eine Wertung zu Unrecht erhalten, der wende sich bitte per PN an einen Moderator. Anklageschriften bitte nicht in eine laufende Diskussion packen. Danke
    Bato


    Liebe Leute, die Rotbewerterei ist hier mal wieder außer Kontrolle. Jeder einzelne meiner Beiträge zu diesem Thema hat Punktabzug bekommen, unter anderem mit Argumenten wie "Gerade die Tschechische Botschaft ist an Häßlichkeit kaum zu unterbieten". Weil ich das anders sehe: Rot. Oder mein Interpretationsfehler von Echter Berliner (für den ich mich entschuldigt habe) wird mir als böser Wille angekreidet. Also: Rot. Oder jemand glaubt, es gehe um Politik, weil ich von Stalinismus und Bourgeoisie schrieb. In Wahrheit ging es um die Kennzeichnung von Baustilen, aber egal: Rot.


    Ich halte das für eine unverschämte Einschüchterungspraxis, die der Unterdrückung abweichender Meinungen dient. Ich selbst vergebe aus Prinzip keine roten Bewertungen, weil ich dieses System der anonymen Denunziation für unangemesen halte. Es macht das Diskussionsklima kaputt. Jedenfalls ist es ein Missbrauch der Funktion, jemanden abzustrafen, weil er einen anderen Architekturgeschmack hat. Schäm Dich, Feigling!

  • So ein Bombastbau kann doch super wirken, wenn dann südlich dezenter weitergebaut würde. Es muß doch nun nicht alles gleichförmig bebaut werden. Der Bombastbau könnte eben in Zukunft symbolhaft für den Beginn der Linden stehen, wenn man von Süden kommt.


    Mhm - ich finde die Planung weiter äußerst banal und langweilig... - is mir aber egal, was da gebaut wird... - fügt sich in die nichtssagende Investorenarchitektur, die auch andernorts entsteht, ein...


    Schließe mich eigentlich der Meinung des "Architektenkindes" an - wird eine bunte Mischung in der Gegend ;)

  • Die Anwohner haben im Kampf um die Häuser Wilhelmstraße 56-59 übrigens keineswegs aufgegeben. Der letzte Eintrag ist von Ende Januar. Es muss wohl nicht extra erwähnt werden, dass der Eigentümer scheinbar mit illegalen Mitteln versucht die Mieter herauszubekommen.


    http://wilhelmstrasse.org/

  • Ich sortiere es mal hier ein. Im selben Häuserblock in der Behrenstraße 67 kann man diesen frisch sanierten Plattenbau "bewundern":



    Sogar mit etwas Natursteinverblendung:

  • Die BI Wilhelmstraße meldet auf ihrer Website, dass die Eigentümer der Platte vor kurzem mit dem Versuch gescheitert wären beim Senat eine Aufhebung der Mietverträge der aktuellen Mieter beim Berliner Senat zu beantragen. Da dies rechtswidrig sei frohlockt die BI, dass sich nun auch künftige Generationen an diesem einzigartigen Bauensemble erfreuen können.


    Gestern noch berichtete der Tagesspiegel über das Vorhaben der Eigentümer mit den Mietern eine gütliche Einigung zu erzielen.

  • ^ Die euphorische Wortwahl der Vorstand Bürgerinitiative ist sicher genauso übertrieben wie die üblichen Verrisse vieler Foristen hier im DAF.


    Erfreulich daran ist, dass hier Recht gesprochen wurde und preiswerter Wohnraum in guter Lage erst einmal erhalten bleibt (auch wenn diese leider in großem Maße als Fereinwohnungen missbraucht werden). Zumal ich nach wie vor der Meinung bin, dass das Gebäudeensemble eine recht passable Gestaltung aufweist. Mit den üblichen Plattenbauriegeln (wie z. B. 2 Beiträge zuvor zu sehen) lässt es sich nicht vergleichen.

  • Es geht aber um das Haus 56-59. Ist das das Patzschke-Prequel? Dann halte ich den Hinweis auf die Architektur für daneben. Das westliche Ensemble ist sicherlich noch eine Weile erhaltenswert. Aber dieser eine Bau auf der Ostseite kann ruhig weg. Zumal da etwas sehr Gutes für kommen würde.

  • Ich kann der Argumentation nicht ganz folgen. Es ist schon verwunderlich, wenn nicht gar heuchlerisch zu fordern diese Wohnungen als günstigen Mietraum zu erhalten, gleichzeitig ist bekannt dass ein Großteil - meist illegal - als Ferienwohnungen missbraucht werden. Man prangert immer die Unmoral der Investoren an, letztendlich vertritt jeder immer nur seinen Vorteil egal Investor oder Mieter, der seine Wohnung hier hat


    Es ist nur eine Frage der Zeit bis die Platten in der Wilhelmstrasse abgerissen werden, wie Rathauspassagen, dem Coca Cola Haus und den Platten am Alexanderplatz, der Markt wird das irgendwann ergeben.
    Mir wäre heute lieber wie morgen.
    Es handelt sich um Symbolpolitik, die gegenwärtig betrieben wird.
    Man sollte darauf verzichten und auf landeseigenen Flächen Wohnraum und Alternativen schaffen. Ich halte es nicht für asozial wenn man bestehende Mietwohnungen nicht immer und überall erhält. Was hier geschieht soll doch nur davon ablenken, dass viel zu wenig gebaut wird obwohl reichlich Flächen vorhanden sind.