Stadtschloss Berlin: Der Thread für den Wiederaufbau

  • Also im aktuellen Spiegel ist ein Artikel über den Wiederaufbau des Schlosses drin!
    Wichtig sind folgende Fakten Stuhllemmer meint, dass das Mauerwerk um die Betonsandwichbauweise rund einen Meter betragen muss, um die Ornamente zu halten. An dem Bertelsmannneubau nebenan gäbe es schon einige Risse!
    Der Rest ist alter Kaffee!

  • Substanzerhalt geht vor Neubau

    Unter der Überschrift "Es drohen irreparable Schäden" bringt die Welt heute ein Interview mit Hartmut Dorgerloh, Chef der Preußischen Schlösser und Gärten. Unter anderem beim Neuen Palais und dem Schloss Charlottenburg besteht dringender Sanierungsbedarf. Nach den Worten von Hartmut Dorgerloh müsse die Erhaltung der vorhandenen Substanz Vorrang haben vor dem Wiederaufbau z.B. vom Berliner Stadtschloss. Wörtlich: "Wir können nicht öffentliche Mittel in neue Schlösser stecken, solange das Geld nicht für die Rettung der alten Schlösser reicht. Substanzerhalt geht vor Neubau."


    Die Welt vom 12.04.2007


    Meine Rede. Es ist geradezu kriminell, die vorhandene Substanz verfallen zu lassen, um den Neubau eines neuen Schlosses zu bezahlen. Und es ist nun einmal so, dass das Geld offenbar nicht einmal zum Erhalt der vorhandenen Substanz reicht. Die Frage muss gestellt werden, was wir uns eigentlich leisten könnnen und wofür wir das wenige Geld ausgeben.

  • Also ihr werdet es nicht glauben, aber mit der Finanzlösung kann ich mich anfreunden. Das Land Berlin bekommt 1/10 Teileigentum am Schlossneubau zum Festpreis von 32 Millionen Euro, während die gesamte Immobilie mindestens 480 Millionen kostet. Diese Beteiligung muss dem Bund ja dann doch sehr wichtig gewesen sein... ;)

  • Ärger mit dem Schloss-Kompromiss

    Der zwischen dem Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee (SPD) und Regierenden Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit (SPD), überraschend vereinbarte Kompromiss zur Schlossfinanzierung löst Ärger aus. Den Kompromiss habe Minister Tiefensee offenbar im Alleingang vereinbart. Im Kreis der Großen Koalition habe er vollkommen andere Zahlen genannt.


    Berlin, so wird es aus Unionskreisen bezeichnet, steuere nur ein "Trinkgeld" von 32 Millionen bei, während der Bund den Löwenanteil übernimmt. Abgesehen davon werden die mittlerweile auf 480 Millionen Euro heruntergerechneten Gesamtkosten bezweifelt. Der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Steffen Kampeter, wird von der Morgenpost mit den Worten zitiert: "Die bisher vorgelegten Zahlen sind fragwürdig. Es ist nicht erkennbar, wie schlüssig die angeblichen Baukosten für den Schloss-Neubau in Höhe von 480 Millionen Euro sind, früher gab es erheblich höhere Zahlen."


    Zudem gibt es für das Humboldt-Forum bisher kein Konzept, dass mit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und dem zuständigen Staatsminister für Kultur abgestimmtes wäre. Das Blatt zitiert Kampeter: "Ein Neubau ohne Nutzung ist wie ein Muster ohne Wert. Die hierfür erforderlichen Abstimmungen scheinen nicht entscheidungsreif."


    Kampeter wirft Tiefensee eine unsolide Schlossplanung vor. Es mute wagemutig an, einen Finanzierungsvergleich mit dem Land Berlin zu schließen (das so oder so einen Festpreis von 32 Millionen Euro bezahlt), bevor die Kosten überhaupt verlässlich ermittelt sind. Kampeter hierzu: "Es war ein Schnellschuss, der das Schloss einst zerstört hat. Der Versuch, das Schloss mit einem Schnellschuss aufzubauen, wird zweifelsohne fehlschlagen."


    Der Vorsitzende des Haushaltsausschuss des Bundestages, Otto Fricke (FDP), sieht den Finanz-Kompromiss ausdrücklich unter dem Genehmigungsvorbehalt des Haushaltsausschusses, der sich erst im September mit dem Thema beschäftige.


    Die Ankündigung von Tiefensee, noch im Spätsommer einen Architektenwettbewerb für den Neubau starten zu wollen, kann demnach bezweifelt werden.


    Auch wehrt Fricke sich gegen die Übernahme der Kosten für die Humboldt-Box durch den Bund. Diese Box will der Förderverein Berliner Stadtschloss e.V. nutzen, um Spenden einzutreiben.


    In einem Kommentar warnt Karsten Hintzmann von der Morgenpost: "Ein Vorpreschen mit halbgaren Nutzungs- und Finanzierungskonzepten dagegen birgt die Gefahr, dass der Schlossneubau im politischen Gerangel zerrieben wird."


    Artikel in der Berliner Morgenpost vom 26.04.2007
    Kommentar in der Berliner Morgenpost vom 26.04.2007

  • Hätte mich auch gewundert, wenn dort mal kein Profilneurotiker oder Quartalsquatscher seinen Senf dazu gegeben hätte!


    Wir verballern doch zig Milliarden pro Jahr in irgendwelchen unsinnigen Förder- oder Subventionsmassnahmen. Und dann regt man sich über läppische 480 Mio Euro auf? Nur mal als Richtgröße, aber allein der Zuschuss des Bundes zur Rentenkasse beträgt über 40 Mrd Euro/Anno.


    ...Politiker! :nono:

  • Bravo. So ist es. Und das Brüche und Verfremdungen eingefordert werden, ist genauso unsinnig. Mit einer Ostfassade aus Stahl und Glas und einer vorgehängten rekonstruierten Fassade an einen ansonsten belanglosen Bau, macht man sich doch dem Disneyland-Vorwurf schuldig. Da entsteht ein Zwitterwesen, mit dem am Ende keine Seite zufrieden sein kann. :Nieder:


    Das Schloss mus mit all seinen historischen Fassaden kommen und dazu im Inneren mit seinen wichtigsten bzw. bedeutensten Raumfolgen. Und der Rest darf neu gestaltet werden. Alles andere wäre Müll und würde uns in der Öffentlichkeit der Lächerlichkeit preisgeben. Deutschland darf seine Geschichte nicht länger verleugnen und sollte an diesem zentralen Ort etwas stellen, das Anklang in weiten Teilen der Bevölkerung findet und nicht nur bei einigen pseudointellektuellen Besserwissern. Gebt der Stadt ein bisschen von seiner einstigen städtebaulichen Harmonie zurück, in einer ansonsten durch Brüche und Wunden entstellten Stadtlandschaft.


    Ich hätte mir sogar gewünscht, dass über diesen zentralen Ort Berlins nicht durch den Bundestag, sondern durch einen bundesweiten Volksentscheid entschieden worden wäre. Aber soviel direkte Demokratie darf man in Deutschland wohl leider nicht erwarten. :nono:


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  • Was die Finanzierung betrifft, so gebe ich PGS da absolut recht. Denn wenn man bedenkt, was jedes Jahr dem Fiskus abhanden kommt, fällt mir in dem Zusammenhang nur noch ein Zitat vom guten alten Volker Pispers ein, das da lautete:

    Näturlich könnten wir den Bundeshaushalt gleich von heute auf morgen sanieren. Ist alles kein Problem. Wir könnten sogar die Steuern senken, wenn die FDP bereit wäre, ihre Mitglieder zu überreden, ein halbes Jahr lang auf Steuerhinterziehungen zu verzichten.


    Es muss natürlich dazugesagt werden, dass im Jahre 1999 etwa 75.000.000.000 DM an Steuern unterschlagen wurden. Also, von daher dürfte es vielleicht ja reichen, wenn alle parteilichen Schwarzgeldkonten aufgelöst würden. Dann stände sicher mehr als genug Geld für den Wiederaufbau zur Verfügung, oder!? Damit könnte ja sicher dann auch gleich Schinkels alte Bauakademie mit hochgezogen werden.

  • Also wenn das Euer Verständnis von staatlichem Wirtschaften sein soll: "Was sind schon 500 Millionen...", ist das schon erschreckend. Und das ein Minister einfach so eine Finanzierungsvereinbarung über 480 Millionen unterschreibt, ohne sich im Bundestag eine Genehmigung einzuholen, ist dann wohl auch vollkommen okay?


    Also unabhängig von der Frage ob für oder gegen das Schloss: So wie der Herr Tiefensee das macht, geht es mit Sicherheit nicht. Und 480 Millionen Euro sind eine ganze Stange Geld. Unabhängig von der Frage, ob es Dinge gibt, die noch teurer sind. Und bei 480 Millionen Euro wird es auch nicht bleiben. Man muss schon reichlich naiv sein, um das zu glauben. Ebenso naiv muss man sein, um allen Ernstes daran zu glauben, dass der Förderverein seine zugesagten Spendenmittel eintreiben wird. - Die können ja nicht einmal diese Humboldt-Box finanzieren.


    Und was den vorgeschlagenen bundesweiten Volksentscheid betrifft: Ob da wirklich eine Mehrheit für das Schloss zustande käme, kann bezweifelt werden.


    Wirklich geschickt hat es der Senat gemacht: Gegen das Schloss hätte man sich ohnedies nicht wehren können. Und so hat man sich ein Zehntel Schloss zum Schnäppchen- und Festpreis von 32 Millionen gesichert. Egal, was die anderen 15 Länder im Endeffekt für ihr Schloss bezahlen müssen. :daumen:

  • Da hast du natürlich auch wieder recht, aber wenn du mal bedenkst, was jedes Jahr an Steuergeldern verbraten wird, worüber der BdSt jedes Jahr eine "Mahnliste" herausbringt, da kannst du dir auch an den Kopf fassen. Also, von daher muss das eben auch betrachtet werden. Sicher, das Ding soll sich nicht als so ein Millionengrab wieder Space-Park in Bremen erweisen, aber wenn die Leute wollen, dass das Schloss wieder hinkommen soll, dann sollen sie es auch haben.

  • Klar. Und wenn Herr Tiefensee nicht aufpasst, wird seine nicht genehmigte 480 Millionen Euro teure Schlosshülle ohne Nutzungskonzept zum nächsten Posten im Schwarzbuch. :nono:

  • Da du anscheinend ein großer Verfechter "moderner" Architektur bist, könnten folgende Zeilen auch deinem Hirn entsprungen sein:

    Sie vergessen, daß gerade durch die moderne Architektur die quasi lemmatisierte Transponierung der Dialektik des Monochromen auf den Istzustand unseres soziokulturellen Umfeldes, ohne das Urdogma der deutschen Geschichte zu leugnen, emporgehoben wird und somit zu einem geradezu szintillierenden Prophyl mutiert.
    Das Humboldtforum wird gerade durch die Moderne Architektur zu einem transzententen und vor allem polysemantisierenden Synklinal, welches pyroplex und dennoch adiametral dem wahren "Ich" eines Betrachters, einen Halt in unserer modernen Zeit gibt.
    Das sollte man einmal bedenken, bevor man ein zu 100% rekonstruirtes Schloß einfordert!


    :D


    Was für ein pseudointellektueller Schwachsinn. Naja, die "moderne" Architektur sucht halt nach ihrer nicht mehr vorhandenen Legitimation. Und dafür scheint jedes Mittel recht zu sein. Modern bauen die heutigen Architekten schon lange nicht mehr.


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  • Was meinst du denn mit modern? Soll da etwa so ein Winkelbau á la Hadid, ein typischer mediokrer Büroklotz mit Vollverglasung, ein Wellenensamble nach Gehry-Art oder ein minimalistisch auf Reminiszenz getrimmter Bau nach dem Vorbild von Mäkler auf den Platz? Kannst du mir das verraten?

  • Ja genau so ein Bau soll da hin, geht es nach Architekten und Politikern. All die von dir genannten Beispiele gelten doch in diesen Kreisen als modern. :Nieder:


    Die wollen Brüche und das möglichst radikal. Dafür sollen die Ostfassade, der große Schlosshof und die Hofapotheke geopfert werden.


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  • Ich möchte in diesem Zusammenhang die Thesen, die Prof. Ivan Reimann (Lehrstuhlinhaber für Öffentliche Bauten an der TU Dresden, Fakultät Architektur.) in seinem Vortrag, anlässlich einer Tagung der Akademie der Künste zum Thema Rekonstruktion, formulierte, vorstellen. Als Beispiel diente ihm der derzeitige Wiederaufbau des Dresdner Neumarkts.


    Wer die Abhandlung im Ganzen nachlesen möchte, kann diese hier als PDF herunterladen.


    Reimann verdeutlich sehr eindrucksvoll, in welchem Dilemma moderne Architektur steckt. Er gibt zu, dass ein solches städtebauliches Problem mit den heutigen architektonischen Mitteln nicht lösbar ist.


    Überträgt man dies auf die Mitte Berlins (das Berliner Schloss), so ist eine vollständige Rekonstruktion der einzig mögliche Weg, um ein annehmbares Ergebnis zu erzielen.
    Wozu nun noch einen weltweiten Architekturwettbewerb veranstalten? Denn bei solchen Gutachterverfahren, werden zumeist ausgerechnet jene Entwürfe prämiert, die für die größte Empörung in der Öffentlichkeit sorgen. Würde sich die prämierte Architektur harmonisch und bruchfrei in die jeweilige Gebäudeabfolge einreihen, könnte sie den architekturtheoretischen Forderungen an ein „modernes“ Gebäude gar nicht genügen. Also kann man sich das doch gleich schenken. :nono: