Leipzig: Umgang mit Bauerbe

  • @ LEgende: die hässliche Brosche, die dir die Tante vermacht hat, ist auch Teil des Erbes, ganz unabhängig ob sie dir gefällt oder du sie direkt bei Ebay reinstellst. Erbe hat per Definition erstmal nichts mit Qualität oder Ästhetik zu tun, was du, wie du hier desöfteren (auch in diesem Beitrag) zum Besten gibst, anders siehst, darauf war mein Kommentar bezogen.


    Was die Hochhäuser betrifft, ohne jetzt die Diskussion nochmal vom Zaun zu brechen (es wurden _alle_ Argumente ausgetauscht) - eine Teilsanierung bedeutet zunächst einmal, dass die Gebäude nicht auf ewig erhalten bleiben. Die LWB generiert nochmal 20 Jahre ordentliche Mieteinnahmen aus den vollvermieteten Häusern, danach wird man weitersehen. Eine "hochwertige" Sanierung dagegen könnte im Extremfall bedeuten, dass die jetzigen Grundrisse aufgebrochen werden, innen großzügige Wohnbereiche geschaffen werden und außen Balkons drankommen und das wars. Die Platten würden uns allen dann noch viel länger erhalten bleiben. Also, was ist besser? Hier nochmal die Grafik aus der LVZ:



    Quelle: LVZ


    @ Lipsius: Das Gebäude ist m.W. schon ein wenig länger eingerüstet. Mehr als ein Großplakat war daran aber bisher leider nicht zu sehen.


    Den Namen "Palaestra Lumumba" finde ich übrigens ebenfalls selten dämlich, diese Welle schweppt wohl aus Berlin zu uns rüber, aber wenn es dem Käufer ein besseres Gefühl gibt...

  • Dase, es geht ja nicht um das Erbe an sich. Is ja völlig logisch, dass man daran de facto nichts ändern kann. Es geht also bekanntlich um den Umgang mit diesem baulichen Erbe! Und hier kann und muss man sehr wohl qualitative und ästhetische Belange berücksichtigen! Aber gut, die Prioritäten sind in Leipzig derzeit anders gelagert. Ich halte die aktuelle "Strategie" nicht unbedingt für das Nonplusultra, aber da kann man geteilter Meinung sein. Alles hat sein Für und Wider. Das ist eben Politik, wo viele Beteiligte ihre Interessen zu schützen versuchen und natürlich ungern zu gunsten anderer preisgeben. Ob das immer das Beste für die Stadt, in dem Fall das Stadtbild ist, wage ich zu bezweifeln.


    Und da ich auch gern in langfristigen Dimensionen denke, erachte ich die billigere Teilsanierung ebenso wie du auch als Chance, dass die Dinger dann in 20 Jahren dann doch fallen. Als typischen Hochhausstandort erachte ich diese größtenteils mit recht niedrigen Villen bebaute Gegend übrigens nicht. Da gibt es in Leipzig weiß Gott andere Bereiche.

  • Zu meinem Bau-Erbe gehören sie nicht gerade. Sprich natürlich für den gründerzeitlichen Erbe. Für das DDR-Erbe wahrscheinlich schon. Klar, es gibt jede Menge, die wollen jede Platte weghaben, zu denen gehöre ich auch. Nur bei einigen Plattenbauten kann man auch eine Auge zudrücken und sie so umbauen, das sie am Ende schöne Villen mit mehreren Wohnungen ergeben. Beispielsweise am Gerichtsweg Ecke Dresdner Straße oder halt auch die "3 Hochhäuser am Johannapark". Unten im Viertel sehen sie öde aus, mit der edlen Verkleidung sicher nicht mehr. Und es ist doch immerschön, wenn etwas aus dem Auenwald ragt. Die drei werden bestimmt ein Schmuckstück, für das Musikviertel als auch für den Süden/Westen der Stadt.


    *Stehst im Johannapark, dem deutschen Centralpark. Links und rechts schöne Gründerzeithäuser, nach vorne mit Blick zum City-Hochhaus und Rathausturm sowie rechts auf drei Hochhäuser. Pures NewYork-Flair*

  • Na, halt mal die Luft an, New York mit Leipzig zu vergleichen ist ja der Gipfel der Größenwahnsinnigkeit. Lieber mal ein bißchen tiefer stapeln, dann wird man auch ernstgenommen. Ich denke nicht, dass die Fassaden in Olympiafarben besonders hochwertig wirken oder das Musikviertel veredeln werden. Ein billiger Gegenstand wirkt in Goldimitat immer noch eine Spur billiger als wenn er dezent gefärbt wäre. Na, die Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft mbH wird schon wissen, was sie tut.

  • bin zwar nicht der forenanwalt, aber ein bißchen freundlicher hättest du es dave ja auch sagen können, nicht?


    das leipzig ein experimentierkessel sonders gleichen ist, wird sich wieder einmal an den drei (bald nicht mehr) gleichen zeigen. wer weiß ob solch etwas in einer anderen stadt erlaubt worden wäre...
    ich möchte jedenfalls keinen bronzehausbewohner hören, der neidisch zum goldnen bau rüberschielt und sich wie ein bewohner dritter klasse fühlt ;)


    hier lässt sich einfach wieder einmal hervorragend zeigen: geschmack und geschäftstüchtigkeit sind (leider?) nicht zwangsweise aneinander gekoppelt.
    und nicht jede idee hat das zeug zum heureka...

  • Und ich weiß auch nicht, wo dave leipzig mit new york verglichen hat. Er hat lediglich die wirkung auf den johannapark beschrieben dass da new york feeling aufkommt und da hat er nicht unrecht. Dass leipzig kein ny ist, weiß er doch selber. Ist auch gut so weil ny nicht gerade meine lieblingsstadt ist. :Nieder:

  • Leute, das hier ist immer noch ein Architekturforum. Es _nervt_, wenn mittlerweile wirklich jeder zweite Thread mit solchen substanzlosen Diskussionen zugemüllt wird. Die Übersicht leidet darunter extrem. Es gibt zwei Klatsch & Tratsch-Threads, die genau dafür erstellt wurden, dass jeder mal schreiben kann, wie er sich fühlt, was er so an Vorstellungen für die Zukunft Leipzigs hat, welche Assoziationen er hat und was er gut oder schlecht findet. Davon einer, der genau aus dieser Diskussion heraus entstanden ist: Kaffeeklatsch Spezial: Tradition vs. Moderne.


    Könnte die versammelte Forengemeinde dann bitte mal wieder zum Thema kommen?

  • wie wahr.


    das anspruchvollste objekt ist sicher der umbau der gaudig-schule zum "lumumba-palais". immerhin fallen die fenstervergrösserungen für die balkontüren erfreulicherweise überhaupt nicht störend auf. im gegenteil: die betonung der vertikalen durch die nunmehr fast raumhohen fenster bekommt dem gedrungenen bau ausgesprochen gut. die künftigen bewohner werden sich ausserdem über ein überaus grosszügiges treppenhaus freuen dürfen.
    (schade, dass die wohl bekannteste schülerin der gaudig-schule, hannelore kohl, das alles leider nicht mehr erlebt.)


    ohne allzu off topic werden zu wollen: als zu beginn des vorigen jahrhunderts das "römische haus" für den härtelstrassen-durchbruch abgerissen wurde, wurden einige wandmalereien samt mauerwerk geborgen und in die gaudig-schule eingearbeitet. im letzten jahr wiederum wurden die wandgemälde aus der schule gebrochen und zieren nun das foyer des lvz-neubaus - nur wenige schritte von ihrem ursprünglichen standort entfernt.
    gerade an solchen details lässt sich meines erachtens das thema "umgang mit bauerbe" gut beschreiben. ohne veränderungen wäre die gaudig-schule nie gebaut worden. der lvz-neubau erst recht nicht. und auch die umwidmung der schule zu wohnzwecken wäre ohne diese nicht möglich. doch das alles geschieht letzten endes nicht ohne bezug auf das bauliche erbe. das ist ein luxus, der alle ehrt: frühere bauherren genauso wie die heutigen.

  • Danke Dase für das Bauerbe-Update, in den nächsten Tagen folgen noch ein paar Bilderchen von mir.


    Was den "Palaestra Lumumba" betrifft, womit die Licon ihr Projekt der ehemaligen höheren Töchterschule bewirbt: Mir ist es lieber so, als dass Projektnamen hochherrschaftliche Anwesen versprechen und raus kommt ein trostloses Renditeobjekt, das an einen sanierten Plattenbau erinnert. Das Lumumba-Fitnessstudio wird bestimmt 'ne ganz feine Adresse werden.


    Edit:


    Auf die Sanierung der Gohliser Str. 32 würde ich nicht allzu sehr hoffen. Der Eigentümer scheint an diesem Gebäude, das in der Tat in der städtischen Prioritätenliste zur Erhaltung steht, ziemlich herumzuwurschteln. Das Gerüst an dem Gebäude Gohliser Str./Ecke Karl-Rothe-Str. steht auch schon seit über einem halben Jahr, ohne dass man bis jetzt Fortschritte sehen kann. Zum Vergleich: Das Eckgebäude Pfaffendorfer Str. 48 wurde später eingerüstet und ist bereits jetzt entkernt und vom Putz befreit.

  • Die Abbrucharbeiten an der Ecke Dresdener Str. / Ecke Salomonstraße, dem Haus Salomon der CG-Gruppe, sind abgeschlossen.


    Hinweis: Der Übersichtlichkeit halber habe ich das Bild verkleinert. Bitte in Zukunft darauf achten, dass Bilder nicht zu groß eingestellt werden. Gruß, Cowboy


    Vielleicht beginnt die Sanierung ja bald.



    Zudem habe ch in der William Zipperer straße eine neue Sanierung von 3 zusammenhängenden Gebäuden entdeckt.
    In diesem Gebiet finde ich Sanierungen besonders gut und wichtig.
    http://maps.live.de/LiveSearch…&dir=0&tilt=-90&alt=-1000


    alle Bilder direkt von mir

  • Am "Prager Biertunnel" in der Prager Straße Ecke Nürnberger Straße sind bereits die Gerüste aufgestellt. Die Sanierung könnte also demnächst beginnen.

  • Vor einiger Zeit war hier schon mal die en-bloc-Sanierung der Mietshäuser Käthe-Kollwitz-Straße 91-97 im Gespräch. Ausführend ist die Markkleeberger Firma Margaux. Das ganze Projekt hat den Namen "Les quatre jardins". Etwas putzig finde ich den Einfall, die Gebäude nach den Musketieren D'Artagnan (91), Aramis (93), Athos (95) und Porthos (97) zu nennen. Haus Athos ist immer noch eingerüstet, die anderen waren schon mal zu sehen.



    Fakt ist auch, dass die Hausnummern 99 und 101 nicht zum Projekt gehören, das weitere Schicksal bleibt einstweilen ungewiss.



    Fotos von mir.

  • zur Käthe-Kollwitz-Straße 91-97
    Ich dachte die Einfahrt zur Tiefgarage dahinter liegt in der Einfahrt zu Haus Nr 101? Wenn man in den Hof gesehen hat ging die glaube ich bis dort hin.
    Ich weis nicht wo in 91-97 sosnt die Einfahrt ist?

  • Du hast Recht, auf dem unteren Bild sieht man auch eindeutig den Wanddurchbruch an der Nummer 101; im Netz kursieren zwar unterschiedliche Projektierungen, einmal mit Stellplätzen im Hof, einmal mit Tiefgarage, aber irgendwie müssen die Autos ja erstmal in den Hof kommen. Ich bin neugierig, vielleicht tut sich ja tatsächlich an den beiden Gebäuden auch bald was.

  • Ja ich meine beim Bau gesehen zu haben das man eine Tiefgarage gebaut hat. Der Innenhof wurde bis zu Nr. 101 hin umgestaltet.


    Am Haus Salomon in der Dresdener Straße hat die CG-Gruppe nun sich auch öffentlich zum Objekt bekannt und ein großes Schild aufgestellt, leider nichts aussagend.


    In der Göschestraße 9+11 der GRK geht zügig vorran.


    Interessante Links zum Prager Biertunnel in der Pragerstraße habe ich gefunden.
    seht selbst:
    http://www.ase.ag/images/stories/vertrieb/NueBSB.pdf
    http://www.ase.ag/images/stories/vertrieb/N01BSB2.pdf



    alle Bilder von mir

  • ^ Danke für die Fotos des doch recht versteckten Projektes Göschenstrasse. Kommt man ja doch eher selten dran vorbei :) Die Infos zum Biertunnel sind auch rehct interessant. Heimlich still und leise scheinen dann schon länger ein paar Arbeiten vonstatten gegangen zu sein. So wie es in der zweiten pdf aussieht, wird auch die Ladenzone wieder hergestellt sehr gut. Die Aussicht vom Dach ist natürlich der Hammer :)

  • vor allem verdeutlicht diese pdf, welch enormen aufwand es bedeutet, einen jahrzehntelang sich selbst überlassenen vorgründerzeitler wieder auf vordermann zu bringen. bei solchen projekten lässt sich ja kaum noch von "sanierung" sprechen. das geht schon stark in richtung reko.
    umso erfreulicher, wenn solche gebäude quasi kurz vorm einsturz doch noch gerettet werden. die dokumentationen der firma lassen darauf hoffen, dass dabei mit viel sachverstand vorgegangen wird.

  • ^ Das stimmt. Bei der Firma handelt es sich im übrigen auch um den Entwickler des hier bereits desöfteren erwähnten Studentenwohnhauses am Johannisplatz. Auch zu diesem Projekt finden sich hier diverse interessante Bauzustandsberichte (die gerade funktioniert haben, jetzt aber einen 404 Error werfen). Der Prager Biertunnel wiederum soll als Appartementhaus vermarktet werden. Auf der ASE Seite ist von einem Verkaufsstand von 100% (!) die Rede. Als aktuelle Aktivitäten sind die Lipsiusstrasse 38 und 40 auf der Seite aufgeführt. Weiterhin ist auf der Seite von festangestellten Handwerkern die Rede, man kann glaube ich also wirklich davon ausgehen, dass das Gebäude eine einwandfreie Sanierung wird.

  • Wie wir alle wissen und hier auch gezeigt wird, gibt es in Leipzig noch jede Menge zu tun. Aber 2006 gab es offensichtlich noch keinen wirkliche Hoffnungsschimmer.



    In diesem zufällig ausgewählten Beitrag aus diesem Forum , vermutet der Autor, dass es zur konzertierten Ausdünnung an historischer Bausubstanz in Leipzig keine Alternative gebe. Zum Glück gibt es sie doch.:daumen:

  • Die Sanierung der Nürnberger Str. 1 (Pragers Biertunnel) und deren denkmalgerechte Wiederherstellung von EG und DG gleicht in der Tat einem Wunder. Welcher Investor sich hier ran traut, muss 'ne gehörige Portion Idealismus besitzen. Hier ein aktuelles Bild der Nürnberger 1 von User leipziger (rechtes Eckhaus):



    Bild: leipziger




    Derweil versprechen Plakate hochwertige Sanierung sogar in Gegenden, deren Zustand vor der "Wende" schon nicht rosig war und es danach trotzdem weiter bergab ging, wie hier in der vorderen Georg-Schumann-Str.



    Bild: Cowboy