Haus der Bildung

  • ^^Wenn der Architekt damit sich selbst verwirklicht hat, dann ist das eine sehr kümmerliche Selbst. Diese ideenlose Kargheit ist weder dem Orte angepasst, noch originell. Ein funktionaler Hintergrund für diese Fassade ist nicht zu erahnen.

  • nach anfänglichem Schrecken habe ich mir den Entwurf mehrmals angesehen und kann ihm inzwischen positive Seiten abgewinnen.


    Für eine sachliche Diskussion sollte man die Bewertung des Abrisses historischer Substanz von der Bewertung neuer Entwürfe trenne, auch wenn das noch so schwierig ist.
    Oder ist ein Gebäude automatisch schlimm, wenn dafür etwas älteres abgerissen wird? Würde der Entwurf nicht automatisch gefeiert, wenn ihm eine Bausündeplatz machen müsste?


    1) Das Siemenshaus ist sicherlich ein netter Bau der 50er, auch wenn er wie ein konservativer Bau der 30er aussieht. Problem ist aber, dass der Mülheimer Platz nicht als solcher wargenommen wird. Die Freifläche wird ausschliesslich durch die Rampe zur Tiefgarage dominiert. Cassiusbastei und Karstadt (für die vor einigen Jahrzehnten Gründerzeitbauten weichen mussten, wenn ich mich nicht irre), stehen mit dem Rücken zum Platz und geben ihm keinen Wert. Die Altbauten am Platz aber auch nicht. Sie wirken verschlossen und langweilig.
    Der Mülheimer Platz ist somit seit Jahrzehnten verwüstet. Ob er früher einmal besser war, weiss ich nicht. In der Innenstadt scheint er jedenfall keine große Rolle gespielt zu haben.
    Wenn der Siemensbau weicht, dann geht ein konservativ-historisiernder, bis auf die Loggia langweiliger Bau der 50er verloren. Kein Bau der Gründerzeit oder früherer Epochen. Und auch kein Bau, welcher eine emotional wichtige Rolle im Stadtbild spielt. Natürlich kann man prinzipiell beklagen, dass wieder mal ein Stück historische Innenstadt verlorengeht (falls man einen Nachkrigesbau überhaupt als solchen bezeichen kann)



    2) Ich finde den neuen Bau relativ interesant und offen. Er respektiert Höhen und Blockrand. Und er steht für einen neuen Trend: skupltural-minimalistische Bauten in den Innenstädten, ohne strenges Raster und oft aus hochwertigen Materialien wie Sandstein und Ziegeln. Kolumba in Köln ist wohl ein gewisser Leitbau für diese Klasse. Auch das jüdische Museum Köln und diverse Synagogen würde ich dazu zählen.
    Ich schätze diesen Trend ausserordentlich. Denn bis vor wenigen Jahren gab es doch nur folgende Optionen (ich erinnere mich noch an die Diskussionen vor nicht allzulanger Zeit hier im Forum):


    -Rekonstruktion historischer Bauten (teuer, selten, rückwärtsgewand)
    -kritische Rekonstruktion wie in Berlin (oft aber nur mittelmäßige, austauschbare Investorenarchitektur mit Natursteinverplattung)
    -Stahl/Glaskisten ("transparent", langweilig, ohne Bezug zum Ort, austaschbar, sind zum Glück aus der Mode gekommen)
    -weisse Moderne im Bauhaus-Stil (wenig Innenstadtkompaktibel, etwas worüber sicht ältere Architekten gerne freuen aber sonst niemand).


    die drei letztgenannten sind langweilige Stile, die nicht substanziell zur Aufwertung unserer oft zerstörten Innenstädte beitragen.


    -im krassen Gegensatz dazu gab es effekthaschende, spektakuläre Architektur (Organische Bauten, Zickzack a la Liebeskind, Blasen aus neuartigen Materialen, Bauten, die erst durch spektakuläre Beleuchtungskonzepte zu etwas werden). Diese Option ist zwar keinesfalls langweilig, integriert sich allerdings nicht in die historische Stadt und ist mit Vorsicht zu geniessen.


    Die skulptural-minimalistischen Bauten sind für mich eine wichtige Möglichkeit für die Zukunft, modern, interessant, individuell und doch gut integriert in den historischen Innenstädten zu bauen. Stellen sie am Ende sogar den oft gesuchten 3. Weg da, die zerstörten Innenstädte zu retten?
    Eventuell könnten sie die tragende Alternative werden für den, der keine Lust hat, sich in den Zweikampf kompromissloser Bauhausmodernität und konservativ-historisierenden Bauens zu begeben. Den dieser Zweikampf hat leider in den letzten Jahrzehnten die architektonischen Diskussionen dominiert und leider oft blockiert.
    Skulpural-minimalistische Bauten wie Kolumba könnte somit ein Kompromiss werden zwischen Tradition und Moderne und gleichzeitig die erste wirkliche Innovation seit langer Zeit darstellen.
    Für die mittelalterlich-verwinkelten Innenstädte wären sie eine große Chanche. Denn die bisherigen Beiträge zum Wiederaufbau der Städte funktionieren meist nur gut in der strengen Blockstruktur der Großstädte, siehe Berlin.


    Fazit: sicherlich wäre der Abriss des Siemenshauses ein Verlust. Aber wahrscheinlich wäre der Neubau ein großer Gewinn, eine hochwertige Fassadenoberfläche vorrausgesetzt. Es würde ein Zeichen setzen und den Mülheimer Platz wieder zu einem Ort machen. Der 2. Entwurf erhält zwar den Siemensbau, kann aber die Probleme des Mühlheimer Platzes nicht lösen. Und zudem sieht der 2. Entwurf einen teilweise aggresiven Eingriff in die Fassade des neobarocken Baus vor. (vielleicht wäre für alle Freunde des historischen Stils ein Saturn-Lösung die bessere gewesen).


    Die Bonner Innenstadt hat genügend schöne historische Bauten und mehr als genügend langweilige Wiederaufbauarchitektur. Was bisher völlig fehlt, ist ein moderner Bau hoher architektonischer Qualität. Die Bonner Innenstadt ist zwar harmonsiche und relativ schön, einen Leuchtturm wie in Köln gibt es nicht. Warum ich den 1. Platz für interessant und hochwertig halte, habe ich oben ausführlich erklärt. Ich würde lieber zweimal nachdenken, bevor ich auf die Chanchen, die er mit sich bringt, verzichte.

  • wie ich gestern im Bonner Leitmedieum "Schaufenster" lesen konnte, hat der Rat einstimmig der Realisierung des 1. Entwurfes zugestimmt.

  • Entwurfsübersicht

    Auf Seiten der Bonner-Grünen befindet sich ein auskunftsreiches PDF-File zum erstplatzierten Entwurf für das kommende Haus der Bildung im alten Stadthaus:
    http://gruene-bonn.de/fileadmi…reis_Haus_der_Bildung.pdf


    Entgegen der ersten Befürchtungen kann man ganz und garnicht von Betonfassade sprechen. Sowohl Sockel als auch Obergeschosse bestehen vollständig aus kleinteiligem Mauerwerk (siehe S.10).
    Obwohl das alte Stadthaus oben kein Mauerwerk zu bieten hat, gefällt mir der Entwurf auch im Bezug zur Fassade von Karstadt. Und an die Cassius Bastei kann und sollte man sich eh nicht anpassen.


    Zudem finde ich es eine gute Idee eine spürbare Verbindung zwischen Münster- und Mülheimer-Platz zu schaffen. Die VHS wird schon für einige Besucherströme sorgen. Und der große Vortragssaal sollte sich transparent an den großen Fenstern des Neubaus präsentieren.


    Weiterhin die auf den ersten Blick unpassend anmutende Dachkonstruktion, hier ist ähnlich wie bei Schmitzens Entwurf für den Bahnhofs-Vorplatz eine durchsichtige Variante geplant. Meinem Empfinden nach sehr richtig, da es mir hinter Karstadt immer vom Lichtverhältnis sehr dunkel vorkommt.



    Beim zweitplatzierten Etnwurf gefällt mir die Integration eines Cafés.
    Allerdings würde bei dieser Variante auch das ältere Mauerwerk des Stadthauses angegriffen, dazu der Innenausbau der denkmalgeschützten Bausubstanz - passiert beim Siegerentwurf nicht!

  • Seh ich es richtig, dass der Haupteingang gegenüber der Ausfahrt der Tiefgrarage Münsterplatz liegt?
    Keine besonders befriedigende Situation. Wurde das schon einmal irgendwo thematisiert?

  • Im Moment sieht es wohl so aus, als ob die Pläne zum Haus der Bildung Sparmaßnahmen zum Opfer fallen könnten. Es wäre ziemlich dumm, das Siemenshaus abzureißen und dann kein Geld für den Neubau zu haben.


    Mir wäre das recht. Das Siemenshaus ist ein schönes Gebäude, dessen Fassade zumindest meiner Ansicht nach allemal denkmalwürdig ist. Der Neubau wird ein typischer 2000er-Jahre-Klotz mit keiner Verbindung zum Rest der Bebauung. Optisch kein Gewinn!

  • Nun wird tatsächlich das Siemenshaus am Mühlheimer Platz abgerissen - bis Ende September soll der Abriss vollzogen sein.
    Damit laufen die Vorbereitungen für das Haus der Bildung endlich an.
    Quelle

  • Ich finde das etwas schade.. das Siemenshaus war ein Beispiel für die zaghaften Versuche in der Nachkriegszeit, den zerbombten Innenstädten neue Identitäten zu stiften. Als solches hatte es, trotz oder gerade wegen seiner historisierenden Formen, durchaus einen Denkmalwert. Auch städtebaulich hat es einen gewissen Akzent gesetzt, indem es mit seinem Säulenportikus eine Art "point-de-vue" am Ende der Sichtachse vom Münsterportal aus geschaffen hat. Der Neubau wird dies wohl nicht leisten. Nun ja, aber der Zweck heiligt die Mittel. Auf diese Weise kann wenigstens das Alte Stadthaus als öffentliches Gebäude erhalten bleiben und wird nicht zur Saturn- Filiale degradiert...

  • Skandal

    Das Haus der Bildung hätte auch unter Erhaltung des Siemenshauses eingerichtet werden können. Es gab ja laut GA Überlegungen, das Siemenshaus unter Denkmalschutz zu stellen, was meiner Meinung nach auch berechtigt wäre. Kennt jemand irgendwo in der Region einen ähnlichen Bau? Ich nicht.


    Die Frage ist nur, warum wurde das nicht gemacht? Vielleicht, weil das Haus der Stadt gehört und man sich selbst nicht zumuten will, was man privaten Eigentümern zumutet? Vielleicht, weil man geschlafen hat? Bonn und Denkmäler, das ist eine traurige Geschichte. Jedenfalls ist der Klotz, den sie anstelle des Siemenshauses geplant haben, kein Gewinn.

  • Es ist natürlich schade um das Siemenshaus. Selbst der Architekt, der für die Umbaupläne verantwortlich zeichnet, war voll des Lobes über das Stück gelungene Architektur seiner Zeit.
    Leider war der jetzt beschrittene Weg die einzige Möglichkeit einen akzeptablen, barrierefreien Zugang zum Haus der Bildung zu schaffen. Andernfalls wären massive Eingriffe in die Fassade des Alten Stadthauses nötig gewesen und eine lange Rampe anstelle der heutigen Eingangstreppe. Die hätte bis weit in den Bottlerplatz hereingereicht.. Die Vorschriften, welche Neigungswinkel noch behindertengerecht sind, sind sehr streng.

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    Dass die Notwendigkeit zur Schaffung eines barrierefreien Zugangs keine andere Option als den Abriss des Siemenshauses offen ließ, wage ich allerdings zu bezweifeln. Ohne die Details zu kennen behaupte ich, dass dieser Grund nur vorgeschoben wurde, um die Kritik am Abriss verstummen zu lassen. Der Eingang zum Siemenshaus ist ohne Stufe möglich und im Inneren sollte sich eine barrierefreie Erschließung aller Teilbereiche durch Rampen oder Aufzüge doch bewerkstelligen lassen.


    Für mich ist der Abriss ein wirkliches Ärgernis. Das Siemenshaus gehört sicher zu den wertvollsten Nachkriegsbauten in der Innenstadt. Es passt sich elegant und angenehm zurückhaltend an dieser städtebaulich nicht unkritischen Stelle wunderbar ein.

  • PRESSEMELDUNG



    Quelle: Stadt Bonn

  • Wirklich schade um das Siemenshaus. Was ist mit den Kapitellen vom letzten Foto passiert? Wurden sie zur Wiederverwendung, vielleicht im Nachfolgebau, eingelagert oder zerstört?